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Die "Eventisierung" des Glaubens

Was für eine Wortschöpfung! Eventisierung des Glaubens. Das kennt  noch kein Duden – nicht einmal mein Word-  Rechtschreibprogramm. Und doch hat es den  Anschein, als ob es im Glaubensleben junger  Christen ohne Events nicht mehr geht ...

Eventisierung – dieses Wort entspringt übrigens nicht meiner eigenen  Kreativ-Leistung. Amüsiert las ich von  der „Eventisierung des Glaubens“ in einem Leitartikel einer großen konservativen Tageszeitung, die den 32. Deutschen Evangelischen Kirchentag kom-  mentierte. Nachdem ich im Jahr 2005  beeindruckt war, wie ein kirchliches  Megatreffen noch immer Massen von  Menschen faszinieren kann, fiel mir dieser Begriff natürlich sofort auf. Und  da man langsam aber sicher den Eindruck gewinnt, dass es auch unter ernsthaften und entschiedenen jungen Christen ohne diese sogenannten „Events“, besonders Mega-Events, nicht mehr geht, entstand dieser Arti-  kel. Es ist überhaupt schon interessant, dass man sich dieses Begriffes „Event“  bedient, der letztlich nichts anderes ist  als eine Übersetzung von „Fest“ oder  „Veranstaltung“.

Aber Event klingt einfach spritziger...

 

Trendkonferenzen

Inzwischen hat sich unter manchen  jungen Leuten der Begriff von „Trendkonferenzen“ eingebürgert. Das sind  Bibelkonferenzen, die in den letzten  Jahren deutlich an Teilnehmerzahlen  zugenommen haben. Ich erinnere mich  beispielsweise an eine Konferenz, die  in den 90er Jahren nie  von mehr als vielleicht  250–300 Geschwistern besucht wurde.  Heute sitzen wir mit  rund 1.000 Geschwistern eng zusammen,  mit vielen jungen und  älteren Christen. Das  erfreut mich, natürlich verbunden mit  der Hoffnung, dass die  (jungen) Leute – neben  sicher verständlichem  Interesse am abendlichen Grillen und am  Treffen mit Freunden - echtes Interesse an der Betrachtung  des Wortes Gottes haben.

Andere Bibelkonferenzen gehen über  mehrere Tage und ziehen noch mehr,  vor allem junge Leute an. Das scheint  ein gewisser gesellschaftlicher Trend zu  Großveranstaltungen zu sein, der auch  vor den Toren christlicher Veranstaltungen nicht Halt macht. Aber Großveranstaltungen sind nicht neu: Auch im Leben des Herrn Jesus finden wir solche  Großveranstaltungen, einmal mit 5.000  Männern zuzüglich Frauen und Kinder.  Ein anderes Mal waren es 4.000 Männer  zuzüglich Frauen und Kinder (vgl. Mt  14,14–21; 15,32–39).

 

Herausforderung „Event“ 

Solche großen Veranstaltungen, aber  auch die kleineren Events sowie Bibelfreizeiten, können jungen Leuten heute sicher Mut machen. Jeder Einzelne  kann erfahren, dass nicht er alleine  dem Herrn Jesus nachfolgen möchte, sondern dass es noch viele andere  gibt. Dort können auch gute Freundschaften entstehen, wenn man sich die  „richtigen“ Freunde sucht, die zu einem  Leben in der entschiedenen Nachfolge  hinter dem Herrn Jesus her motivieren.

Wichtig ist mir, dass sich das geistliche Leben nicht in solchen Events erschöpft. Solche Großkonferenzen und  auch Bibelfreizeiten können flankierende Ermutigungen, zum Teil sogar  mit bleibender Erinnerung für junge  Christen sein. Das eigentliche Leben  wird allerdings am Wohnort, in der  Familie und in der örtlichen Versammlung (Gemeinde) geformt und geprägt.  Manche junge Geschwister empfinden am eigenen Ort einen Mangel an  geistlicher Nahrung und biblischen  Vorbildern, vielleicht auch teilweise  ein Übermaß an Ge- und Verboten.  So atmen sie innerlich auf, wenn sie  einmal auf Konferenzen gehen dürfen. Das kann man gut verstehen. In  diesem Sinn sollten diese „Events“ ein  Ansporn sein, auch als jüngerer Christ  seine Aufgabe am Ort wahrzunehmen,  sei es als Bruder in den Zusammenkünften oder als junge Geschwister  auch außerhalb.

Auf Großveranstaltungen kann man  durch den Appell von Evangelisten,  Hirten oder auch Lehrern besonders angesprochen werden und eine Veränderung in seinem Glaubensleben erfahren. Sicher wird auch immer wieder  ermutigt, die „normalen“ Zusammenkünfte zum Namen des Herrn Jesus  hin nach Matthäus 18,20 zu besuchen,  auch die „normalen“ Bibelkonferenzen, wo vielleicht nicht so viele besonders begnadete Diener des Herrn anwesend sind und die Themen nicht auf  junge Menschen zugespitzt werden,  das Wesentliche aber geschieht: Man  denkt gemeinsam über Gottes Wort  nach. Wir sollten daher, bei allem Mangel und Versagen, die „Hausmanns-  kost“ am eigenen Ort nicht missachten.

 

Das persönliche Leben mit dem  Herrn Jesus

Wichtig für die geistliche Entwicklung  eines Gläubigen ist sein persönliches  Leben mit dem Herrn Jesus. Dazu gehören die tägliche Andacht und das persönliche Gebet. (Wer schafft es heutzutage noch, mal eine Stunde konzentriert und andächtig eine Bibelauslegung zu lesen?) Dazu gehört der regelmäßige Besuch der Zusammenkünfte  zum Gebet, zum Gedächtnismahl des  Herrn und zur Wortverkündigung. Dazu  gehört auch der Besuch der örtlichen  Jugendstunde (Bibelstunde für junge  Menschen), wenn es diese am Ort gibt,  genauso wie das Pflegen von Freundschaften mit jungen, entschiedenen  Christen (des gleichen Geschlechts).  Wenn sich junge Brüder, die miteinander befreundet sind, regelmäßig über  die normalen Zusammenkünfte hinaus treffen, um miteinander zu beten  und die Bibel zu lesen, ist das sehr zu  unterstützen. Auch junge Schwestern  können das – im Rahmen der Schrift  – praktizieren. Wenn sie einen älteren  Bruder ihres Vertrauens dazu gewinnen  können, ihnen zu helfen, ist das großartig.

Im Übrigen darf uns Gott die Augen  ebenso öffnen für segensreiche Dienste, die zwar kein so großes Publikum  haben, dafür aber mindestens so wichtig sind. Wer bereit ist, zum Beispiel auf  einen Event zu verzichten, um die Groß-  mutter oder einen alten Bruder am Ort  zu pflegen oder eine junge Familie zu  unterstützen, wird bestimmt sehr gesegnet sein. Wie sagte der Herr – und es  ist das einzige Wort des Herrn, das wir  nicht in den Evangelien finden: „Geben  ist seliger als Nehmen“ (Apg 20,35).

Mit anderen Worten: Wir brauchen  nicht auf die Eventisierung des Glaubens zu starren, wiewohl auch solche  Events zum Guten beitragen können.  Der eingangs zitierte Artikel stand  Events im Übrigen positiv gegenüber  ... Aber nicht Events stützen unseren  Glauben, sondern das tägliche und wöchentliche Leben mit dem Herrn Jesus.  Dazu wollen wir einander von Herzen  motivieren