Bibel praktisch

Das ist mur zu schwer... Oder: Leichte Kost gefragt?

„Das war mir zu schwer ...“ Oder: Leichte Kost gefragt!? „Das war (mir) zu schwer“, hört man manchmal nach einer Predigt oder Bibelstunde sagen. Nachdem man anfangs versucht hat, den Äußerungen zu folgen, schaltet man nach einer Viertelstunde ab. Die restliche Zeit ist man nicht mehr bei der Sache. Das Gehörte prallt ab. Und der Segen bleibt aus.

Solche Erlebnisse kommen vor. Wie gehen wir damit um? Sind sie normal oder haben wir uns vielleicht schon daran gewöhnt? „Was soll man denn machen, wenn die Brüder immer wieder solch schwierige Themen behandeln?“, mag jemand einwerfen. Ja, die Brüder... – oder sind möglicherweise auch die Zuhörer verantwortlich für den entgangenen Segen?

 

In der Schule

Für den Unterricht in der Schule (in Deutschland) gibt es einen Lehrplan, der sowohl für die Lehrenden als auch für die Lernenden eine Orientierung bietet. Jedem ist klar, dass der Lehrstoff das Alter und die (Vor-)Bildung der Schüler berücksichtigen muss. Denn bevor die Schüler beispielsweise nicht die Grundrechenarten gelernt haben, ist es sinnlos, die Bruchrechnung zu erklären. Oder: Wer nicht die Grundzüge der deutschen Sprache beherrscht, wird keinen brauchbaren Aufsatz schreiben können.

Dem Lehrplan liegt ein Konzept zugrunde: Indem die Schüler im Lernen Fortschritte machen, sollen sie eine Qualifikation erreichen. Diese Fortschritte sind von den Schülern erwünscht: Wer z.B. die Fachoberschulreife anstrebt, möchte nicht im 9. Schuljahr noch die Grundrechenarten trainieren. Für viele wäre das außerdem äußerst langweilig. Andererseits wären die meisten Schüler überfordert, wenn sie in der 5. Klasse schon Gleichungssysteme zu lösen hätten. Wichtig ist also ein angemessener Lehrstoff, der auf Bekanntem aufbaut und so die Schüler zum Lernfortschritt und schließlich zur gewünschten Qualifikation führt.

 

Gottes „Lehrplan“

Jeder Christ ist im weitesten Sinn auch ein Schüler, dazu braucht man keine Bibelschule zu besuchen. Und Gott hat sich für jeden von uns eine „Qualifi kation“ zum Ziel gesetzt: Er will uns zur geistlichen Reife bringen. Dieses Ziel wird gewiss nicht allein über das Erlernen von Theorie erreicht. Vieles lernen wir maßgeblich durch Erfahrungen des Alltags, z.B. dass in meinem Fleisch, meiner alten Natur, nichts Gutes wohnt. Dennoch ist der „Lehrstoff" der Bibel von größter Bedeutung, um die gewünschte „Qualifikation“ zu erreichen.

Folgende Punkte sind Bestandteil von Gottes „Lehrplan“:

  • „... damit ihr erfüllt sein mögt mit der Erkenntnis seines Willens in aller Weisheit und geistlicher Erkenntnis
  • ... wachsend durch die Erkenntnis Gottes“ (Kol 1,9.10).
  • „... um ihn zu erkennen und die Kraft seiner Auferstehung“ (Phil 3,10).
  • „... um die Dinge zu kennen, die uns von Gott geschenkt sind“ (1. Kor 2,12).
  • „... damit wir nicht mehr Unmündi- ge seien, hin und her geworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre“ (Eph 4,14).

Können wir uns mit diesen Zielen identifizieren? Wer diese Ziele zu seinen eigenen macht, wird wirklich geistliche Fortschritte machen.

 

Gottes „Lehrbuch“

Gott, der Heilige Geist, hat den Schreibern der Bibel Wort für Wort eingegeben (vgl. 2. Tim 3,16; 2. Pet 2,21). Insofern hat jede Aussage ihren richtigen Platz und entspricht Gottes Anordnung. Es geht also nicht nur um Inhalte, die Er vermitteln möchte; auch die „Methode“ ist wichtig. Deshalb wollen wir stets beachten , was Gott uns durch sein Wort sagen will, und zugleich bewundern, wie Er uns die Dinge mitteilt.

Allerdings ist die Bibel kein systematisches Lehrbuch. Wir finden dort nicht die Lehre der Vergebung, der Nachfolge oder des Heiligen Geistes in einem Kapitel umfassend dargestellt. Die Lehre der Bibel erkennt man häufig erst, indem man die Aussagen verschiedener Bibelabschnitte zusammenträgt.

Dabei gibt es zwar einfach und schwer zu verstehende Bibelbücher. Aber nie werden wir auf eins verzichten können. Jedes Bibelbuch enthält sowohl einfache als auch schwierige Verse, sodass auch „Fortgeschrittene“ nie eine „Qualifikation“ erreichen, bei der sie nur noch die anspruchsvollen Bücher bzw. Verse benötigen. Nein, gerade die einfachen Verse sind oft eine große Herausforderung für das praktische Verhalten. Zu-dem enthalten einfache Verse oft eine tiefe Bedeutung, die erst von „Fortgeschrittenen“ erkannt wird.

 

Nicht ohne Hilfe

Stellen wir uns vor, wir müssten die Bibel ohne jegliche Hilfsmittel lesen. Was würden wir verstehen? Inwieweit würden wir den Willen und die Gedanken Gottes kennen? Und wie sähe unsere Lebenspraxis aus? – Nicht dass wir uns missverstehen: Jeder Gläubige besitzt den Heiligen Geist, der in die ganze Wahrheit leitet (vgl. Joh 16,13). Wer die Bibel aufrichtig liest und danach lebt, wird auf jeden Fall geistliche Fortschritte machen – und immer mehr verstehen. Aber trotzdem würden den meisten Lesern viele Wahrheiten durch fehlende Zusammenhänge verborgen bleiben. Deshalb hat Gott „den Menschen Gaben gegeben“ (Eph 4,8). Und Er legt großen Wert darauf, dass das Erlernte weitergegeben wird: „Und was du von mir ... gehört hast, dass vertraue treuen Leuten an, die tüchtig sein werden, auch andere zu lehren“ (2. Tim 2,2).

 

Gottes „Lehrkräfte"

Wenn Diener des Herrn das Wort predigen, dann nicht mit der Absicht, ihre Gabe zu präsentieren oder um bloßes Wissen zu vermitteln, sondern „zur notwendigen Erbauung, damit es den Hörenden Gnade darreiche“ (Eph 4,29). Erbauung – darunter ist alles zu verstehen, was aufbaut, was fördert, nicht nur das, was erhebend und erfreulich ist. Paulus, der bewährte Diener des Herrn, setzt sich in seinem Dienst stets zum Ziel, jeden Gläubigen zur geistlichen Reife zu bringen. Unter großem Einsatz war er bemüht, „jeden Menschen zu ermahnen und jeden Menschen zu lehren in aller Weisheit“ (Kol 1,28).

Achten wir darauf, wie Paulus das tat: „in aller Weisheit“. Er berücksichtigte den jeweiligen Zustand der Gläubigen. Als er damals in Korinth war, konnte er nicht die Wahrheiten entfalten, die er später den Ephesern mitgeteilt hat. Die Korinther waren noch Unmündige in Christus. Deshalb versorgte er sie mit „Milch“ und nicht mit fester Speise. Diese konnten sie (noch) nicht aufnehmen (vgl. 1. Kor 3,1.2).

Ähnlich ging der Schreiber im Brief an die Hebräer vor. Gern hätte er ihnen mehr von den Herrlichkeiten des Herrn Jesus erzählt. Doch es kostete Mühe, ihnen diese vorzustellen, denn sie waren im Hören träge geworden und konnten deshalb nur „Milch“ zu sich nehmen (vgl. Heb 5,11.12).

 

Ein „gemischtes Publikum“

In den christlichen Zusammenkünften, wenn die Gläubigen als Versammlung zusammenkommen, ist die Situation anders als in der Schule. Jung und Alt sind zusammen, und alle wollen gern gesegnet werden. Gott wünscht dabei nicht eine Klasseneinteilung nach Alter und Reifegrad. Aufgrund des „gemischten Publikums“ ergibt sich für die Diener eine gewisse Schwierigkeit. Woran sollen sie sich bei ihren Themen orientieren? An dem geistlich Jüngsten – oder besser am „Durchschnitt“? Optimal ist natürlich, wenn alle etwas davon haben. Kein Diener könnte dieser Anforderung entsprechen, wenn nicht der Herr die Leitung übernehmen würde, sowohl beim Redenden als auch bei den Hörenden. Er kann und wird allen das rechte Maß an geistlicher Speise geben. Ihm sei Dank dafür! Voraussetzung unsererseits ist allerdings eine verständliche Botschaft und der aufrichtige Wunsch der Zuhörer, gesegnet zu werden.

 

Willige und fleißige „Schüler“

Dass während einer Predigt oder Bibelstunde Fragen entstehen und unbeantwortet bleiben, ist ganz normal. Es ist kein Grund, deprimiert zu sein. Im Gegenteil, es zeigt, dass die Zuhörer innerlich dabei waren. Und es bietet die Gelegenheit dazuzulernen. In Korinth gab es damals diese Situation auch. Einige Frauen hatten Fragen und wünschten ent- sprechende Erläuterungen. Was konnten sie tun? Da Frauen in den Versammlungen schweigen sollen, gibt Paulus ihnen eine „Haus“-Aufgabe: „Wenn sie aber etwas lernen wollen, so sollen sie daheim ihre eigenen Männer fragen“ (1. Kor 14,35). Das Gehörte sollte also zu Hause weiter besprochen werden. So konnte es für alle zum Nutzen sein.

Diese Praxis gilt sicherlich auch für junge Leute und natürlich auch für alle Unverheirateten. Wer keinen Mann oder Vater zu Hause hat, dem wird gern ein schriftkundiger Bruder hilfreich sein – auch per Telefon oder Mail. Entscheidend dabei ist meist nicht unsere familiäre Situation, sondern ob wir etwas lernen wollen.

Bekanntlich gehören gerade die Briefe des Apostels Paulus zu den schwierigen Teilen des Neuen Testaments. Das gibt selbst der Apostel Petrus zu. Er musste sich bei einigen Briefen wohl auch anstrengen, um sie richtig zu verstehen (vgl. 2. Pet 3,16). Das bedeutete für ihn jedoch nicht, sie zu vernachlässigen oder gar zu ignorieren. Nein, ihm war durchaus bewusst, dass es sich um das Wort Gottes handelte. Deshalb tadelt er solche, die diese Briefe verdrehten.

Wollen wir nicht das gesamte Wort Gottes an- und aufnehmen, wenn es gelesen oder gepredigt wird? Wer nur (noch) das lesen und hören möchte, was er sofort versteht und was ihm sofort etwas bringt, wird an vielen Kapiteln der Bibel vorbeigehen. Doch wie schlimm wäre es, wenn Gottes Botschaft an die Menschen beschnitten würde! Und wie schade, wenn wir gleichgültig an den Schätzen vorbeigehen würden, die ein Teil unseres Glücks ausmachen! Machen wir es wie Kaleb. Selbst im hohen Alter wollte er mit Gottes Hilfe den Landstrich erobern, den Gott ihm geschenkt hatte. Woher nahm er die Motivation? Er wusste sein Erbteil richtig zu schätzen.

Gottes Sache ist es, eine Sache zu verbergen, aber der Könige Ehre, eine Sache zu erforschen.

Sprüche 25,2