Die 10 Gebote - für Christen ohne Sinn ?

Die 10 Gebote – für Christen ohne Sinn?

In dem Artikel „Der Christ und das Gesetz“ (S. 23 in diesem Heft) wurde deutlich gemacht, dass und warum das Gesetz weder für unsere Errettung noch als unsere Lebensregel benutzt werden kann. Anhand der angeführten praktischen Beispiele wurde aber auch klar, dass wir als Christen den inneren Sinn der 10 Gebote in den wesentlichen Aspekten erfüllen, wenn wir Christus, unseren neuen Maßstab, durch die Kraft des Geistes zur Wirkung kommen lassen.

Was haben dann die „wörtlichen“ Gebote in 2. Mose 20 bzw. 5. Mose 5 noch für eine Bedeutung? Oder, weiter gefaßt: Welchen Nutzen können wir aus den Gesetzbüchern insgesamt ziehen? Sind sie für uns Christen heute ohne Sinn und nehmen wir sie lediglich als historisches Dokument, gültig für Israel, auf? Wenn „jede Schrift“ zur Lehre nützlich ist (2. Timotheus 3,16), was sagen uns dann diese vielen Vorschriften und Anweisungen?

Die fünf Bücher Mose – „Bilderbücher“ für heute

Gerade den so sehr am Gesetz interessierten Galatern warf Paulus vor, das Gesetz nicht zu kennen – nämlich als ein Buch zur Unterweisung durch Ereignisse und Vorschriften, die eine geistliche Bedeutung haben (Galater 4,21-31). So erkennen wir durch Vergleiche zum Beispiel sehr schnell, dass die Stiftshütte1 einschließlich der dort gebrachten Opfer uns wertvollen Anschauungsunterricht geben, um Christus und sein Opfer und das Wohnen Gottes unter seinem Volk heute besser zu verstehen (s. hierzu besonders Hebräer 9 u. 10). Auch aus den Ereignissen auf der Wüstenreise entnehmen wir Hinweise wie z.B. auf Christus als die geistliche Nahrung für sein Volk (1. Korinther 10,1-4).

Und so sind auch die Anordnungen in Bezug auf das staatliche und private Leben, die Ernte und die Feste im Land geistlich anzuwenden. Wir als Christen bilden ebenfalls ein Volk und haben im Verhalten gegenüber Gott (das ist die erste Tafel des Gesetzes) und unseren Mitgeschwistern (das ist die zweite Tafel) unserem neuen Maßstab, Christus, zu entsprechen. Deshalb wollen wir im Folgenden die Zehn Gebote einmal in einer übertragenen Anwendung als Hilfe benutzen.

Die Zehn Gebote – ein geistlicher Ansporn für Christen

Der Herr Jesus erläutert in der Bergpredigt2 an einigen Beispielen den Sinn der Gebote und zeigt auf, dass schon in der ursprünglichen Bedeutung die innere Einstellung über die (nur) äußere Erfüllung zu setzen war3. Lasst uns auf dieser Linie bleiben und zusätzlich bedenken, dass wir mit Christus durch sein Werk am Kreuz tiefer verbunden sind als die Jünger (als Adressaten der Bergpredigt) und dass der Heilige Geist jetzt in uns wohnt. Dann werden wir beim Überdenken der Gebote erkennen, dass wir, als vom Gesetz befreite Christen, aus diesen Texten doch wertvolle Nutzanwendungen machen können – auch in Bezug auf das gemeinsame Verhalten als Kinder Gottes. Natürlich sollte dabei nicht das Gesetz, sondern der Heilige Geist unser geistliches Leben zur Entfaltung bringen (s.a. 2. Korinther 3). So wird uns dieser Text zu einem „Vorbild des Glaubensgehorsams“4, den der Herr bei uns sehen möchte.

1. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir

Sofort denken wir an die Warnung des Apostels Johannes: „Kinder, hütet euch vor den Götzen!“ (1. Johannes 5,21) und erkennen hieraus, wie aktuell dieses Gebot ist. Nicht die Aufgabe des Glaubens an den einen, wahren Gott, ist unsere Gefahr, sondern das Ausfüllen unserer Herzen und Gedanken mit Dingen, die den Herrn an die Seite setzen. Kennen wir unsere Götzen? Dann laßt uns sie heute entfernen!

2. Du sollst dir kein geschnitztes Bild machen

Wenn wir dem einen, wahren Gott und unserem Herrn dienen wollen, dann lasst es uns mit dem richtigen „Gottesbild“ tun. Besteht nicht die Gefahr, dass wir eigene Vorstellungen über Gott und Gottesdienst entwickeln, die vom Wort Gottes abweichen? Zum Beispiel die Idee von einem „lieben Gott“, ohne seine Heiligkeit zu beachten? Oder einen strengen Gott, zu dem wir kaum zu beten wagen? Laßt uns den Herrn bitten, Ihn im Wort umfassend und „ausgewogen“ zu erkennen – um Ihm dann verständig, mit Einsicht, dienen zu können.

3. Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht zu Eitlem5 aussprechen

Ein echter Christ wird wohl kaum den Namen Gottes so benutzen wie viele unserer Zeitgenossen – obwohl die Gefahr durch ständiges Hören solcher Ausdrücke durchaus vorhanden ist. Aber können wir nicht den Herrn „im Munde führen“ und trotzdem Dinge tun, die von seinem Willen abweichen oder ihm sogar entgegenstehen? Eine Schwester berichtete, ihr sei im Gebet klar geworden, dass sie sich die Haare abschneiden könne. Lies hierzu 1. Korinther 11,6-16! Es braucht die Bereitschaft, sich selbst und seine Meinungen im Licht des Wortes zu prüfen, um solche Verirrungen zu erkennen und zu bekennen. Sind wir dazu bereit?

4. Beobachte den Sabbat

An keiner Stelle im Neuen Testament werden wir zum Halten des Sabbats aufgefordert6. Und doch hat es uns viel zu sagen: Während die anderen Gebote auch nach außen erkennbar zur Ehre Gottes und zum Segen der Menschen dienten, wurde bei diesem Gebot fast ausschließlich der Gehorsam des Volkes erprobt7. Sie sollten ihrem Gott gehorchen, weil Er der Schöpfer und weil Er ihr Erlöser8 war. Sind wir bereit, unserem Gott zu gehorchen? Nicht aus Zwang, sondern in der Nachfolge unseres Herrn, der die Gebote seines Vaters gehalten hat und in seiner Liebe blieb (Johannes 15,10). Wir Christen dürfen aus Liebe gehorsam sein!

5. Ehre deinen Vater und deine Mutter

Gleich zu Beginn der „zweiten Tafel“ des Gesetzes, die das Miteinander im Volk Gottes betrifft, wird der Bereich des Generationenkonflikts angesprochen. Neben der wörtlichen Wiederholung in Epheser 6,2 ist hier auch an unsere geistlichen Eltern zu denken. Ehren wir sie, indem wir das praktizieren, was sie uns vorleb(t)en? Oder treten wir das geistliche, biblisch gegründete Gut in den Schmutz und übergehen es? Sind wir bereit, bei einem Generationenkonflikt innerhalb der örtlichen Geschwisterschar „den Älteren unterwürfig“ (1. Petrus 5,5) zu sein?

6. Du sollst nicht töten

Haben wir noch nie jemanden getötet? Überflüssige Frage? Paulus schreibt: „Und durch deine Erkenntnis kommt der Schwache um, der Bruder, um dessentwillen Christus gestorben ist.“ (1. Korinther 8,11) Und der Herr zeigt in Matthäus 5,21-26, wie gerade der Haß im Herzen das eigentliche Motiv für einen Mord ist9. Lieben wir alle Mitgeschwister aus ungeheuchelter Bruderliebe? Und überprüfen wir auch, ob unser Verhalten vielleicht andere Christen geistlich zu Grunde richten könnte?

7. Du sollst nicht ehebrechen

Die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk wird im Alten Testament mit einer Ehe verglichen10. Israel hat sie – mehrfach – gebrochen. Und die schlimmste Form der Kirche wird auch mit einer „großen Hure“ (Offenbarung 17,1) verglichen. Wie steht es um unsere „erste Liebe“11 zum Herrn Jesus? Läßt sie allmählich nach, oder ist sie schon erkaltet? Dann laßt uns zu Ihm zurückkehren, Ihn im Wort neu entdecken und (wieder) lieben lernen!

8. Du sollst nicht stehlen

Auch aus dem Neuen Testament lernen wir, dass wir nicht mehr stehlen sollen!, aber zugleich mehr tun dürfen, nämlich erkennen, wo und wie wir den notleidenden Geschwistern helfen können (Epheser 4, 28). Und wie sieht es mit Diebstahl unter Christen aus? Wie schnell sind wir in Gefahr, anderen ihre Ehre, ihr Ansehen zu rauben, oder auch ihre geistlichen Güter als unsere eigenen anzupreisen!

9. Du sollst kein falsches Zeugnis ablegen

Diese Aussage hängt eng mit der vorherigen zusammen. Berichten wir korrekt, ausgewogen und in der richtigen Tonart über unseren Mitbruder? Oder „färben“ wir den Bericht entsprechend unserer persönlichen Sichtweise und setzen den Bruder so in ein falsches Licht? Wie viel Unheil haben wir dadurch vielleicht schon angerichtet? Petrus fordert uns in seinem ersten Brief auf, „übles Nachreden“ abzulegen (Kap. 2,1). Laßt uns damit heute (neu) beginnen!

10. Du sollst nicht begehren.

Den Segen des anderen auch besitzen zu wollen, kann man sicher positiv als Ansporn zum eigenen Sammeln von Schätzen im Himmel werten. Aber wenn wir neidisch werden auf den Besitz und das Tätigkeitsfeld des anderen, wird uns selbst die Freude geraubt – und dem Mitbruder werden wir auch kaum noch so freundlich begegnen wie vorher. Laßt uns lernen, dankbar zu sein für das, was der Herr in unserem Bruder oder in unserer Schwester wirken konnte. Dann werden wir gleichzeitig erkennen, welche Aufgaben und Segensbereiche uns der Herr schenkt (Römer 12,3.4).

Wenn wir die 10 Gebote (und auch andere Stellen des Gesetzes) aus dieser Perspektive als „geistlichen Ansporn“ betrachten, wird es zum Nutzen für ein gutes Miteinander als Geschwister und zur Ehre unseres großen Gottes dienen. So wird Christus in uns Gestalt gewinnen (Galater 4,19). Ein herrliches Ziel für uns alle!

 

1 Der Wohnort Gottes auf der Wüstenreise des Volkes Israel nach Kanaan und bis zum Tempelbau durch Salomo

2 Matthäus 5-7

3 Vgl. besonders die Verschärfung des 6. Gebots in Matthäus 5,21-29(s.u.)

4 F.W. Grant, The Numerical Bible, S. 204

5 oder „zur Lüge“

6 Es ist wichtig, den Tag des Herrn (den ersten Wochentag) würdig zu begehen, ohne ihn zu einem „christlichen Sabbat“ zu machen. Dazu
gibt es kein Patentrezept, hier ist persönliche Glaubensenergie für den eigenen Verantwortungsbereich (z.B. die eigene Familie) gefragt.

7 Alle anderen Gebote hatten einen erkenntlichen Sinn (z.B. Gott richtig dienen, den Nächsten nicht berauben), aber beim Sabbat-Gebot
steht allein der Gehorsam im Vordergrund

8 In 2. Mose 20,11 wird die Schöpfer-Ruhe aus 1. Mose 2,2 als Begründung gegeben, in 5. Mose 5,15 ist es die Befreiung aus Ägypten.

9 S.a. 1. Johannes 3,15

10 Vgl. hierzu auch Matthäus 12,39

11 Offenbarung 2,4