Der Christ und sein Beruf

Der Christ und sein Beruf

Im ersten Teil von „Der Christ und sein Beruf“ ging es besonders um die Einstellung, die uns bei der Verrichtung unseres Berufes prägen soll – oder eben nicht. In diesem Teil geht es darum, wie wir uns als Mitarbeiter eines Unternehmens gegenüber anderen Mitarbeitern und Vorgesetzten verhalten. Besonderer Schwerpunkt ist die Arbeit in Projektgruppen, die mehr und mehr auch in der deutschen Unternehmenswelt Einzug hält. Vielleicht ist mancher Leser (noch) nicht in einer solchen Arbeitssituation. Aber sowohl in Produktions- als auch in Dienstleistungsunternehmen wird mehr und mehr zu solchen, modernen Arbeitsformen übergegangen. Da ist es gut, sich auf der Grundlage der Bibel mit der richtigen Einstellung zu wappnen.

Teil II: Christliches Verhalten als Arbeitnehmer

1. Führungsphilosophien im Wandel der Zeit

In vielen Unternehmen werden heute – und wurden auch in der Vergangenheit, wenn dies auch nicht so breit diskutiert wurde – bestimmte Führungsprinzipien angewen- det. Heute gibt es Managementschulen, die bestimmte Arbeitsphilosophien zu vermitteln suchen. Um die Führungsprinzipien, die in modernen Unternehmen praktiziert werden, besser mit den Ansprüchen des Wortes Gottes vergleichen zu können, ist es nützlich, die zugrunde liegenden Führungsmodelle zumindest skizzenhaft zu beleuchten.

Führungsmodell 30er Jahre 60er Jahre 90er Jahre
Auftrag Stunden- oder tageweise Arbeitsaufträge Jährliche Ziele, die demokratisch vom Team gewählt werden Von der Führungskraft vorgegebene jährliche Ziele
Ausführung Laufende Ausführungs- kontrolle Vertrauen auf Eigenverantwortlichkeit des Mitarbeiters, keine Verlaufskontrolle Begleitung des Mitarbeiters durch z.B. Coaching, regelmäßige Berichterstattung.
Ergebnis Vollständige Ergebniskontrolle Teamgespräch über verfehlte Ziele,
Förderung der Motivation und Teamkultur
Kritische Analyse
der Zielerreichung, Korrekturmaßnahmen, individuelle Förderung Führungsgespräche
zur Beurteilung der Führungskraft

Das erste Modell findet heute außerhalb des Militärs nur noch in abgemilderter Form Anwendung, z.B. in produktionsintensiven Branchen. Das zweite Modell hat sich in der Praxis nicht bewährt und ist daher in vielen Unternehmen durch das dritte Modell verdrängt worden. Dieses Modell versucht, die Eigenverantwortlichkeit und Freiheit des Mitarbeiters zu betonen und zugleich über geeignete Kontrollelemente die Ziele des Unternehmens sicherzustellen. Dieses Führungsmodell hat nur noch im weitesten Sinn Ähnlichkeit mit dem Verhältnis eines Sklaven zu seinem Herrn, wie wir es z.B. in Epheser 6 oder Kolosser 3 finden. Wir werden aber sehen, dass sich diese biblischen Belehrungen trotzdem in großen Teilen auf uns anwenden lassen. Zudem ergeben sich aus dem modernen Rollenverständnis eines Mitarbeiters weitere geistliche Verpflichtungen, die durch andere biblische Belehrungen begründet sind.

2. Christliches Sozial- und Führungsverhalten

Ungleiches Joch oder Teamarbeit?

Ein wichtiges Element moderner Mitarbeiterkultur ist die Teamarbeit. Diese besteht darin, zusammen mit einem oder mehreren Kollegen auf ein von der Führungskraft gestelltes Ziel hinzuarbeiten. Oft werden dort nicht nur fachliche Argumente ausgetauscht, sondern auch ungöttliche und unmoralische Interessen vertreten. Da könnten Fragen aufkommen wie: Inwieweit ist eine solche Zusammenarbeit mit ungläubigen Kollegen überhaupt möglich? Besteht die Gefahr der Verunreinigung? Zunächst einmal sind wir zwar „nicht von der Welt, aber noch in der Welt“ (Joh 17,14 ff.). Daher ist der Umgang mit Ungläubigen, auch solchen, die in offenbarer Sünde leben, im Grundsatz nicht zu vermeiden, „sonst müssten wir ja aus der Welt hinausgehen“ (1. Kor 5,9–10). Eine Verunreinigung entsteht dann, wenn ich mich eins mache mit unanständigen Geschäftspraktiken, d.h. zum Beispiel unmoralische Vorschläge anderer Teamkollegen unterstütze. Da kann es um das bewusste Unterschlagen von Fehlern, Schwächen gehen, um Lügen, oder um Intrigieren gegen andere Mitarbeiter und Vorgesetzte, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Stattdessen liegt unsere Aufgabe darin, uns im Team als Christen zu verhalten. Das bedeutet natürlich auch, dass wir selbst kein schlechtes Beispiel abgeben. Es ist für uns vielmehr eine Chance, ein Zeugnis zu geben durch das Vorleben eines christlichen Beispiels im Alltag. Manchmal mag es auch Situationen geben, in denen eine Beeinflussung durch ungöttliche Praktiken so beherrschend wird, dass wir über eine Trennung nachdenken sollten. Dies ist als ein persönlicher Glaubensschritt vor dem Herrn zu erwägen und kann bedeuten, dass wir versuchen, in ein anderes Team zu wechseln oder sogar die (oft nicht einfache) Suche nach einer neuen Arbeitsstelle beginnen. Der Fall wird wohl stärker zutreffen, wenn wir uns freiwillig in die Position begeben haben, z.B. auf Führungsebenen oder bei einer gemeinsamen Geschäftsführung. Hier ist die Anwendung des Grundsatzes zu prüfen: „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen. Denn welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis“ (2. Kor 6,14)?

Egoist oder Teamplayer?

Was bedeutet es aber konkret, die Verhaltensweisen eines Christen im Team zu zeigen? Hier finden wir Hinweise in Schriftstellen, die sich auf das Zusammenleben mit Menschen im Allgemeinen beziehen: „Sinnt nicht auf hohe Dinge, sondern haltet euch zu den Niedrigen, seid nicht klug bei euch selbst. Vergeltet niemand Böses mit Bösem, seid auf das bedacht, was ehrbar ist vor allen Menschen“ (Röm 12,14–21). Ein Teamplayer stellt die eigene Ehre und Anerkennung hinter die des Teams zurück. Er ist z.B. nicht peinlich darauf bedacht, dass sein Anteil am Teamergebnis erkennbar ist, er kann die Präsentation des Ergebnisses anderen überlassen und enthält sein Know-How nicht dem Team vor, um es nachher getrennt von der ge- meinsamen Vorstellung als das eigene zu präsentieren. Er denkt dabei nicht an sein eigenes Fortkommen („auf hohe Dinge sinnen“), sondern hat das gemeinsame Teamergebnis im Auge. Er ist nicht „klug bei sich selbst“ und nervt dadurch das Team durch übermäßige und kritiküberladene Beiträge. Er weiß aber auch, dass die Teamaufgabe für die Führungskraft und im Interesse des Unternehmens zu erbringen ist und enthält dem Team daher seine eigenen Fähigkeiten nicht vor durch falsch verstandene Zurückhaltung.

Er „vergilt nicht Böses mit Bösem“ und kompensiert Teamanteile, die durch Faulheit anderer wegfallen, ohne großes Lamentieren oder explizites Herausstellen. Dies gilt auch, wenn Teamkollegen aufgrund mangelnder Fähigkeiten ihren Anteil nicht oder nicht vollständig erbringen können: „Tut alles ohne Murren und zweifelnde Überlegungen, damit ihr untadelig und lauter seid, unbescholtene Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts“ (Phil 2,14–15).

Christliche Tugenden oder Projektrolle?

Besonders bei Projekt- oder Teamarbeit verkörpert jeder Mitarbeiter eine bestimmte Rolle, deren Interesse er im Sinne des Projekts, aber eben auch im übergeordneten Sinn des Unternehmens zu vertreten hat. Dabei sind Interessenskonflikte vorprogrammiert, da die Interessen der Rollen oft gegensätzlich sind. Ein Qualitätsbeauftragter z.B. vertritt ein Unternehmensinteresse, das oft im Widerspruch steht zu den Projektkosten oder dem Markteinführungstermin. Wie kann ich meine Interessen dort durchsetzen, wenn ich „in Demut den anderen höher achte als mich selbst“ und „nicht auf das Meine sehe, sondern auch auf das der anderen“ (Phil 2,3.4)? Wie passt das zu der Aufforderung, „nicht streitsüchtig zu sein, milde, alle Sanftmut erweisend gegen alle Menschen“ (Tit 3,1–2)? Die Antwort kann man finden, indem man zwischen persönlichen Angriffen und Konflikten in der Sache unterscheidet.

Wenn mein Projektinteresse fachlich angegriffen wird, muss ich Durchsetzungsvermögen zeigen, hart in der Sache, diplomatisch im Ton. Wenn ich als Person angegriffen werde, reagiere ich sanftmütig; wenn ich als Person hinter- oder übergangen werde, sehe ich nicht auf das Meine; wenn ich gar als Christ belächelt oder verspottet werde, ertrage ich das in Demut. Ebenso verhält es sich mit der Langmut: In der Sache zeige ich Initiative und zeitnahe Entscheidungsfähigkeit, bei Personen beweise ich Langmut, indem ich ihnen z.B. helfe, ein soziales Missverhalten abzustellen. Dies ist oft schwieriger als man annehmen mag, nicht zuletzt da die Unterscheidung zwischen Personen- und Sachinteresse nicht immer eindeutig ist. Als Beispiel sei Personalführung genannt, wo die sachliche Aufgabe ja gerade im richtigen Umgang mit Personen besteht.

Intrigant oder loyaler Mitarbeiter?

Wenn wir uns nun dem Verhalten den Vorgesetzten gegenüber zuwenden, so gilt auch heute noch genauso, dass wir „die eigenen Herren aller Ehre würdig achten“ sollen (1. Tim 6,1–2). Darüber hinaus gibt es weitere Bibelstellen zum Verhältnis von Herren und Sklaven, die zumindest teilweise angewendet werden können. Knechte werden z.B. ermahnt, „sich ihren eigenen Herren unterzuordnen, in allem wohlgefällig zu sein, nicht widersprechend, nichts unterschlagend, sondern alle gute Treue erweisend“ (Tit 2,9–11).

Eine moderne Führungskraft fordert zwar keine Unterwürfigkeit mehr, man spricht lieber von Respekt und Autorität als von Gehorsam. Aber trotz aller gewünschter Kritikfähigkeit und Eigeninitiative ist Loyalität weiterhin ein wichtiges Thema. Man „erweist nicht alle gute Treue“, wenn man hinter dem Rücken des Vorgesetzten weiterhin im Unternehmen für etwas eintritt, das bereits abschlägig entschieden wurde. Man kann auch nicht nur Wertgegenstände „unterschlagen“, sondern z.B. auch die eigene Arbeitskraft, indem man seine Aufgaben mit anderen Prioritäten angeht als es der Vorgesetzte möchte. Man respektiert auch nicht die Autorität bzw. „achtet“ den Vorgesetzten „aller Ehre würdig“, wenn man in das Lästern der Kollegen über den Chef mit einstimmt, was oft sehr unterschwellig beginnen kann. Loyalität ist nicht zuletzt deshalb heute ein großes Thema, weil nicht selten Intrigen geschmiedet werden: Man schneidet den Chef von Informationen ab, redet woanders schlecht über ihn, hintergeht ihn oder bildet gar Koalitionen gegen ihn. In solchen Situationen sind wir als Christen gefordert, mit Respekt, Offenheit und Geradlinigkeit dagegenzuhalten.

Auf der anderen Seite gibt es auch Führungskräfte, die sich nicht korrekt verhalten. Die Bibel sagt dazu in Bezug auf das Herr-/Sklavenverhältnis: „sich unterordnend in aller Furcht, nicht allein den guten und milden, sondern auch den verkehrten“ (1. Pet ,18–23). Im heutigen Führungsverständnis dagegen wird konstruktive Kritik am Vorgesetzten nicht per se als Kritik an der Gesamtorganisation gesehen. Denn es sind ganz bewusst Instrumente wie das Führungsgespräch eingerichtet worden, in dem die Mitarbeiter die Führungsqualitäten ihres Vorgesetzten beurteilen und zur Verbesserung beitragen sollen. Daher gilt für einen Christen in einem solchen Arbeitnehmerverhältnis nicht die unbedingte „Leidensbereitschaft“ bei ungerechten Vorgesetzten. Aber kann es nicht auch ein Zeugnis sein, wenn man z.B. bei persönlichen Angriffen nicht sofort aufbegehrt, sondern die Ungerechtigkeiten erträgt? Auch, wenn man gegenüber den Kollegen oder Kolleginnen benachteiligt wird?

Wahrhaftigkeit oder Menschengefälligkeit?

Ein moderner Führungsstil setzt längerfristige Ziele und fördert Eigeninitiative und Selbstständigkeit des Mitarbeiters. Im Gegenzug verzichtet man auf ständige Kontrolle und Beobachtung, was wiederum leicht zu jeder Form der Heuchelei und Schmeichelei verleitet. Die Bibel sagt dazu: „Gehorcht in allem euren Herren, nicht in Augendienerei, als Menschengefällige, sondern in Einfalt des Herzens“ (Kol 3,22–25; s.a. Eph 6,5–9). Die Gefahr, sich hier falsch zu verhalten, ist sicher heute noch größer als für einen Sklaven von damals. Die verschiedensten Erscheinungsformen kommen vor: Man berichtet jede Kleinigkeit dem Chef, man verkauft geringfügige Arbeiten als große Erfolge, selbst die Ergebnisse anderer werden als die eigenen dargestellt. Insgesamt gilt das Prinzip „mehr Schein als Sein“. Es fängt schon damit an, dass man einen großen Arbeitseinsatz vortäuscht, der Terminkalender ist immer voll, man hat nie Zeit. Die „Einfalt des Herzens“ bewahrt uns, bei diesem Treiben mitzumachen.

Sich richtig am Arbeitsplatz zu verhalten – das betrifft praktisch jeden von uns. Es ist, wie immer, leichter darüber zu schreiben, als auch biblisch zu handeln. Aber es ist hilfreich, sich gegenseitig anzuspornen, auch in diesem, oft weltlichen, Umfeld treu zu sein.

 

Im Wort, im Werk, in allem Wesen, sei Jesus und sonst nichts zu lesen.