Ist Singen Weissagung - und sollten sich Schwestern dabei bedecken?

Ist Singen Weissagung – und sollten sich Schwestern dabei bedecken?

FRAGE : Liebe Brüder,

ich bin ein dankbarer „Folge mir nach“- Leser. Und ich freue mich, dass diese Zeitschrift so bibeltreu ist. Danke für Euren Dienst!

Mich beschäftigt schon seit längerem eine Frage: Wenn eine Frau im Chor vor der Gemeinde singt, ist dies auch als weissagen zu verstehen? Sollte sie nach 1. Korinther 11 ihr Haupt dabei bedecken?

Vielen Dank im Voraus für Eure Mühe. In unserem Herrn verbunden grüßt N.F.

ANTWORT:

Lieber N.,

herzlichen Dank für Deine E-Mail.

Du hast eigentlich zwei Fragen gestellt:

1. Ist das gemeinsame Singen „Weissagung”?

2. Sollte sich die Frau dabei bedecken?

Zunächst ist es vielleicht gut, zwei Bibelstellen voranzustellen, die dieses Thema betreffen:

„Jede Frau aber, die betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, entehrt ihr Haupt“ (1. Kor 11,5).

„Die Frauen sollen schweigen in den Versammlungen, denn es ist ihnen nicht erlaubt zu reden“ (1. Kor 14,34).

Diesen beiden Stellen können wir unter anderem entnehmen, dass die gläubige Frau weissagen kann – aber dass sie es nicht während der Versammlungsstunden tun darf. Es ist das Vorrecht von Schwestern, von dem Herrn Jesus zur Weissagung, also zur Auferbauung von anderen (vgl. 1. Kor 14,3) benutzt zu werden. Die Bibel nennt als Beispiele dafür die Töchter des Philippus (Apg 21,9). Dieser prophetische Dienst findet aber zweifellos außerhalb der Zusammenkünfte der Versammlung statt – das lernen wir aus 1. Korinther 14,34. Die Frauen sollen dort nämlich schweigen. Solche Zusammenkünfte sind insbesondere die Gebetsstunde (Mt 18,19.20), das Gedächtnismahl des Herrn (Apg 20,7) und die Zusammenkunft zur Auferbauung (1. Kor 14).

Schweigen steht in 1. Korinther 14,34 in direktem Gegensatz zum Reden. Damit ist sicherlich nicht das gemeinsame Singen gemeint. Das wird auch in dem Abschnitt deutlich, in dem Paulus die Ordnung in den Zusammenkünften vorschreibt (Verse 26-36). „Was ist es nun, Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat ein jeder von euch einen Psalm, hat eine Lehre, hat eine Offenbarung, hat eine Sprache, hat eine Auslegung; alles geschehe zur Erbauung“ (1. Kor 14,26). Wenn es also um das Reden oder auch um das Weissagen in den Zusammenkünften geht, handelt es sich um einen persönlichen Dienst („ein jeder“ der Brüder). Das Singen trägt dagegen einen ganz anderen Charakter. Natürlich enthalten auch Lieder geistliche Aufforderungen. Aber sie sind letztlich doch anderer Art, so dass man sie nicht als eine spezielle Weissagung auffassen kann.

Nun lesen wir in dem Neuen Testament nicht davon, dass ein Chor den Geschwistern in einer Zusammenkunft als Versammlung etwas vorgesungen hätte. Damit (und auch mit anderen Gottesdienstordnungen) würde man ja den Ablauf einer solchen Zusammenkunft vorher festlegen. Das Wort Gottes dagegen legt besonderen Wert auf das souveräne, direkte Wirken des Herrn bzw. des Heiligen Geistes (1. Kor 14,26- 33). Wenn es aber um das gemeinsame Singen geht, so dürfen Schwestern und Brüder gemeinsam einstimmen.

Eine andere Frage ist jedoch, ob sich die Frauen beim Singen bedecken sollen. Dieses Thema wird nicht in konkretem Zusammenhang mit den Versammlungsstunden behandelt. Wir finden es in Verbindung mit der Weissagung und dem Gebet der Frau in 1. Korinther 11,2-16. Diese Verse stellen gewissermaßen das Bindeglied zwischen der Belehrung über den Tisch des Herrn (Kapitel 10) und über das Mahl des Herrn (Kapitel 11,17-34) dar. Etwas weiter gefasst sind diese Verse die Verbindung zwischen dem Haus Gottes (Kapitel 8-11,1) und dem Leib Christi (Kapitel 11,19-14,40). Und inmitten dieser geistlichen und erhabenen Themen führt der Apostel Paulus die göttlichen Gedanken über die Schöpfungsordnung von Mann und Frau ein – etwas, was ausschließlich unser Verhalten auf dieser Erde betrifft.

Warum? Ein wichtiger Grund scheint darin zu liegen, dass auch in der heutigen Gnadenzeit, in der geistlicherweise nicht Jude noch Grieche ist, nicht Sklave noch Freier, nicht Mann und Frau, „denn ihr alle seid einer in Christus Jesus“ (Gal 3,28) – also eigentlich keine Unterschiede existieren – die Schöpfungsordnung mit ihren Unterschieden zwischen Mann und Frau aufrecht erhalten werden soll. Und zwar so lange wir hier auf der Erde leben. Daher soll sich die Frau bedecken, wenn sie im Beisein von anderen hörbar geistlich aktiv wird (Weissagen, Beten).

Nun beten Frauen nicht hörbar in den Zusammenkünften; sie weissagen dort auch nicht, wie wir aus 1. Korinther 14 lernen. Sollen sie sich dann dort nicht bedecken? Es scheint geistlich und im Sinne der Belehrungen der Schrift zu sein, wenn sich die Schwestern an dem Ort bedecken, an dem wir uns mit den höchsten geistlichen Dingen beschäftigen und uns bewusst in der Gegenwart Gottes/des Herrn Jesus befinden. Denn wenn sich Frauen auch nicht hörbar beteiligen, so legen sie doch Wert darauf, dass gerade an diesem Ort die Herrlichkeit Gottes sichtbar wird, nicht aber die Herrlichkeit des Menschen – vgl. 1. Korinther 11,7. So weist geistliche Einsicht auch ohne ein konkretes Gebot in die Gedanken Gottes über die Stellung von Mann und Frau diesen Weg.

Lieber N., ich hoffe, dass diese Erklärungen eine Hilfe sein können, um die von Dir gestellten Frage zu klären.

Herzliche Grüße in unserem bald kommendem Herrn

Manuel Seibel