Glaube im Alltag

Unterwegs – mit und ohne Christus

Gott hat uns vier Evangelien geschenkt, von denen jedes seinen eigenen Charakter hat. So beginnt und endet jedes Evangelium in einer Weise, die dem jeweiligen Zielgedanken entspricht. In Johannes sehen wir im ersten und letzten Kapitel eine kleine „Prozession“. In Kapitel 1 geht Jesus voran und zwei Jünger folgen Ihm. Ähnlich in Kapitel 21: Wieder folgen Ihm zwei Jünger. Das passt zum Evangelium nach Johannes, der uns Jesus als einerseits als den Sohn Gottes und andererseits als den vorstellt, der viele Söhne zur Herrlichkeit bringt.

 

Gemeinschaft im Lukasevangelium

Im Lukasevangelium begegnen wir etwas Ähnlichem. Der Unterschied ist, dass wir in Kapitel 2 und 24 drei Personen sehen, die dieses Mal nicht hintereinander, sondern nebeneinander hergehen. Wie im Johannesevangelium ist der Herr Jesus eine der drei Personen. In Kapitel 2 sehen wir, wie Er mit seinen Eltern von Jerusalem nach Nazareth geht. In Kapitel 24 geht Er mit den beiden Emmaus-Jüngern. Wie passend ist dieses Doppelbild für das Lukasevangelium, wo der Herr Jesus die Seinen nicht führt, sondern mit ihnen geht. Er hat Gemeinschaft mit ihnen, während Er sie über das belehrt, was Ihn selbst betrifft. Das tut Er übrigens sowohl in Kapitel 2 als auch in Kapitel 24. In Lukas, dem Evangelium der Gemeinschaft, ist Christus nämlich der vollkommene Mensch, der mit ihnen geht und nicht vor ihnen her, wie im Johannesevangelium.

 

Zwei verschiedene Wegstrecken

Ich bin davon überzeugt, dass die beiden „Reisen“ in Lukas 2 und 24 den Lebensweg des Gläubigen vorstellen. Sie deuten an, wie der Mangel an Gemeinschaft mit Ihm in die Traurigkeit führt, während der Genuss der Gemeinschaft mit Ihm die Traurigkeit in Freude verwandelt. Diese kostbare Tatsache wird durch die beiden Begebenheiten unterstrichen, die wir jetzt näher betrachten möchten. Dabei möchte ich auf einige auffallende Gegensätze dieser beiden Wege hinweisen und sie auf uns anwenden.

 

Ist Jesus dabei?

Nachdem Maria und Joseph das Fest in Jerusalem besucht haben, machen sie sich auf den Weg zurück nach Nazareth. Einen ganzen Tag lang merken sie nicht, dass Jesus fehlt. Sie meinen, Er sei dabei. Wie oft leben Christen in der Annahme, dass sie den Weg mit Christus gehen. Sie gehen davon aus, dass Er „unter der Reisegesellschaft“ ist (Luk 2,44), obwohl sie letztlich genau wissen könnten, dass Er nicht in ihrer Reisegesellschaft ist. Einen ganzen Tag lang gehen hier die Eltern Jesu ohne die bewusste Gegenwart Jesu. Wie schade ist es, dass Gläubige oft Tage oder sogar Monate ihren Weg gehen, ohne etwas von der persönlichen Gemeinschaft und Vertrautheit mit Christus zu kennen.

 

Jesus wird vermisst

Im Gegensatz dazu sind sich die beiden Emmaus-Jünger in Lukas 24 bewusst, dass sie Christus „verloren“ haben. Und dementsprechend traurig sind sie. Auch Joseph und Maria schmerzt es, als sie den Herrn schließlich vermissen. Aber es hat eben „eine Tagereise weit“ gedauert.

Die beiden, die nach Emmaus gehen, sind anfangs traurig, weil sie ihren Herrn vermissen. Dagegen gibt es Gläubige, die weder traurig noch glücklich sind, weil sie so wenig von der Gemeinschaft mit Christus kennen. Wie wichtig daher, dass wir den täglichen Umgang mit dem Herrn pflegen.

 

Beeindrucken die Worte Jesu noch?

Wir lesen dann in Lukas 2, wie die ehrwürdigen Lehrer in Jerusalem über das Verständnis Jesu und seine Antworten außer sich sind. Das, worüber sie so sehr erstaunen, ist für seine Eltern so alltäglich geworden, dass sie einen ganzen Tag unterwegs sein können, ohne Ihn zu vermissen. Wie häufig begegnen wir dem auch bei Christen. Sie gewöhnen sich dermaßen an die wunderbaren Dinge des Wortes Gottes, dass sie kein Interesse mehr zeigen, es sei denn, es wird etwas Sensationelles geboten. Das einfache Studium des kostbaren Wortes Gottes hat für sie wenig Anziehungskraft.

Etwas ganz anderes sehen wir bei den beiden auf dem Weg nach Emmaus. Sie sind ganz hingerissen, als Jesus mit ihnen geht und ihnen die Schriften öffnet. Sie beschreiben es selbst mit den Worten: „Brannte nicht unser Herz in uns, als er auf dem Weg zu uns redete?“ (Lk 24,32). Wie ist das bei uns – fangen unsere Herzen an zu brennen, wenn uns die herrlichen Wahrheiten über Christus vorgestellt werden? Oder haben wir unsere erste Liebe zu Ihm verlassen (Off 2,4)?

 

Thema unserer Unterhaltungen

Vermutlich haben sich Maria und Joseph den ganzen Tag lang mit ihren Freunden über alles Mögliche unterhalten – ähnlich wie wir es oft tun. Sie haben Jesus nicht vermisst. Man stellt leider fest, dass sich viele Gläubige über alles Mögliche unterhalten können, aber sobald es um Christus und das, was Ihn betrifft, zu sprechen kommt, wird es still. Dabei gehören doch gerade diese Dinge zu unserem Besitz.

Die beiden auf dem Weg nach Emmaus hören sozusagen mit offenem Mund und offenem Herzen zu, als der Herr ihnen die Schriften öffnet und die Dinge vorstellt, die Ihn selbst betreffen. Der Tag verfliegt nur so, und bevor sie es merken, ist es schon Abend geworden. Sie sind etwa 3 Stunden oder mehr unterwegs gewesen, um die Entfernung von etwa 11 Kilometern zurückzulegen, so sehr sind sie mit den Dingen beschäftigt gewesen, die von seinen Lippen kamen. Jetzt nötigen sie Ihn, damit Er bei ihnen bliebe. Sie wollen noch mehr von Ihm hören. Ist das auch unser Wunsch?

 

Den Herrn suchen

Maria und Joseph sind in Bezug auf ihren 12-jährigen Sohn nachlässig gewesen. Deshalb müssen sie nach Jerusalem zurückgehen, um Ihn zu suchen. Sie haben Ihn in weniger als einem Tag verloren, doch es kostet sie insgesamt drei Tage, um Ihn wiederzufinden (Lk 2,46). Es dauert immer länger, in die Gemeinschaft mit Christus zurückzukommen, als von Ihm wegzugehen. Einige Christen finden Ihn nie wieder und leben stattdessen ein Leben der Unzufriedenheit, weil sie keine Verbindung mehr zu Ihm haben.

 

Vom Herrn gefunden werden

Die beiden, die auf dem Weg nach Emmaus sind, brauchen Jesus nicht zu suchen. Er sucht sie, weil sie sich nach Ihm sehnen, was bei seinen Eltern 20 Jahre vorher nicht der Fall war. Die beiden in Lukas 24 machen den Fehler, Jerusalem zu verlassen, doch geht unser Herr ihnen in seiner Barmherzigkeit nach. „Er kennt unser Gebilde, denkt daran, dass wir Staub sind“ (Ps 103,14).

 

Freude der Gemeinschaft

Die beiden in Lukas 2 kehren unter Schmerzen zurück nach Jerusalem, nachdem sie Jesus verloren haben. Die beiden in Lukas 24 dagegen kehren voller Freude nach Jerusalem zurück, nachdem sie Ihn gefunden haben.

Den beiden in Lukas 2 fehlt die Freude, als sie Jerusalem verlassen und als sie dorthin zurückkehren, weil sie auf beiden Wegstrecken ohne Christus unterwegs sind. Die beiden in Lukas 24 haben auf beiden Wegen Freude, weil ihre Herzen brennen – sowohl als Jesus mit ihnen geht und zu ihnen spricht als auch auf dem Rückweg, um ihre Freude und Erstaunen mit den anderen zu teilen.

 

Fazit

Was wir aus diesen beiden Begebenheiten lernen können, liegt auf der Hand. Um wirklich glücklich zu sein und Freude zu haben, müssen wir unseren Weg mit unserem Herrn gehen und uns nähren von dem Wort Gottes, das uns seine wunderbare Person bekannt macht.

 

 

 

Jesus selbst näherte sich und ging mit ihnen.

Lukas 24,15

 

Fülle von Freuden ist vor deinem Angesicht.

Psalm 16,11