Bibelstudium
Das Buch Ruth (3)
Am Ende von Kapitel 1 haben wir gesehen, wie Noomi und Ruth arm und mittellos nach Bethlehem zurückkehren und gelernt, dass es geistliche Leere gibt, wenn wir eigene Wege gehen und unserem Herrn den Rücken zuwenden. Wenn wir allerdings umkehren und zu Ihm kommen, ist Er reich für alle. Er ist reich für einen Gläubigen, der nach einem falschen Weg umkehrt und reich für jemand, der noch jung im Glauben ist, der zum ersten Mal von Ihm hört und zu Ihm kommt.
Kapitel 2: Auf dem Feld des Boas
In Kapitel 2 lernen wir, wie Boas Ruth und Noomi segnet. Boas ist ein Bild des Herrn Jesus, der reichlich gibt – und zwar mehr als nötig ist. Ruth lernt zuerst seinen Reichtum und dann ihn selbst kennen. Durch Ruth wird dann zugleich Noomi gesegnet. Doch es gibt eine Voraussetzung, um diesen Segen zu bekommen. Ruth muss sich aufmachen, um auf dem Feld des Boas Ähren zu sammeln. Genau das tut sie, und darüber berichtet uns das zweite Kapitel dieses kleinen Buches. Die wichtige Lektion, die darin für uns liegt, lautet, dass wir uns aufmachen müssen, um das Wort Gottes zu lesen und in uns aufzunehmen, damit wir geistlichen Segen empfangen und den kennenlernen, der die Quelle jedes Segens ist.
Boas (Vers 1)
Vers 1 unterbricht die eigentliche Handlung. Am Ende von Kapitel 1 lesen wir davon, dass die beiden Frauen zu Beginn der Gerstenernte in Bethlehem ankommen. Vers 2 des zweiten Kapitels setzt die Geschichte dann fort. Gerade deshalb ist es interessant zu überlegen, warum der Schreiber unter der Leitung des Heiligen Geistes den ersten Vers einfügt. In diesem Vers geht es erstmals um Boas, der bisher nicht erwähnt wurde. Er wird jetzt vorgestellt als ein Verwandter des verstorbenen Ehemannes Noomis und als ein vermögender Mann. Außerdem wird sein Name (Boas) genannt.
Es ist klar, dass Gott unser Interesse für den Herrn Jesus wecken möchte, von dem Boas ein Bild ist. Boas bedeutet „in ihm ist Stärke“. Er ist ein vermögender Mann, d. h. er ist nicht nur reich, sondern er „vermag“ viel. Daher wird dieser Ausdruck an anderer Stelle auch mit „tapferer Held“ übersetzt.
Unser Herr vermag nicht nur viel, sondern Er vermag alles. Er ist – wie wir in der Einleitung gelernt haben – der Erlöser. Dazu war es nötig, dass Er Mensch wurde. Er musste „in allem den Brüdern gleich werden“, um Sühnung für unsere Sünden tun zu können. Anders als Boas, musste Er allerdings sogar arm werden und sterben, damit wir durch seine Armut reich würden (2. Kor 8,9).
Ruth setzt ihre Entscheidung um (Verse 2.3)
Ab Vers 2 wird nun Ruth aktiv. Zunächst fasst sie einen wichtigen und richtigen Entschluss. Sie will auf das Feld gehen, um dort Ähren zu sammeln. Dabei ist sie sich bewusst, dass sie auf Gnade angewiesen ist – und das, obwohl im Gesetz geregelt war, dass die Ränder der Felder nicht vollständig abgeerntet werden sollten, damit etwas für die Armen und Fremden übrigblieb (3. Mo 23,22). Sie hatte somit ein gewisses Anrecht, stellt jedoch überhaupt keine Ansprüche, sondern hofft auf Gnade vonseiten des Feldeigentümers.
Wir lernen daraus für uns, dass es wichtig ist, die Initiative zu ergreifen, wenn unser geistliches Leben sich weiterentwickeln soll. Es ist wahr, dass wir in allem von der Gnade abhängig sind. Das nimmt hingegen nichts davon weg, dass unser Herr bei uns diesen geistlichen Eifer sucht, um Gottes Wort besser kennenzulernen. Ein solcher Eifer wird nicht unbelohnt bleiben. Ruth trifft „zufällig“ auf das Feldstück des Boas. Dieser Zufall ist nicht irgendein menschlicher Zufall, sondern er ist von Gott geführt. Er sorgt dafür, dass Ruth ausgerechnet auf diesem einen Feldstück arbeitet und nicht woanders. Es fällt ihr sozusagen zu.
Ruth begegnet Boas (Verse 3-13)
Auf dem Feld des Boas lernt Ruth zunächst Boas´ Knechte kennen, die sie genau beobachten. Dennoch beginnt der biblische Bericht nicht mit den Knechten, sondern mit Boas selbst. Es geht immer um unseren Herrn. Wenn wir anfangen, Ähren aufzulesen, d. h. uns mit der Bibel (dem Wort Gottes) zu beschäftigen, werden wir sehr bald dem Herrn Jesus selbst begegnen, der sich für uns interessiert.
Ruth war eine Fremde. Dennoch hat Boas Interesse an ihr. Er fragt den Knecht, der über die Schnitter bestellt ist, nach Ruth und bekommt eine gute Antwort. Ruth war fleißig und konzentrierte sich auf die Arbeit. Davon können wir erneut lernen. Der Herr wünscht, dass wir fleißig sind, wenn es darum geht, uns mit dem Wort Gottes zu beschäftigen. Das Beispiel Ruths lehrt uns, uns auf das zu konzentrieren, was wichtig ist und die Prioritäten richtig zu setzen.
Boas gibt Ruth einen guten Rat. Sie soll nicht auf ein anderes Feld gehen. In Bethlehem gab es viele Felder, aber nur ein Feld gehörte Boas. Heute gibt es in der Christenheit ebenfalls viele „Felder“, d. h. es gibt viele Möglichkeiten, Nahrung für die Seele aufzunehmen. Doch es gibt nur das eine Wort Gottes, das unser geistliches Leben nähren kann. Es gibt nur ein „Feld“, auf dem Gott uns sehen möchte. Wenn wir woanders Nahrung suchen, riskieren wir, Schaden zu nehmen. Deshalb gilt Boas´ Warnung, nicht auf ein anderes Feld zu gehen, im übertragenen Sinn auch für uns. Bei unserem „Boas“ sind wir sicher.
Ruth ist überwältigt von dem, was sie hört, und fragt sich, warum gerade sie als Ausländerin Gnade gefunden hat (V. 10). Gnade ist unverdiente Zuwendung und daher ist Ruths Frage durchaus berechtigt. Finden wir eine Antwort auf die Frage, warum der Herr gerade uns gegenüber gnädig handelt? Verdient haben wir es ganz bestimmt nicht. Und trotzdem wendet der Herr sich gerade uns zu und segnet uns mit dem ganzen Reichtum seiner Gnade.
Boas hatte sich gut informiert. Er wusste über Noomi und Ruth Bescheid. Er kannte ihr Leben ganz genau. Mit uns ist es nicht anders. Der Herr weiß, wo wir herkommen. Er weiß, welche Entscheidungen wir getroffen haben. Und Er wird jede Treue zu Ihm belohnen.
Ruths Antwort auf Boas´ Ansprache lautet: „Möge ich Gnade finden in deinen Augen, mein Herr! Denn du hast mich getröstet und hast zum Herzen deiner Magd geredet, und doch bin ich nicht wie eine deiner Mägde“ (V. 13). Sie ist sich bewusst, dass sie als eine Fremde diese Zuwendung nicht verdient hat. Trotzdem bittet sie gleichzeitig um Gnade, weil sie weiß, dass sie Gnade nötig hat. Wir lernen für uns, dass Gnade einerseits unverdient ist, dass wir andererseits jedoch auf sie angewiesen sind.
Pausenzeit (Verse 14-16)
Es ist Pausenzeit auf Bethlehems Feldern. Arbeit und Pausen wechseln einander ab. Das ist im geistlichen Leben nicht anders als im natürlichen Leben. Wer arbeitet, benötigt Zeit, um zu regenerieren. Und nun erweist Boas sich als reichlicher Geber. Ruth bekommt mehr, als sie braucht und verdient hat. Boas selbst gibt ihr sogar geröstete Körner. Ruth greift zu, sättigt sich und lässt übrig. Es fällt auf, dass Boas etwas tut und dass Ruth darauf reagiert. Hätte Boas ihr nichts gegeben, wäre sie hungrig geblieben. Hätte Ruth nicht zugegriffen und gegessen, wäre sie ebenfalls hungrig geblieben. Beides gehört zusammen. Mit uns ist es nicht anders. Der Tisch, den unser Herr uns deckt, ist immer reichlich gefüllt. Nun liegt es an uns zu essen. Wenn wir die Bibel nicht lesen und die Zusammenkünfte der Gläubigen nicht besuchen, müssen wir uns nicht wundern, wenn wir geistlich unterernährt bleiben oder geistlich verkümmern.
Noch etwas fällt auf. Ruth ist selbst aktiv und sammelt auf. Zugleich fordert Boas die Schnitter auf, ihr zu helfen und sie nicht zu behindern. Diese Schnitter sind Boas´ Knechte, die erfahren sind und wissen, wie man die Ernte einbringt. Die Lektion für uns liegt auf der Hand: Beim „Auflesen der Ähren“, d. h. beim Lesen und Verstehen der Bibel benötigen wir „Schnitter“, die uns helfen. Das sind ältere und erfahrene Gläubige, die uns mit ihrem Rat und ihrer Hilfe zur Seite stehen. Gerade dann, wenn wir noch jünger sind und erste Erfahrungen mit der Bibel machen, sind wir auf diese Hilfe angewiesen. Wir bekommen sie ganz besonders in den Zusammenkünften der Gläubigen, wenn Gottes Wort gemeinsam gelesen wird, darüber hinaus in Jugendstunden, auf Bibelkonferenzen und bei anderen Gelegenheiten, die wir unbedingt nutzen sollten. Das Lesen guter Bibelauslegungen oder einer Zeitschrift wie „Folge mir nach“ ist ebenfalls nützlich und empfehlenswert.
Ruth kehrt zu Noomi zurück (Verse 17-23)
Ruth kehrt nun zu Noomi zurück. Dabei fällt uns auf, wie die Aktivität Ruths in verschiedenen Punkten ausführlich beschrieben wird. Sie hatte aufgelesen und ausgeschlagen. Sie hatte genommen, war in die Stadt gegangen, hatte das Aufgelesene hervorgezogen und ihrer Schwiegermutter gegeben, nachdem sie sich selbst gesättigt hatte (Verse 17-19). Neben der Tatsache, dass uns Ruths Fleiß beeindruckt, liegen darin erneut praktische Lektionen für uns verborgen:
- Auflesen: Das Auflesen erinnert an das Hören und Lesen des Wortes Gottes. Wir wollen von Ruth lernen, genau das fleißig und regelmäßig zu tun, sei es in unserer persönlichen Bibelandacht (stille Zeit) oder zusammen mit anderen Gläubigen. Geistliches Wachstum und ein Leben zur Ehre des Herrn fangen mit dem „Auflesen“ an.
- Ausschlagen: Mit dem Auflesen allein ist es nicht getan. Um von den aufgesammelten Ähren wirklich Nahrung bereiten zu können, mussten die Ähren ausgeschlagen werden. Es ist nötig, dass wir das, was wir gelesen oder gehört haben, entsprechend nacharbeiten, d. h. darüber nachdenken und darüber beten, was es uns zu sagen hat. Dazu benötigen wir Ruhe und Zeit.
- Nehmen: Das Sammeln und Ausschlagen hätte für Ruth keinen Sinn ergeben, wenn sie die Gerste nicht tatsächlich mitgenommen hätte. Für uns geht es darum, das Wort Gottes zu unserem persönlichen Besitz zu machen und es sozusagen mitzunehmen in unseren Alltag. Es ist gut, wenn wir einen solchen „Vorrat“ an Bibelversen haben, die wir tatsächlich unser persönliches „Eigentum“ nennen, weil sie uns wichtig geworden sind.
- In die Stadt gehen: Dieser Punkt schließt sich an. In der Stadt spielt sich das tägliche Leben ab. Dort sieht man uns. Dort kennt man uns. Das Wort Gottes sollte – für unsere Umwelt sichtbar – einen Einfluss auf unser Leben haben, sei es in der Schule, in der Ausbildung, am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, unter Freunden oder im Dienst.
- Hervorziehen: Diese Aktivität lässt uns daran denken, dass wir Gottes Wort in ganz konkreten Lebenssituationen parat haben und anwenden können. Das kann z. B. in einem Gespräch mit Mitmenschen oder in einer anderen plötzlich auftretenden Situation der Fall sein.
- Sich sättigen: Erst jetzt ist die Rede davon, dass Ruth sich selbst gesättigt hatte. Das war ja das eigentliche Ziel, warum sie auf das Feld gegangen war. Sie brauchte Nahrung. Alle anderen vorher beschriebenen Tätigkeiten sind wichtig und nötig, führen aber letztlich zu diesem Kernpunkt. Es ist zentral, dass Gottes Wort für uns tatsächlich geistliche Nahrung ist, d. h. dass wir es verinnerlichen und satt werden. So wie wir täglich essen, um unseren Körper gesund zu erhalten, müssen wir Gottes Wort täglich verinnerlichen, d. h., es soll ein Teil von uns selbst werden. Dann ist das Ziel Gottes erreicht.
- Teilen: Dennoch hört die Berichterstattung hier nicht auf. Ruth teilt das, was sie aufgelesen hat, mit Noomi. Die Anwendung ist einfach. Was wir selbst aus der Bibel gelernt haben, können und sollen wir mit anderen teilen. Gemeinsame und geteilte Freude über Gottes Wort ist doppelte Freude.
Der Dialog unter Frauen (Verse 20-23)
Das Kapitel endet mit einem Dialog zwischen Noomi und Ruth. Dabei erkennen wir zum einen die Fürsorge der älteren Frau für die jüngere und den Gehorsam der Jüngeren (V. 22.23). Noch auffallender hingegen ist, dass die beiden sich nicht über die Ernte und die Schnitter unterhalten, sondern ihr großes Thema ist Boas. Alles dreht sich um ihn. Darin liegt für heute eine letzte große Lektion für uns: Es geht nicht so sehr darum, was wir geleistet, getan und gelernt haben, sondern alles muss sich um unseren „Boas“ drehen, um den Herrn Jesus. Die Hauptperson der Bibel ist Er selbst. Und es ist sein Wille, dass Er auch der zentrale Inhalt unseres Lebens ist oder wird. Jede Unterhaltung über Gottes Wort soll in letzter Konsequenz dazu führen, dass wir neue Herrlichkeiten und Schönheiten unseres Herrn sehen, Ihn besser kennenlernen, Ihn mehr lieben lernen, um Ihm besser dienen und Ihn intensiver erwarten zu können. So beginnt und endet dieses Kapitel mit Boas.
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