Post von Euch - Elisa und Elia

Liebe Geschwister der FMN-Redaktion,

in FMN 5/2000 ist ein Beitrag über Elisa und Elia. Mir macht eine Aussage am Anfang des Textes Schwierigkeiten, die sich auf Maleachi 4,6 (in anderen Ausgaben 3,24) bezieht. Ich verstehe nicht, wieso sich dieses Wort erst erfüllt, wenn die Gemeinde beim Herrn ist. In Lukas 1,17 wird dieses Zitat auf Johannes den Täufer angewandt. Auch in Matthäus 11,14 sagt der Herr Jesus in bezug auf Johannes: "Er ist Elia, der kommen soll". Damit ist doch das Wort aus Maleachi erfüllt, oder?

Die nächste Schwierigkeit bereitet mir Markus 9,12-13. Der Herr Jesus sagt, dass Elia kommt und alle Dinge wieder herstellt (was für mich als noch zukünftig anhört). Aber in Vers 13 steht: "Aber Elia ist gekommen und die haben ihm getan, was sie wollten, so wie über ihn geredet steht. Hier ist in der revidierten Elberfelder Übersetzung als Parallelstelle 1. Könige 19,2+10 angegeben. Wäre hier in diesem Zusammenhang das Wort prophetisch zu sehen, da ja Johannes der Täufer mit dem Schwert getötet (bzw. enthauptet) wurde, so wie Isebel Elia mit dem Schwert töten wollte?

Ich wünsche Euch weiterhin des Herrn Segen und Kraft.

Euer Bruder im Herrn,

Michael H. 

 

 

Lieber Michael, 

herlichen Dank für deinen Brief zu meinem Artikel über Elisa und Elia. 

Dein Hinweis zu Maleachi 3,24 <4,6> hat mir deutlich gemacht, wie leicht man in einem Artikel über Schwierigeiten hinweggehen kann. Manchmal meint man, bestimmte Sachverhalte seien selbstverständlich. Erst ein Nachfragen zeigt, dass man sie noch einmal gründlich überdenken muss, um fundierte Begründungen liefern zu können.

Zunächst zitiere ich Mal 3, 22-24 <4,4-6> vollständig: „Gedenkt des Gesetzes Moses, meines Knechtes, welches ich ihm auf Horeb an ganz Israel geboten habe - Satzungen und Rechte. Siehe, ich sende euch Elia, den Propheten, ehe der Tag des Herrn kommt, der große und furchtbare. Und er wird das Herz der Väter zu den Kindern, und das Herz der Kinder zu ihren Vätern wenden, auf dass ich nicht komme und das Land mit dem Bann schlage." Gott ruft den Überrest aus Juda auf - Maleachi spricht ja zu den Juden, die aus der babylonischen Gefangenschaft nach Jerusalem zurückgekehrt sind -, das Gesetz Moses zu halten. Das wirkliche Beobachten des Gebotes. das Gott durch Mose gegeben hat, wird jedoch erst durch den Dienst des Elia erreicht.

Das war für diese Juden nicht ungewöhnlich. Denn der buchstäbliche, historische Dienst Elias war, das Volk an das Gesetz Moses zu erinnern und zu diesem zurückzubringen (vgl. 1. Kön 18,18.37). Genau das würde Elia wieder tun, da das Volk von sich aus nicht zu Gott umkehren wird. Dieser erneute Dienst Elias geht dem Tag des HERRN voraus.

Wann ist dieser Tag des HERRN? Den vorherigen Versen (3.19-21) und vielen anderen Stellen des Alten Testamentes (2.B. Sach 14, 1-5) entnehmen wir, dass es sich beim Tag des Herrn um das 1000jährige Reich und die vorhergehenden Gerichte handelt. Der von Maleachi angekündigte Dienst Elias findet also unmittelbar vor dem 1000-jährigen Reich statt. Diesem Friedensreich geht die Entrückung der Glaubigen voraus, denn sie werden zusammen mit dem Herrn Jesus aus dem Himmel auf diese Erde kommen (vgl. 1. Thes 3,13; Sach 14.5; 2. Thes 1.10; Offb 19.11-16; 20,4).

Wie kann man nun Matthäus 11, Markus 9 bzw. Lukas 1 verstehen? Es ist dabei zu berücksichtigen, dass alttestamentlichen Prophezeiungen folgende Unterschiede aufweisen:

a) Es gibt Prophezeiungen, die sich auf die damalige Situation direkt beziehen (2.B. Mal 2).

b) Es gibt Prophezeiungen, die sich aus damaliger Sicht eindeutig auf die Zukunft, die Drangsal Jakobs, das 1000jährige Reich etc. beziehen (Sacharja 13,8-9; 14,l-21).

c) Es gibt Weissagungen, die sich auf die Endzeit beziehen, die jedoch einen zusätzlichen Bezug oder sogar eine Vorerfüllung in der Zeit haben, in der der Herr Jesus hier auf der Erde war, bzw. in der Anfangszeit der Versammlung. Beispiele sind Sacharja 12,10 (vgl. Joh 19,37) und Joel 2.28-32 <3,1-5> (vgl. Apg 2, 17-21).

Die Prophezeiung von Maleachi 3,23 können wir im Sinn von c) verstehen.

Matthäus zitiert übrigens nicht Maleachi 3,23, sondern 3,1: "Siehe, ich sende meinen Boten, dass er den Weg bereite vor mir her." Diese Prophezeiung hat sich tatsächlich durch das Auftreten Johannes des Täufers erfüllt. Warum weist der Herr Jesus nun in Vers 14 auf Elia hin? Wenn die Juden den Dienst Johannes des Täufers angenommen hätten, wäre er wirklich der angekündigte Elia gewesen. denn dann hatte das 1000jährige Reich, die öffentliche Herrschaft Christi beginnen können. Die Juden würden dann Buße getan und den Messias aufgenommen haben.1 Das Volk hat jedoch die warnenden Worte Christi (Vers 15) nicht in sein Gewissen aufgenommen. Daher wurden Johannes und auch Christus abgelehnt. Johannes ist zwar in dem Geist und in der Kraft des Elia hier gewesen (Lk 1,17), aber die wirkliche Erfüllung der Prophezeiung verzögerte sich.

Du schreibst zu Recht, dass Maleachi 3,23 in Lukas 1 auf Johannes angewandt wird. Johannes ist nicht die (vollständige) Erfüllung der Prophetie, aber der Geist Gottes wendet die Weissagung auf ihn an. Die Anwendung ist relativ „frei" gewählt. Es fehlt z. B. der Bezug auf den Tag des HERRN. Das macht deutlich, dass Johannes "in dem Geist und der Kraft Elias" tätig war, nicht jedoch die Erfüllung Elias in Person war.

Dieser Gedankengang wird auch durch Markus 9 unterstrichen. Im Prinzip bestätigt der Herr die Worte der Schriftgelehrten. Elia müsse vor dem Aufrichten des Reiches des Messias kommen. Aber Elia wäre der Vorläufer des regierenden Königs. Wenn aber der König verworfen würde (Vers 12). dann würde das auch für den Vorläufer gelten (Vers 13). Dieser ist im Grunde genommen gekommen - für die Augen des Glaubens sichtbar. Da aber sowohl der Vorläufer als auch der König verworfen wurden - und das steht im Gegensatz zu den alttestamentlichen Prophezeiungen, die von dem Tag des Herrn sprechen -, wird der König wiederkommen müssen. wie sein Vorläufer.

Auch Johannes selbst bestätigt dass er nicht der Elia ist, von dem Maleachi spricht (Joh 1.21). Auf die Nachfrage, ob er denn Elia sei, sagt Johannes: "Ich bin es nicht."

Nun gibt es in Verbindung mit Maleachi 3 <4> und Markus 9 eine weitere Besonderheit. In Maleachi haben wir bereits gesehen, dass es eine Verbindung zwischen dem Dienst von Mose und dem von Elia gibt. In Markus 9 schließt sich die Aussage des Herrn über Elia genau an die Begebenheit des sogenannten Berges der Verklärung an (Verse 2-8). Diese Begebenheit ist nach den Worten von Petrus (2. Pet 1,16-19) ein Bild vom 1000jährigen Reich. Genau auf diesem Berg finden wir nun Mose und Elia wieder.

Und wir finden den Geist der beiden Männer in einer weiteren Weissagung in Offenbarung 11,3-6. "Und ich werde meinen zwei Zeugen Kraft geben. und sie werden... weissagen, mit Sacktuch bekleidet.. Und wenn jemand sie beschädigen will, so kommt Feuer aus ihrem Mund hervor und verzehrt ihre Feinde; und wenn lemand sie beschädigen will, muss er getötet werden. Diese haben die Gewalt, den Himmel zu verschließen, damit während der Tage ihrer Weissagung kein Regen falle: und sie haben Gewalt über die Wasser, sie in Blut zu verwandeln, und die Erde zu schlagen mit jeder Plage, sooft sie nur wollen " Diese Zeichen wurden gerade von Mose und Elia getan. So werden diese beiden Zeugen in der Kraft und im Geist von Elia und Mose auftreten. Ich habe den Eindruck, dass wir sie mit der Aussage aus Maleachi in Verbindung bringen können und deshalb einen Hinweis auf die buchstäbliche Erfüllung seiner Weissagung finden. 

Ich danke Dir noch einmal, dass Du mir durch die Nachfrage die Gelegenheit gegeben hast, die Frage über das Kommen Elias tiefer zu durchdenken.

Herzlich grüßt Dich,

Manuel Seibel

 

1 Ich lasse außer acht, dass natürlich das Sühnungswerk Christi notwendig war. Es geht mir jedoch hier nur um die Verantwortung des Volkes, nicht um den Ratschluss Gottes.