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Single - Leben in der Warteschleife?

Der Anteil der Unverheirateten in unserer Gesellschaft nimmt zu. Unter Christen jedoch ist die Situation noch besonders dadurch geprägt, dass der Anteil der unfreiwilligen Singles viel höher ist als im Durchschnitt der Gesellschaft. Die Gründe dafür  sind zum Teil vielschichtig, zum Teil auch offenkundig. Es soll in diesem Artikel auch nicht darum gehen, die Gründe zu untersuchen, sondern die Fragen und Probleme zu behandeln,  die eine solche Situation für die Betroffenen – vor allem Schwestern – mit sich bringt.

Einige Fragen, die dem Autor in letzter Zeit vorgelegt wurden, sollen als Einstieg die Empfindungen unverheirateter junger (oder auch nicht mehr so ganz junger) Menschen beschreiben:

  • Wie so viele Schwestern, habe auch ich schon längst das „normale“ Heiratsalter überschritten, und trotzdem habe ich noch immer den Wunsch, eine glückliche Ehe zu haben. Ist das normal? Mit welchem Alter hat man diesen Wunsch nicht mehr? Und wenn Gott für mich überhaupt keine Ehe vorgesehen hat??? Wozu dieses jahrzehntelange Warten? Darf ich beten, dass Gott mir diesen Wunsch wegnimmt (und ist es überhaupt möglich)?
  • Ich glaube eigentlich nicht, dass ich die Gnadengabe des Unverheiratetseins nach 1.Kor. 7 habe. Kann ich diese Gnadengabe auch später noch bekommen, falls ich doch nicht heiraten sollte?

 

„Der bessere Stand“ - hilfreicher Hinweis oder Zeichen von  Unverständnis?

Oft sind wir sehr schnell bei der Hand, Unverheirateten mit 1. Korinther 7 „zu dienen“, denn dies sei schließlich der bessere Weg. Auch in Bibelstunden wird dieser Weg von den (meist verheirateten) Brüdern oft entsprechend gepriesen. Dies ist jedoch für viele Unverheiratete eher schmerzlich und nicht sogleich als Lösung ihres Problems zu sehen. Und zwar zu Recht. Denn 1. Korinther 7 redet nicht von unfreiwillig ehelos  Gebliebenen. In dem Kapitel geht es um Christen, die freiwillig auf die Ehe verzichten, um ihre ganze Zeit und Kraft für das Werk des Herrn zu verwenden und die die Gnadengabe vom Herrn besitzen, keine Not zu haben mit Enthaltsamkeit und Verzicht auf Ehe und Familie, die mit einem solchen Weg verbunden sind.

Die in diesem Artikel angesprochenen Frauen würden jedoch gerne heiraten. Außerdem sind sie in der Regel berufstätig und in manchen Fällen mit eigenem Hausstand, sodass nach der beruflichen Arbeit noch die Hausarbeit ansteht. Dann ist da auch nicht sehr viel mehr „Zeit für den Herrn“ als in einer Familie.  Hat dieses Kapitel den oben geschilderten Gläubigen also nichts zu sagen? Das wäre ein voreiliger Schluss. Paulus macht in dem Kapitel klar, dass der „ledige Stand“ eine eigene Dynamik und eigene Möglichkeiten besitzt, die in einer Ehe nicht in gleichem Maß gegeben sind. Die Unverheiratete ist trotz allem zeitlich und emotional oft weniger „gebunden“. Es kann sicher auch für „unfreiwillige“ Singles eine Hilfe sein, ihr Leben aus dieser Perspektive zu beurteilen und zu planen und nicht nur die Nachteile im Blick zu haben.

 

Gedanken, die weiterhelfen  können

Es geht im Folgenden nicht darum, Patentantworten zu geben, die ein reales Problem von jetzt auf gleich aus der Welt schaffen. Es wäre schon ziemlich anmaßend zu meinen, eine Not, die manchem jungen Menschen zu schaffen macht, mit einem Artikel beenden zu können. Aber es ist mein Wunsch, dass die nachfolgenden Gedanken helfen mögen, vielleicht eine neue Perspektive für das Leben als Unverheiratete zu bekommen.

 

Dein Wunsch ist normal

Als Schwester den Wunsch zu haben, einmal zu heiraten und eine eigene Familie zu haben, ist absolut normal. Das hat der Schöpfer in die Natur der Frau hineingelegt, und für die meisten wird dies auch der Weg sein, den der Herr sie führt. Da es sich um einen Wunsch handelt, der unsere ganze Existenz betrifft, ist er zudem von anderer „Qualität“ als manche anderen Wünsche, die wir für unser Leben haben. Doch besteht auch hier die Gefahr, dass dieser Wunsch unser ganzes Denken und Leben prägt und bestimmt. Damit werden wir für andere Dinge gelähmt, vielleicht sogar unbrauchbar. Du brauchst Dich für diesen Wunsch wahrlich nicht zu schämen. Wenn nun die Zeit verrinnt und Du bist noch unverheiratet, sollst Du dann den Wunsch begraben, „aus dem Herzen reißen“, den Herrn bitten, ihn wegzunehmen? Ich denke nicht. Niemand erwartet von Dir, ab dem Alter X zu sagen: „Jetzt werde ich nie mehr heiraten!“. Manche Frauen haben auch nach dem „üblichen Heiratsalter“ noch geheiratet und glückliche Ehen geführt. Worum Du jedoch den Herrn bitten darfst, ist, dass Er Dir hilft, dass dieser Wunsch Dich nicht völlig beherrscht, und dass Er Dir Sinn, Zweck und Aufgaben in Deinem Leben zeigt. Sonst besteht die Gefahr, dass dieser Wunsch Dein Leben negativ beeinflusst. Dann wirst Du eifersüchtig auf Ehepaare, Du kannst keinem  Verlobten mehr gratulieren, Du besuchst keine Verheirateten mehr, etc – und vermehrst dadurch nur Dein Leid.

 

Du bist normal

Der Teufel mag keine glücklichen, zufriedenen Christen. So will er Dir einflüstern: „Ich habe keinen Mann gefunden,  weil ich nicht liebenswert genug, weil ich nicht wertvoll genug, weil ich nicht schön genug (kann endlos ergänzt werden) bin“. Lass Dir das nicht einreden. Das Selbstwertgefühl eines Christen soll nicht durch das bestimmt werden, was andere (wirklich oder vermeintlich) über Dich denken, sondern durch das, was Gott über Dich denkt. Und dabei darfst Du wissen:

  • Du bist wertvoll, weil Gott Dich geschaffen hat. Du bist sein Geschöpf und als solches ganz und vollständig – nicht „halbfertig“, weil Du noch unverheiratet bist. „Und Gott schuf den Menschen in seinem Bilde, im Bilde Gottes schuf er ihn; Mann und Frau schuf er sie.“ (. Mo. 1,27)
  • Du bist wertvoll, weil der Herr Jesus  Dich erlöst hat. „Und nun, so spricht der HERR, der dich geschaffen, Jakob, und der dich gebildet hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ (Jes 43,1)
  • Du bist wertvoll, weil Du zur Familie Gottes gehörst und Er Dich in seinem Dienst gebrauchen will. Unser Wert vor Gott ist völlig unabhängig davon, ob wir ledig, verheiratet oder verwitwet sind. Im Himmel werden wir einmal alle unverheiratet sein.

 

Lebensplanung oder Eheplanung?

Um ein erfülltes Leben mit dem Herrn zu führen, ist es wichtig, sein Leben ganz persönlich mit dem Herrn zu gestalten – und nicht nur als „Vorstufe zur Ehe“. Sonst ist die Unzufriedenheit vorprogrammiert: Du wolltest die Ausbildung, den Beruf ja nur als Durchlaufstation in die baldige Ehe – und jetzt sitzt Du immer noch auf der ungeliebten Stelle. Führe Dein Leben als eigenständige Persönlichkeit mit dem Herrn – nicht als „halbfertige, zukünftige Ehefrau“. Sonst wird dein Leben wirklich zu einem Leben „in der Warteschleife“. Kommt dies nicht auch in der obigen Frage zum Ausdruck „Wozu das jahrzehntelange Warten?“ Wer sagt denn, dass Du „jahrzehntelang warten“ sollst (und das war dann Dein Leben)? Du darfst ein erfülltes Leben mit dem Herrn führen (und dabei ruhig warten, ob der Herr Dir einen Mann zuführt – aber das wird dann nicht dein ganzes Leben bestimmen und Dein Denken völlig beherrschen. Dieser Unterschied ist fundamental).

Als Christen bekennen wir, dass unser Herr ein Leben erfüllen und jede Lücke im Leben ausfüllen kann; dass Er alle seine Verheißungen, aber nicht alle unsere Wünsche erfüllen wird. Das in den verschiedenen Lebenssituationen zu verwirklichen, kostet Kraft, und auf dem Weg werden sicher auch manche Tränen geweint.

  • Da ist die Unverheiratete, die gerne einen Ehepartner hätte
  • Da ist ein kinderloses Ehepaar, das gerne Kinder hätte
  • Da sind die Eltern, denen der Herr ein behindertes Kind anvertraut hat.
  • Da ist ein Gläubiger, der nach langen Ehejahren den Partner verloren hat.

Aber wahr ist die Aussage trotzdem. Mit seiner Hilfe wollen wir dem Teufel oder den Ungläubigen keinen Anlass geben, uns vorzuwerfen: Ihr glaubt ja selbst nicht was ihr sagt.

 

Gnadengabe im Nachhinein?

Die Frage, ob Gott uns die Gnadengabe des Ledigseins auch später noch geben kann, ist erstens nicht so einfach zu beantworten, denn die Schrift schweigt im Allgemeinen darüber, wann jemand eine Gnadengabe bekommt. Außerdem ist die Frage auch nicht so entscheidend. Eins ist sicher: Du darfst den Herrn bitten, Dir zu helfen, Deine momentane Situation anzunehmen. Dabei brauchst Du Deine Not und Schwierigkeiten nicht zu verdrängen. Sag Ihm, dass Dir das Alleinsein schwer fällt, dass Du etwas in deinem Leben vermisst. Aber vergiss nicht, Ihm auch zu danken, für erfüllte Zeiten und den Segen, den Er in Deinem Leben geschenkt hat.

 

Ein Wort an Verheiratete

Da dieser Artikel sicher nicht nur von den Betroffenen gelesen wird, erlaube ich mir noch ein Wort an uns, die wir verheiratet sind. Vielleicht können folgende Überlegungen uns helfen, ein wenig mehr Verständnis für die angesprochene Problematik zu entwickeln. Der Herr will auch uns gebrauchen, hier Hilfe und nicht Hindernis zu sein.

  • Sind unverheiratete Gläubige für uns eigenständige, wertvolle Persönlichkeiten, die wir um ihrer selbst willen wertschätzen und deren Gemeinschaft wir suchen (oder laden wir sie nur als „Zugabe“ ein, wenn Familien eingeladen werden)?
  • Anzügliche oder bemitleidende Bemerkungen Unverheirateten gegenüber verbieten sich von selbst.
  • Was ist mit deiner „besten Freundin“ seitdem Du verlobt/verheiratet bist? Existiert sie noch in deinem Leben oder brauchst Du sie jetzt nicht mehr?
  • Wenn die junge Schwester X nicht da ist, sagen wir: „Die ist auch ständig auf Reisen“ – und wenn sie da ist, beachtet sie keiner?
  • Unverheiratete Personen, besonders Frauen, die dem Herrn unter großem Segen gedient haben, sind in Bibel und Kirchengeschichte nicht selten. Sollte es sie heute nicht mehr geben? Der Herr kann uns die Augen dafür öffnen.