Tabitha - nur eine arme Näherin?

Tabitha – nur eine arme Näherin?

„Ich würde ja gerne mehr für den Herrn Jesus tun. Aber Gott hat mir nun mal keine Gabe gegeben wie Bruder X oder Schwester Y, da kann ich nichts machen.“ Schon mal gehört oder vielleicht sogar selber gesagt?

Nur eine arme Näherin?

Irgendwann stellt sich (hoffentlich!) jeder Christ einmal die Frage, wie er dem Herrn dienen und wie er seine Zeit dabei sinnvoll einsetzen kann. Gute und nützliche Tipps und Anregungen zu diesen Fragen gibt es genug – auch in „Folge mir nach“ (z.B. in Heft 5/2001 zum Thema Traktate verteilen).

Trotzdem hat mancher den Eindruck, er könne nicht so viel für seinen Herrn tun, wie er gerne möchte. Wie kommt das?

Dieser Eindruck kann zum Beispiel entstehen, wenn wir falsche Vorstellungen vom „Dienst für den Herrn“ haben und darunter nur Missionare oder Christen im Vollzeit-Einsatz verstehen. Aber jeder von uns darf an seinem Arbeitsplatz oder Aufgabenbereich im Dienst für den Herrn sein, denn in Kolosser 3,23 lesen wir: „Was irgend ihr tut, arbeitet von Herzen, als dem Herrn und nicht den Menschen.“

Es geht also nicht nur darum, geistliche Gaben auszuüben. Einem Schulkameraden helfen, der mit der englischen Grammatik nicht zurechtkommt; einer Mutter mit kleinen Kindern bei der Bügelwäsche oder in der Küche helfen; für die alte Frau von nebenan den Einkauf erledigen; im Beruf seine Arbeit ordentlich machen ... Die Liste ließe sich beliebig verlängern, und alles ist Arbeit für unseren Herrn.

Ein ermutigendes Beispiel dazu ist Tabitha, von der wir in Apostelgeschichte 9, 36-42 lesen. Schauen wir uns diese Frau, deren Beruf Näherin war, doch einmal näher an.

Eine einmalige Frau

Tabitha war eine Jüngerin des Herrn. Von Männern, die Jünger waren, berichtet die Bibel häufiger. Da gibt es die Jünger von Johannes dem Täufer und die Jünger, die Jesus folgten. Aber eine Jüngerin? Das ist tatsächlich etwas Besonderes, denn Tabitha ist die einzige Frau in der Bibel, die so genannt wird.

Jünger sind Menschen, die alles von ihrem Herrn lernen wollen. Sie wollen das gehorsam tun, was ihr Lehrer ihnen sagt. Und so stand Tabitha zu Jesus, ihrem Meister.

Eine Frau, die ihrem Namen Ehre macht

Tabitha ist ein aramäischer Name. Der entsprechende griechische Name ist Dorkas. Ins Deutsche übersetzt heißt das „Gazelle“.

Gazellen sind flinke, ausdauernde Tiere, die geschickt in den Felsen klettern können. Vielleicht ist ihr Name ein Hinweis darauf, wie Tabitha gearbeitet hat. Denn vor knapp 2000 Jahren gab es nicht nur in Joppe viele Menschen, die Hilfe brauchten. Da musste Tabitha schnell und geschickt mit der Nähnadel umgehen können, um die vielen Unterkleider und Gewänder rechtzeitig fertig zu haben. Wenn sie wie eine Schnecke durch die Straßen gekrochen wäre, um Stoffe und Nähgarn einzukaufen, hätte sie nicht alles geschafft.

Dass uns Gottes Wort den Namen dieser Frau ausdrücklich mitteilt, ist sicher von Bedeutung. Jeder, der Jesus Christus im Glauben angenommen hat, wird heute nach dem Namen des Herrn Jesus „Christ“ genannt (vergleiche Apg 11, 26). Welche Ehre machen wir diesem Namen?

Eine Täterin des Wortes

„Diese war reich an guten Werken und Almosen, die sie übte“ (Vers 36 am Ende). Tabitha verwirklichte, was uns der 1. Johannesbrief sagt: „Kinder, lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern in Tat und Wahrheit“ (3,18). Eine Aufforderung, die auch uns heute noch gilt!

Jedem von uns hat Gott etwas geschenkt, mit dem wir anderen eine Freude machen können. Egal, ob wir gut kochen oder backen, schön singen, geduldig zuhören oder geschickt mit Werkzeug umgehen können: Es gibt immer Menschen, die gerade unsere Hilfe brauchen. Wollen wir nicht diese Aufgaben, die direkt vor unseren Füßen liegen, einfach anpacken?

Leider ist es bei uns häufig anders als bei Tabitha. Möchten wir einen schönen Ausflug machen, sind wir sofort bei der Sache. Doch wenn andere Hilfe brauchen, sind wir manchmal langsam und schwerfällig.

Anderen zu helfen, kann anstrengend sein, aber es macht Freude. Wenn wir das Gefühl haben, es nicht mehr zu schaffen, lasst uns daran denken, was der Herr Jesus auch den Jüngern in der letzten Nacht vor seiner Überlieferung sagte: „Außer mir könnt ihr nichts tun“ (Joh 15,5). Er wird uns die nötige Kraft für die Arbeit zu seiner Ehre schenken, wenn wir sie in Abhängigkeit von Ihm tun – dicht bei Ihm bleiben.

Eine Frau, die reichlich säte

Die Menschen, die nichts von Jesus wussten, hielten ihren Einsatz wohl kaum für lohnenswert. Und wenn es um Geld und schöne Kleider ging, waren sie bei ihr sicher auch an der falschen Adresse. Aber Tabitha besaß einen Reichtum, den ihr niemand stehlen konnte. Tabitha war reich an guten Werken und Almosen.

Wir sind oft schon zufrieden, wenn wir einmal hilfsbereit waren. Jeden Tag eine sogenannte „gute Tat“ ist ganz schön viel verlangt – meinen wir. Und häufig genug gelingt es uns nicht einmal, wenigstens jede Woche einem anderen eine Freude zu bereiten und zu helfen.

Warum war das bei Tabitha anders? Sie war erfüllt von der Liebe des Herrn Jesus. Weil ihr Herr und Heiland sie so lieb hatte, dass Er für ihre Sünden am Kreuz von Golgatha gestorben war, konnte sie von dieser Liebe weitergeben und für Ihn arbeiten. Weil der Herr Tabitha so viel geschenkt hatte, konnte sie auch anderen etwas geben.

„Einen fröhlichen Geber liebt Gott“ (2. Kor 9, 7b).

Eine Frau, die reichlich erntete

Tabithas Dienst für den Herrn war unscheinbar in den Augen der Menschen, die Gott nicht kannten.

Sie nähte doch nur Unterkleider und Gewänder! Nichts Besonderes, möchte man meinen.

Doch als Tabitha starb, waren viele Menschen traurig. Wer sollte die entstandene Lücke schließen? In ihrer Not wandten sie sich an Petrus, der gerade in der Nachbarstadt war. Alle Witwen, die Tabithas tätige Liebe erfahren hatten, zeigten dem Apostel die Unterkleider und Gewänder, die sie von Tabitha bekommen hatten. Dieses Zeugnis über die Gestorbene trieb Petrus ins Gebet. Der Herr in seiner Gnade schenkte daraufhin, dass Tabitha den Gläubigen noch einmal wiedergegeben wurde.

Und gerade dieses Wunder ihrer Auferweckung wurde der Anlass für viele Menschen in der Stadt Joppe, an den Herrn Jesus zu glauben. So wertvoll war der Dienst dieser Frau in den Augen Gottes!

Wie viel können wir aus der Geschichte dieser einfachen Näherin lernen! Wollen wir nicht heute (neu) anfangen, diese Lektionen in einem Leben echter Jüngerschaft auszuleben?!