Jesus Christus

Die letzten 24 Stunden im Leben des Herrn Jesus (Teil 3)

Teil 3: Verrat und Gefangennahme

In Gethsemane war der Herr im Angesicht des nahenden Todes und Gottverlassenseins bestürzt und beängstigt. Sein ringender Gebetskampf mündete in die Worte an seinen Vater: „Nicht mein Wille, sondern der deine geschehe!“ Nachdem der Herr Jesus so zu seinem Vater gebetet hatte, kam Er zurück zu den schlafenden Jüngern.

Aus Johannes 18,2 ist zu entnehmen, dass der Herr Jesus „sich oft dort [im Garten Gethsemane] mit seinen Jüngern versammelte“. Und jetzt war Judas, der Verräter unterwegs, begleitet von einer militärischen Einheit von ca. 600 Soldaten (einer römischen Kohorte) und Dienern der Hohenpriester und Pharisäer. Sie kamen mit Leuchten, Fackeln und Waffen.

Im Bericht des Evangelisten Johannes liest man dann einen zu Herzen gehenden Satz: „ Jesus nun, der alles wusste, was über ihn kommen würde, ging hinaus“ (Joh 18,4). Welche Tiefen umfasst allein diese eine Aussage!

In der Tat – alles war dem Herrn Jesus bekannt, jedes Detail, jede Gemeinheit, jede Bosheit, jeder Schmerz, jedes verletzende Wort, das Gericht Gottes und schlussendlich der Tod. Und doch ging Er seinen Weg unbeirrt weiter.

Schon im Alten Testament war der gemeine Verrat von Judas angedeutet. In Psalm 41,10 ist nachzulesen: „Sogar der Mann meines Friedens [d.h. mein Freund], auf den ich vertraute, der mein Brot aß, hat die Ferse gegen mich erhoben.“ Was muss es für den Herrn Jesus gewesen sein, den Verräter drei Jahre lang, Tag für Tag um sich zu wissen? Tatsächlich war Judas sogar die Kasse anvertraut; auch er wurde von dem Herrn Jesus versorgt (Lk 22,35); und jetzt stand dieser Mann auf der anderen Seite („Ferse gegen mich“), auf der Seite der Feinde.

Eine weitere alttestamentliche Erfüllung im Blick auf Judas findet man in Psalm 55,13-14: „Denn nicht ein Feind ist es, der mich höhnt, sonst würde ich es ertragen; … sondern du, ein Mensch wie ich, mein Freund und mein Vertrauter.“ Und in der Tat – was für ein Hohn: Demjenigen durch einen Kuss Zuneigung vorzuspielen, der alles weiß und kennt! Markus berichtet, dass Judas den Herrn Jesus nicht flüchtig küsste, sondern „sehr“ (oder vielmals, zärtlich – Kap. 14,45). Ist eine größere Niederträchtigkeit vorstellbar?

Mit welcher Ruhe und Souveränität, aber auch mit welchem Ernst entgegnet der Heiland: „Freund, wozu bist du gekommen“ (Mt 26,50)! Noch einmal: Was muss es für den Herrn Jesus gewesen sein, diesen Verräter drei Jahre lang, Tag für Tag, in seiner unmittelbaren Nähe zu ertragen – in dem Bewusstsein, dass dieser Mann ihn später auf so gemeine Weise verraten würde! „ Jesus, nun der alles wusste …“ – auch um den schändlichen Verrat eines Judas!

Auch im Blick auf die vielen Misshandlungen vonseiten der Menschen wusste der Herr Jesus um jede Einzelheit:

  • viele Leiden durch die Führer seines Volkes (Mt 16,21)
  • für nichts geachtet zu werden (Mk 9,12 – vgl. Jes 53,3)
  • Verspottung – Geißelung – Kreuzigung (Mt 20,19)

Das schonungslose Gericht Gottes war unserem Heiland genauso bewusst. Seinen Jüngern gegenüber erwähnte Er eine der vielen Vorhersagen und sprach davon, wie sich das alttestamentliche Wort aus Sacharja 13,7 an Ihm erfüllen würde: „Es steht geschrieben: Ich werde den Hirten schlagen.“ Er wusste dies alles – bis hin zu dem lauten Aufschrei am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46; Ps 22,2).

Wiederholt hatte der Herr Jesus den Jüngern gegenüber davon gesprochen, dass „er getötet werden müsse.“ Der Prophet Jesaja spricht im Blick auf den Tod des Knechtes Gottes von „Toden“ (Mehrzahl – s. Jesaja 53,9, Fußnote), um das Qualvolle der Todesart auszudrücken. Und auch die schreckliche Bedeutung des Todes als Lohn der Sünde war dem Heiland sehr bewusst.

Jesus nun, der alles wusste … – auch im Blick auf seinen Sühnungstod auf Golgatha!

Wie steht der Herr Jesus so vor den Augen unseres Herzens – unvergleichlich, einzigartig in Seiner Liebe zu Gott und den Verlorenen!

Wie zeigte Er seine unumschränkte Macht und Würde mit den Worten: „Ich bin es“ (Joh 18,5), die die Feinde so erschrecken ließen, dass sie zurückwichen und zu Boden fielen! Nur ein Wort – und sie fielen zu Boden!

Wie zeigte Er seine unfassbare Liebe und Fürsorge denen gegenüber, die Ihn kurz darauf verließen und flohen: „Wenn ihr nun mich sucht, so lasst diese gehen! – damit das Wort erfüllt würde, das er sprach: Von denen, die du mir gegeben hast, habe ich keinen verloren“ (Joh 18,8-9).

Wie zeigte Er noch einmal seine Liebe und Hilfsbereitschaft den Menschen gegenüber, indem „er das Ohr [von Malchus, dem Knecht des Hohenpriesters] anrührte und ihn heilte“ (Lk 22,51) – und das unmittelbar vor seiner eigenen Gefangennahme!

Und wie zeigte Er seine völlige Hingabe an den Vater in den Worten: „Den Kelch, den mir der Vater gegeben hat, soll ich den nicht trinken?“ (Joh 18,11)! Das Bewusstsein, dass dieser Kelch aus der Hand des Vaters kam, ließ Ihn in bewundernswerter Ergebenheit und Würde diesen unendlich schweren Weg gehen.

Der Evangelist Lukas schließt die Beschreibung dieser Szene mit folgenden Worten unseres Herrn ab: „Aber dies ist eure Stunde und die Gewalt der Finsternis“ (Lk 22,53). In der Tat – was jetzt folgte, war ein Werk der von Satan angestachelten Menschen, ein erschütternder Ausbruch von Gewalt und Finsternis.