Lebensbeschreibung

Eine Cholera-Epidemie und die Bekehrung von Fanny Crosby

Die gegenwärtige COVID-19-Pandemie hat viele Christen dazu veranlasst, über die verschiedenen Wege nachzudenken und zu sprechen, wie, mit Gottes Hilfe, auch diese Situation zum Segen für Menschen werden kann. Es ist unsere Erwartung und unser Gebet, dass durch diese belastenden Umstände noch manche Menschen in eine persönliche Beziehung zu Gott gezogen werden.

Ein eindrückliches Beispiel dafür, dass Gott eine lebensbedrohliche Epidemie benutzt, dass ein Mensch zum Glauben und einem geistlichen Leben kommt, findet sich im Bekehrungszeugnis von Fanny Crosby. Sie wurde zu einer bekannten christlichen Liederdichterin im 19. Jahrhunderts.[1]

Fanny, die seit ihrer Kindheit blind war, trat im Alter von fünfzehn Jahren als Studentin in die New Yorker Blindenanstalt ein. Dort zeichnete sie sich als außergewöhnliche Studentin, Musikerin und Dichterin aus. Im Jahr 1843, als sie dreiundzwanzig Jahre alt war, wurde Fanny Lehrerin an der Institution und unterrichtete Rhetorik, Grammatik und römische und amerikanische Geschichte.

Fünf Jahre später, im Herbst 1848, fegte die Cholera über Europa hinweg und hinterließ Tausende von Toten. Diese Seuche brach im Mai des folgenden Jahres in New York aus. Die Schule entließ in jenem Monat ihre Studenten vorzeitig in die Sommerferien, weil sie glaubten, sie wären sicherer außerhalb der Stadt. Doch eine Reihe von Studenten konnte nicht nach Hause zurückkehren.  Also beschlossen Fanny und einige andere Fakultätsmitglieder zu bleiben, „in der Überzeugung, dass Gott sich um uns kümmern würde und dass wir eine Hilfe sein könnten“. Sieben Monate lang, von Mai bis November, starben jede Woche zwischen 500 und 800 Menschen an der Krankheit. Die Notwendigkeit, sich um die Kranken und Sterbenden zu kümmern, war so kritisch, dass das Institut, wie viele andere Einrichtungen auch, in eine provisorische Krankenhauseinrichtung umgewandelt wurde. Fanny blieb im Institut, um die Kranken zu pflegen. Diese Erfahrung forderte ihren Tribut von ihr – so sehr, dass die gewöhnlich fröhliche Fanny anscheinend fertig, energielos und deprimiert war. Folglich musste sie bei der Wiedereröffnung des Instituts im November ein geringeres Lehrpensum in Kauf nehmen.

Fanny assistierte dem Arzt der Institution bei der Herstellung von Medikamenten, um zu versuchen, die Krankheit zu bekämpfen. Manchmal war sie erschrocken, dass sie gegen einen Sarg stieß, wenn sie sich auf der Krankenhausstation bewegte.

Fannys Erlebnisse in der Choleraepidemie konfrontierten sie mit ihrer eigenen Sterblichkeit. Sie spielten zweifellos eine wichtige Rolle bei den lebensverändernden Entwicklungen, die sich im folgenden Jahr vollzogen. Seit ihren ersten Jahren in der Einrichtung hatte sie an den Zusammenkünften einer Methodistenkirche teilgenommen. Doch nach eigener Aussage war sie im Laufe der Jahre gegenüber geistlichen Angelegenheiten gleichgültiger geworden. In dieser Atmosphäre von Tod und Finsternis dachte Fanny mehr und mehr über das Wohlergehen ihrer Seele nach. Sie begann zu erkennen, dass in ihrem Leben etwas fehlte. Und dann war da immer wieder die Erinnerung an die Frage, die ihre sterbende Großmutter ihr gestellt hatte: „Wirst du mich im Himmel treffen?“

Die Intensität dieser Erfahrung veranlasste sie dazu, eine tiefere Gewissheit des Glaubens und der Liebe zu Gott zu suchen. Sie suchte Frieden von ihren inneren geistlichen Kämpfen, fand aber keinen. Doch auf einer mehrtätigen Evangelisation, die sie mehrfach besuchte, geschah es am letzten Abend, dass sie den Heiland und Erlöser im persönlichen Glauben annahm.

Durch den Glauben an Jesus Christus als ihren persönlichen Erlöser fand Fanny die Vergebung, den Frieden und das Leben, nach dem sie im Innersten letztlich dochgesucht hatte. Für den Rest ihres Lebens war sie eine hingebungsvolle Jüngerin und Dienerin Jesu. Schließlich machte sie sich zur Aufgabe, christliche Lieder zu dichten. In einem ihrer Werke beschreibt sie die Rolle des Gebets: „Es mag ein wenig altmodisch erscheinen, seine Arbeit immer mit Gebet zu beginnen, aber ich unternehme nie einen Hymnus, ohne vorher den lieben Gott zu bitten, meine Inspiration zu sein.“

1858, als Fanny 38 Jahre alt war, heiratete sie ihren Kollegen vom Institut für Blinde, Alexander Van Alstyne, einen ebenfalls blinden Musiker. Ein Jahr später (1859) mussten sie erleben, dass ihre kleine Tochter Frances plötzlich vermutlich an Typhus starb. Dieses Ereignis hatte für die Eltern sehr unterschiedliche Auswirkungen. Während der Vater den Verlust nie wirklich verarbeitete, schrieb Fanny eines ihrer berühmtesten Lieder, Safe in the Arms of Jesus (Sicher in Jesu Armen).

Sicher in Jesu Armen,
sicher an Seiner Brust,
ruhend in Seiner Liebe,
da find ich Himmelslust.
Mit holder Hirtenstimme
ruft mir mein Heiland zu;
„Lass ab vom eignen Ringen,
an Meinem Herzen ruh!“

Sicher in Jesu Armen,
los von der Sorge Qual,
sicher in der Versuchung
durch Jesu Wundenmal!
Frei von dem Druck des Kummers,
frei von des Zweifels Pfad,
nur noch ein wenig Prüfung,
nur etwas Tränensaat!

Jesu, des Herzens Zuflucht,
Jesu, Du starbst für mich!
Sicher auf diesen Felsen
stütz ich mich ewiglich.
Hier will ich stille warten,
bis dass vergeht die Nacht,
bis an dem goldnen Ufer
leuchtend der Tag erwacht.

Text: Frances Jane (Fanny) Crosby (*1820 †1915)

Übersetzung: Dora Rappard (*1842 †1923)

(Quelle: www.liederindex.de)

 

 

Ein weiteres bekanntes Lied, das noch heute von Christen in vielen Ländern gesungen wird (Blessed Assurance) zeugt von ihrer Heilsgewissheit und dem Frieden, den sie bei dem Herrn Jesus gefunden hatte.

Seliges Wissen: Jesus ist mein!
Köstlichen Frieden bringt es mir ein.
Leben von oben, ewiges Heil,
völlige Sühnung ward mir zuteil. 

Ihm will ich leben, o welche Freud!
Alles hält Jesus für mich bereit:
Göttliche Leitung, Schutz in Gefahr,
Sieg über Sünde reicht Er mir dar.

Völlig Sein Eigen! Nichts such ich mehr;
Jesus, Er stillet all mein Begehr.
Treu will ich dienen Ihm allezeit,
bis ich Ihn sehe in Herrlichkeit.

Refrain

Lasst mich's erzählen, Jesus zur Ehr;
wo ist ein Heiland, größer als Er?
Wer kann so segnen, wer so erfreun?
Keiner als Jesus! Preist Ihn allein!

Text: Frances Jane (Fanny) Crosby (*1820 †1915)

Übersetzung: Heinrich Rickers (*1864 †1928)

(Quelle: www.liederindex.de) 

 



[1] Eine Biographie Fanny Crosbys findest du in FMN, Heft 2, 2001, Seite 32 (https://www.folgemirnach.de/heft-2001-02.pdf?seite=32&bis=34)