Jesus Christus

Die letzten 24 Stunden im Leben des Herrn Jesus (Teil 2)

Teil 2: Gethsemane

Der Herr Jesus hatte seine Jünger mit den kommenden Ereignissen seiner Überlieferung, seiner Leiden und seines Todes vertraut gemacht. Dann begab er sich auf den Weg in den Garten Gethsemane, wo er verraten und gefangen genommen werden sollte.

Nachdem der Herr Jesus mit seinen Jüngern noch ein Loblied zur Ehre Gottes gesungen hatte, ging Er mit den Seinen aus der Stadt Jerusalem hinaus, den Abhang hinunter in das Kidrontal und hinein in den Garten Gethsemane. Er ließ acht von seinen Jüngern im Eingangsbereich des Gartens zurück, während Er Petrus, Jakobus und Johannes ein Stück weiter in den Garten hinein führte.

Im Matthäusevangelium liest man die zu Herzen gehenden Worte: Er „fing an, betrübt und beängstigt zu werden. Dann spricht er zu ihnen: Meine Seele ist sehr betrübt bis zum Tod; bleibt hier und wacht mit mir“ (Mt 26,37-38). Wir haben hier eine der wenigen Stellen in den Evangelien, in denen uns etwas über die Empfindungen unseres Heilands aufgezeichnet ist. „Er fing an …“: das meint nicht ein vorübergehendes Gefühl, sondern betont den Gedanken, dass es der Beginn eines Geschehens war, der durch Betrübnis und Beängstigung gekennzeichnet war. Diese Ausdrücke zeigen die große Not und Beschwernis unseres Herrn.

Wenn der Herr Jesus hier von „Betrübnis bis zum Tod“ spricht, dann schließt das natürlich auch seine Empfindungen im Blick auf den bevorstehenden Tod ein. Wenn Markus schreibt, dass der Herr Jesus anfing, „sehr bestürzt und beängstigt zu werden“ (Mk 14,33), kommt man unter den Eindruck, dass die Not der Vorausempfindungen unseres Herrn einen nicht mehr steigerungsfähigen Punkt erreicht hatten. Wenn auch das Kreuz selbst mit allen seinen Schrecken und Qualen noch vor Ihm lag, so empfand der Heiland doch im Voraus zutiefst, was Ihm Stunden später widerfahren sollte. Dabei ging es vorrangig nicht um unbeschreibliche körperliche Not, sondern vor allem um das schonungslose Gericht Gottes und den Tod als Lohn der Sünde. Das alles stand sozusagen „greifbar“ vor seinem „inneren Auge“.

Lukas beschreibt die äußeren Begleitumstände der inneren Not unseres Herrn. „Und als er in ringendem Kampf war, betete er heftiger. Und sein Schweiß wurde wie große Blutstropfen, die auf die Erde herabfielen“ (Lk 22,44). Diese Aussage wird umso bedeutsamer, wenn man berücksichtigt, dass es eine kalte Nacht war, in der unser Heiland überliefert wurde; Stunden später zündete man im Hof des Hohenpriesters ein Feuer an, um sich zu wärmen – so kalt war es (vgl. Joh 18,18). Zeigen die Ausdrücke „ringender Kampf“, „heftiges Gebet“ und „Schweiß, wie große Blutstropfen“ nicht in eindrücklicher Weise die unbeschreiblich tiefe Not unseres Herrn?

Was war nun der Inhalt seiner Gebete? In Matthäus 26,39-44 finden wir dazu drei Hinweise:

  • „Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst“ (Mt 26,39).
  • „Mein Vater, wenn dieser Kelch nicht vorübergehen kann, ohne dass ich ihn trinke, so geschehe dein Wille“ (Mt 26,42).
  • „Und er ließ sie, ging wieder hin, betete zum dritten Mal und sprach wieder dasselbe Wort“ (Mt 26,44).

Das erste Gebet zeigt, wie sehr den Herr Jesus vor diesem schrecklichen Gericht schauderte. Niemand anders als Er selbst wusste besser, was es bedeuten würde, göttliches Gericht über die Sünde zu erleiden. Dieses erste Gebet macht deutlich, wie schrecklich es für Ihn, den Reinen und Sündlosen war, in das Gericht Gottes über unsere Sünden gehen zu müssen. Und doch – bei aller Schrecklichkeit war und blieb es zu jeder Zeit sein fester und unerschütterlicher Vorsatz, den Willen Gottes zu erfüllen; selbst dann, wenn es Kreuzesleiden und Tod mit sich bringen würde.

Das zweite Gebet zeigt uns die ganze Bereitwilligkeit und Hingabe des Herrn Jesus an den Vater. Wenn es denn keinen anderen Weg gab, dann war Er bereit, diesen Kelch zu trinken. Bei einer früheren Gelegenheit hatte der Herr Jesus seine Jünger beten gelehrt: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf der Erde“ (Mt 6,10). War dem Herrn Jesus die Tragweite dieses Gebets im Blick auf das, was Ihm selbst bevorstand, bewusst gewesen? Ja! Jetzt, wo es um Ihn selbst ging, wo Leiden, Schmerzen, Gericht und Tod unmittelbar vor Ihm standen, da blieb sein Wunsch unverändert derselbe: „dein Wille geschehe“ – auch wenn die Erfüllung dieses Willens das Verlassensein von Gott mit sich bringen würde und letztendlich auch seinen Tod einschließen würde. Was für ein Gehorsam, was für eine Hingabe an Gott!

Ein drittes Mal betete der Heiland; man kann wohl davon ausgehen, dass es die Bekräftigung des zweiten Gebets war. Sein Entschluss war und blieb fest:

„des Vaters heil’gen Willen in Treue zu erfüllen.“