Bibel praktisch

Jesus Christus – der gute Hirte

Unser Herr Jesus Christus wird in der Bibel als Hirte mit drei unterschiedlichen Kennzeichen vorgestellt: als guter Hirte, großer Hirte und Erz-Hirte. 

Die drei Hirtenarten unterscheiden sich im Wesentlichen darin:

Charakter Beschreibung des Charakters
Der gute Hirte

Er ist gekommen und Mensch geworden, um aus Liebe zu seinen Schafen sein Leben zu lassen. Als Ergebnis kann Er ihnen Leben im Überfluss geben.

„Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ (Joh 10,11)

Der große Hirte

Der aus den Toten auferstandene Hirte, Jesus Christus, ist jetzt in den Himmeln. Von dort ist Er aus Liebe für seine Schafe tätig.

„Der Gott des Friedens aber, der aus den Toten wiederbrachte unseren Herrn Jesus, den großen Hirten der Schafe, ...“ (Heb 13,20).

„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ (Ps 23,1)

Der Erzhirte

(oder:
Oberhirte)

Er wird einmal aus den Himmeln wiederkommen und in Herrlichkeit offenbart werden. Dann wird Er diejenigen belohnen, die in Treue und aus Liebe zu Ihm seine Herde gehütet haben.

„Die Ältesten ... ermahne ich ...: Hütet die Herde Gottes ... Und wenn der Erzhirte offenbar geworden ist, so werdet ihr die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit empfangen“ (1. Pet 5,1.4).


Im Folgenden wollen wir uns mit dem guten Hirten und seinen Schafen befassen.

 „Hirte und Herde“ – was ist gemeint?

In Johannes 21 nennt der Herr Jesus die Haupttätigkeiten eines Hirten: Schafe hüten und weiden (Verse 15-17). Der Hirte hütet die Schafe, indem er auf sie achtet und aufpasst, dass ihnen kein Schaden zugefügt wird. Beim Weiden sorgt er dafür, dass die Schafe ausreichend gute Nahrung bekommen.

Dieses Bild wendet der Herr Jesus in Johannes 10 auf sich und Gläubige an. Hirte und Herde sprechen bildhaft davon, wie Er die Seinen versorgt und ihnen gibt, was sie benötigen. Außerdem geht Er der Herde voran und die Schafe folgen Ihm: Wir folgen nicht irgendwelchen Menschen mit ihrer Lehre oder Meinung, sondern dem Sohn Gottes. Dieser will uns auch vor Schaden in unserem Glaubensleben bewahren.

„Ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren ewiglich,
und niemand wird sie aus meiner Hand rauben.“ (Joh 10,28)

Wodurch wird der Herr Jesus als Hirte bestätigt?

Am Anfang von Johannes 10 spricht der Herr Jesus von einem „Hof der Schafe“, von einer speziellen Tür und von Schafen – aber auch von Dieben und Räubern. Ohne weiter ins Detail zu gehen, ein kleiner Überblick über die Bedeutung der einzelnen Bilder:

Begriff Bedeutung
Hof der Schafe Das jüdische System mit den Gesetzen.
Tür Die Tür hat in Johannes 10 unterschiedliche Bedeutungen. Die erste Tür in den Versen 1 und 2 ist die „Tür der Schriften“. Das Eingehen durch diese Tür entspricht der Erfüllung prophetischer Vorhersagen. Nur wer diese erfüllte, konnte den jüdischen Schafhof rechtmäßig betreten. Nur Christus erfüllt die Voraussetzungen, der Messias und Hirte seines Volkes zu sein.
Schafe Jeder Gläubige. Erst nur Israeliten, später auch Erlöste aus den Nationen.
Diebe, Räuber Menschen, die sich anmaßten, Führer des Volkes Israel zu sein. Sie konnten nicht durch die Tür gehen, da die prophetischen Aussagen auf sie nicht zutrafen.
Türhüter Gott selbst, der Heilige Geist, der auch durch Menschen wirkt.


„Wer aber durch die Tür eingeht, ist Hirte der Schafe. Diesem öffnet der Türhüter ...“ (Joh 10,2.3a) Damit sagt der Herr Jesus, wer sich als Hirte der Schafe legitimiert: wer durch die Tür eingeht und in dem sich sämtliche Prophezeiungen des Alten Testamentes erfüllen.

Wenn der Herr Jesus der Hirte ist – wer sind die Schafe?

Die Herde des Herrn Jesus besteht aus Gläubigen. Zunächst waren es gläubige Israeliten, die den Herrn Jesus angenommen hatten. Sie waren Teil des Hofes der Schafe, der am Anfang von Johannes 10 genannt wird. Dieser Hof spricht von dem jüdischen System, dem Gesetz. Diejenigen, die den Herrn Jesus (als Hirten) annahmen, waren „seine Schafe“ und wurden von Ihm aus diesem Schafhof (dem jüdischen System) herausgeführt: „... und er ruft seine eigenen Schafe und führt sie heraus.“ (Joh 10,3b). Die Herausführung war Folge der allgemeinen Verwerfung des Herrn Jesus durch das Volk, die durch das Kreuz sichtbar wurde.

Mit der Herausführung fängt eine neue Zeit an. Das deutet der Herr in Johannes 10,16 an: „Ich habe andere Schafe, die nicht aus diesem Hof sind; auch diese muss ich bringen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde, ein Hirte sein.“ Damit meint Er Gläubige aus den Nationen.

In der Zeit des Gesetzes waren es also gläubige Israeliten, heute in der Zeit der Gnade sind es Gläubige auf der ganzen Erde, die zu der Herde des guten Hirten gehören. Wir sind ein persönliches Eigentum des Herrn Jesus – denn Er ist aus Liebe zu uns für uns gestorben.

Der gute Hirte im Gegensatz zu den schlechten Hirten

Es gab in den vielen Jahrhunderten der Geschichte Israels immer wieder falsche oder böse Hirten, die sich an der Herde bereicherten. Sie gaben sich als Hirten aus – waren aber Diebe und Räuber. Ihre Kennzeichen werden in Johannes 10 und Hesekiel 34 beschrieben und stehen sehr im Kontrast zu dem guten Hirten.

 

Johannes 10 beschreibt den Gegensatz zwischen dem guten Hirten und den fremden Hirten:

Die fremden Hirten Der gute Hirte
Die Schafe werden einem Fremden nicht folgen, sondern fliehen vor ihm, weil sie seine Stimme nicht kennen (V. 5).

„... die Schafe folgen Ihm, weil sie Seine Stimme kennen.“ (V. 4b)

 „Ich bin der gute Hirte; und ich kenne die Meinen und bin gekannt von den Meinen ...“ (V. 14).

„Alle, die vor mir gekommen sind, sind Diebe und Räuber; ... Der Dieb kommt nur, um zu stehlen und zu schlachten und zu verderben“ (V. 8.10a). Herr Jesus: „Ich bin gekommen, damit sie Leben haben und es in Überfluss haben“ (V. 10b).
„Der Mietling aber und der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht; und der Wolf raubt sie und zerstreut die Schafe. Der Mietling aber flieht, weil er ein Mietling ist und sich nicht um die Schafe kümmert“ (V. 12.13). „Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe“ (V. 11).


Hesekiel 34 schildert noch detaillierter, wie die fremden Hirten mit der Herde umgegangen sind (V. 1-4). Was war die Folge?

  • Die Herde wurde zerstreut, weil sie ohne Hirten waren.
  • Sie wurden allen Tieren des Feldes zum Fraß.
  • „Meine Schafe irren umher auf allen Bergen und auf jedem hohen Hügel; und über das ganze Land hin sind meine Schafe zerstreut worden, und da ist niemand, der nach ihnen fragt, und niemand, der sie sucht.“

Wenn wir bedenken, dass es hier nicht nur um Tiere, sondern bildhaft um das Volk Gottes geht, stimmt dieser Zustand traurig. Aber die Verse 11 und 15 geben einen Lichtblick: „Siehe, ich bin da, und ich will nach meinen Schafen fragen und mich ihrer annehmen. – Ich will meine Schafe weiden, und ich will sie lagern, spricht der Herr, Herr.“ Damit kündigt Gott an, dass Er sich persönlich um die Herde kümmern wird. Dazu wurde Er Mensch – äußerlich jemand wie wir, innerlich aber ganz anders als wir und die vermeintlichen Hirten, die vor Ihm kamen. Er suchte nicht seinen eigenen Vorteil, sondern das Wohl der Herde und das Wohl jedes einzelnen Schafes liegt Ihm am Herzen.

Der gute Hirte lässt sein Leben

So stellt sich der Herr Jesus dann in Johannes 10 zwei Mal als „der gute Hirte“ vor:

  • „Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ (V. 11)
  • „Ich bin der gute Hirte; und ich kenne die Meinen und bin gekannt von den Meinen, wie der Vater mich kennt und ich den Vater kenne; und ich lasse mein Leben für die Schafe.“ (V. 14.15)

Das erste Kennzeichen ist, dass der gute Hirte sein Leben für die Schafe lässt. In Johannes 15,13 sagt der Herr Jesus: „Größere Liebe hat niemand als diese, dass jemand sein Leben lässt [einsetzt, hinlegt] für seine Freunde.“ Diese bedingungslose, aufopfernde Liebe findet ihren Höhepunkt darin, dass jemand sein Leben für seine Freunde gibt. Mehr kann man nicht geben. David illustriert etwas von dieser Hingabe, als er seine Herde vor dem Löwen und dem Bären beschützte und dabei sein Leben riskierte (1. Sam 17,34-36).

Das zweite und dritte Kennzeichen ist, dass Er die Seinen kennt und die Seinen Ihn kennen. Kennzeichnend für den (guten) Hirten ist auch, dass die „Schafe ihm folgen, weil sie seine Stimme kennen“ (Joh 10,4).

Prophezeiungen zu dem Gericht über den Hirten

Parallel dazu, dass der Herr Jesus Sein Leben freiwillig gab, wurde Er stellvertretend für unsere Sünden am Kreuz von Gott gerichtet. Im Alten Testament kündigt Gott das Gericht über seinen Hirten, den Herrn Jesus, an. Davon spricht Sacharja: „Schwert, erwache gegen meinen Hirten und gegen den Mann, der mein Genosse ist!, spricht der Herr der Heerscharen. Schlage den Hirten ...“ (Kap. 13,7). Das Schwert steht für Gericht und Tod. Jesaja schreibt in Kapitel 53: „... wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt; doch um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Ungerechtigkeiten willen zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden“ (V. 4b.5).

Aus anderen alt- und neutestamentlichen Stellen wissen wir, wie sehr den Herrn Jesus Gottes Gericht traf und welche Not Er hatte. Das wird unter anderem in Psalm 22 deutlich, wo der Herr prophetisch ausruft: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bist fern von meiner Rettung, den Worten meines Gestöhns? Mein Gott! Ich rufe des Tages, und du antwortest nicht; und des Nachts, und mir wird keine Ruhe“ (V. 2.3).

Kurz vor der Kreuzigung weissagte der Hohepriester Kajaphas noch: „dass Jesus für die Nation sterben sollte; und nicht für die Nation allein, sondern damit er auch die zerstreuten Kinder Gottes in eins versammelte“ (Joh 11,51b.52). Das ist eine andere Blickrichtung als die von Sacharja, betont aber erneut, dass der Herr Jesus leiden und sterben musste.

Jesaja schreibt aber auch von dem segensreichen Ergebnis: „Von der Mühsal seiner Seele wird er Frucht sehen und sich sättigen“ (Kap. 53,11).

So sind alle, die den stellvertretenden Tod des Herrn Jesus für sich persönlich in Anspruch nehmen, ein Teil dieser Frucht und gehören zu der Herde des guten Hirten. Sie sehen dankbar darauf zurück, dass der Hirte bereit war zu leiden und zu sterben.

Zusammenfassung

In dem guten Hirten sehen wir den Herrn Jesus, wie Er Sein Leben gegeben hat, damit Er uns ewiges Leben geben kann. Das bedeutete für Ihn, dass Er aus dem Himmel kommen und Mensch werden musste. Welche Leiden das Gericht auf Golgatha für Ihn bedeutete und was Er dabei empfand, wird ein wenig in Psalm 22 beschrieben.

Haben wir ein Empfinden dafür, was es für den Herrn Jesus bedeutete, der gute Hirte zu werden?