Bibelstudium

„…hinschauend auf Jesus“

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass der Christ die Welt, durch die er geht, richtig einschätzt, während er sich beständig die Glückseligkeit der Welt vor Augen hält, auf die er zugeht.

Wenn wir uns jedoch zu sehr mit dem zunehmenden Verderben einer Welt, die für das Gericht heranreift, beschäftigen – mit dem traurigen Zustand der Christenheit, die in Kürze aus dem Mund Christi ausgespien werden wird, und mit der Verwirrung und Zerstreuung unter dem Volk Gottes –, werden wir kaum der Niedergeschlagenheit und Mutlosigkeit entgehen.

Das 12. Kapitel des Hebräerbriefes behandelt die Möglichkeit, dass der Christ infolge der Prüfungen auf seinem Weg niedergeschlagen ist. Dieses Kapitel zeigt uns aber auch, wie wir vor solcher Niedergeschlagenheit bewahrt werden können. Der Apostel sah offensichtlich, dass solche, an die er schrieb, in der Gefahr standen, dem Druck von Prüfungen zu erliegen und im Kampf mit dem Feind nachzugeben. Er spricht von „Bürden“, die uns niederdrücken, von Sünde, die uns leicht umstrickt, und von Schwierigkeiten, die innerhalb des christlichen Bereiches entstehen können.

Angesichts dieser Prüfungen sieht er die drohende Gefahr, dass die Gläubigen daran gehindert werden können, den vor ihnen liegenden Wettlauf zu laufen; dass sie im Kampf mit dem Feind ermüden und ermatten können; dass sie unter dem Handeln des Herrn ermatten können; dass ihre Hände im Dienst für den Herrn erschlaffen und ihre Knie erlahmen können und dass ihre erschlafften Hände und gelähmten Knie die Füße dazu verleiten können, auf krumme Wege abzubiegen.

Um uns davor zu bewahren, dass uns das Böse überwindet, zeigt uns der Apostel bestimmte große Wahrheiten, die, wenn wir sie mit Energie festhalten, uns stärken und uns ermutigen, trotz aller Versuchung und allen Widerstandes den Wettlauf von der Erde zum Himmel zu laufen.

Vers 1: Deshalb nun, da wir eine so große Wolke von Zeugen um uns haben, lasst auch uns, indem wir jede Bürde und die leicht umstrickende Sünde ablegen, mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf,

Unsere Füße gehen auf dem Weg, der sich zwischen der gegenwärtigen Welt befindet, der wir den Rücken zugewandt haben, und der zukünftigen Welt, auf die wir unsere Blicke gerichtet haben. Dieser Weg wird als „der Wettlauf“ gesehen. Es ist nicht „ein Wettlauf“, den wir uns selbst vornehmen müssen, sondern „der vor uns liegende Wettlauf“. Viele scheinen zu denken, dass, während es nur einen Weg gibt, errettet zu werden, es viele Wege gäbe, auf denen man durch diese Welt gehen kann, und dass jeder Christ die Freiheit habe, sich den Weg zu wählen, den er bevorzugt. Die Schrift zeigt uns, dass Gott seinen Weg hat, Menschen aus der Welt zu erretten, und dass Er seinen Weg hat, sie durch die Welt zu führen. Unser ganzes Interesse sollte darauf gerichtet sein, den Weg zu erkennen, den Gott für sein Volk vorgezeichnet hat, und dann „den vor uns liegenden Wettlauf“ zu laufen.

Es ist klar, wenn wir den Hebräerbrief lesen, dass sich Gottes Weg für sein Volk völlig außerhalb des jüdischen Lagers befindet. Und es ist ebenso klar, dass die Christenheit in ein Lager menschlicher Anordnungen zurückgekehrt ist. Folglich hat die Aufforderung im letzten Kapitel, außerhalb des Lagers zu gehen, immer noch ihre Anwendung. Wie damals, so bringt es auch heute Schmach mit sich, vielleicht auch Leiden, aus der gegenwärtigen religiösen Welt hinauszugehen, und vor Schmach und Leiden schrecken wir von Natur aus zurück.

Außerdem gibt es Hindernisse, diesen Pfad zu betreten. Der Apostel sagt: „Lasst auch uns, indem wir jede Bürde und die leicht umstrickende Sünde ablegen ...“ Hier werden uns zwei Dinge gezeigt, die uns oft daran hindern, mit ganzem Herzen den Weg zu laufen, den Gott vorgezeichnet hat. Erstens „Bürden“ und zweitens „Sünde“. Bürden sind keine moralisch verkehrten Dinge. Alles, was den Gläubigen daran hindert, Gottes Weg anzunehmen oder den begonnenen Weg mit Ausharren zu laufen, ist eine Bürde. Wenn wir herausfinden wollen, was für unser geistliches Wachstum ein Hindernis ist, dann ist die schnellste Methode die, den Wettlauf zu beginnen. Ein Läufer in einem Wettrennen wird alle unnötige Bekleidung abwerfen. Dinge, die im alltäglichen Leben keine Bürde wären, werden beim Wettlauf zur Bürde. Darüber hinaus werden wir aufgefordert, „jede Bürde“ abzulegen. Wir sind wohl bereit, einige Bürden abzulegen, doch andere behalten wir.

Das andere große Hindernis ist Sünde. Es ist nicht das, was wir manchmal Gewohnheitssünde nennen. Im Grundtext heißt es nicht „die Sünde“, sondern einfach „Sünde“, deren Grundsatz die Gesetzlosigkeit oder das Tun des eigenen Willens ist. Nichts wird uns so daran hindern, den Weg der Schmach außerhalb des Lagers zu gehen, wie ungerichteter Eigenwille. Gottes Weg muss ein Weg sein, auf dem es keinen Raum für den Willen des Menschen gibt.

Das Vorhandensein dieser Hindernisse erfordert Energie und Ausharren, wenn sie überwunden werden sollen. Deswegen sagt der Apostel: „Lasst auch uns ... mit Ausharren laufen.“ Laufen setzt geistliche Energie voraus, und damit verbunden brauchen wir Ausharren. Es ist leicht, einen energievollen Anfang zu machen. Doch es ist schwer, jeden Tag angesichts von Schwierigkeiten und Entmutigung durchzuhalten. Damit wir diese Hindernisse überwinden und die nötige Energie aufbringen können, um mit Ausharren den vor uns liegenden Wettlauf zu laufen, zeigt der Geist Gottes uns in diesem Kapitel die verschiedenen Mittel, die Gott zu diesem Zweck gebraucht.

  • Wir haben zu unserer Ermutigung eine Wolke von Zeugen für den Weg des Glaubens. Wenn uns Feinde entgegenstehen, wir mit Prüfungen fertigwerden und Schwierigkeiten überwinden müssen, dürfen wir uns daran erinnern, dass andere vor uns auf diesem Weg des Glaubens gegangen sind; andere sind bereits in dem Licht der zukünftigen Herrlichkeit gewandelt. Andere habe weitaus größere Versuchungen durchgemacht – Verhöhnung, Fesseln, Gefängnis, Verfolgung und Tod –, und durch Glauben haben sie überwunden. Wir sind so umgeben von einer Wolke von Zeugen des Glaubens, der sich über jede Art von Prüfung in dieser gegenwärtigen Welt erheben kann, und laufen mit Ausharren den Wettlauf, der zu einer anderen Welt führt.

Vers 2: … hinschauend auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der, die Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes.

  • Jesus ist weit über allen irdischen Zeugen in der Herrlichkeit, und um uns auf dem Glaubensweg zu ermutigen, werden unsere Blicke auf Jesus gerichtet, „den Anfänger und Vollender des Glaubens“. Nachdem wir den Weg außerhalb des Lagers betreten haben, nimmt der Apostel nicht an, dass wir in der Lage sein werden, diesen Weg aus eigener Kraft zu gehen. Nein, im Gegenteil. Seine Ermahnung schließt klar in sich, dass wir, nachdem wir die Hindernisse überwunden und den Lauf begonnen haben, nur fortfahren können, indem wir unentwegt auf Jesus blicken. Er, der uns zu sich außerhalb des Lagers zieht, ist der Einzige, der uns Kraft geben kann, wenn wir zu Ihm hinausgegangen sind. Andere sind den Weg des Glaubens gegangen, aber sie haben das endgültige Ziel nicht erreicht. Sie sind noch nicht „vollkommen gemacht“ (11,40). „Hinschauend auf Jesus“ sehen wir den Einen, der jeden Schritt des Weges gegangen ist und das Ziel erreicht hat. Die Helden des AT sind leuchtende Beispiele, aber sie sind weder „Anfänger“ noch „Vollender“, Jesus ist beides. Auf seinem Weg der Leiden und Schmach wurde Er durch die vor Ihm liegende Freude aufrechterhalten. Als Er den Weg ging, konnte Er sagen: „Fülle von Freuden ist vor deinem Angesicht, Lieblichkeiten in deiner Rechten immerdar“ (Ps 16,11).

Die Zeugen aus Hebräer 11 geben uns Mut durch ihr Beispiel, aber keiner dieser Zeugen kann ein Gegenstand des Glaubens sein oder Gnade darreichen zur rechtzeitigen Hilfe. Jesus ist nicht nur das vollkommene Beispiel für jemanden, der den Weg des Glaubens gegangen ist und das Ziel erreicht hat, Er ist auch derjenige, der von dem Ort der Macht aus, „zur Rechten Gottes“, denen Gnade darreichen kann, die sich jetzt auf diesem Weg befinden. Die Wolke von Zeugen hat den Schauplatz verlassen. Sie leben für Gott, doch was diese Welt betrifft, sind sie tot. Jesus lebt immerdar. Wir haben herrliche Beispiele hinter uns. Wir haben eine lebende Person vor uns.

Es ist auffallend, wie oft der Herr uns in diesem Brief mit seinem persönlichen Namen JESUS vorgestellt wird (siehe 2,9; 3,1; 4,14; 6,20; 10,19; 12,2; 13,12). Der Grund ist offensichtlich, dass uns die wunderbare Tatsache eingeprägt werden soll, dass derjenige, der mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt ist – unser Apostel und Hoherpriester –, derselbe ist, der hier als niedriger Mensch unter Menschen war. Wie verändert seine Stellung und seine Umstände auch sind, es ist „dieser JESUS“, auf den wir hinschauen sollen. Er schaut auf uns, doch schauen wir auch immer auf Ihn?

 

Dieser Text ist ein Auszug aus einem Kommentar zum Brief an die Hebräer mit dem Titel „Jesus Christus ist derselbe“. Diese ausführliche und zugleich gut verständliche Auslegung von Hamilton Smith ist beim Herausgeber von „Folge mir nach“ erhältlich und kostet 12,90 Euro.