Bibel praktisch

Predigte Christus im Totenreich Ungläubigen oder gefallenen Engeln die gute Botschaft?

(Exkurs zu 1. Petrus 3,18 und 4,6)

Im Bibelstudium über den ersten Petrusbrief wurde überblickartig der Text aus 1. Petrus 3 behandelt. Leider sind über diese Bibelstelle bis heute Irrtümer im Umlauf, die letztlich sowohl den Herrn und sein Erlösungswerk als auch die Notwendigkeit der Bekehrung angreifen1. Auch ist in manchen Publikationen bis heute von der „Höllenfahrt Christi“ die Rede, auch wenn die moderne Theologie von einer Hölle im biblischen Sinn nicht mehr viel oder gar nichts wissen will.

Der beste Schutz gegen jede Art von Irrlehre ist immer das Wort Gottes. Deshalb wollen wir uns die entsprechenden Texte hier noch einmal genauer anschauen, um die klare Lehre der Bibel (neu) festzuhalten – und um fragenden oder kritischen Mitmenschen/ Mitchristen eine Hilfe zu sein. Da einige der in Fußnote 1 angeführten Quellen leider zum Teil weit verbreitet sind, dürfte es bei Gesprächen schnell zu entsprechenden Fragen kommen. Da ist ein „zurück zur Schrift“ die beste Hilfe – wenn man die Schrift dann auch genau und im Zusammenhang studiert.

1. Petrus 3,18.19

„Es hat ja Christus einmal für Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er uns zu Gott führe, getötet nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht nach dem Geist, in dem er auch hinging und den Geistern predigte, die im Gefängnis sind, die einst ungehorsam waren, als die Langmut Gottes harrte in den Tagen Noahs …“

  1. „Christus, (…) lebendig gemacht nach dem Geist …“: Hier geht es nicht etwa um den menschlichen Geist des Herrn Jesus, sondern um den Heiligen Geist; Er wirkte bei der Auferstehung „mit“.
  2. „… in dem er auch hinging“: Nicht Christus persönlich ging hin, sondern Er tat dies im (Heiligen) Geist; das ist die direkte sprachliche Erklärung des Ausdrucks. Dieser „Geist Christi“ (vgl. 1. Pet 1,11) war die wirkende Kraft. Ähnlich formuliert Epheser 2,17, dass Christus „kam“ und den Heiden Frieden verkündigte, was aber durch die Apostel und auch hier nicht durch Christus selbst geschah.
  3. „… und den Geistern predigte …“: Mit „Geist“ bezeichnet die Bibel öfters Personen (Spr 20,27; 1.Kor 2,11; Heb 12,23); es ist der höhere Teil des Menschen, der aus Geist, Seele und Leib besteht (1. Thes 5,23). Die Predigt geschah durch Noah, der als „Prediger der Gerechtigkeit“ bezeichnet wird (2. Pet 2,5). „Geister“ können auch Engel sein – das ist dem jeweiligen Zusammenhang zu entnehmen (z.B. Heb 1,14). In unserer Textstelle ist der Bezug auf Menschen durch den Hinweis auf Noah eindeutig. Übrigens ist das Gericht der gefallenen Engel (1. Mo 6,2; 2. Pet 2,4; Jud 6.7) ebenso endgültig und unumkehrbar wie das der ungläubig Gestorbenen; es ist an den erwähnten Stellen von „ewigen Ketten“ und vom ewigen Feuer die Rede.
  4. „… die im Gefängnis sind“: So wie gläubige Personen als „Geister der vollendeten Gerechten“ bezeichnet werden (Heb 12,23), die im Paradies sind, befinden sich Personen wie die Zeitgenossen Noahs, die die Botschaft abgelehnt haben, ebenfalls im Totenreich, aber im Hades. Dort leiden sie bereits vor ihrer endgültigen Verurteilung (Off 20) große Qualen (Lk 16,23.24). Sie sind dort jetzt unentrinnbar wie in einem Gefängnis. Der Gedanke, dass es sich bei diesen Personen um die Gläubigen vor dem Kreuzestod Jesu handelt, denen Er die Befreiung verkündigt haben soll, ist unhaltbar; das wird durch die folgende Formulierung noch deutlicher:
  5. „… die einst ungehorsam waren …“: Mit dieser Ergänzung wird klar, dass es sich um Menschen handelt, die dem Aufruf Gottes durch Noah mit Ungehorsam begegnet sind. Sollten sie jetzt dafür „als Belohnung“ noch eine zweite Chance bekommen? Das widerspricht allen klaren Aussagen der Schrift, den vielen Aufrufen zur Buße wie zum Beispiel Hebräer 3,15: „Heute, wenn ihr seine Stimme hört„, oder 2. Korinther 6,2: „Jetzt ist der Tag des Heils“. Von einem „Morgen“ oder „Später“, womöglich nach dem Tod, spricht die Schrift an keiner einzigen Stelle!
  6. „… als die Langmut Gottes harrte in den Tagen Noahs …“: Nach 1. Mose 6,3 bot gerade der „Geist“ Gottes den Menschen 120 Jahre Gelegenheit zur Buße.
  7. „… während die Arche zugerichtet wurde …“: Der klare Bezug auf die Bauzeit der Arche macht deutlich: Die Predigt galt nicht irgendwelchen gefallenen Engeln, denen Christus seinen Triumph über sie verkündigte, sondern den damals lebenden Menschen, die aber durch ihren Unglauben jetzt im Gefängnis sind. Und diese Predigt geschah nicht durch Christus während seiner Zeit im Paradies (Lk 23,43), sondern durch Noah.

Vielleicht wird die Textbedeutung noch deutlicher, wenn man den Text mit Ergänzungen wie folgt formuliert: “Denn es hat ja Christus ... nach dem Geist, in dem [d.h. in dessen Kraft] er [nicht in Person, sondern durch Noah] auch [in der Zeit Noahs] hinging und den Geistern [der Menschen, die damals lebten und nun als Gestorbene] im Gefängnis [des Hades] sitzen ...”

1. Petrus 4,6

„Denn dazu ist auch den Toten gute Botschaft verkündigt worden, damit sie zwar gerichtet werden dem Menschen gemäß nach dem Fleisch, aber leben möchten Gott gemäß nach dem Geist.“

  1. „denn dazu ist auch den Toten ...“: Seit Adam sind (bis auf Henoch und Elia) alle Menschen gestorben: „Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht“ (Heb 9,27). Jetzt kann an ihrem Schicksal nichts und niemand mehr etwas ändern, weder zum Guten noch zum Bösen. Die Ungehorsamen sind (jetzt) im Gefängnis (siehe oben, im Hades), die Gehorsamen im Paradies. Der Gedanke an eine Verkündigung an Tote im Hades entbehrt jeder Grundlage und ist reine „Hinein-Interpretation“. Nach dem Tod kommt für Ungläubige nur noch das Gericht.
  2. „… gute Botschaft verkündigt worden …“: Zu allen Zeiten und Zeitepochen hat Gott „evangelisiert“ („gute Botschaft verkündigt“ ist im Griechischen ein Verb) und die Menschen zur Umkehr aufgerufen: Vor der Flut (z.B. Henoch, Noah), nach der Flut (z.B. Hiob), unter dem Gesetz usw. Das Zeugnis der Schöpfung bietet jedem die Möglichkeit, darin Gottes Botschaft zu erkennen und anzunehmen (Röm 1,19; vgl. das „ewige Evangelium“ in Off 14,6.7 mit einem ähnlichen Zeugnis).
  3. „… damit sie zwar gerichtet werden dem Menschen gemäß nach dem Fleisch …“: Mit dem „damit“ wird an das „dazu“ angeschlossen und der Grund für die Verkündigung genannt: Einerseits sollten sich alle Menschen unter das Urteil Gottes stellen lassen (vgl. Röm 3,19). Als „Fleisch“ ist jeder Mensch vor Gott schuldig; andererseits:
  4. "… aber leben möchten Gott gemäß nach dem Geist“: Anderseits folgt auf das Anerkennen des biblischen Urteils der Hinweis auf das große Ziel Gottes: Er will nicht den Tod des Gottlosen, son- dern dass er umkehrt von seinen Wegen und lebe (vgl. Hes 33,11). Wie der Mensch sich entscheidet, so wird sein Los sein: Entweder ewige Qual, wie es auch die Ungehorsamen aus der Zeit Noahs erleben (werden), oder ewige Freude im Himmel. Eine Predigt der Erlösung durch den Herrn Jesus an alle vor Golgatha gestorbenen Ungläubigen, als zweite Chance (wie man aus „Hoffnung für alle“ schließen könnte), steht auch zu dieser Bibelstelle in direktem Widerspruch.

Wir halten aus den beiden Bibelversen als biblische Wahrheit fest:

  • Christus war nach seinem Tod im Paradies, aber nicht in der Hölle;
  • die Menschen zur Zeit Noahs hatten bis zu 120 Jahre Zeit zur Bekehrung, nach ihrem Tod durch die Flut aber war ihr ewiges Gericht besiegelt; das gilt für alle ungläubig Gestorbenen aller Zeiten;
  • die erwähnte Predigt geschah durch den (Heiligen) Geist Christi, in der Person Noahs, nicht durch Christus während seines Aufenthalts im Totenreich (Paradies);
  • das Gericht der gefallenen Engel ist seit ihrer Auflehnung gegen Gott für immer besiegelt;
  • niemandem wurde oder wird nach seinem Tod eine zweite Chance zur Bekehrung gegeben.

 Fußnoten

1 in der Begriffserklärung einer Sonderausgabe der Lutherbibel (1999/2004) heißt es unter dem stichwort “Gefängnis”: “Auch ihnen (den Engeln aus 1. Mo 6, Ergänzung des Verf.) wird durch Christus die Möglichkeit der Vergebung angekündigt (1. Pet 3,19). Nach 1. Pet 4,6 gilt die Rettungstat Christi auch den Menschen, die vor seinem Erscheinen gestorben sind“.

In der Mac-Arthur-Studienbibel wird zu 1. Pet 3,19 formuliert: “geistern im Gefängnis. Das sind abgefallene Engel (...). Zwischen Christi Tod und Auferstehung ging er in seinem lebenden Geist zu den dämonischen Geistern (...) und verkündete, dass er trotz seines Todes über sie triumphiert hat”.

In der deutschen Fassung der Scofield Bibel (rev. elb. Übersetzung, 1997) wird in einer Bemerkung zu 1. pet 3,19 die biblische Lehre ebenfalls abgeschwächt (Hervorhebung durch den Verf.): “Das bedeutet wohl, dass Christus durch den Heiligen Geist und durch Noah in den Zeiten des AT zu den ungeretteten Menschen sprach. (…). Die Auffassung, dass der Herr Jesus (…) den ungeretteten Toten im Totenreich gepredigt hat und ihnen noch eine zweite Gelegenheit zur Rettung gab, wird durch die Schrift nicht genügend belegt“.

Auch „Hoffnung für alle“ (1997) gibt 1. Pet 3,19 und 4,6 sehr irreführend wieder: “So ist er auch zu den Verstorbenen in die Totenwelt gegangen, um ihnen die Botschaft der Befreiung zu verkündigen”; „Denn auch Toten ist die Botschaft der Rettung durch Jesus verkündigt worden. Was sie getan hatten, brachte ihnen den Tod ein, aber durch seinen Geist gab Gott ihnen die Möglichkeit, zum ewigen Leben zu gelangen”.