Bibelstudium

Der Christ und das Gesetz vom Sinai

Nach dem Auszug des Volkes Israel aus Ägypten gab Gott den Juden das Gesetz. Es war festes Gebot, Maßstab und Richtschnur für ihr Leben. Gilt das auch für uns Christen? Ist das Gesetz unsere Lebensregel?

 

Für die Juden

Nachdem das Volk Israel aus Ägypten erlöst worden war, gab Gott durch Mose am Berg Sinai das Gesetz (2. Mo 20,1 ff.). Dieses Gesetz galt von Anfang an ausschließlich den Juden (5. Mo 4,8; Röm 9,4). Ein Punkt, der von Christen oft übersehen wird! Trotzdem wird manchmal behauptet, dass auch Christen es beachten sollten. Was sagt die Bibel dazu?

 

„Gesetz“ – ein Begriff mit vielen Facetten

Der Begriff „Gesetz“ kommt in der Bibel häufig vor, aber in unterschiedlicher Bedeutung:

  • im Sinn einer „menschlichen Anordnung“ (Dan 6,13; Röm 7,1-2),
  • im Sinn einer „Gesetzmäßigkeit“ (Röm 7,21; 8,2),
  • als Synonym für die 5 Bücher Mose (die Thora) (Lk 24,44),
  • für das gesamte Alte Testament (Joh 10,34),
  • für das Gesetz vom Sinai (Apg 7,53; Gal 3,17).

 

Es ist wichtig, diese Unterschiede zu beachten. Ansonsten kann das zu falschen Überlegungen und Schlüssen führen.

 

Das Gesetz - Gliederung in drei Teile

Das Gesetz vom Sinai – Rabbiner haben insgesamt 613 Gebote gezählt – kann in drei Teile gegliedert werden:

 

  • in die moralischen Gebote,
  • in die zeremoniellen Gebote und
  • in die Gebote des zivilen Lebens.

 

Die Moralgebote sind die Mindestanforderung Gottes an den natürlichen Menschen, die besonders in den meisten der zehn Gebote zum Ausdruck kommen. Darin schreibt Gott beispielsweise vor, nicht zu töten oder zu stehlen (2. Mo 20,13.15).

Die Zeremonialgebote regelten den Gottesdienst der Juden. Hunderte Vorschriften über die Festzeiten, die Kleidung der Priester, den Opferdienst, die Tiere usw. kommen darin zum Ausdruck.

Gleichzeitig sind die Zeremonialgebote ein Schatten der „zukünftigen Güter“, die durch den Herrn Jesus Wirklichkeit wurden (Heb 10,1). So konnten beispielsweise die Tieropfer keinen Juden vollkommen machen oder ihm die Sünden vergeben. Sie wiesen nur auf den Herrn Jesus hin, der „mit einem Opfer auf immerdar die vollkommen gemacht hat, die geheiligt werden“ (Heb 10,14).

Als dritten Teil gibt es die zivilen Gebote, die ebenfalls zum Gesetz gehören und alle rechtlichen Angelegenheiten der Juden regelten. So beschreiben 3. Mose 13 und 14 das Vorgehen bei Fällen von Aussatz unter dem Volk. In 3. Mose 25 lesen wir von dem Verhalten einem Bruder gegenüber, der verarmt war. Auch diesen Sachverhalt regelten die zivilen Gebote.

 

Das Gesetz verheißt Leben und Gerechtigkeit

Gott sagt uns durch die Bibel, dass das Gesetz nicht nur heilig ist, sondern auch gerecht und gut (Röm 7,12). Wie könnte es auch anders sein? Schließlich kommt es von Gott. Es versprach dem Juden, wenn er alle Gebote hielt, dauerhaftes Leben, ohne sterben zu müssen, und Gerechtigkeit (5. Mo 6,25). Gott selbst hatte ihnen gesagt: „Und meine Satzungen und meine Rechte sollt ihr halten, durch die der Mensch, wenn er sie tut, leben wird“ (3. Mo 18,5). Eine wunderbare Verheißung.

Die Forderung Gottes an den Menschen war jedoch, das ganze Gesetz zu halten, ohne auch nur ein Gebot zu übertreten (vgl. Jak 2,10). Nur dann bekam der Jude dauerhaftes Leben von Gott geschenkt. Ob der Mensch den Anforderungen gerecht werden würde?

 

Das Gesetz führt zur Erkenntnis der Sünde und zum Tod

Die Forderung Gottes erwies sich für den Menschen als unerfüllbar, denn er hatte keine Kraft, alle Gebote zu halten. Im Gegenteil. Er versagte und übertrat sie. In diesem Sinn schreibt Paulus: „Durch Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde“ (Röm 3,20).

Das Gesetz brachte das Versagen und die Sünde des Menschen (der Juden) ans Licht. Allerdings gab es ihnen keine Kraft, die Sünde zu meiden. Die Folge war, dass das Übertreten der Gebote zum Fluch führte, zum Tod, obwohl es, wie gesagt, das Leben verhieß (3. Mo 18,5). „Und das Gebot, das zum Leben gegeben war, dieses erwies sich mir zum Tod“ (Röm 7,10; vgl. Röm 8,3).

 

Christus wird ein Fluch für uns - Er befreit

Diesen Fluch des Gesetzes nahm der Herr Jesus am Kreuz von Golgatha auf sich, „indem er ein Fluch für uns geworden ist“ (Gal 3,13). Durch seinen Tod hat Er alle vom Fluch des Gesetzes losgekauft, die unter dem Fluch des Gesetzes standen und nun an Ihn glauben. Jeder Jude, der an den Herrn Jesus glaubt, ist frei von den Forderungen des Gesetzes. Christus hat ihn losgekauft.

 

Eine wunderbare Botschaft! Von dieser Freiheit sprechen auch viele andere Stellen der Bibel, wie zum Beispiel:

  • Römer 6,14: „Denn die Sünde wird nicht über euch herrschen, denn ihr seid nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade“.
  • Römer 7,4: „Also seid auch ihr, meine Brüder, dem Gesetz getötet worden durch den Leib des Christus, um eines anderen zu werden“.
  • Römer 10,4: „Denn Christus ist das Ende des Gesetzes“.
  • Galater 3,24.25: „Also ist das Gesetz unser Erzieher gewesen auf Christus hin, damit wir aus Glauben gerechtfertigt würden. Da aber der Glaube gekommen ist, sind wir nicht mehr unter einem Erzieher“.

 

Wenn wir uns diese Bibelstellen anschauen, können wir eindeutig sagen, dass jeder, der an Christus glaubt, nicht unter Gesetz steht. Wir haben weiter oben schon gesehen, dass Gläubige aus den Nationen grundsätzlich nie unter Gesetz standen. Doch durch den Tod des Herrn Jesus ist auch jeder Jude, der an den Herrn Jesus glaubt, von dem Fluch des Gesetzes befreit worden.

Demnach steht es im Widerspruch zur Bibel, zu behaupten, Christen stünden unter Gesetz1.

 

Der Christ erfüllt das Gesetz

Als Christen stehen wir nicht unter Gesetz. Es ist nicht unsere „Lebensregel“. Dennoch erfüllen wir die Rechtsforderung des Gesetzes (Röm 8,4). Darum geht es vor allem in den moralischen Geboten. Allerdings erfüllen wir diese Forderungen nicht aus eigener Kraft, indem wir uns unter das Gesetz stellen oder versuchen, die Gebote krampfhaft zu halten, sondern durch unser neues, ewiges Leben, das wir von Gott geschenkt bekommen haben. Besonders der Heiligen Geist ist es, der die Kraft für das neue Leben gibt. Gleichzeitig dürfen wir auf den Herrn Jesus schauen, der unser vollkommenes Vorbild ist.

Wenn wir Ihm nachfolgen, werden wir die moralischen Prinzipien des Gesetzes „automatisch“ erfüllen (Röm 8,4). Wir werden sogar mehr tun, als es das Gesetz fordert.

 

Ein Beispiel

Der Herr Jesus lebte 33 Jahre als Mensch auf der Erde. In dieser Zeit hatte Er nie jemanden bestohlen. Das war für Ihn als sündlosen Menschen unmöglich, denn Er besaß nicht die in unserem Leben durch die alte Natur vorhandene Begierde zu stehlen. Zudem ist Er Gott selbst. So war Er bereit zu geben – sogar sein Leben.

Wenn wir Christus nun nachfolgen und seinen Willen tun, werden auch wir nicht stehlen, sondern bereit sein, zu geben (vgl. Eph 4,28). Dadurch erfüllen wir „automatisch“ das Gebot „Du sollst nicht stehlen“ und tun sogar noch mehr: wir geben. Das aber tun wir nicht, indem wir glauben, wir müssten die 10 Gebote erfüllen, sondern das neue Leben in uns ist das Leben des Herrn Jesus. Durch den Besitz dieses Lebens haben wir den Wunsch, Ihn zu ehren. Daher sehen wir auf Ihn, wie Er gelebt hat, bitten Gott um die Kraft des Geistes und sehen auf den Herrn Jesus im Himmel, der unser Leben ist.

 

Resümee

Christen stehen nicht unter Gesetz. Dennoch erfüllen sie die moralischen Prinzipien des Gesetzes, wie sie teilweise in den zehn Geboten ausgedrückt werden. Die Kraft dazu schenkt der Heilige Geist in der Nachfolge hinter dem Herrn Jesus her.

 

 

 

[1] Christen, die sich dennoch unter das Gesetz stellen, stellen sich meistens nicht unter das ganze Gesetz mit seinen zeremoniellen, zivilen und moralischen Geboten, sondern häufig nur unter den moralischen Teil des Gesetzes, der besonders in den zehn Geboten zum Ausdruck kommt. Und selbst in diesem Teil sind sie untreu, da sie sich in aller Regel dem Sabbatgebot nicht unterordnen.