Bibelstudium

Maleachis Botschaft: die Liebe und das Gericht Gottes

Maleachis Botschaft:

die liebe und das Gericht Gottes

Mit dem Propheten Maleachi schließt das Alte Testament. Es ist der letzte alttestamentliche Blick Gottes auf den Zustand seines Volkes Israel. Nachdem Maleachi seine Botschaft ausgerichtet hatte und dieser Ruf Gottes nahezu ungehört verhallte, hüllte Gott sich mehr als 400 Jahre in Schweigen.

Maleachi richtete seine Botschaft an den aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrten Teil Israels. Aus den Büchern Esra und Nehemia wissen wir, dass Gott über diesen Überrest am Anfang manches Erfreuliche zu berichten hatte. Doch der Prophet Maleachi bekam die Aufgabe, dem Volk unverblümt vorzustellen, dass ihr innerer Zustand nach Gottes Urteil alles andere als erfreulich war.

In der Bibel lesen wir, dass der Heilige Geist gegeben, gesandt und ausgegossen wurde, dass Menschen mit dem Heiligen Geist gesalbt, getauft und versiegelt wurden und dass Menschen mit dem Geist Gottes erfüllt wurden bzw. voll Heiligen Geistes waren. Sind das nur verschiedene Bezeichnungen für jeweils die gleiche Tatsache? Oder weisen die unterschiedlichen Ausdrücke auf verschiedene Aspekte der immer gleichen Sache hin? Oder werden damit doch verschiedene Erscheinungen bezeichnet? Diesen Fragen wollen wir hier einmal auf Bitten einer Leserin von „Folge mir nach“ nachgehen. Bevor wir ins Detail gehen, wollen wir jedoch eine kurze thematische Einteilung des Buches vornehmen.

Thematischer Überblick

Einleitung: Kapitel 1,1 5 Gott bezeugt seine Liebe zu Israel
1. Abschnitt: Kapitel 1,6 2,17 Gott beurteilt den Zustand des Volkes
  Kapitel 1,6 14 … ihren Opferdienst
  Kapitel 2,1 9 … das Verhalten der Priester
  Kapitel 2,10 17… das Verhalten des Volkes
2. Abschnitt: Kapitel 3,16 Gott kündigt Gericht an
3. Abschnitt: Kapitel 3,712 Gott ruft zur Umkehr auf
4. Abschnitt: Kapitel 3,13 18 Gott sieht Gottlose und Gottesfürchtige
5. Abschnitt (Schluss): Kapitel 3,19 24 Der Tag des Herrn

Gott bezeugt seine liebe zu israel

Gott beginnt seinen Appell an das Volk mit der Beteuerung seiner Liebe zu ihnen, die sich über die Jahrhunderte nicht geändert hat (1,1). Gott, der nie einen Anlass braucht, um zu lieben, hatte sich damals die Patriarchen auserwählt – auch den Ränkeschmied Jakob (1,2). Er hatte sie zu sich gezogen und ihnen und ihren Nachkommen großartige Verheißungen gegeben. Hinter allen Wegen Gottes mit Israel – auch hinter der Wüstenreise, auch hinter der 70-jährigen Gefangenschaft in Babel – stand die souveräne Liebe Gottes zu seinem Volk (vgl. 5. Mo 7,7).

Doch in den Worten: „Ich habe euch geliebt“, klingt der ganze Kummer Gottes darüber mit, dass sein Volk kaum eine Antwort auf seine Liebe gezeigt hat. Sie haben offensichtlich Probleme damit, hinter den teilweise harten Wegen Gottes seine Liebe zu erkennen. „Worin hast du uns geliebt?“, fragen sie trotzig. Diese Frage offenbart Gleichgültigkeit, ja, Gefühllosigkeit und Unzufriedenheit zugleich.

 Gott beurteilt den Zustand des Volkes

Gleichgültigkeit zeigt das Volk nicht allein gegenüber der Liebe Gottes. Auch die Größe und Autorität Gottes ist anscheinend völlig in Vergessenheit geraten. Jeder Vater wird normalerweise von seinen Söhnen geehrt und einem Herrn begegnen seine Knechte mit Ehrfurcht und Respekt. Aber das scheint für Israel in seinem Verhältnis zu Gott nicht mehr zu gelten (1,6). Ihn kann man so behandeln, wie es einem beliebt – diese Schlussfolgerung legt zumindest ihre Praxis nahe. Wahrscheinlich haben sie noch nicht einmal unbedingt verächtlich über Gott gesprochen. Sie sind auch nicht zu Götzendienern geworden. Im Gegenteil. Opferdienst und Priesteramt zeigen, dass eine gewisse Religiosität vorhanden ist. Aber ihre Gleichgültigkeit gegenüber Gott führt sie zu grobem Fehlverhalten in der Praxis, und damit verachten sie letztendlich Gott.

Worin zeigt sich diese Verachtung als Erstes? Im Opferdienst. Die Tiere, die zum Altar gebracht werden, sind solche, die sie sowieso loswerden wollen. Sie bringen ihre blinden, lahmen und kranken Tiere und lassen die gesunden „Männlichen“ zu Hause (1,8.13.14). Was würde der Statthalter sagen, wenn ihm jemand ein lahmes Schaf anbieten würde (1,8)? Aber für Gott sollte es noch gut genug sein? Das ist rein äußerliche Pflichterfüllung, die auf Dauer zur Last wird (1,13). Gott geht es doch nicht um den Geruch von verbranntem Fleisch. Er sucht die Herzen dahinter. Doch die sind bei dieser Art Opferdienst unbeteiligt.

Als nächstes wendet sich Gott an die Priester. Er erinnert sie an ihre ursprüngliche Aufgabe. Sie waren in Israel dafür zuständig, das Gesetz zu lehren und vorzuleben. Anfangs waren sie dieser Aufgabe sehr gut nachgekommen (2,5; vgl. 5. Mo 33,9). Wir erinnern uns an das Verhalten des Stammes Levi bei der großen Sünde des goldenen Kalbs (2. Mo 32,26-29) und an den treuen Priester Pinehas (siehe 4. Mo 25,6-8). Durch ihre Treue hatten die Leviten viele Israeliten von schlechten Wegen zurückgebracht. Aber die Priester zur Zeit Maleachis tun das Gegenteil. Sie verleiten das Volk sogar zur Übertretung des Gesetzes. 

Die fehlende Ehrfurcht vor Gott und seinem Wort und das schlechte Vorbild der Priester bleiben auch beim Volk nicht ohne Folgen. Untreue gegenüber Gott (2,11) führt zu Untreue gegeneinander (2,10) und Untreue in der Ehe (2,14-16). Trotzdem tut man so, als könne man das eigene Fehlverhalten mit dem Glauben an Gott in Einklang bringen. Das funktioniert jedoch nur, wenn man seine Vorstellungen über Gott seinem eigenen Verhalten anpasst (2,17).

Doch Gott passt sich nie unserem Verhalten an. Seine Grundsätze sind auch am Ende des Alten Testaments noch dieselben wie am Anfang. Besonders deutlich wird das am Beispiel der Ehe. „Ich hasse Entlassung“, sagt Gott und erteilt damit allen falschen Praktiken, die sich mittlerweile eingeschlichen haben, eine deutliche Absage.

Gott kündigt Gericht an und ruft zur Umkehr auf

Gleichgültigkeit, Auflehnung, Untreue – ein trauriger Zustand im zurückgekehrten Volk. Wenn sich das nicht ändert, muss Gott mit Gericht antworten. Zuerst wird Er seinen Boten senden, aber dann wird der Herr selbst „plötzlich“ zu seinem Tempel kommen.

Gott sandte Johannes den Täufer als Boten und Herold zu seinem Volk. Durch die Bußpredigt und die Taufe sollte er das Volk Gottes auf das Kommen des Herrn Jesus vorbereiten. Der Herr Jesus sagte einmal: „Elia zwar kommt und wird alle Dinge wiederherstellen; ich sage euch aber, dass Elia schon gekommen ist, und sie haben ihn nicht erkannt, sondern an ihm getan, was irgend sie wollten“ (Mt 17,11.12). Gemeint war Johannes (vgl. Mt 11,14). Dann kam der Herr selbst, in der Person des Herrn Jesus, des Sohnes Gottes. Der Zustand des Volkes hatte sich seit den Tagen Maleachis nicht zum Guten geändert. Im Gegenteil: Die Verachtung Gottes gipfelte in der Kreuzigung seines Sohnes. Seitdem warten die Juden weiter auf einen Messias nach ihren Vorstellungen.

Sie ahnen jedoch nicht, dass der, den sie „suchen“ und „begehren“ (3,1), schon einmal da war und das nächste Mal nicht zu ihrem Heil, sondern zum Gericht kommen wird. Dann nämlich wird sich die Vorhersage Maleachis erst endgültig erfüllen. Zuerst wird der Herr Jesus wiederkommen und die Seinen, das heißt alle, die an Ihn glauben, in den Himmel entrücken (Joh 14,1-3; 1. Thes 4,15 ff.). Aber dann kommt eine Gerichtszeit über die ganze Erde (Off 3,10) und besonders über Israel (Mt 24,21). In dieser Zeit wird Gott einen (oder mehrere Propheten) senden, die den Charakter Elias haben (vgl. Off 11,3 ff.), um die Juden noch einmal zur Buße und Umkehr zu bewegen. Am Ende dieser Gerichtszeit wird dann der Herr Jesus selbst auf den Ölberg kommen (Sach 14,4) und danach plötzlich im Tempel stehen, um dieses Haus, das der Antichrist entweiht hat (2. Thes 2,4), vom Bösen zu reinigen.

Dann wird die Möglichkeit zur Umkehr vorbei sein. Jetzt besteht sie noch. Gottes Langmut fordert das Volk durch Maleachi noch einmal zur Umkehr auf (3,7). Der Herr hat sein Volk nicht aufgegeben, sondern wendet sich an ihr Gewissen. Er war bereit zu vergeben und die „Fenster des Himmels“ für sie zu öffnen (3,10). Wenn sie ein Fünkchen Reue gezeigt hätten ...

Gott sieht Gottlose und Gottesfürchtige

Doch wenn Gott richtet, tut Er das nicht wahllos. Er hat schon immer einen Unterschied gemacht zwischen Gottlosen und Gottesfürchtigen. Die „trotzigen“ und egoistischen Worte der Gottlosen, die keinen Nutzen für sich im Gottesdienst sehen, sondern ein Leben in Übermut und Ungerechtigkeit vorziehen, sind Ihm nicht entgangen (3,13-15). Aber ebenso verfolgt er mit großem Interesse und mit Freude die Unterredungen der Gottesfürchtigen und schreibt sie in sein Gedenkbuch (3,16). Sie werden vor dem Gericht verschont.

Der Tag des Herrn

Dieses Gericht wird in den Schlussversen des Propheten Maleachi mit dem „Tag des Herrn“ verbunden. Diesen Ausdruck finden wir etliche Male in den prophetischen Büchern des Alten Testaments. In Kapitel 3,19 wird diese Zeitperiode einfach „Tag“ genannt, in Vers 23 „Tag des Herrn“. Es ist eine noch zukünftige Zeit, die durch die Herrschaft des Herrn in Gerechtigkeit geprägt ist. Sie wird durch die Beseitigung alles Bösen im Gericht (s. Mt 25,31ff.) vor der Einführung des 1000-jährigen Friedensreiches eingeleitet.

Gott wird dann den „Unterschied zwischen dem Gerechten und dem Gottlosen“ sichtbar werden lassen (3,18). „Der Tag wird es klar machen“ (1. Kor 3,13), wie jeder zu Gott steht. Für die einen wird dieser Tag „brennend wie ein Ofen“ kommen. Sie werden „zertreten“ werden und keine Zukunft haben (3,19.21).

Für die Gottesfürchtigen wird „die Sonne der Gerechtigkeit“ aufgehen und Heilung bringen (3,20). Das ist ein bildlicher Hinweis auf das Wiederkommen des Herrn Jesus, wenn Er aus dem Himmel zu seinem Volk Israel kommen wird, um als Messias über sie zu herrschen. Dann wird das erste Mal auf dieser Erde vollkommene Gerechtigkeit herrschen (Jes 32,1). Er wird sein Volk im Blick auf ihre Sünden, Krankheiten und ihre zerstörten Beziehungen untereinander heilen und echte Freude bewirken.

Auch für uns wird das eine Zeit ganz besonderer Schönheit sein. Als Gläubige der Gnadenzeit dürfen wir diese Zeit aus himmlischer Perspektive an der Seite unseres Herrn Jesus erleben. Es ist schon jetzt eine Freude, daran zu denken, dass der Herr Jesus dann in Israel und in der ganzen Welt geehrt wird, dass Gerechtigkeit herrschen wird und letztlich die Spuren der Sünde von der Erde beseitigt werden.

Marco Leßmann