Schweig, verstumme!

Schweig, verstumme!

Schon den ganzen Tag weht ein starker Wind. Der Wetterdienst meldet Windstärke 10. Und ausgerechnet heute muss ich mit der Fähre auf eine der Nordseeinseln reisen. Gestern hat es bereits einen Orkan mit Windgeschwindigkeiten bis zu 180 Stundenkilometern gegeben. Der Fährverkehr wurde aus Sicherheitsgründen eingestellt.

Gefahr im Anzug

Als ich am Fähranleger aus dem Zug steige und hinüber zum Schiff gehen möchte, werde ich von starken Windböen vorwärts getrieben. Die Fähre schaukelt unruhig auf den Wellen auf und ab. In einer Ecke finde ich einen leeren Tisch. Nachdenklich setze ich mich und bete zum wiederholten Mal für heute um eine sichere Überfahrt.

Gerade als ich fertig bin, setzt sich mir gegenüber ein junger Mann auf die Bank. Nervös erzählt er mir von seiner Furcht vor der Schifffahrt. Ich kann ihn gut verstehen, denn Schiffe sind auch für mich kein angenehmer Aufenthaltsort. „Herr, da muss ich jetzt für zwei besorgte Menschen beten“, denke ich, während er mir berichtet, dass er zu seiner Frau und den Kindern unterwegs ist, die auf der Insel eine Kur machen.

Angst und Vertrauen

„Herr Jesus, als die Jünger damals auf dem See Genezareth in Seenot waren, sind sie mit ihrer Not zu Dir gekommen. Sie fürchteten angesichts der hohen Wellen, das Schiff könne untergehen und sie müssten sterben“, bete ich still. „Damals hast Du nur zwei Worte gesprochen: ‚Schweig, verstumme!’ Sofort legten sich der Wind und die Wellen. So wie Dir damals der See Genezareth gehorchen musste, muss Dir auch heute noch die Nordsee gehorchen. Herr, wenn es Dein Wille ist, kannst Du uns eine ruhige Überfahrt schenken. Amen!“

Kaum ist mein stummes Gebet beendet, geht ein leichtes Rucken durch das Schiff. Wir legen ab, die Überfahrt beginnt. „Haben sie keine Angst?“, fragt der junge Mann gegenüber. „Doch“, gebe ich ehrlich zu, „aber ich habe gebetet.“ Mein Gegenüber nickt und schweigt. Gedankenverloren schaut er hinaus auf die See. Die Dunkelheit hat inzwischen alles verschluckt. Nur die Blinklichter der Bojen, die die Fahrrinne markieren, sind zu sehen.

Unerwartete Antwort

Wenn auch nichts zu sehen ist, ist etwas zu spüren: Das Schiff schaukelt nicht mehr auf den Wellen wie noch am Anleger. Wir haben eine absolut ruhige Überfahrt. Nur das Anlegemanöver gelingt erst im dritten Versuch. Beim Aussteigen im Inselhafen weht mir sofort wieder eine steife Brise um die Nase. „Ganz schön stürmisch“, sage ich dem Taxifahrer, der mich in meine Unterkunft bringen soll.

„Ja!“, antwortet der freundliche Mann. „Aber es ist schon interessant, denn die letzte dreiviertel Stunde war es das erste Mal seit einigen Tagen wieder windstill.“ Eine dreiviertel Stunde Windstille! Das ist genau die Dauer der Fahrt mit dem Schiff vom Festland auf die Insel. Staunend danke ich meinem allmächtigen Herrn, der der Nordsee, dem Wind und den Wellen befahl, zu schweigen und zu verstummen.

Der HERR ist fern von den Gottlosen, aber das Gebet der Gerechten hört er. (Sprüche 15,29)

Seid um nichts besorgt, sondern in allem lasst durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden; (Philipper 4,6)