Die Versammlung Gottes - junge Christen in der Versammlung - Spannungen und Chancen

Die Versammlung Gottes –

Junge Christen in der Versammlung – Spannungen und Chancen

Versammlung Gottes – Teil 7

Marie-Luise (17) hat sich vor drei Jahren durch eine gläubige Mitschülerin bekehrt. Sie sprüht vor Eifer für die frohe Botschaft und den Herrn und sucht auch so oft wie möglich Kontakte zu ihren Mitchristen. Nicht nur die Jugendstunde, in der sie manche brennende Frage klären kann, auch die Versammlungsstunden versäumt sie nicht. An die ungewohnte Ruhe und die vielen ernsten Gesichter muss sie sich allerdings erst einmal gewöhnen ...

Gerhard (27) ist schon von Kindesbeinen an mit dabei. Durch seinen Sonntagsschullehrer hat er den Herrn gefunden. In den vielen Jahren hat er die Zusammenkünfte lieben und schätzen gelernt. Und er kennt jetzt auch die Schattenseiten seiner Mitgeschwister, weiß um die Mängel am Ort gut Bescheid. Wie er sich selbst hier verhalten oder einsetzen soll, ist ihm dabei allerdings noch nicht so klar ...

Vielleicht findest du dich in einer der beiden Personen ein wenig wieder. Oder auch nicht. Weil junge Christen eben ganz verschieden und vielfältig sind (zum Glück!). Und auch ganz unterschiedliche Probleme mit dem Thema Versammlung (Gemeinde, Kirche) haben. Einige davon sollen hier zur Sprache kommen.

Die Beziehungsprobleme – wie klappt das mit der Liebe untereinander?

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Leider gibt es nicht nur unter Ungläubigen, sondern auch unter Christen reihenweise Konflikte, und die sind nicht von schlechten Eltern: Familien gehen einander aus dem Weg, Brüder geraten in Streit miteinander, und auch Jugendliche haben manches Sträußchen miteinander auszufechten. Was kann ein junger Christ daran ändern, wie soll man sich selbst verhalten? Weggehen und sich bessere Mitchristen suchen? Vielleicht können folgende Gedanken Anstoß und Orientierung geben:

  • Jeder Mitbruder, jede Mitschwester ist eine Person, „um dessentwillen Christus gestorben ist” (1. Kor 8,11). Kann ich dann irgendeinen Christen abkanzeln, ignorieren, beleidigen?!
  • Der Herr hat uns eine „Milliardenschuld” erlassen; demgegenüber sind die kleinen Päckchen der Schuld zwischen Christen äußerst gering (Mt 18,21-35). Kann ich mich weiterhin weigern, dem anderen von Herzen zu vergeben, wenn mal etwas vorgefallen ist?
  • Der Herr hat unendlich viel Geduld mit uns auf unserem oft so schlingernden Weg. Darf ich diese Langmut dann nicht auch praktizieren, indem ich Verhaltensweisen meiner Mitgeschwister in Liebe ertrage (Eph 4,2)?
  • Das alles gelingt nur, wenn wir das neue Leben in uns durch den Heiligen Geist wirksam werden lassen. Und dieses neue Leben liebt den Mitjünger, wie der Herr uns geliebt hat (Joh 13,34). Herr, gib uns allezeit diese Liebe!

Der Versammlungsschlaf – begründet, vermeidbar?

Hast du schon einmal einen „Versammlungsschlaf“ erlebt? Es könnte übrigens auch ein eifriges Betrachen der Anwesenden oder ein schlichtes Auf-Durchzug-Stellen sein. Man ist nicht mehr dabei – geistig. Warum?

  • „Die Predigt ist zu langweilig”: Bete ich vor und während der Stunde für die Brüder um Kraft und um das richtige Wort? Gehen wir in die Zusammenkunft mit der ganz konkreten Bitte und Erwartung, dass der Herr uns eine Hilfe für unseren Weg gibt? Wer hat nicht bestimmte Fragen für sein Leben, für deren Beantwortung man den Herrn direkt bitten kann? Das gibt doch oft schon eine ganz andere Einstellung, oder? Vielleicht ist das verkündigte Wort für andere Geschwister gerade die treffende Botschaft! Und wenn es mal wirklich zu hoch oder irgendwie unverständlich ist: Das Mit- und Nachlesen der Textstellen bringt immer Gewinn. Übrigens: Ein Collegeblock zum Mitschreiben vertreibt oft die Ablenkung, und später ist man froh, dass man mal was nachlesen kann. Oder den Bruder im Anschluss an die Stunde nach Punkten fragen kann, die einem unklar oder zu schwer waren. Genies, die alles aus dem Stegreif wiedergeben können, gibt’s selten. Und wer meint, es (später) besser machen zu wollen, sollte auch die entsprechende Einstellung mitbringen: „Verständiger bin ich als alle meine Lehrer, denn deine Zeugnisse sind mein Sinnen“ (Ps 119,99). Aber: Hochmut kommt vor dem Fall!
  • „Die Gebete sind extrem lang und so wenig konkret”: Ja, kommt leider vor. Aber kann ich nicht selbst mal überlegen, welche Gebetsanliegen es gibt und dann den Herrn um seine Hilfe bitten? Vielleicht wird der eine oder andere dann doch konkret – und kürzer – bitten. Für junge Männer: Was hindert mich eigentlich, endlich mal für Missionar X oder den Büchertisch am Samstag in der Fußgängerzone zu beten? Auch wenn ich beim ersten Mal ins Schwitzen komme und rot werde: Es sieht ja keiner. Und für die Geschwister ist es eine große Freude.
  • „Die Lieder und Gebete gehen an mir vorbei”: Sollte ich mir vielleicht mal ein Lied genauer durchlesen? Und den Herrn, meinen Erlöser, so etwas näher kennen lernen? Ich könnte auch samstagabends einen Text über die Leiden des Herrn lesen – und dann auch nicht erst um ... Uhr ins Bett gehen. Und in der Stunde des Brotbrechens darf ich darauf gespannt sein, Seine Gegenwart zu erleben. Für Mädchen und junge Frauen: Schon manche Schwester hat erlebt, dass genau der Gedanke von einem Bruder vorgetragen wurde, mit dem sie sich gerade selbst beschäftigte. Für junge Männer: Wer das am Ort benutzte Liederbuch gut kennt, kann dann auch zu gegebener Zeit ein Lied vorschlagen. Freimütig. Von Herzen. Und auf ein kurzes Dankgebet wird die Versammlung freudig in das „Amen“ einstimmen.
  • Richtet Euer Herz auf eure Wege” (Hag 1,7): Bin ich vielleicht viel zu sehr mit anderen Dingen (Flirten, Verlobter, Auto, Sport, Karriere, Kinder, Kleider, ...) beschäftigt, so dass mir das Anziehende dieser Versammlungsstunden ganz abgeht? Wird nicht in den Stunden immer etwas über den Herrn Jesus, dem ich meine Rettung verdanke, vor die Herzen gestellt? Innere Umkehr ist immer möglich – und damit auch wirkliche Freude in Gottes Haus!
  • Dem Fenstersturz vorbeugen! Eutychus war während der Zusammenkunft eingeschlafen und dadurch zu einem echten Abstürzler geworden (Apg 20,7-12). Hatten seine Freunde rechts und links von ihm nichts von seinem Wegtreten bemerkt? Lasst uns die Augen aufmachen für die Freunde um uns her, um ihnen in schwieriger Situation Hilfestellung zu geben und sie neu zu motivieren, gerne die Zusammenkünfte der Christen zu besuchen!

Die Jugendstunde – „da leb ich auf“

Junge Menschen sind natürlich gerne zusammen: gesellig, sportlich oder einfach unterhaltsam. Und da ist der Austausch über Gottes Wort und das praktische Glaubensleben die beste Unterhaltung. Gewürzt mit frohem Singen – auch der Brummer. Grund genug, gerne und regelmäßig solche Zusammenkünfte zu besuchen. Lieber als die anderen Stunden? Sind Jugendstunden auch so etwas wie Versammlungsstunden, eine Art Jugendgottesdienst?

  • Jugendstunden sind ausschließend: Sie schließen einen bestimmten Personenkreis ein, aber zugleich andere aus (Kinder, Senioren und das Mittelalter). Damit ist sofort klar, dass solche Stunden keine Zusammenkünfte zum Namen des Herrn, keine Zusammenkünfte „als Versammlung“ sind, denn dort sind immer alle Altersstufen unter den Kindern Gottes zugehörig und willkommen. Aber diese Exklusivität sollte man auch berücksichtigen: Die Wünsche und Sorgen der Teilnehmer(innen) dürfen artikuliert und altersgerecht besprochen werden. Es besteht auch kein biblischer Grund, Jugendstunden im Stil von Versammlungsstunden ablaufen zu lassen (es ist aber auch nicht verboten). Es kann im Gegenteil geradezu wünschenswert sein, wenn ein jüngerer Bruder oder ein für Jugendarbeit begabter älterer Bruder ein wenig die Leitung der Stunden in die Hand nimmt – zum Nutzen aller (2. Tim 2,2).
  • Jugendstunden etc. sind zusätzlich: Es sind zusätzliche Gelegenheiten, gemeinsam Gottes Wort zu lesen (wie zum Beispiel auch in der Familie). Sie können die Zusammenkünfte der örtlichen Versammlungen nie ersetzen. Wie ein Kaffeetrinken älterer Geschwister oder wie Kinderstunden stärken sie das Miteinander einer bestimmten Altersgruppe und gehen auf spezielle Bedürfnisse ein. Und zusätzlich bedeutet im idealen Fall auch, dass durch diese Stunden das Interesse an den „Haupt“-Stunden, an der Versammlung als ganzer, wächst und gestärkt wird. Eine konstruktive Jugendarbeit wirkt zum Nutzen der Versammlung, nie neben ihr oder gar gegen sie.
  • Jugendstunden sind freigestellt: Geschwister an einem Ort können es für nützlich ansehen, eine Jugendstunde zu beginnen. Es besteht aber weder ein Zwang dazu, noch ein Recht auf eine solche Institution. Vielleicht haben einige Brüder auch negative Erfahrungen mit der Jugendarbeit gemacht und lehnen eine solche Stunde daher ab. Hier sollte man nie etwas durchzudrücken suchen, sondern dem Frieden nachstreben und dem, was zur gegenseitigen Erbauung ist. Jedoch: Wenn Jüngere „ein Vorbild der Gläubigen in Wort, in Wandel, in Liebe“ sind (1. Tim 4,12), wird sicher (neues) Vertrauen zu einer Arbeit unter den jungen Leuten wachsen können. Für die älteren (Brüder) unter den Lesern (danke, dass auch ihr „Folge mir nach“ lest!): Wenn sich das „Herz der Väter zu den Kindern“ wendet (Mal 3,24), durch Zu-Hören und Mit-Fühlen der Nöte und Sorgen der jungen Gläubigen, wird der Herr euch zeigen, in welcher Weise hier vielleicht ein Dienst an jungen Menschen ausgeübt werden kann.

Der Tatendrang – drosseln oder durchstarten?

Die Liebe des Christus drängte Paulus zu hingebungsvollem Dienst (2. Kor 5,14) unter Christen und Nichtchristen. Und wer will da Jüngeren wehren, wo wir doch alle Paulus nachahmen sollen (1. Kor 11,1)?! Aber wie war das noch mit Petrus und seinem Tatendrang? Wie kriegt man das denn richtig hin, und was kann man als junger Christ zum Beispiel vor Ort tun (oder besser lassen)?

  • Durchstarten im Alltag: Timotheus hatte sich durch Paulus bekehrt und danach sein Leben als Christ geführt. Das fiel auf – auch den Geschwistern in der Gegend. So konnten sie ihn später Paulus als Begleiter empfehlen (Apg 16,2). Je überzeugender ich mein Alltagsleben (Schule, Ausbildung, Beruf) führe, desto eher kann ich auch im Dienst für das Reich Gottes nützlich sein.
  • Aufgaben vor der Tür sehen: Die Slums von Kenchreä, der Hafenstadt von Korinth, waren der Lebenskreis von Phöbe. Grund zum Weglaufen? Nein, zum Anpacken! So wurde sie eine wertvolle Dienerin der Versammlung und vielen ein Beistand. Die Mutter von fünf Kindern, die alte Schwester im Altersheim, die junge Familie mit dem Neubau, der Ein-Mann-Büchertisch in der Stadt, der einsame Opa nebenan – „Mach’ die Augen auf, du darfst Helfer sein“!
  • Fundament bilden: Regelmäßiges Bibellesen und Beten, persönlich und auch in den Zusammenkünften, auch auf Bibelkonferenzen, vermitteln eine gute Grundlage für spätere Aktivitäten. „Große Worte, nichts dahinter“ oder auch „Erst lenken, dann denken“ – das kann auch unter Christen Realität werden. Für eine Beteiligung in den Zusammenkünften oder an evangelistischen Einsätzen ist ein Wachsen im Glauben und in der Erkenntnis des Herrn Jesus Christus (2. Pet 3,18) äußerst wertvoll. Gerüstet für den Kampf – vielleicht auch für die Erziehung und Begleitung eigener Kinder – kann der Herr den Sieg schenken (Spr 21,31). Übrigens: So viel Zeit wie mit 15, 17 oder 21 hat man nie wieder, und ab 25 geht die Leistungskurve bekanntlich bereits wieder abwärts ...
  • Warten können: Ein scharfer Blick, blitzgescheite Diagnose, und die Therapie ist auch sofort zur Hand dort bei der Gefangennahme des Herrn – aber so weise war das mit dem Abhauen des Ohrs von Malchus wohl doch nicht, Petrus?! Der Herr musste da deutlich werden (und zum Glück hat Er auch die Situation wunderbar gerettet). Seinen treuen jungen Mitarbeiter Timotheus warnt Paulus vor „jugendlichen Begierden“ (2. Tim 2,22). Junge Leute durchschauen vieles ganz schnell (auch das Mehr-Scheinen- Als-Sein mancher Mitchristen)! Aber manche Verhältnisse lassen sich nicht von jetzt auf gleich ändern, vielleicht auch gar nicht: die schwierigen Verhältnisse in Timotheus’ Umgebung, nur ein predigender Bruder am Ort, kaum junge Leute, verkorkste Verhältnisse unter den Geschwistern, Ringen um Lehrfragen, ein Generationenkonflikt usw. Da gilt es ganz oft, die eigene – womöglich nur scheinbare – Patentlösung erst einmal hintan zu stellen und auf Gottes Wegweisung zu warten – so wie auch Timotheus nicht zum Aufräumen aufgefordert wurde. Nicht selten müssen wir auch erkennen, das unsere sogenannten Patentrezepte auch nicht so ganz zum Ziel führten. Das bedeutet nicht, dass der Tatendrang jetzt zu drosseln wäre. Aber was würde geschehen, wenn sich alle (jungen) Christen zu intensivem Gebet in spezieller Not drängen ließen? Die Energie von jungen Menschen ist äußerst wertvoll und kann zum Segen der örtlichen Versammlung sein. Lasst uns dafür beten!

Der Herr Jesus – Zentrum und das Thema in der Versammlung

„Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein“ (Mt 17,8). Perfektion oder Fehlerlosigkeit unter Christen wird es auf der Erde nie geben, auch wenn wir alle den Wunsch haben, zu Ihm, dem Haupt des Leibes, heranzuwachsen. Und so werden die Älteren bei den Jüngeren immer Mängel erkennen können und umgekehrt. Grund zur Resignation? Nein, Gott sei Dank, nein! In den Versammlungsstunden und im Versammlungsleben darf und soll eine Person im Zentrum stehen, die uns so mit Freude und Lob erfüllt, dass wir die Kraft empfangen, mitten in vielleicht schwierigen Umständen mit Freuden auszuharren. Es ist der Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes, der die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat (Eph 5,25).

Marie-Luise erkennt nach und nach, dass die Ruhe in den Zusammenkünften nichts mit mangelnder Begeisterung, aber alles mit der intensiven inneren Beschäftigung mit dem Herrn zu tun hat, der auch in diesen Stunden alles nach seinem Willen lenken will. Und Gerhard kann Kraft bekommen, um gerade in der nicht leichten örtlichen Situation seinen Dienst im Herrn zu erfüllen – denn um diesen Herrn geht es und nicht in erster Linie um die Geschwister. Die Zusammenkünfte dürfen dann auch Jüngere mit Spannung erwarten, weil ER dort sein will! Und auch das praktische Miteinander bekommt mit dem Herrn Jesus als Mittelpunkt eine ganz andere Blickrichtung. Übrigens: Begeisterung wirkt ansteckend. Deine Freude an dem Herrn ist ein ausgezeichnetes Rezept für ein segensreiches Versammlungsleben. Wollen wir uns wieder neu gegenseitig anstecken lassen?