19 Konstrastpunkte: Letzte Tage - Schwere Zeite VII

19 Kontrastpunkte:

Letzte Tage – schwere Zeiten VII

Grausam – oder sanftmütig?

Das Gute nicht liebend – oder Gottes Gaben schätzen?

Endzeit und Jüngerschaft: Hat sich der eine oder andere Leser vielleicht auch schon gefragt, warum Gott sein Leben für die christliche Endzeit bestimmt hat? Wer weise ist, wird sich bemühen, die Gegenwart zu meistern – auch wenn es schwere (oder gefährliche) Zeiten sind, wie die Bibel es in 2. Timotheus 3 voraussagt.

 

Grausam – oder sanftmütig?

Kuschel-Pädagogik. Diesen Begriff trifft man in der Diskussion um die richtige Erziehungsmethode an. Gemeint ist ein sanfter Umgang, der dem Verhalten von Kindern keine klaren Grenzen setzt. Sowohl Eltern als auch Lehrer sind hier gefragt. Mittlerweile wird der Ruf nach mehr Härte und Disziplin lauter, und in einigen Bundesländern sind bereits „Kopfnoten“ wieder eingeführt worden, mit denen soziales Verhalten, Mitarbeit im Unterricht, Fleiß u.ä. bewertet werden.

Das alles hat sicherlich seinen Wert, besonders vor dem Hintergrund, dass die Jugendgewalt zunimmt. Doch wer dabei außer Acht lässt, dass es sich bei der Grausamkeit (2. Tim 3,3) um ein tiefer liegendes moralisches Problem handelt, hat ein verzerrtes Bild von gesunder Erziehung und wird kaum etwas verändern können.

Neben der moralischen Verdorbenheit ist die Gewalttat eine der Hauptformen der Sünde. Sie zeigt sich bereits deutlich in der zweiten Generation der Menschheitsgeschichte: Kain ermordet seinen Bruder Abel (vgl. 1. Mo 4). Vor der Sintflut heißt es dann: „Und die Erde war voll Gewalttat“ (1. Mo 6,11). Doch handelt es sich nicht allein um das Phänomen einer „Anfangszeit“.

Hebräer 11 berichtet von Glaubenshelden aus der Zeit des Alten Testaments, die „gefoltert wurden, da sie die Befreiung nicht annahmen ... Andere aber wurden durch Verhöhnung und Geißelung versucht und dazu durch Fesseln und Gefängnis. Sie wurden gesteinigt, zersägt ...“ (V. 35-37).

Alles Vergangenheit? Leider nein! Erst kürzlich wurde den Menschen hochentwickelter Kulturen wieder klar, wie grausam der Mensch sein kann. Wie erschrocken zeigte man sich, als im „Krieg gegen den Terror“ Grausamkeiten zu Tage kamen, die man höchstens fremdartigen Religionsvertretern oder unterentwickelten Zivilisationen zugetraut hätte. Das bestätigt einmal mehr, dass weder Zivilisation noch äußerliche Formen des Christentums den gefallenen Menschen verändern oder gar verbessern können.

Und was haben junge Christen jetzt mit dem Thema zu tun? – An zwei Dinge wollen wir denken:

1. Unsere alte Natur, die wir noch in uns haben, ist zu allem fähig. Auch zu Gewalt!

2. Es gibt heute (!) viele Gläubige, die Opfer von grausamen Angriffen sind.

Der Herr Jesus sagt:„Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen de- mütig“ (Mt 11,29; beachte auch den Kontext). Das Befolgen dieser Aufforderung hilft uns, sowohl die Versuchungen des Fleisches zu überwinden als auch grausame Angriffe zu ertragen.

Das Gute nicht liebend – oder Gottes Gaben schätzen?

Toleranz wird heutzutage groß geschrieben. Heute darf sich niemand mehr das Recht herausnehmen, andere zu verurteilen oder Dinge schlecht zu heißen. Wer das tut, wird die Meinung der Mitbürger deutlich zu spüren bekommen. Da viele keinen absoluten Wertmaßstab mehr haben, stehen sie manchem Bösen gleichgültig gegenüber. Das ist tragisch. Doch es geht noch weiter: Die Menschen unserer Zeit sagen nicht nur nicht „Nein“ zum Bösen, sondern sogar „Nein“ zum Guten. Genau das macht die Lauheit der Christenheit in der Endzeit aus, wie sie im Sendschreiben an Laodizea beklagt wird: „So, weil du lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Mund“ (Off 3,16).

Diese Einstellung ist nicht unbedingt neu. Bereits in der Zeit um 750–700 v. Chr. musste Gott seinem Volk vorwerfen, dass sie das Gute hassten und das Böse liebten (vgl. Micha 3,2; Amos 5,15). Wie konnte es dazu kommen? Hatte Gott in seiner Güte nicht so viel Gutes gegeben, das man dankbar hätte annehmen können?

In der Gnadenzeit ist die Ablehnung des Guten noch gravierender, da die Christenheit „die himmlische Gabe“ geschmeckt hat und mit einem Land verglichen werden kann, „das den häufig darauf kommenden Regen trinkt und ... von Gott Segen empfängt“ (Heb 6,4.7). Dieser Segen wurde noch einmal besonders sichtbar im 19. Jahrhundert. Ist es denn möglich, dass sich aus dieser Epoche eine laue Christenheit entwickeln konnte?

Der bewährte Bibelausleger William Kelly schreibt dazu: „Gleichgültigkeit entsteht nach meiner Überzeugung vor allem da, wo man die Wahrheit klar begriffen hat, es aber gleichzeitig am nötigen Selbstgericht und an wirklicher Gottesfurcht fehlen lässt ... Je mehr man die Gnade und Wahrheit Gottes dem Buchstaben nach vor anderen bekannt hat, während doch das Herz und das Gewissen nicht durch die Kraft seines Geistes regiert und belebt werden und der Wandel nicht dem empfangenen Licht entspricht, desto tiefer wird man früher oder später in einen Zustand von Neutralität und Gleichgültigkeit versinken, wenn nicht gar in offene Feindschaft gegen Gott. Man wird allem Guten gegenüber gleichgültig, und wenn überhaupt noch etwas an Eifer vorhanden ist, dann wird es Eifer sein für das, was böse ist.“1

Der Herr möge uns davor bewahren, gleichgültig an dem Guten vorbeizugehen. Das betrifft vor allem die geistlichen Segnungen, die wir schon heute besitzen. Die fünf Töchter Zelophchads spornen uns an, die rechte Wertschätzung für das „himmlische Land“ zu bekommen. Sie wussten, was ihr Vater verpasst hatte: ein sehr, sehr gutes Land (vgl. 4. Mo 14,7). Deshalb forderten sie von Mose: „Gib uns ein Eigentum unter den Brüdern unseres Vaters!“ (4. Mo 27,4).

„Und hast du gegessen und bist satt geworden, so sollst du den HERRN, deinen Gott, für das gute Land preisen, das er dir gegeben hat“ (5. Mo 8,10).

 

1 W. Kelly: Die Offenbarung. Ernst-Paulus-Verlag, Neustadt, 1. Auflage 1987, S. 64.65.