Progressiv werden

Progressiv werden?!

Progressiv sein ist chic und in allen Lebensbereichen erwünscht, z. T. sogar erforderlich. Wer spricht heute noch von einem 386er PC? Oder von der Mode der 90er Jahre? Wen interessieren noch Lernmethoden von Pestalozzi?

Und wir Christen? Bleibt bei uns alles beim Alten? Mit "Ja, zum Glück" und ,.Nein, hoffentlich nicht" könnte man diese Frage zweiseitig beantworten:

Ja, denn zu unserm Glück bleiben Gottes Wort und Gottes Wahrheit ewig unverändert und ewig gültig, auch im dritten Jahrtausend nach Christus (PS 119,89)! Herrlich, in einer Umgebung mit immer weniger verbindlichen Maßstäben auf dieses Wort Gottes sein Lebenshaus bauen zu können um dann .,fest, unbeweglich" zu sein (1.Kor. 15.58)!

Nein, hoffentlich nicht! „Stufenweise fortschreitend, sich entwickelnd", so beschreibt der Duden (Band 5, S. 638) das Fremdwort „progressiv". Und so werden auch im NT immer wieder Appelle an uns Christen gerichtet, zu wachsen. Lasst uns deshalb nachdenken, wie wir im persönlichen und gemeinsamen Leben als Christen Fortschritte machen können.

1)"Progressiv" in der Erkenntnis des Herrn Jesus

Der Apostel Petrus setzt an das Ende seiner beiden Briefe ein herrliches Schlußsignal: "Wachst aber in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus" (2. Petr. 3.18). Jeder Christ wird hier aufgefordert zu wachsen. Doch wie funktioniert das eigentlich mit dem .,Den-Herrn-Jesus-näher-kennenlernen" bei uns, oder warum klappt es manchmal nicht (mehr)?

Ganz konkret einige Tipps, die vielleicht weiterhelfen:

  • Regelmäßiges Lesen der Bibel, und zwar:

- möglichst anhand eines Plans (eigenes Konzept oder Bibelleseplan) und ggf. eines kurzen Leitfadens (2.B. "Tägliches Manna" - ein Bibelleseplan aus dem Beröa Verlag, Zürich)

- lieber regelmäßig und wenig als selten und viel

  • Regelmäßiges Beten,

- dass wir sein Wort über Ihn besser verstehen.

- dem Herrn im Gebet für das Gelesene (und Erkannte) danken.

  •  Besuch der Zusammenkünfte
  • Austausch mit anderen (private Gespräche, Jugendstunde, Bibelklasse etc.)

Wenn wir so den Herrn angeschaut haben, werden wir wachsen oder, um mit Paulus zu reden, "verwandelt werden" (2 Kor 3.18)


2) "Progressiv" in der Liebe

Paulus wünscht den Philippern, dass ihre Liebe "überströme in Erkenntnis und aller Einsicht" (Phil. 1,9). Das ist keine emotionale oder gar charismatische Erfahrung. Die Liebe zu Gott, zu den Geschwistern und zu den Menschen um uns her überströmt dann, wenn wir sie mit Erkenntnis verbinden. Das bedeutet zum Beispiel, dass wir dann bewusster das Evangelium weitersagen, wenn wir aus Gottes Wort "erkannt" haben, was für ein Los die Ungläubigen erwartet. Und wir handeln dann ,,einsichtig", wenn wir dies in Abwägung der jeweiligen Situation und nicht ohne Nachdenken durchführen. Das ist dann eine gewachsene Liebe (in diesem Fall zu den Menschem um uns her).

3) "Progressives" Glaubensleben

Wer den Herrn Jesus besser kennt und auch in der Liebe gewachsen ist, kann auch mit Seiner Hilfe für das tägliche Leben im Vertrauen auf Ihn rechnen. Ihm täglich vertrauen, Probleme und Freuden mit Ihm zu erleben, das macht aus unserem Leben ein für Gott und uns wertvolles Glaubensleben. Es fasziniert immer wieder, wenn man liest, dass Paulus den Thessalonichern versichern konnte, dass ihr Glaube innerhalb weniger Monate überaus gewachsen war (2. Thes 1,3), und das bei permanenter, extremer "Belastung" (Verfolgung). Ist unsere Verbindung zum Herrn Jesus seit dem 1.1.2001 auch enger geworden? Oder müssen wir erst noch einige Stufen "wiederholen"? Dann lasst uns mit seiner Hilfe heute (neu) beginnen!

4) "Progressiv" auf andere wirken

Mose erkannte nicht das Leuchten seines Angesichts, nachdem er bei Gott auf dem Berg gewesen war (2. Mo 34,29), wohl aber das Volk. Auch wir sollen nicht nach inneren Gefühlen oder äußeren Merkmalen bei uns suchen, um uns selbst Wachstum zu bestätigen. Aber trotzdem dürfen wir Gottes Gedanken beachten und ausleben, ja darin leben, damit unsere Fortschritte allen offenbar werden (1.Tim 4,15). Was für eine Ausstrahlung (siehe Mose!) kann dann von unserem Leben für Mitchristen und Mitmenschen ausgehen! Das motiviert zu weiterem Wachstum!

5) "Progressives" Gemeindeleben

Vielleicht stellt sich jetzt jeder unter dem Begriff "progressive Gemeinde" etwas anderes vor. Der eine zuckt verständlicherweise zusammen und fürchtet, dass die Wahrheit Gottes revolutioniert werden soll (was nicht geht). Andere erwarten aktionsgeladene Gottesdienste bzw. Gemeindestunden in "erbaulicher" Atmosphäre.

Doch Paulus, der große Apostel, dem Gottes Gedanken über die Gemeinde anvertraut wurden, beschreibt das Ziel aller Aktivitäten unter den Christen mit den Worten: ,,Laßt uns in allem heranwachsen zu IHM hin, der das Haupt ist" (Eph 4.15). Wenn Christus, unser Herr, das Ziel aller Bemühungen innerhalb der Versammlung (Gemeinde) ist, werden wir auch gemeinsam dem Ziel näher kommen Dann werden die Stunden des Zusammenseins als Versammlung nicht durch Fragen nach Sitz- und Kleiderordnung oder Musik geprägt (wohl dürfen und sollen diese Punkte in Übereinstimmung mit Gottes Wort und in Frieden besprochen und geklärt werden), sondern der Herr selbst wird die Herzen aller höher schlagen lassen. Und dann wird auch das Miteinander in den verschiedenen übrigen Bereichen (unsere Kontakte in den Familien und unter Jugendlichen etc.) so gestaltet werden, dass der Herr mit dabei sein kann. Vielleicht sollten wir uns persönlich fragen, ob das eigene Auftreten oder Verhalten im Kreis der Geschwister diesem Ziel des Herrn gerecht wird?!

6) Ziel: Erwachsen werden!

Bist Du schon 18? Oder wartest Du sehnlichst auf diesen Moment, um endlich Deutschlands Straßen unsicher zu machen?! Auch im Christsein wartet Gott auf Reife in unserem geistlichen Leben. Was tragen wir dazu bei, und was brauchen wir dazu? Der Hebräerbrief schreibt über Christen, die eigentlich schon ,,Vollkornbrot" essen sollten, aber immer noch Milchnahrung bevorzugten (Heb 5,12). Niemand wächst durch "Luft und Liebe",  schon gar nicht als Christ.

Geistlich erwachsen wird man, wenn man die Stellung, die Gott uns als Christen geschenkt hat, ein wenig verstanden hat. Das ist ein Prozess. zu dem wir durch ein Leben mit der Bibel und im Gebet beitragen sollten; dann "sorgt" Gott für das Übrige. Paulus war so jemand, der wusste, wie eng er mit Christus verbunden war (die Bibel benutzt dafür oft den Ausdruck "in Christus"), und das stellte alle anderen Dinge in seinem Leben in den Schatten, jedenfalls aber auf den richtigen Platz. Und er wollte gerne viele (der Philipper) mitziehen, „geistlich vollkommen (=erwachsen)" zu werden (Phil 3,15).

7) Rückgang statt Fortschritt bei mir oder anderen?

Spüren wir, dass wir diesen Zielen und Wünschen (noch)nicht entsprechen oder vielleicht auch einige Stufen zurückgefallen sind? Oder verstehen wir nicht, warum andere auf der Stelle zu treten scheinen und in ihrem geistlichen Leben keine Fortschritte zu machen scheinen ? Dann wollen wir den Rat von Paulus befolgen: „Wenn ihr aber etwas anders gesinnt seid, so wird euch Gott auch dies offenbaren" (Phil 3,15).

Beachte: Etwas anders, d.h. die Grundausrichtung von uns als Christen sollte die gleiche sein, nämlich ein Herz, das Ihn liebt und Ihm gerne nachfolgt. Aber wenn es (wie im Alltagsleben auch) Unterschiede im Verständnis und somit auch im Ausleben des Christseins gibt, dann lasst uns Geduld mit anderen haben, ihnen nicht unsere Erkenntnis als Maßstab aufdrücken, sondern so leben, dass Gott (und nicht wir!) ihnen Dinge „offenbaren" kann!

Und bei eigenem Versagen? Der gleiche Herr, der Petrus an die Hand nahm und vor dem Ertrinken bewahrte, steht auch Dir und mir zur Verfügung, um neu Mut zu fassen und mit Herzensentschluss zu Ihm hin zu wachsen!