Bibel praktisch

Gottesfurcht

 Manchmal hört man Fragen wie: „Darf ich das als Christ?“, „Ist das in der Bibel erlaubt?“ oder jemand beklagt: „Das Christenleben ist so einschränkend!“ Dabei wird man feststellen, dass die Bibel zu vielen konkreten Themen unseres Alltags nichts sagt. In solchen Fällen – aber nicht nur da – hilft uns eins ganz besonders: Gottesfurcht. Dieser Begriff, der sehr oft in der Bibel vorkommt und in unserer Zeit etwas überholt und altbacken aussieht, ist in Wahrheit der Schlüssel zu einem Gott wohlgefälligen Leben.

 

Was genau ist eigentlich Gottesfurcht? Dieser Ausdruck klingt zunächst seltsam, da wir mit „Furcht“ Angst verbinden. Als Christen dürfen wir wissen, dass Gott unser Vater geworden ist. Wir haben eine lebendige und wunderbare Beziehung zu ihm. Dazu will Furcht irgendwie so gar nicht passen. Da dieser Begriff in der Bibel aber sehr oft als das Kennzeichen eines Gläubigen vorgestellt wird, sollten wir einmal genauer darüber nachdenken.

 

Machen wir uns zunächst klar, was Gottesfurcht für die Gläubigen heute nicht ist: Angst vor Gott. Für jemanden, der noch in seinen Sünden ist, ist Furcht vor Gott zwar in gewisser Weise angemessen, weil er keinen Frieden mit Gott hat. Aber wer Gott als seinen Vater kennt, der braucht keine Angst zu haben. Mir persönlich wäre es schlimm, wenn mein Sohn Angst vor mir hätte. Und nicht umsonst liest man sehr oft in der Bibel den Zuruf Gottes: „Fürchte dich nicht.”

Folgende Beispiele zeigen, dass Gottesfurcht nicht Angst meinen kann:

  • In Epheser 5,33 lesen wir, dass die Frau ihren Ehemann fürchten soll. Da geht es jedoch offensichtlich nicht um Angst, sondern um respektieren und achten.
  • In Römer 13,7 geht es um unser Verhältnis zur Regierung. Dort lesen wir, dass wir diese fürchten sollen. Auch hier geht es nicht um Angst, sondern darum, sie als eine Autorität anzuerkennen, der wir uns unterzuordnen haben. Das können wir gut nachvollziehen, wenn wir uns eine persönliche Begegnung mit Angela Merkel oder einem Ministerpräsidenten vorstellen.

 

Gott zu fürchten bedeutet, ihm Anerkennung und Achtung entgegenzubringen. Gott ist zwar unser liebender Vater, Er steht als Gott jedoch weit über uns. Er ist eben kein Kumpel, den ich so anspreche wie irgendjemanden auf der Straße. Wir müssen uns bewusst machen: Gottes Kind zu sein und Gottesfurcht zu haben dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Nur weil Gott unser Vater ist, ist er nicht weniger ehrfürchtig zu behandeln. Petrus macht deutlich, dass sein Vater-Sein eben nichts von seiner Furcht gebietenden Größe und Allmacht wegnimmt – Er schreibt: „Und wenn ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person richtet nach eines jeden Werk, so wandelt die Zeit eurer Fremdlingschaft in Furcht“ (1. Pet 1,17).

 

Das zeigt uns: Wir sollten nie vergessen, dass Gott unser Vater ist. Gleichzeitig sollten wir aber auch nie vergessen, dass unser Vater Gott ist.

 

Das ist also die erste Bedeutung von Gottesfurcht: Gott anzuerkennen als jemanden, der weit über uns steht. Es geht also um das Bewusstsein der Größe Gottes!

 

Doch es gibt auch noch einen zweiten Aspekt. Dazu zitiere ich Psalm 36,2-5, wo es um ungläubige Menschen geht: „Die Übertretung des Gottlosen spricht im Innern meines Herzens: Es ist keine Furcht Gottes vor seinen Augen. Denn es schmeichelt ihm in seinen eigenen Augen, seine Ungerechtigkeit zu erreichen, Hass auszuüben. Frevel und Trug sind die Worte seines Mundes; er hat es aufgegeben, verständig zu sein, Gutes zu tun. Frevel ersinnt er auf seinem Lager; er stellt sich auf einen Weg, der nicht gut ist; das Böse verabscheut er nicht.“ Hier wird ein Mensch beschrieben, der keine Gottesfurcht hat. Wodurch ist sein Leben gekennzeichnet? Dadurch, dass er Böses tut, redet und denkt.

 

Deshalb schreibt Salomo auch in Sprüche 8,13: „Die Furcht des Herrn ist das Böse hassen“. Gottesfurcht hat also auch damit zu tun, dass die Ehrfurcht vor seiner Größe mich zu einem heiligen Leben führt. Wenn ich mir bewusst bin, wie heilig und erhaben mein Vater im Himmel ist und ich mein Leben unter seinen Augen führe, wird das einen Einfluss auf meinen Alltag haben.

Ein gottesfürchtiger Gläubiger hasst deshalb das Böse. Es ist ihm ein Anliegen, Gott durch Sündigen nicht zu verunehren. Es ist ihm wichtig, sich von allem zu trennen, was in irgendeiner Weise Gott verunehrt. Und das ist nur möglich mit Gottesfurcht, wie uns 2. Korinther 7,1 bestätigt: „Lasst uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes.“ Es geht hier nicht darum, dass ich nicht sündige, weil ich Angst vor Gottes Strafe hätte. Nein, hier geht es um eine ehrfürchtige Sorgfalt in meinem Alltag, Gott nicht verunehren zu wollen.

Eine Anekdote, die das verdeutlicht: Ein Gutsherr wollte einen Kutscher einstellen. Er fragte die drei Bewerber: „Wie nah könntet ihr mit der Kutsche an einer tiefen Schlucht entlangfahren?” Der erste erwiderte: „Einen Meter neben dem Abhang.” Der zweite schwoll stolz an und sagte: „Ich sogar einen halben Meter.” Der dritte Bewerber antwortete: „Gar nicht. Ich würde so weit entfernt von der Schlucht wie möglich fahren, um der Gefahr aus dem Weg zu gehen.” Der dritte wurde eingestellt.

Gottesfurcht bedeutet, dem Bösen aus dem Weg zu gehen. Nicht versuchen, so nahe an der „Schlucht“ wie möglich zu fahren – also nicht so nahe wie möglich an der Sünde, aber gerade noch gut genug. Gottesfurcht hält mich vom Bösen fern und zieht mich zum Herrn!

 

 „Gottesfurcht ist die Hochachtung vor der Größe und Autorität Gottes und das tiefe Bewusstsein seiner Heiligkeit verbunden mit dem Wunsch, ein Leben zu führen, das die völlige Zustimmung Gottes findet und seinen Willen und seine Ehre über alles zu stellen.“[FP1] 

 

Gottesfurcht in der Praxis

 

Wie kann Gottesfurcht sich in unserem Leben zeigen? Nachfolgend einige Beispiele:

 

Wie reden und kommunizieren wir? Die Bibel ermahnt uns: „Bewahre deine Zunge vor Bösem, und deine Lippen, dass sie nicht Trug reden” (Ps 34,13). Wenn wir etwas sagen, dann sollte es der Wahrheit entsprechen. Es sollte gut und es sollte nützlich sein. Dass Kraftausdrücke und Fluchen nicht zu einem gottesfürchtigen Leben passen, sollte uns klar sein. „Kein faules Wort gehe aus eurem Mund hervor” (Eph 4,29) und „Hurerei aber und alle Unreinheit oder Habsucht werde nicht einmal unter euch genannt, wie es Heiligen geziemt; auch Schändlichkeit und albernes Geschwätz oder Witzelei, die sich nicht geziemen, sondern vielmehr Danksagung” (Eph 5,3.4).

 

Wie gehen wir mit Unreinem um? Gottesfurcht wird uns dazu führen, ein reines und heiliges Leben zu führen. In der Welt begegnet uns jede Form von Unreinheit – doch genau davon sollen wir uns fernhalten. Ganz praktisch bedeutet das, dass ich mich von bestimmten Orten – auch digitalen – fernhalte. Einfach deswegen, weil ich weiß, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich dort versündige, sehr hoch ist. Das gleiche gilt für unseren Medienkonsum – welche Zeitschriften oder Bücher lese ich? Welche Filme oder Serien schaue ich mir an?

 

Bei vielen Themen stellen wir oft die falschen Fragen. Darf ich das? Ist jenes erlaubt? Wie weit darf ich gehen? Gottesfurcht wird uns dazu bringen, die christliche Freiheit nicht auszureizen, sondern alles zu vermeiden, was Gott irgendwie verunehren könnte. Ein gottesfürchtiger Gläubiger versucht aktiv, seinem Herrn durch sein ganzes Leben Freude zu machen. Nicht aus Zwang, sondern freiwillig und aus Liebe.

 

Fragen wir uns an dieser Stelle: Haben wir wirklich Gottesfurcht? Wenn Jesus Christus mein Herr ist und ich Gott bewusst meinen Vater nenne, wird sich Gottesfurcht in meinem Leben zeigen. Überprüfen wir uns einmal selbst, inwiefern wir Gott Achtung, Respekt und Anerkennung entgegenbringen.

 

Abschließend wollen wir noch einen Streifzug durch die Bibel machen und einige weitere Eigenschaften von Gottesfurcht überdenken:

 

  1. Gottesfurcht hat mit Ehrfurcht vor der Bibel zu tun (Jes 66,2). Bist du dem Wort Gottes gerne gehorsam?
  2. Gottesfurcht ist das Geheimnis von echter Weisheit (Spr 1,7). Könnte Gott dir seine Weisheit schenken?
  3. Gottesfurcht bekommt man, wenn man sich in der Gegenwart Gottes aufhält. Das kann zum Beispiel beim Gebet sein (Ps 86,11), aber auch bei der Bibelandacht (Spr 21,2-5). Lebst du die Gemeinschaft mit deinem Vater?
  4. Gottesfurcht ist eine Voraussetzung dafür, Gott richtig dienen zu können (Heb 12,28). Ist dein Leben im Alltag Gott wohlgefällig, sodass du Ihm dienen könntest?
  5. Gottesfurcht hilft, in sexuellen Versuchungen standzuhalten (1. Mo 39,9) – auch dann, wenn niemand etwas mitbekommt. Hält Gottesfurcht dich von solchen Sünden ab?
  6. Gottesfurcht zeigt sich auch bei dem Tagesgeschäft wie Schule, Ausbildung oder Beruf (Kol 3,22). Spüren deine Vorgesetzten etwas davon?
  7. Gottesfurcht kann gelernt werden (5. Mo 14,23). Bist du dahingehend wissbegierig?
  8. Gottesfurcht beeinflusst das Verhalten und das Äußere von Frauen (1. Tim 2,10). Welche Signale sendest du durch deine Kleidung aus?
  9. Gottesfurcht wird immer und in jedem Fall von Gott belohnt (Ps 33,18). Ist dir der Lohn Gottes etwas wert?
  10. Gottesfurcht wird von Gott sorgfältig notiert (Mal 3,16). Ist dir die Anerkennung Gottes etwas wert?
  11. Gottesfurcht ist eine logische Folge davon, dass man dankbar ist für die Erlösung, die durch das Blut des Lammes zustande gekommen ist (1. Pet 1,17-19). Ist Golgatha etwas, woran du nur sonntags in der Zusammenkunft der Versammlung (Gemeinde) denkst?
  12. Gottesfurcht hat einen Einfluss auf jede einzelne Situation in meinem Alltag (1. Pet 3,2). Merken andere Menschen etwas von meiner Gottesfurcht?
  13. Gottesfurcht sorgt dafür, dass ich mich vom Bösen trenne (Spr 16,6). Ist das bei dir zu sehen?