Die Versammlung Gottes - Versammlungsstunden und das Miteinander am Ort

Die Versammlung Gottes – Versammlungsstunden und das Miteinander am Ort

Versammlung Gottes – Teil 5

Im letzten Heft wurde bereits die Beziehung zwischen der weltweiten Versammlung (Kirche, Gemeinde), die sich aus allen wiedergeborenen Gläubigen auf der Erde zusammensetzt, und der lokalen Versammlung, die aus allen Gläubigen an einem Ort besteht, beschrieben. Dabei repräsentiert die lokale Versammlung die ganze Versammlung auf der Erde. Wie sieht nun der „Alltag“ in einem örtlichen Zusammenkommen aus? Darüber wollen wir in dieser Folge nachdenken.

Das Neue Testament zeigt uns, dass sich die Gläubigen an einem Ort zu unterschiedlichen Zusammenkünften versammelten. Sie kamen „als Versammlung“ (1. Kor 11,18) zusammen, d.h. sie versammelten sich in dem Namen des Herrn Jesus. In diesen Zusammenkünften wurde und wird die enge Verbindung zwischen Christus, dem gegenwärtigen Herrn, und seiner Versammlung verwirklicht.

Der Herr Jesus – Das Zentrum unseres Zusammenkommens

Noch bevor die Versammlung zu Pfingsten ins Leben gerufen wurde (Apg 2), hatte der Herr Jesus seinen Jüngern gesagt: „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte“ (Mt 18,20). Wenn wir in seinem Namen zusammenkommen, d.h., wenn der Herr Jesus der Sammelpunkt ist, dann haben wir die großartige Verheißung, dass Er persönlich in unseren Zusammenkünften gegenwärtig ist. Dann erleben wir eine persönliche Begegnung mit Ihm, auch wenn wir Ihn mit unseren Augen nicht sehen können.

Und nicht nur das: Er ist auch der Mittelpunkt in den Versammlungsstunden, der alles lenken und leiten will. Wenn uns das mehr bewusst ist, werden wir uns auf seine Gegenwart freuen und „unser Zusammenkommen nicht versäumen“ (Heb 10,25). Wir werden gespannt sein, wie der Herr uns in den Zusammenkünften leiten will!

1. Die Zusammenkünfte als Versammlung

Im Neuen Testament wird uns mindestens von drei verschiedenen Zusammenkünften als Versammlung berichtet:

  • Das Zusammenkommen zum Brotbrechen
  • Das Zusammenkommen zum Gebet
  • Das Zusammenkommen zur Erbauung.

1.1 Das Zusammenkommen zum Brotbrechen

Von den ersten Christen in Jerusalem liest man: „Sie verharrten aber ..., im Brechen des Brotes ...“ (Apg 2,42). Wahrscheinlich war ihre Erinnerung an den Tod des Herrn so lebendig, dass sie sich im Anfang täglich in den Häusern versammelten, um das Brot zu brechen (Apg 2,46). Später war es bei den Gläubigen in Troas ganz offensichtlich zur Gewohnheit geworden, dass sie am ersten Tag der Woche zusammenkamen, „um Brot zu brechen“ (Apg 20,7). Könnte es auch einen geeigneteren Tag dazu geben, als den Sonntag, den Auferstehungstag des Herrn Jesus?

Dann gibt der Apostel Paulus in seinem ersten Brief an die Versammlung in Korinth weitere Mitteilungen über die Bedeutung des Brotbrechens. Er nennt es das „Mahl des Herrn“ (1. Kor 11,20.23-26) und den „Tisch des Herrn“ (1. Kor 10,14-22). Was ist nun die Bedeutung des Brotbrechens im Einzelnen?

a) Es ist ein Gedächtnismahl (1. Kor 11,24.25).

Wenn wir das Brot brechen und aus dem Kelch trinken, sollen wir an die Leiden und den Tod des Herrn denken.

b) Es ist eine Verkündigung des Todes des Herrn (1. Kor 11,26).

Durch das Brechen des Brotes und das Trinken aus dem Kelch verkündigen wir der Welt und den Engeln (vgl. Eph 3,10) den Tod des Herrn.

c) Es ist der Ausdruck der Gemeinschaft der Glieder des Leibes Christi untereinander, und der Tatsache, dass alle Gläubigen auf der Erde einen Leib bilden (1. Kor 10,17).

d) Die christliche Anbetung findet beim Brotbrechen ihren höchsten Ausdruck (vgl. Joh 4,23.24; Heb 13,15; 1.Pet 2,5).

Wenn wir uns bewusst sind, dass der Herr aus Liebe zu uns sein Leben hingegeben hat, werden wir dann nicht gerne aus Dankbarkeit seinem letzten Wunsch folgen: „Dies tut zu meinem Gedächtnis“ (Lk 22,19)? Und nehmen wir dann nicht gerne (ob Bruder oder Schwester) innerlich aktiv an einem solchen Zusammenkommen teil – und nicht nur formal?

1.2 Das Zusammenkommen zum Gebet

Die ersten Christen in Jerusalem kamen nicht nur zum Brotbrechen, sondern auch zum gemeinsamen Gebet zusammen. Nachdem Petrus und Johannes von dem Verhör vor dem Synedrium zurückgekommen waren, wandten sie sich sofort mit ihren Mitgeschwistern im Gebet zu Gott (Apg 4,24-30). Als Petrus später von Herodes gefangen genommen wurde, um getötet zu werden, kam die Versammlung in Jerusalem zusammen, um „anhaltend für ihn zu Gott“ zu beten (Apg 12,5). Das Gebet und die Gebetsstunden hatten einen wichtigen Platz in der jungen Versammlung. Durch das gemeinsame Gebet zeigten sie, wie sie miteinander verbunden waren und wie sie von Gott abhängig waren. So wie sie im „Brechen des Brotes“ verharrten, verharrten sie auch „in den Gebeten“ (Apg 2,42). Tun wir das auch? Oder sind uns die Versammlungsstunden zum gemeinsamen Gebet gleichgültig? Wir haben dort die Gelegenheit, unsere gemeinsamen Anliegen dem Herrn zu sagen, der ein tiefes Interesse an allem hat, was uns betrifft.

Es gibt ein breites Spektrum, für das wir beten können, zum Beispiel:

  • Für das Werk des Herrn (Apg 4,29.31; 2. Thes 3,1.2)
  • Für die Errettung verlorener Menschen (1. Tim 2)
  • Für Gläubige in notvollen Situationen (Verfolgung, Krankheit, Trauer, Arbeitslosigkeit etc; Apg 12,5; Joh 11,3)
  • Für das Wohlergehen der Versammlung Gottes (Eph 6,18)
  • Für das geistliche Wohl der Einzelnen (Kol 4,12)
  • Für Brüder, die in besonderer Weise im Dienst für den Herrn arbeiten (Eph 6,19).

Dabei sollten wir Gott nicht in langen Gebeten „Vorträge halten“, sondern Ihm inständig unsere Anliegen in kurzen und konkreten Bitten vorbringen. In Matthäus 18,19.20 wird den gemeinsamen Gebetsstunden der örtlichen Versammlung die Gegenwart des Herrn Jesus zugesichert. Und das ist die Garantie dafür, dass die übereinstimmenden Gebete der Versammlung von dem Vater erhört werden.

1.3 Das Zusammenkommen zur Erbauung

In den Zusammenkünften zum Brotbrechen oder zum Gebet spricht die Versammlung zu Gott, dem Vater, und zu dem Herrn Jesus, um Lobpreis und Anbetung zu bringen bzw. ihre Anliegen zu sagen. In den Zusammenkünften zur Erbauung kommt die örtliche Versammlung zusammen, um von Gott etwas zu empfangen. Dabei werden uns in 1. Korinther 14 ausführliche Hinweise zu diesen Versammlungsstunden gegeben:

  • Das Ziel dieser Zusammenkünfte ist die Erbauung der Versammlung (V. 3.4.5.12.17.26).
  • Dies kann zum Beispiel durch Weissagung (V. 3.4.6), Belehrung (V. 6) oder Unterweisung (V. 19) geschehen.
  • Der herausragende Dienst dabei ist Weissagung, wobei die Herzen der Zuhörer durch die Verkündigung des Wortes Gottes in das Licht Gottes gestellt werden und ihren jeweiligen geistlichen Bedürfnissen (Erbauung, Ermahnung, Trost) entsprochen wird (V.3).
  • Nicht nur durch die Verkündigung des Wortes Gottes, sondern auch durch ein Lied, ein Gebet oder eine Danksagung (V.15-17) kann die Versammlung erbaut werden.
  • Der Dienst zur Erbauung geschieht durch die Ausübung der Gaben.
  • Der Geist Gottes gibt in der Ausübung der Gaben Freiheit. Jedoch sollen die Gaben nicht „unkontrolliert” benutzt werden (z.B. kein Durcheinander-Reden, nicht vorschnell reden, Anzahl der Redenden limitiert), weil sonst Unordnung entsteht und die Versammlung nicht erbaut wird (V. 26-33).

Haben wir Brüder schon einmal darüber nachgedacht, ob der Herr vielleicht auch uns benutzen will, um die Versammlung durch einen Beitrag zu erbauen? Das muss nicht ein „perfekter“ Vortrag von sechzig Minuten sein. Auch und gerade ein kurzes Wort von nur zehn Minuten, das vom Heiligen Geist gewirkt ist, wird zur Erbauung der Versammlung dienen.

Und als Zuhörer wollen wir lernen, das Gute auf uns einwirken zu lassen und das „andere“ dem Herrn im Gebet zu sagen. Das wird uns vor Desinteresse und liebloser Kritik bewahren.

Können wir uns noch vorstellen, dass die Wirksamkeit des Heiligen Geistes in unse- ren Versammlungsstunden so erlebt wird, dass „alle lernen und alle getröstet werden“ (V. 31)? Und dass, wenn ein Ungläubiger oder Unkundiger hereinkommt, er von allen überführt wird „und verkündigt, dass Gott wirklich unter uns ist“ (V. 24.25)?!

Schon die Vielfalt aus 1. Korinther 14 macht deutlich, dass die Zusammenkünfte der Versammlung sehr vielseitig und nicht auf bestimmte Abläufe, und wohl auch nicht auf die drei genannten „Arten“, beschränkt zu werden brauchen. Bibelstellen wie Apostelgeschichte 14,27 oder 11,26 weisen auch auf weitere Möglichkeiten hin. Und bei traurigen Anlässen wie dem Hinaustun eines Bösen sollten wir uns bewusst sein, dass wir in dem Namen des Herrn versammelt sind.

2. Das Miteinander am Ort

Nicht nur während der Zusammenkünfte sollte etwas von dem Verhältnis zwischen Christus und seiner Versammlung dargestellt werden. Gerade in unserem Miteinander als Geschwister außerhalb der Zusammenkünfte können wir etwas von dem Wesen unseres Herrn zeigen.

Die Versammlung Gottes soll eine Herberge für alle Gläubigen sein (vgl. Lk 10,34). Das heißt nicht, dass sie primär ein Ort ist, wo man sich wohlfühlt („Wohlfühlgemeinde“). Dennoch soll das Miteinander der Geschwister durch eine Atmosphäre der gegenseitigen Liebe und der Sorge füreinander geprägt sein.

2.1 „... dass ihr einander liebet“ (Joh 13,34)

Die Aufforderung, dass wir einander als Gläubige lieben sollen, zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Neue Testament. Schon der Herr Jesus gab seinen Jüngern das Gebot, einander zu lieben (Joh 15,13.14). Dabei ist seine Liebe zu uns, die Er dadurch bewiesen hat, dass Er für uns sein Leben gegeben hat, der Maßstab für unsere Liebe zu unseren Geschwistern, auch wenn wir in unserer Praxis den Maßstab nicht erreichen werden (1. Joh 3,16.17). Das Bewusstsein davon, wie sehr Er jeden von uns geliebt hat, wird auch uns helfen, unsere Brüder und Schwestern, mit denen wir am Ort zusammengestellt sind, zu lieben – auch wenn sie uns vielleicht mit ihrem Charakter oder Wesen nicht liegen.

Unsere Liebe soll herzlich, echt (Röm 12,9.10) und inbrünstig (1. Pet 4,8) sein. Sie kann sich praktisch darin äußern, dass wir Gastfreundschaft ausüben (Röm 12,13; Heb 13,1.2; 1.Pet 4,9), an den Bedürfnissen von Gläubigen teilhaben, die in materieller Not sind (1. Joh 3,17; Röm 12,13) und dass wir überhaupt Interesse für das Wohl unserer Mitgeschwister haben (Röm 12,15; 1. Kor 12,26).

Kümmern wir uns z.B. um Mitgläubige, die in Not sind oder die einen mutlosen Eindruck machen? Achten wir auf Geschwister, die immer seltener die Zusammenkünfte besuchen? Beten wir für sie und besuchen sie oder laden wir sie zu uns ein? Vielleicht wissen wir nicht immer sofort, wie wir ihnen helfen können. Aber wenn wir wirklich um unsere Mitgeschwister besorgt sind, wird uns der Herr auch ganz sicher eine geeignete Möglichkeit zeigen. Wenn unsere Liebe echt ist, werden wir bereit sein, wenn nötig, einander vor einem falschen oder sogar bösen Weg zu warnen. Denn „die Liebe freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich mit der Wahrheit“ (1. Kor 13,6). So gibt es viele Gelegenheiten für uns, „durch die Liebe einander zu dienen“ (Gal 5,13).

2.2 Das Band des Friedens (Eph 4,3)

Eng damit verbunden ist die Aufforderung, „in Frieden untereinander“ zu sein (1. Thes 5,13). Der Frieden unter den Geschwistern ist ein wertvolles Gut, das es zu bewahren gilt. Man hat den Eindruck, dass der Frieden immer auf der Flucht vor uns ist, denn wir sollen „dem Frieden nachjagen mit allen“ (Heb 12,14; 1. Pet 3,11) und nach Frieden streben (Röm 14,19; 2. Tim 2,22). Aber genauso, wie Liebe und Wahrheit unzertrennbar miteinander verbunden sind, kann es keinen echten Frieden ohne die Aufrechterhaltung der Heiligkeit geben. Das beinhaltet auch, dass wir in der örtlichen Versammlung, zu der wir gehören, die Lehre des Wortes Gottes nicht zugunsten des Friedens aufgeben dürfen (dann ist es auch kein echter Friede mehr).

Wie können wir den Frieden bewahren? Nur in der Gesinnung des Herrn Jesus. Demut, Sanftmut, Langmut, Milde, Ehrerbietung gegenüber anderen etc. sind die geistlichen Eigenschaften, die wir dabei zeigen sollen (Röm 12,10; Gal 5,22.23; Eph 4,2.3; Phil 2,2-4; 1. Pet 3,8). Lassen wir uns dazu wieder neu anspornen!

2.3 Bekennen und vergeben

Was geschieht aber nun, wenn das Band des Friedens in einer Versammlung zerbrochen ist? Dazu reicht manchmal schon ein taktloses Wort oder ein Mangel an Herzlichkeit, wodurch der Nächste verletzt wird. Leider geht es manchmal noch weiter, so dass die gegenseitigen Beziehungen unter Geschwistern durch Konflikte und Streitigkeiten zerstört sind. Gibt es auch da einen Weg, die praktische Gemeinschaft untereinander wieder herzustellen?

Ja, durch gegenseitiges Bekennen und Vergeben. Nur wenn wir bereit sind, die bösen Regungen, die zu der Lieblosigkeit geführt haben, in unseren Herzen zu verurteilen und die Sache vor dem Herrn und den verletzten Geschwistern aufrichtig zu bekennen, kann es wieder Frieden geben. Und wenn wir es auf der anderen Seite sind, die durch ein Unrecht verletzt worden sind, dann lasst uns bereit sein, einander zu vergeben und die Angelegenheit anschließend „zu den Akten zu legen“. Der Herr Jesus ist für uns darin das große Vorbild: „Einander ertragend und euch gegenseitig vergebend, wenn einer Klage hat gegen den anderen; wie auch der Christus euch vergeben hat, so auch ihr“ (Kol 3,13). Und wenn wir uns bewusst machen, wie Gott uns geliebt und unsere unzählbaren Sünden vor und nach unserer Bekehrung vergeben hat und nie mehr daran denken wird (Eph 4,32; Heb 9,17), wird es uns leichter fallen, dem Bruder oder der Schwester zu vergeben und keinen Gedanken mehr an die Sache zu verwenden.

Seid aber zueinander gütig, mitleidig, einander vergebend, wie auch Gott in Christo euch vergeben hat. (Epheser 4,32)

Die Konsequenz wird sein, dass es wie- der ein glückliches Miteinander am Ort gibt, der Heilige Geist zur Erbauung der Versammlung wirken kann und Gott verherrlicht wird.

Wollen wir uns den biblischen Spiegel des Wortes Gottes für unser Verhalten im örtlichen Zusammenkommen vorhalten lassen, um (wieder neu?) Täter dieses Wortes zu werden?