Die Sache mit dem Teddybär

Ein Hochzeitstag geht zu Ende. Natürlich war es ein aufregender Tag — und ich wunderte mich nicht wenig, als plötzlich meine frischvermählte Frau zu mir sagte, ich müsse mich jetzt beeilen, da ich sonst meinen Zug verpasse. Ich glaubte zuerst, mich wohl verhört zu haben. Ich hatte doch extra eine kleine Wohnung ausgebaut — alles war eingerichtet, und nachdem wir einige Stunden verheiratet waren, bat mich meine Frau, allein dorthin zu fahren. Natürlich, sie liebe mich über alles, aber sie könne es einfach nicht übers Herz bringen, ihre Eltern zu verlassen; sie hätten doch soviel für sie getan. Sehr gern schriebe sie mir jeden Tag einen Brief mit einem Rezept - danach könne ich kochen -, und natürlich würde sie auch jeden Tag anrufen. Nun, ich fuhr ab und fand das sehr seltsam.
Am Wochenende danach besuchte ich meine Frau dann das erste Mal. Sie sagte, dass sie sich riesig freue, mich endlich wiederzusehen — sie hätte schon solche Sehnsucht gehabt. Nun hoffte ich, dass sich ihre Anfangsschwierigkeiten gelegt hätten.
Am Abend gab sie mir dann einen Schlüssel, und meinte: "Der ist von der Pension, wo Du heute Nacht schlafen wirst." Mein total verwundertes Gesicht sehend, fügte sie hinzu: "Ich habe da noch meinen großen Teddybär, der bisher immer in meinem Bett gelegen hat. Es würde mir sehr schwer fallen, mich von ihm zu trennen. Du hast doch sicher Verständnis dafür. Die Pension hat auch ein gehobenes Niveau..."
Hier möchte ich diese Horror-Vision abbrechen, denn auch der letzte Leser hat sicher gemerkt, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Irgend etwas ist hier unnormal. So verhalten sich nicht zwei junge Menschen, die sich lieben.
Aber - gilt nicht dasselbe für unser Verhältnis zu unserem Herrn Jesus im Himmel — unserem Bräutigam? Merken wir eigentlich noch, wie unnormal diese Liebesbeziehung geworden ist?
Ja, die Christenheit bewegt sich auf einem Tiefpunkt. Der eine empfindet das mehr, der andere weniger. Man leugnet (wieder einmal) die Auferstehung des Herrn Jesus, man lehnt die Autorität der ganzen Schrift ab, man streitet sich unter Gläubigen, man ist misstrauisch und hat untereinander keine inbrünstige Liebe mehr... die Liste ließe sich problemlos fortsetzen.
Worin liegen die Ursachen?
Nein, diese Zeilen wollen keine große Analyse sein. Ich will Dich nur mal fragen, ob Du Deinen Herrn noch lieb hast. Wie drückt sich Deine Liebe zu IHM aus? Singst und redest Du auch sehr viel von Deiner Liebe? Die Gebete können gar nicht lang genug sein. Aber wenn es darauf ankommt - darf ich das mal so sagen -, dann drückst Du Deinem himmlischen Herrn den Pensionsschlüssel in die Hand und sagst: Ich hab noch so einen Teddybär — Das ist doch unnormal. Mir geht es überhaupt nicht darum, dass du irgend etwas nicht tun darfst oder jemand etwas von dir verlangt. Sondern ich will Dich nur fragen, ob Du wirklich begriffen hast, dass da jemand ist, der Dich wirklich liebt. Ja, der sogar für Dich gestorben ist. Und dann ist es doch einfach unhöflich, wenn Du diesen Herrn mit irgendwelchen Reden abspeist, aber Ihm durch Dein Verhalten überhaupt nicht zeigst, dass Du ihn tatsächlich liebst. Die Kochrezepte im obigen Beispiel waren sicher gut gemeint, aber es wäre doch viel schöner gewesen, wenn die Frau für den Mann wirklich gekocht hätte...
Und jetzt wartet dieser wunderbare Herr auf ein kleines bisschen Gegenliebe, Er dürstet förmlich danach. Und sobald Du anfängst, Ihm zu zeigen, dass Du Ihn auch liebhast, dann wirst Du ein tiefes inneres Glück erleben. Der Herr Jesus verheißt denen, die Sein Joch aufnehmen und von Ihm lernen wollen, dass sie Ruhe finden werden für ihre Seelen. Keine Zweifel, keine Ängste, sondern der Genuss der Zuneigung des Herrn. Welchen tiefen Frieden mag Johannes, der so oft als der Jünger bezeichnet wird, "den Jesus liebte", an der Brust Jesu genossen haben - ein Platz, den der Herr Jesus für Dich reserviert hat.
Die Gläubigen in Ephesus hatten nach Offenbarung 2 ihre erste Liebe verlassen sie hatten wieder einen "Teddybär" —- und das hat den Herrn so geschmerzt, dass Er es ihnen sehr ernst sagen musste.
Meinst Du nicht, es würde mit uns Christen wieder etwas besser, wenn wir unseren Herrn Jesus ein bisschen mehr lieben würden? Vielleicht sitzt Du in den Gemeindezusammenkünften schon jahrelang in der vorletzten Reihe - da ist man so schön anonym -, und der Herr hat noch nie aus Deinem Mund ein Dankeschön gehört. Vielleicht beeindruckt es Dich auch gar nicht mehr, wenn Du mit anderen Gläubigen zusammen bist, und der Herr redet durch einen Bruder zu Dir - es kommt gar nicht mehr an.
Denk heute Abend einfach mal in Ruhe über Deine Liebe zu Deinem himmlischen Herrn nach.
Klaus Güntzschel