Psalm 119

Bibelstudium

Psalm 119 (Teil 5)

Dies ist die Schlussrunde des Bibelstudiums über Psalm 119. In den ersten vier Teilen hast du lernen können, wie vielseitig und vielfältig der Einfluss des Wortes Gottes auf dein persönliches Leben sein sollte. Auch dieser letzte Teil wird das noch einmal eindrücklich bestätigen. Das Wort Gottes ist für jeden gut, nützlich und wichtig!

18. Das Wort – die Quelle der Gerechtigkeit (V.137-144)

Kommentar:

(137-138) Gott ist gerecht und sein Handeln stets damit in Übereinstimmung. (139-141) Der Knecht des HERRN liebt das Wort des HERRN, doch das bringt ihm Verachtung und Widerstand der Welt ein. (142-144) Der Psalmist weiß: Gottes Gerechtigkeit wird siegen. Deshalb erträgt er auch den Widerstand und hat seine Freude an Gottes Wort.

Studienhilfe:

(Vers 137): „Gerecht bist du, HERR, und gerade sind deine Gerichte (1).“

(1) oder: Urteile, Entscheidungen

Wenn Gott gerecht ist, dann können seine Entscheidungen und Urteile nicht anders als ebenfalls gerecht sein.

(Vers 138): „Du hast in Gerechtigkeit deine Zeugnisse geboten und sehr in Treue.“ Weil Gottes Wort Ausdruck seiner Gerechtigkeit und Treue ist, können wir uns darauf stützen in der Gegenwart und uns darauf verlassen für die Zukunft.

(Vers 139): „Verzehrt hat mich mein Eifer (1), denn meine Bedränger haben deine Worte vergessen.“

(1) Ps 69,10

Diese Männer waren seine Bedränger, aber nicht das machte ihm in erster Linie Not, sondern die Tatsache, dass sie Gottes Wort vergessen hatten.

(Vers 140): „Wohlgeläutert ist dein Wort, und dein Knecht hat es lieb.“

Unsere Liebe zu Gottes Wort ist der Beweis unserer Liebe zu Gott.

(Vers 141): „Gering bin ich und verachtet; deine Vorschriften habe ich nicht vergessen.“

Weil der Psalmist das Wort Gottes liebte, wurde er von denen verachtet, die Gottes Wort verachteten. Das wird auch heute nicht anders sein.

(Vers 142): „Deine Gerechtigkeit ist eine ewige Gerechtigkeit, und dein Gesetz ist Wahrheit.“

Gott ist gerecht, und da Gott der Unwandelbare ist, ist auch seine Gerechtigkeit ewig und unveränderlich.

Vers 143): „Angst und Bedrängnis haben mich erreicht; deine Gebote sind meine Wonne.“

Der Psalmist war für die Menschen sicher ein Rätsel: in Angst und Bedrängnis und doch voller Wonne und Freude. Ähnliche Erfahrung hatte auch Paulus gemacht (s. 2. Kor 6,10).

(Vers 144):„Gerechtigkeit sind deine Zeugnisse auf ewig; gib mir Einsicht, so werde ich leben.“

Leben ist mehr als Essen, Trinken und fröhlich sein. Wahres Leben beginnt mit der Einsicht in Gottes Wort.

Zitat:

„Ist es nicht groß und wunderbar, dass Menschen, in Sünde geboren und von einer sündigen Welt umgeben, Freude daran finden, sich mit der Gerechtigkeit Gottes zu beschäftigen? Das kann aber nur geschehen, weil Gott gleichzeitig gnädig und barmherzig ist“ (P. Grobéty).

19. Das Wort – die Quelle der Kraft in den Nachtwachen (V.145-152)

Kommentar:

(145-146) Der Psalmist bringt sein völliges Vertrauen zu seinem Gott zum Ausdruck. Dieses Vertrauen bewirkt auch Gehorsam gegenüber dem Wort seines Gottes. (147-148) Gebet und das Studium von Gottes Wort sind zentrale Punkte im Leben des Psalmisten – ob frühmorgens oder in schlaflosen Nächten.

(149-150) Die Grundlage für sein Flehen bildet nicht seine eigene Treue, sondern die Güte Gottes.

(151-152) Obwohl die Feinde nahe gekommen sind (150), weiß der Glaube: „Du bist nahe, HERR“ – das ist seine Zuversicht.

Studienhilfen:

(Vers 145):„Von ganzem Herzen (1) habe ich gerufen; erhöre mich, HERR! ich will deine Satzungen halten.“

(1) s. Verse 10.34

Das Gebet des Glaubens geschieht mit ganzem Herzen, und ...(siehe Vers 146)

(Vers 146):„Zu dir habe ich gerufen, rette mich (1), und ich will deine Zeugnisse beachten.“

(1) Ps 71,2.3

... zu dir, d.h. es ist ein Gebet des persönlichen Vertrauens.

(Vers 147): „Der Morgendämmerung bin ich zuvorgekommen (1) und habe geschrieen; auf dein Wort habe ich geharrt.“

(1) Ps 130,6

Ernsthaftes Gebet und Gottes Wort gehören zusammen: a) Gottes Wort ohne Gebet wird leicht zu einer rein intellektuellen Übung ... (siehe Vers 148)

(Vers 148): „Meine Augen sind den Nachtwachen (1) zuvorgekommen, um zu sinnen über dein Wort.“

(1) Ps 63,7

b) Gebet ohne Gottes Wort wird leicht zu einer rein emotionalen, im Extremfall mystischen Angelegenheit.

(Vers 149): „Höre meine Stimme nach deiner Güte; HERR, belebe (1) mich nach deinen Rechten!“

(1) Tipp: suche alle Stellen in Ps 119, in denen der Ausdruck „belebe“ vorkommt (V. 25, ...)

Wenn Er uns hört, dann ist das nicht unser Verdienst. Es ist allein seine Güte.

(Vers 150):„Nahegekommen sind die, die bösen Plänen nachjagen; fern sind sie von deinem Gesetz.“

Solche, die böse Pläne schmieden, mögen uns nahekommen, aber sie sind fern von Gottes Gesetz, d.h sie stehen nicht auf der Seite Gottes, des Stärkeren.

(Vers 151): „Du bist nahe (1), HERR; und alle deine Gebote sind Wahrheit.“

(1) Jes 50,8

Wer immer sich dir naht, keiner ist dir so nahe wie der Herr.

(Vers 152): „Von alters her habe ich aus deinen Zeugnissen gewusst, dass du sie gegründet hast auf ewig(1).“

(1) s. Vers 89

Hast du auch schon eine persönliche „Geschichte“ (von alters her) mit deiner Bibel, dem Wort Gottes?

Zitat:

„In diesen Versen sehen wir einen Gerechten, der ganz auf Gott vertraut. Im Bewusstsein seines Unvermögens schreit er zu Ihm und gebraucht dabei Ausdrücke, welche von der Aufrichtigkeit und Lauterkeit seines Herzens zeugen. Ein solches Gefühl der Abhängigkeit ist überaus wichtig für den Gläubigen. Wir sind gerne geneigt von uns aus zu reden und zu handeln“ (P.Grobéty).

20. Das Wort – die Quelle zum Überwinden (V. 153-160)

Kommentar:

(153-154) Der Psalmist weiß, dass dem HERRN das Schicksal seiner Treuen nicht gleichgültig ist, so kann er im Vertrauen auf seinen Gott seine Rechtssache getrost in Gottes Hände legen.

(155-157) Mögen die Verfolger, die nicht nach Gottes Wort fragen, auch zahlreich sein, der Psalmist will doch an diesem Wort festhalten und nicht davon abweichen. (158-160) Den Treuen kennzeichnet: Festhalten an Gottes Wort; Abscheu vor dem Bösen; Liebe zu Gottes Wort.

Studienhilfen:

(Vers 153): „Sieh an mein Elend und befreie mich (1)! Denn dein Gesetz habe ich nicht vergessen.“

(1) Ps 34,5.18.20

Bist du auch in einer „elenden Lage“? Dann darfst du den Herrn bitten: Sieh an! Oder, wie die Schwestern in Bethanien: Herr, komm und sieh! (Joh 11,34)

(Vers154): „Führe meine Rechtssache (1) und erlöse mich! Belebe mich nach deiner Zusage!“

(1) Ps 35,1; Klgl 3,58

Dieser Vers enthält drei Bitten:

a) Im Bewusstsein eines guten Gewissens bittet der Psalmist den HERRN, seine Sache zu übernehmen.

b) Im Bewusstsein seiner Hilflosigkeit bittet er um Erlösung.

c) Im Bewusstsein seiner Schwachheit bittet er um Belebung.

(Vers 155): „Fern ist von den Gottlosen die Rettung, denn nach deinen Satzungen trachten sie nicht.“

Da die Gottlosen nicht vom Bösen lassen wollen, haben sie sich selbst jeder Hoffnung beraubt.

(Vers156): „Deiner Erbarmungen sind viele (1), HERR; belebe mich nach deinen Rechten!“

(1) Ps 40,6;71,15

Neben dem hoffnungslosen Teil der Gottlosen (Vers 155) steht der Reichtum göttlichen Erbarmens für den Gläubigen.

(Vers 157): „Zahlreich (1) sind meine Ver- folger und meine Bedränger; von deinen Zeugnissen bin ich nicht abgewichen.“

(1) Ps 25,19

Wie zahlreich auch die Feinde waren, der Schreiber würde nicht abweichen von Gottes Wort. Die Erbarmungen seines Gottes waren mehr als alle Feinde es je sein konnten.

(Vers 158): „Die Treulosen habe ich gesehen, und es ekelte mich an (1), weil sie dein Wort nicht beachteten.“

(1) Vers 136

Was empfindest du bei dem sündigen Treiben von „Christen“, die Gottes Gedanken einfach missachten?

(Vers 159): „Sieh, dass ich deine Vorschriften liebe; nach deiner Güte, HERR, belebe mich!“.

Der Psalmist sagt nicht: „Sieh, HERR, wie ich alles in deinem Wort gehalten habe“, sondern, „Sieh, HERR, wie ich dein Wort liebe“.

(Vers 160): „Die Summe deines Wortes ist Wahrheit, und alles Recht deiner Gerechtigkeit währt in Ewigkeit.“

Das Wort Gottes steht als Ganzes fest (Vers 89). „Dein Wort ist Wahrheit“ (Joh 17,17).

Zitat:

„Beachte das dreifache Flehen um Belebung (Verse 154, 156, 159). Das ist prophetisch von großer Bedeutung, denn es stellt das Flehen des gottesfürchtigen Überrestes der letzten Tage dar. Israel als Nation bedarf dieser geistlichen „Erweckung“ und wird dies erfahren, wenn nach der Verheißung der Geist Gottes über das Volk ausgegossen wird“ (A.G. Clarke).

21. Das Wort – die Quelle zu Freude und Lob (V.161 – 168)

Kommentar:

(161) Die Großen dieser Welt mögen den Gläubigen verfolgen, doch für den Gläubigen steht die Autorität des Wortes Gottes über der Autorität von Menschen. (162-168) Der Psalmist zählt die Segnungen auf, die der erfährt, für den Gottes Wort die höchste Autorität ist:

1. Das Wort ist seine Freude, er findet darin große Schätze (162).

2. Es setzt ihn in die Lage, das Böse vom Guten zu unterscheiden (163).

3. Es bewirkt Lob bei ihm in den verschiedenen Situationen des Tages (164).

4. Es bringt inneren Frieden, so dass sich der Psalmist nicht mehr durch die Umstände leiten lässt (165).

5. Es führt ihn zum vertrauensvollen Warten auf die Rettung des Herrn (166).

6. In dieser Wartezeit soll Gehorsam und Liebe zum Wort Gottes sein Kennzeichen sein (167).

7. Für den treuen Gläubigen ist es ein Trost zu wissen, dass seine Wege Gott bekannt sind (168).

Eine Rarität in diesem Psalm: Dieser Abschnitt enthält keine einzige Bitte!

Studienhilfen:

(Vers 161): „Fürsten haben mich verfolgt ohne Ursache; aber vor deinem Wort hat mein Herz sich gefürchtet (1).“

(1) Jes 66,2

Der Gläubige, der Gottes Wort hält, ordnet sich auch der Obrigkeit unter. Er hat ein reines Gewissen. Man verfolgt ihn ohne Ursache.

(Vers 162): „Ich freue mich über dein Wort wie einer, der große Beute findet (1).“

(1) Lk 24,32

Ehrfurcht vor dem Wort Gottes (161) und Freude am Wort Gottes (162) gehören zusammen.

(Vers 163): „Lüge hasse und verabscheue ich; ich liebe dein Gesetz.“

Wer das Wort Gottes liebt, kann die Lüge nur hassen.

(Vers 164): „Siebenmal am Tag lobe ich dich um der Rechte deiner Gerechtigkeit willen.“

Wenn wir dreimal am Tag bitten und flehen (Ps 55,18), dann dürfen wir siebenmal loben und danken (nicht vergessen!).

(Vers 165): „Großen Frieden (1) haben die, die dein Gesetz lieben, und kein Fallen gibt es für sie.“

(1) Ps 34,15; Jes 26,3;48,18

Gehorsam gegen Gott und sein Wort bringt inneren Frieden.

(Vers 166): „Ich habe auf deine Rettung gewartet (1), HERR; und deine Gebote habe ich getan.“

(1) oder: gehofft, s. Vers 174

In Zeiten der Anfechtung gilt zweierlei: erstens, dass wir die Hoffnung ganz auf Gott setzten, und zweitens, dass wir tun, was recht ist. Das erste ohne das zweite wäre Anmaßung. Das zweite ohne das erste tote Werkgerechtigkeit (nach C.H. Spurgeon).

(Vers 167): „Meine Seele hat deine Zeugnisse beachtet, und ich liebe (1) sie sehr.“

(1) Tipp für ein Wortstudium: Wie oft spricht der Psalmist in diesem Psalm davon, dass er Gottes Wort liebt?

Der gehorsame Weg des Gläubigen ist nicht motiviert aus einem kalten Pflichtbewusstsein, sondern aus innerer Wertschätzung des Wortes Gottes.

(Vers 168):„Deine Vorschriften und deine Zeugnisse habe ich beachtet, denn alle meine Wege sind vor dir.“

In der Gegenwart von „Autoritäten“ reißt der Mensch sich zusammen, sonst lässt er sich schon mal gehen. Der Gläubige lebt stets unter dem Auge seines Herrn. Das sollte unser Leben entsprechend prägen.

Zitat:

„Er (der Psalmist) erkennt den Widerstand gegen Gottes Wort bei den Großen dieser Erde. Dazu hatten die Fürsten ihn ohne Ursache verfolgt, aber sein Herz ist mit Ehrfurcht ergriffen von dem Wort, durch das Gott selbst zu seinem Gewissen geredet hat. Auch hat sein Herz darauf geantwortet, so dass dieses Wort für ihn wie die reiche und vielfältige Beute des Soldaten geworden ist. Aber mehr noch: Auch sein moralisches Werturteil wird dadurch geprägt. Es ist die Heiligkeit der Wahrheit, die ihn anzieht. Deshalb hasst er alle Falschheit, die auch das Wort hasst“ (F.W. Grant).

IV Anhang

22. Das Wort – die Quelle für das Gebet des Überrestes (V.169-176)

Kommentar:

(169-170) Der Psalmist betet um Einsicht in Gottes Wort und um Befreiung aus seinen Umständen.

(171-172) Die Folge einer Gebetserhörung werden dann das Lob Gottes und das Zeugnis vor den Menschen sein. (173-174) Wer Zeugnis für Gott ablegt, muss mit Widerstand rechnen und hat erneut die Hilfe seines Herrn nötig. (175-176) Früher irrte der Psalmist umher wie ein verlorenes Schaf, doch jetzt ist es sein Verlangen, zu Gottes Ehre zu leben und Ihn zu loben. Ist das auch deine Geschichte?

Studienhilfen:

(Vers 169): „Lass mein Schreien nahe vor dich kommen, HERR; gib mir Einsicht (1) nach deinem Wort!“

Tipp: Suche noch einmal die vier Vorkommen des Ausdrucks „Gib mir Einsicht“ in diesem Psalm auf.

(1) Die vielen Bitten dieses Psalms werden hier in zwei Bitten zusammengefasst: a) die Bitte um Einsicht ... (siehe Vers 170).

(Vers 170): „Lass mein Flehen vor dich kommen ; errette mich nach deiner Zusage!“

... und b) die Bitte um Errettung.

(Vers 171): „Meine Lippen sollen dein Lob hervorströmen lassen, wenn du mich deine Satzungen gelehrt hast (1).“

(1) oder: weil du mich ... lehrst

Auch du darfst, wie der Psalmist, in die Gegenwart Gottes treten mit Lob ...

(Vers 172): „Meine Zunge soll laut reden von deinem Wort, denn alle deine Gebote sind Gerechtigkeit.“

... und dann auch vor den Menschen von deinem Herrn reden.

(Vers 173): „Lass deine Hand (1) mir zu Hilfe kommen! Denn ich habe deine Vorschriften erwählt.“

(1) Jes. 41,10

Wer die eigene Hand im Gehorsam unter Gottes Wort betätigt, kann mit Freimütigkeit die Hand Gottes zu Hilfe rufen in seiner Not.

(Vers 174): „Ich sehne mich nach deiner Rettung (1), HERR; und dein Gesetz ist meine Wonne.“

(1) Vers 166

Nennt die erste Vershälfte uns den Gegenstand der Sehnsucht des Psalmisten, so zeigt uns die zweite Hälfte den Gegenstand seiner Freude in der Gegenwart.

(Vers 175): „Lass meine Seele leben (1), und sie wird dich loben (2); und deine Rechte mögen mir helfen!“

(1) Jes 38,18-20;

(2) oder: dass sie dich lobe

„Es ist ein tröstliches Bewusstsein, dass wir inmitten der Anfechtungen und Stürme dieser Welt, die die Frommen bedrohen, unsere Augen zu den Rechten, den Gerichten Gottes erheben und bei ihnen Schutz finden können“ (Calvin).

(Vers 176): „Ich bin umhergeirrt wie ein verlorenes Schaf (1); suche deinen Knecht, denn ich habe deine Gebote nicht vergessen (2).“

(1) Jes 53,6; 1. Pet 2,25

(2) Tipp: Wie oft sagt der Psalmist in diesem Psalm, dass er Gottes Wort „nicht vergessen“ hat?

Ja, der Herr führt seinen irrenden Knecht zurück. Doch, wenn wir vom letzten Vers dieses Psalms noch mal zum ersten zurückkehren, so ist es glückselig, sich durch Gottes Wort vor Abweichen bewahren zu lassen.

Zitat:

1) praktische Anwendung:

„Ach, wie manchmal ist das schon geschehen, wie oft bin ich in leichtsinnigem Übermut meine eigenen verkehrten Wege gegangen und wäre hoffnungslos verloren gewesen, wenn nicht deine Gnade immer wieder ins Mittel getreten wäre. Früher, ehe ich gedemütigt war (V. 67), ehe du mich völlig deine Rechte gelehrt hattest (V. 71), ging ich in der Irre. Ich wich ab von den sittlichen Forderungen deines Wortes, von seinen Wahrheitslehren und auch von dem, was du mir schon an herrlichen Gnadenerfahrungen zu schmecken gegeben hattest. Ich verlor den rechten Weg und ging irre in der Wüste. Aber selbst jetzt, wo ich so lange schon unter deinem treuen Hirtenstabe stehe, bin ich nur zu leicht geneigt, abzuweichen und so mich in meinen eigenen Wegen zu verlieren; ja wie manchmal habe ich, ehe ich mich versehe, schon einen Fehltritt getan und bin nie sicher davor, in die Irre zu schweifen; darum, HERR, habe acht auf mich und bringe mich immer wieder zurecht! Du kennst mich besser, als ich selbst mich kenne, und siehst alle meine Wege; bin ich verirrt, so suche wie ein verlorenes Schaf deinen Knecht“ (C.H. Spurgeon).

2) prophetische Auslegung:

„Beim letzten Abschnitt dieses langen und wichtigen Psalms angelangt, wollen wir versuchen, die Absicht des Geistes Gottes zu überblicken, der dem Psalmisten diese Worte eingab. Wenn auch Israel sich verirrt hat, so bleibt sein Herz doch dem Gesetz seines Gottes zugeneigt. Die endgültige Befreiung von Seiten des HERRN hat noch nicht stattgefunden, aber das Volk wird innerlich durch die schwere Trübsal, die es durchkosten muss, wiederhergestellt. Der Weg für Gott ist somit offen, sich weiter mit demselben zu beschäftigen und es den Segen unter der Herrschaft des Christus genießen zu lassen“ (P. Grobéty).