Fußball-WM

Fußball-WM – Brief und Antwort

Lieber Bruder im Herrn,

als gelegentlicher Leser von „Folge mir nach“ fiel mir die aktuelle Ausgabe mit dem Titel „Fußball WM 2006“ in die Hände. Insgesamt erscheint mir dieser Beitrag doch sehr gesetzlich. Zwar trifft es zu, dass die Bibel uns an keiner Stelle zur sportlichen Betätigung oder zum Besuch von Sportveranstaltungen aufruft. Aber umgekehrt gilt auch: An keiner Stelle wird uns dies ausdrücklich verboten. Dahingegen finden wir sogar (wenn auch allgemeine) Aussagen wie in 1. Korinther 6,12, die meiner Ansicht nach unterstreichen, dass wir nicht länger unter „dem Gesetz“ stehen wozu der Herr Jesus ja zu uns gekommen ist.

Wenn Du schreibst, man „solle“ zu den öffentlichen Fan-Festen und Übertragungen der Spiele auch Alkohol genießen und sonstige Angebote wahrnehmen, sehe ich darin auch keinen Grund zu einem generellen Boykott der gesamten Veranstaltung. Denn auch das Essen und Trinken wird uns in der Bibel an keiner Stelle untersagt. Zwar gibt es einige Stellen, die sich darauf beziehen, jedoch stets in Bezug auf einen Genuss im Übermaß. Denk einmal an die Hochzeit von Kana, bei der unser Herr Jesus selbst zum Lieferanten von Wein und damit auch von Alkohol wurde. Und er selbst hatte sogar dort teilgenommen.

Auch wenn die Schrift sagt, wir seien nicht mehr von der Welt, so ist damit wohl kaum die Forderung verbunden, dass die Christen sich gänzlich von der Welt zurückziehen sollen, um den ganzen Tag betend in einem Kloster zu verbringen. Gehört nicht auch die Wirtschaft, und damit die Arbeits- welt zur Welt, zu der wir nicht mehr gehören sollten? Doch selbst für Christen regnet es keine Euroscheine, weshalb auch sie auf das Geld angewiesen sind, das sie oder andere Menschen irgendwo in der Welt erarbeitet haben. Schließlich hatte sogar unser Herr Jesus selbst einen weltlichen Beruf erlernt. Zumal auch geschrieben steht: „Geht hinaus in die Welt und predigt ihnen das Evangelium.“ Das heißt, dass wir sogar hinaus unter die Menschen gehen sollen, anstatt zu warten, bis sie von selbst in die Abgeschiedenheit unseres von der Welt getrennten Klosters kommen.

Ferner nennst Du die Aktion „Kickoff 2006“ als negatives Beispiel, weil dort stark unterschiedliche christliche Gruppen und Kirchen zusammenstehen. Ich finde es schade, dass sich auch hier Christen über andere Christen erbosen und deren Engagement verurteilen. Auch wenn starke Unterschiede zwischen den beteiligten Gruppen und Kirchen liegen, so vereint sie jedoch die wichtigste aller Botschaften: der Herr Jesus Christus und seine Liebe zu uns Menschen. Und genau dies versucht auch die Stiftung Marburger Medien mit ihrer Aktion zu vermitteln. Im Übrigen habe ich mich bei einer Verteilaktion im Rahmen der WM 2006 auch für die Traktate der Aktion „Kickoff 2006“ entschieden.

Ich sehe es als große Gelegenheit an, die Welt zu Gast bei Freunden, so wie der diesjährige Leitspruch der WM-Organisatoren lautet, mit dem Evangelium bekannt zu machen. Vielleicht hast Du von den Ereignissen erfahren, die sich nach dem Finale der WM 2002 auf dem Spielfeld abgespielt haben: Eine überwiegende Mehrheit der Spieler des frischgebackenen Weltmeisters Brasilien zogen ihre offiziellen Trikots hoch und gaben den Blick auf die T-Shirts darunter frei. Darauf waren Aufschriften wie „Jesus my king“ oder „I love Jesus“ zu lesen. Welche bessere „Werbung“ für den christlichen Glauben kann es denn geben, wenn solch erfolgreiche junge Menschen sich zu dem Evangelium und zu dem Herrn Jesus Christus bekennen?

Selbst in der deutschen Fußball-Bundesliga treffen wir immer wieder auf Spieler, die in den Medien und am Rand des Spielfelds ganz offen von ihrem Glauben an den Herrn Jesus reden. Trotz ihres Erfolges stehen sie offen und ehrlich zu ihm. Und ich denke, dass dadurch der Verbreitung des Evangeliums sicherlich mehr gedient ist, als wenn sie die gesamte weltliche und kulturelle Welt verurteilen und den Tag in einem Kloster verbringen würden.

Denn genau diese Gesetzlichkeit, von der Dein Bericht geprägt ist, ist es doch, die in den Augen der Welt das Christentum als altbacken und weltfremd erscheinen lässt. Auch wenn es so ist, dass schon allein das Evangelium uns froh macht, dürfen wir ruhig in die Welt hinausgehen, und die Möglichkeiten zur Verkündigung nutzen, die sie uns bietet.

Vielleicht möchtest Du mir auf meine Gedanken antworten, ich freue mich auf Deine Reaktion.

Mit gesegneten Grüßen,

C.F. !

 

Lieber C.,

herzlichen Dank für Deinen Brief über den Artikel zur Fußball-WM. Wir freuen uns darüber, auch wenn Du mit dem Tenor des Artikels nicht glücklich bist. Aber die Artikel sind oft zu kurz, um alle Begründungen angeben zu können. Da gibt eine solche Reaktion eine zusätzliche Gelegenheit für Erklärungen. Gerne gehe ich auf einige Punkte Deines Briefes ein.

1. Du hast den Eindruck, dass dieser Artikel einen gesetzlichen Charakter trägt. Ich möchte als Antwort darauf gerne noch einmal die Eingangsworte von Seite 7 des angesprochenen Heftes zitieren: „Vielleicht sagst du: ‚Jetzt engen sie mich wieder ein!‘ Genau das soll hier nicht geschehen. Aber wir sind alle in der Verantwortung, den biblischen

Maßstab an die Aktivitäten anzulegen, die uns vielleicht von manchen Christen sehr ans Herz gelegt werden, die aber der biblischen Überprüfung nicht standhalten.“ Wir lesen im Neuen Testament auch: „Prüft aber alles [nämlich, was an euch herangetragen wird], das Gute haltet fest“ (1. Thes 5,21). Vielleicht gibt es auch ein Missverständnis, was die Bedeutung von Gesetzlichkeit betrifft. Wir sind dann gesetzlich, wenn wir den Gläubigen sagen, dass sie bestimmte Dinge tun müssen, um Gott zufrieden zu stellen. Und, wenn ich Gläubigen bestimmte Gebote auferlege, die über die Schrift hinausgehen. Ziel des Artikels war es dagegen, das biblische Licht auf die Aktivitäten von Christen rund um die Fußball-WM scheinen zu lassen, ohne dass Verbote oder Gebote ausgesprochen werden. Das Neue Testament stellt den Christen nicht in einen „luftleeren Raum“. Es gibt uns Leitplanken für unser Leben. Es zeigt, dass wir nicht leben können, wie wir wollen, sondern dass wir unserem Herrn gehorchen dürfen und sollen – dazu gibt es konkrete Ermahnungen. Aber es gibt uns keine Gesetze!

2. Du führst 1. Korinther 6,12 an – ein wichtiger Vers, wenn es um die christliche Freiheit geht! Christliche Freiheit betrifft irdische (nicht weltliche) Dinge wie Essen, Trinken und andere irdische Bedürfnisse. Vers 13 macht deutlich, dass hier kein Freibrief für unser sündiges Fleisch ausgestellt wird. Unzucht und andere moralische Sünden fallen nicht unter die Kategorie „christliche Freiheit“. Die Frage ist, wozu man diesen Mega-Event „Fußball-WM“ zählen soll. Ist die Fußball-WM als solche nicht pure „Welt“? Nicht Christus wird verehrt, sondern der Mensch. Nicht Gott steht im Mittelpunkt, sondern der Fußball selbst ist Götze geworden. Man gibt sich nicht mehr dem Herrn Jesus hin, sondern der eigenen Ehre. Geld, im neuen Testament auch der ungerechte Mammon genannt (Lk 16,9), steht im Zentrum. Ist es wirklich etwas, womit wir uns - auf Basis von christlicher Freiheit - eins machen können? Vielleicht bin ich hier ein "gebranntes Kind". Ich selbst habe als Jugendlicher Hochleistungssport betrieben. Und gerade der Punkt, dass dieser den Menschen verehrt, aber nicht Gott, dass dieser in die Welt und nicht zur Gottseligkeit führt, hat mich vom Sport weggebracht. Aber auch hier argumentiert der angesprochene Artikel vorsichtig. „Eine vernünftige Bewegung ist also nützlich, und auch ein zünftiges Fußballspiel unter jungen Christen kann dazu beitragen (S.5). Ich habe beispielsweise viel Freude am Spiel mit meinen Kindern. „Aber im Vergleich zur Gottseligkeit ist die Bewegung zu wenigem nützlich.“

3. Essen und Trinken sind Tätigkeiten, die unsere menschlichen Bedürfnisse erfüllen. Paulus sagt uns ausdrücklich: Es gibt Menschen, die „gebieten, sich von Speisen zu enthalten, die Gott geschaffen hat zur Annahme mit Danksagung für die, die glauben und die Wahrheit erkennen“ (1. Tim 4,3). Wir dürfen unsere Mahlzeiten aus der Hand Gottes mit Danksagung annehmen. Ist das wahr für ein Bundesliga- oder WM-Spiel? Wer in ein Fußball-Stadion für ein Bundesliga- oder WM-Spiel geht, ist innerlich ergriffen von der Gier des Sports, ... und kann sich diesem Sog nicht entziehen! Auch nicht vor einer mehr oder weniger großen Leinwand. 4. Es gibt einen Unterschied zwischen unserem Beruf und der Teilnahme am Weltmeisterschaftsspektakel. Paulus fordert die Thessalonicher mehrfach auf, ihrem Beruf nachzugehen und sich ihren Unterhalt zu verdienen (z.B. Thes 3,10.12). Wir sind verpflichtet zu arbeiten, sollen uns aber durchaus Gedanken machen, was wir arbeiten und wo wir arbeiten. Sich einer Fußball-WM zu widmen dagegen ist (in der Regel) keine Pflicht. Sich jedoch freiwillig an einen Ort zu begeben, wo diejenige Welt zu Hause ist, die oftmals über Stunden durch Alkohol und Gegröle, Geschrei auffällt; Das passt nicht zu einem Christen, der auf die Seite dessen stellt, der von dieser Welt verworfen ist. Wir sollen nicht aus dieser Welt herausgehen. Der Artikel versucht auch, Aufgaben zu beschreiben, denen wir uns stellen sollen. Genau, wie Du schreibst: Wir sollen das Evangelium predigen. Aber wir sollen nicht gemeinsame Sache mit dieser Welt machen, denn wir sind nicht von ihr; und letztlich will die Welt uns auch nicht. „Denn welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit mit Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis?“ (2. Kor 6,14.15).

5. Du schreibst, dass Du selbst Flyer von "Kickoff 2006" verteilst. In diesem Zusammenhang kannst du nicht nachvollziehen, dass wir über andere Christen negativ reden. Ich bin dir dankbar, dass dass du es mir ermöglichst, diesen Punkt noch einmal klarzustellen: Wir kritisieren nicht andere Christen. Wir wünschen ihnen den Segen und die Führung des Herrn für ihr Leben und ihren Dienst. Aber das nimmt die Verantwortung von mir weg, bestimmte Aktivitäten zu hinterfragen (übrigens: genau das tust auch du!). Du hast recht, wenn du sagst, dass es eine einende Grundlage für alle Gläubigen gibt: das Werk des Herrn Jesus am Kreuz von Golgatha. Aber in Epheser 4,11-16 macht ebenso deutlich, dass der Dienst eines Christen nicht isoliert ist von der Versammlung (Gemeinde, Kirche) Gottes, denn in diese wird der bekehrte Mensch hineingebracht. Jeder Dienst - auch des Evangelisten - muss das Ziel haben: die Auferbauung des Leibes des Christus. Wie kann ich dann wichtige biblische Hinweise über den gemeinsamen Weg der Christen ignorieren und mit Christen zusammen das Evangelium verkündigen, die einen Neubekehrten in eine Glaubensgemeinschaft führen, in der diese Hinweise nicht praktiziert werden? Die Verkündigung der guten Botschaft ist enorm wichtig. Die ökumenische Bewegung aber versucht, über die verschiedenen Kirchen und Gemeinden und Gruppen hinweg für Christus tätig zu sein. Das Neue Testament dagegen kennt nur eine Versammlung (Gemeinde, Kirche) – allein die Existenz unterschiedlicher Versammlungen, Gemeinden, Kirchen ist ein Widerspruch dazu. Wenn ich auf einer solchen Basis das Evangelium verkündigen wollte, müsste ich die neutestamentliche Wahrheit umschreiben.

6. Wie Du sehe ich diese Fußball-WM als eine große Chance an, Menschen mit dem Evangelium vertraut zu machen.

Aber der Zweck heiligt nicht die Mittel, der Weg zum Ziel ist durch Gottes Wort eingerahmt. Lass mich ein krasses Beispiel aus dem Alten Testament anführen: Wer war zum Nutzen der anderen? Lot, der versuchte, mit der Welt zusammenzuarbeiten, oder Abraham, der getrennt von der Welt mit seinem Zelt und seinem Altar lebte? Der eine verlor alles, was er hatte: Eigentum, Frau, Familie, Beruf, und zuletzt seine Ehre. Der andere befreite Lot und seine weltlichen Genossen Sodoms aus der Gefangenschaft und baute auf eine himmlische, zukünftige Stadt. Er hält den Segen Gottes bis heute in seinen Händen – samt seiner Frau, seiner Familie usw. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich vergleich nicht jemanden, der bei „Kick-off“ mitarbeitet, mit Lot! Lot ist ein Extrembeispiel eines Gläubigen, der sich auf diese Welt eingelassen hat. Im Gegensatz zu denen, die sich z.B. bei „Kick-off“ engagieren, hat sich Lot nicht öffentlich auf die Seite seines Gottes gestellt und den Menschen das Evangelium verkündigt. Es geht mir bei desem Punkt um das Prinzip:"nur" in der Welt, oder auch mit der Welt?

7. Du verweist auf die vielen Fußballspieler, die Christen sind. Und auch ich freue mich über jeden Fußballprofi, der in seinem Leben ernst grmacht hat und Jesus Christus als Retter angenommen hat. Aber ist es wirklich die beste Werbung für junge Menschen, wenn sich erfolgreiche Fußballspieler zum Herrn Jesus bekennen? Kann das nicht zur Illusion führen: Glaube an den Herrn Jesus und du wirst erfolgreich sein? Nicht, dass du micgh falsch verstehst: Ich erkenne dieses Zeugnis ablegen an - ich freue mich darüber, dass es Fußballer gibt,  die auch zu ihrem Glauben stehen. Aber ist es die bestmögliche "Werbung" für Christus? Auch evangelistische Veranstaltungen, die zuerst das Spiel zeigen, und dann auch noch das Evangelium verkündigen, haben dieses Problem. Es ist einfach eine Vermischung von "Welt" und "Evangelium". Genau das finde ich nicht im neuen Testament.Der vielleicht hervorragendste Christ der Gnadenzeit wurde nicht verehrt, sondern ins Gefängnis geworfen, starb als Märtyrer in Rom. "Wir aber predigen Christus als gekreuzigt, den Juden ein Anstoß und den Nationen eine Torheit"(1. Kor 1,23). Unsere Predigt ist keine Predigt des Erfolgs - sie ist eine Predigt, die nicht zur Ehre dieser Welt führt - wie es manche Fußballspieler suggerieren - sondern die den Hass der Welt hervorruft: "Wenn die Welt euch hasst, so wisst, dsass sie mich vor euch gehasst hat. Wenn ihr von der Welt wäret würde die Welt das Ihre lieb haben" (Joh 15,18.19)

Auch der Hass und die Ablehnung der heutigen Gesellschaft soll uns nicht davon abhalten, den Menschen das Evangelium zu predigen. Genau das möchtest du, und dazu rief der von dir angesproche Artikel auf. Wenn dieses Ergebnis erreicht werden könnte, dass junge und ältere Christen treu die gute Botschaft weitersagen, dann hätte der Artikel ein wichtiges Ziel erreicht.

Herzliche Grüße in unserem Herrn Jesus Christus

Dein Manuel