Wachsen im Glaubensleben - wie geht das

Wachsen im Glaubensleben – wie geht das?

Wer möchte nicht gerne (endlich oder endlich wieder) Fortschritte im Glaubensleben machen? Und doch hapert es daran nicht selten. Das Hohelied (oder Lied der Lieder) gibt uns für dieses Problem – in alttestamentlicher Bildersprache – eine Lösung. Im Hohenlied wird die Beziehung zwischen einer jungen Frau und ihrem Geliebten beschrieben. Mit Höhen und Tiefen. Und Vertiefung. Aus Liebe entstanden, und in Liebe vertieft: so soll auch unser Verhältnis zum Herrn sein. Folge: Wachstum auch im täglichen Glaubensleben. Neugierig geworden? Weiterlesen erwünscht ...

1. Schritt: „Mein Geliebter ist mein, und ich bin sein“ (Hld 2,16)

In dem Moment unserer Bekehrung haben wir einen unvorstellbar großen Schatz gewonnen. Wir dürfen dann sagen: Der Herr Jesus (im Hohenlied als Geliebter bezeichnet) ist mein.

  • Er ist mein Erlöser (Hiob 19,25; Ps 19,15)
  • mein Erretter (2. Sam 22,2; Ps 144,2)
  • mein Herr (Joh 20,13.28; Phil 3,8)
  • mein Hirte (Ps 23,1).

Diese innigen Beziehungen können wir fortsetzen, jeder kann für sich selbst weiter überlegen, was ihm der Herr bedeutet. Wie schön, dass wir sagen können: Er ist mein. An dieser Beziehung wollen wir auch unser ganzes Leben hindurch festhalten. Diese Beziehung ist nicht an ein bestimmtes Alter geknüpft. Wir wollen, soviel an uns liegt, niemandem und nichts erlauben, diese Beziehung zu stören. Lasst uns nie vergessen: Mein Geliebter ist mein.

Die zweite Hälfte dieser Aussage zeigt, dass ich auch sein bin. Ich bin sein Eigentum, ich bin

  • erkauft um einen hohen Preis (1. Kor 6,20),
  • für Gott erkauft durch sein Blut (Off 5,9),
  • Gott hat mich erworben durch das Blut seines Eigenen (Apg 20,28).

Was für ein ein hoher Preis musste gezahlt werden, damit ich verdammungswürdiger Sünder errettet werden konnte! So nach und nach dürfen wir erkennen, immer mehr erkennen, dass wir sein sind, sein Eigentum.

„Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat“ (1. Joh 4,19), so lesen wir von der Liebe Gottes. Ja, wir lieben, und dabei lieben wir auch unseren Herrn und erkennen auch eine Steigerung in Bezug auf diese Liebe. Je mehr wir unsere Liebe und Beziehung zu Ihm erkennen, desto mehr sehen wir, dass seine Liebe zu uns eher da war. Bevor wir überhaupt daran dachten, Ihn zu lieben, hat Er dich und mich gesehen und geliebt und sich selbst für uns hingegeben (Gal 2,20; Eph 5,2.25) am Kreuz von Golgatha. Dort am Kreuz hat Er meine und deine Stelle im Gericht Gottes eingenommen. Dort ist Er ein Fluch für mich geworden (Gal 3,13), dort trug Er die Strafe zu unserem Frieden (Jes 53,5), dort ist Er mein Stellvertreter geworden. Dafür darf ich Ihm immer dankbar sein, darf Ihn loben und preisen für diese unendlich große Liebestat.

Seine Liebe war aber nicht nur vor unserer Liebe da, wir dürfen auch immer mehr erkennen, dass seine Liebe zu uns wesentlich größer ist als unsere Liebe zu Ihm. Das spornt uns an, Ihn mehr zu lieben.

2. Schritt: Ich bin meines Geliebten; und mein Geliebter ist mein (Hld 6,3)

Während in der ersten Feststellung der Schwerpunkt auf der Tatsache liegt, dass der Herr jetzt uns gehört, liegt hier der Akzent auf der Aussage, dass wir dem Herrn gehören. Er besitzt uns, weil Er uns durch sein Blut erworben hat. Das ist echtes Wachstum in der Gemeinschaft zwischen dem Herrn und uns: zu erkennen, dass ich Ihm gehöre, dass Er etwas von mir genießen kann (will)!

Je mehr wir uns mit dem Herrn Jesus beschäftigen, und das ist das eigentliche Ziel auch dieser kurzen Betrachtung, umso mehr vertieft sich dieser Gedanke, dass Er mich liebt. Mehr und mehr tritt in den Hintergrund, was ich an Ihm habe, dass Er mein ist. Nicht, dass wir das vergessen sollten, aber ist es nicht kostbar, seine Liebe zu mir, seine Beziehungen zu einem ehemals Verlorenen vor Augen zu haben? Wo hat er mich hergeholt? Wir waren alle, ohne Ausnahme (!)

  • ungerecht,
  • unverständig,
  • nicht auf der Suche nach Gott,
  • abgewichen von dem rechten Weg,
  • untauglich, Gott zu nahen,
  • keiner von uns tat das Gute (Röm 3).

Sehen wir nicht mehr und mehr, wo der Herr uns herausgeholt hat? Darf uns diese so große Liebe nicht Kraft und Ermunterung sein?

Der Schreiber des Johannesevangeliums, Johannes, nennt sich selbst nie mit seinem Namen, aber er spricht mehrfach von dem Jünger, welchen Jesus liebte (13,23; 19,26; 20,2; 21,7; 21,20). Damit meint er sich selbst, er hatte das Wort aus dem Hohenlied verstanden: ich bin meines Geliebten.

Du und ich, die wir in der Nachfolge des Herrn stehen, dürfen auch daran festhalten. Wie groß ist doch seine Liebe, seine Gnade gegen uns. Diese Gnade wollen wir nie vergessen (Eph 2), damit wir nicht hochmütig oder übermütig werden. Und doch wollen wir auch daran denken: Ich bin meines Geliebten. Ich gehöre dem, der sich selbst für mich hingegeben hat. Der, der sich selbst für uns hingegeben hat, tat dies auch, um sich selbst ein Eigentumsvolk zu reinigen (Tit 2,14). Er wollte uns für sich selbst besitzen, als sein Eigentum, und Er möchte gerne Freude an seinem Besitz haben ...

3. Schritt: Ich bin meines Geliebten, und nach mir ist sein Verlangen (Hld 7,11)

Immer noch weiß sich die Braut im Besitz ihres Geliebten. Aber sie lernt jetzt dazu: Er hat Interesse an mir, er sehnt sich nach mir! Was ist das doch für eine große und herrliche Aussage! Nach mir ist sein Verlangen. Nicht nur, dass er mich besitzt, nein auch sein Verlangen ist nach mir. Ihn verlangt nach uns. Er, der schon heute besorgt um uns ist, dem so viel an uns liegt (1. Pet 5,7), will, dass wir bei Ihm sind: „Vater, ich will, dass die, die du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin, damit sie meine Herrlichkeit schauen.“ (Joh 17,24)

Sein Sehnen nach uns bewirkt Wachsen zu Ihm hin

Vielleicht dürfen wir an zweierlei Verlangen denken. Zum einen will der Herr, dass wir uns heute in seiner Nähe aufhalten, uns von Ihm führen lassen, uns von Ihm ernähren, uns mit Ihm beschäftigen, ja einfach in seiner Abhängigkeit unseren Glaubensweg gehen. Ohne Einschränkung. Sollten wir das nicht vermehrt tun? Sollten wir nicht mehr Zeit für Ihn haben?! Er wird dies nicht ohne Belohnung lassen. Wie werden doch unsere Herzen glücklich, wenn wir uns mit Ihm befassen, wenn wir sein Wort lesen und darüber nachdenken. Wird es nicht unser praktisches Leben positiv verändern? Sein Verlangen ist nach mir, heute schon. Wenn wir ein wenig begriffen haben, dass es dem Herrn sowohl um unsere, aber eben auch um seine Freude an uns geht, wird das unser Glaubensleben, unsere Lebensführung weiterführen. Wir werden zu Ihm hinwachsen. Vielleicht für uns unmerklich, aber wohl für andere – wie bei Mose.

Das Sehnen in Vollendung – ewiges Glück vor Ihm

Darüber hinaus haben wir noch eine andere Seite, sein Verlangen geht noch weiter. Er will, dass wir ganz bei Ihm sind. Er sehnt diesen Augenblick herbei, viel mehr als wir, wo wir entrückt werden, Ihm entgegen, um dann allezeit bei Ihm zu sein (1. Thes 4,17). Das ist sein Verlangen. Dann sind wir bei Ihm und werden Ihn sehen, wie Er ist (1. Joh 3,2). Dann gibt es nichts mehr, was uns von Ihm trennt, dann suchen wir keine Ausreden mehr, warum wir so wenig Zeit für Ihn haben.

Wie schwach ist doch oft unser Verlangen, bei Ihm zu sein, im Vergleich zu seinem Verlangen, uns bei sich zu haben. Es ist keiner Schwankung unterworfen, nein, immer gleich. Wie viele Dinge dagegen verdrängen täglich den Herrn und auch die Erwartung seines Kommens aus unserem Leben. Bei jedem ist es etwas anderes, Dinge, die oft im Grunde genommen gar nicht böse sind, die uns aber der Blick auf den Herrn verbauen, uns die Zeit für Ihn und die Freude an unserem Herrn rauben. Doch Er ist treu, Er lässt und verlässt uns nicht und sein Verlangen ist nach dir und mir. Ist das nicht groß?

Übrigens, diese Hoffnung auf Ihn hat eine herrliche Folge für unser Alltagsleben: „Jeder, der diese Hoffnung zu ihm hat, reinigt sich selbst“ (1. Joh 3,3). Ist das nicht ein attraktiver Nebeneffekt dieser Lebenseinstellung: Rein zu bleiben in einer alles anderen als reinen Umgebung?!