Bibel praktisch

Was ist dein Geliebter vor einem anderen Geliebten?

Es soll in diesem Beitrag nicht darum gehen, ob der Herr Jesus Christus der wahre Erlöser ist, oder Mohammed oder Buddha oder irgendein anderer. Die Überschrift gibt einen Vers aus dem Hohenlied wieder (Kap. 5,9) und soll uns ein wenig darüber zum Nachdenken veranlassen, welchen Platz der Herr Jesus in meinem und deinem Herzen hat. Die Wertschätzung des Herrn Jesus verbindet sich eng mit dem Gedanken der Nachfolge oder Jüngerschaft.

Der Herr Jesus hat einmal seine Jünger gefragt: „Wer sagen die Menschen, dass ich, der Sohn des Menschen, sei?“ Dabei ging es Ihm nicht darum, von den Jüngern zu erfragen, was andere von Ihm halten, sondern Er wollte sie zum Nachdenken darüber anregen, welche Gedanken sie in ihrem Herzen über Ihn hatten. Deshalb folgte sofort die zweite Frage: „Ihr aber, wer sagt ihr, dass ich sei?“ (Mt 16,13.15). So ist es auch für uns ganz entscheidend, welchen Wert die Person unseres Herrn für uns hat und gar nicht so sehr, was andere über Ihn denken. Deshalb sollten wir einmal überlegen, was wir auf die Frage: „Was ist dein Geliebter vor einem andern Geliebten?“ zu antworten hätten.

Vielleicht hast Du als Kind oder junger Mensch dem Herrn Jesus Dein Leben übergeben. Du warst entschlossen: Er sollte Dein Herr sein. Du wolltest Ihm in Treue nachfolgen. Nun wirst Du in Deinem Leben mit Wünschen und Fragen konfrontiert und vor die Frage gestellt: Wie soll ich jetzt richtig entscheiden? Inwieweit ist das, was ich will, mit dem in Übereinstimmung, was Er will? Was ist, wenn das nicht so ist? Bei der Lösung dieses Konfliktes ist es ganz wichtig, dass wir unseren Herrn wirklich kennen – und auch uns selbst. Denn nur dann haben wir einen Maßstab und die innere Motivation, um Lebensentscheidungen richtig zu treffen.

 

Wer bist du, Herr?

Als Saulus vor Damaskus dem Herrn begegnete, fragte er Ihn: „Wer bist du, Herr?“ (Apg 9,5). Von da an war es sein Bestreben, Ihn immer besser kennen zu lernen. Dieser Wunsch führte ihn schließlich dazu, dass er mit Überzeugung seines Herzens sagen konnte: „Das Leben ist für mich Christus“ (Phil 1,21). Eine ähnliche Entwicklung finden wir im Leben der Braut, Folge mir nach  die uns im Hohenlied vorgestellt wird. In der Beschäftigung mit ihrem Geliebten, mit seinem Aussehen, mit seinem Handeln gewinnt er immer mehr Wert in ihrem Herzen. So kann sie auf die Frage anderer Frauen nach dem Wert ihres Geliebten die Antwort geben: „Mein Geliebter ist weiß und rot, ausgezeichnet vor Zehntausenden“ (Hld 5,0). Parallel mit dieser Entwicklung wächst aber auch die Erkenntnis in ihrem Herzen, dass es mit ihrer Liebe im Vergleich zu der Liebe des Bräutigams nicht immer gut bestellt ist. Am Anfang steht die eigene Liebe der Braut zu ihrem Bräutigam im Vordergrund. Sie drückt es so aus: „Mein Geliebter ist mein, und ich bin sein“. In den Erfahrungen mit ihm und mit sich selbst sagt sie dann: „Ich bin meines Geliebten; und mein Geliebter ist mein“ und kommt schließlich zu der Aussage: „Ich bin meines Geliebten und nach mir ist sein Verlangen“ (Kap. 2,16; 6,3; 7.11). Wir dürfen davon überzeugt sein, dass mit dieser Entwicklung die Zuneigung zu ihrem Bräutigam viel tiefer geworden ist.

 

Petrus und sein Wachsen in der  Erkenntnis seines Herrn

Die Bibel demonstriert uns eine ähnliche Entwicklung bei Petrus. Petrus lernte den Herrn Jesus durch seinen Bruder Andreas kennen. Bei dieser Gelegenheit erkannte er noch gar nicht viel von Ihm. Als der Herr ihn später durch einen reichlichen Fischfang für die Bereitwilligkeit, Ihm seine Zeit zur Verfügung zu stellen, belohnte, rief er aus: „Geh von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr“ (Lk 5,8). Er sah sich vor seinem Herrn als ganz unwürdig – und lief doch nicht weg, sondern fiel zu den Füßen Jesu nieder! Bei einer späteren Gelegenheit, als andere Jünger den Herrn Jesus verließen, verdeutlichte Petrus seine Zuneigung zum Herrn in einem großartigen Ausspruch: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt, dass du der Heilige Gottes bist“ (Joh 6,68.69). Diese Antwort ist interessant. Wir sehen zum einen sein Wachstum in der Erkenntnis des Herrn: geglaubt – und dann erkannt. „Erkannt“ drückt das Wissen, die Kenntnis um seine Person aus. Zum anderen sehen wir anhand der Worte „zu wem“, dass es ihm wirklich um die Person und nicht um ein bloßes „Programm“ ging. Auf dem weiteren Weg musste er erleben, dass seine Liebe in den Stürmen des Lebens ihn nicht davor schützte, seinen Herrn zu verleugnen. Er hatte in vollem Selbstbewusstsein gesagt: „Wenn ich mit dir sterben müsste, werde ich dich nicht verleugnen“ (Mk 14,31). Allerdings hatten die anderen Jünger die gleichen Worte auf ihren Lippen. Petrus musste lernen, dass sein Herr ihn viel, viel mehr liebte, als er Ihn lieb hatte. Bei der Begegnung mit dem Herrn Jesus nach dessen Auferstehung entgegnete er auf seine dritte Frage: „Hast du mich lieb?“ – „Herr, du weißt alles; du erkennst, dass ich dich lieb habe“ (Joh. 21,17).

 

... hast du mich lieb?

Petrus und andere haben diese Begegnungen mit dem Herrn erlebt, die sie zeitlebens geprägt haben. Wie lernen wir Ihn kennen? Der erste Weg ist, dass wir die Bibel (insbesondere die vier Evangelien) lesen, denn der Herr Jesus sagt selbst: „Ihr erforscht die Schriften, ...und sie sind es, die von mir zeugen“ (Joh 5,39). Natürlich können uns dann auch die mündlichen und schriftlichen Unterweisungen anderer dabei helfen. Besonders der regelmäßige Besuch der Bibelstunden am Ort gibt uns eine gute Gelegenheit, in der Erkenntnis des Herrn zu wachsen. Wenn wir mit diesem Wunsch Gottes Wort „erforschen“ (und nicht rein  intellektuell wie die Gesprächspartner des Herrn in Johannes 5), sind wir in guter Gesellschaft: Schon David formulierte richtungweisend für alle Gläubigen: „Eines habe ich von dem HERRN erbeten, nach diesem will ich trachten: zu wohnen im Hause des HERRN alle Tage meines Lebens, um anzuschauen die Lieblichkeit des HERRN und nach ihm zu forschen in seinem Tempel“ (Ps 27,4).

Wenn wir den Herr Jesus lieb haben, werden wir interessiert sein, möglichst viel von Ihm zu erfahren. Wir werden auch unnötige Nähe zu Dingen und Personen vermeiden, die uns vom Herrn abziehen. In jeder Beziehung ist es wichtig, dem Herrn Jesus die Vorrangstellung in unserem Leben zu geben. Als der Herr Jesus mit den Jüngern über dieses Thema sprach, sagte Er: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig“ (Mt 10,37).

 

Was soll ich tun, Herr?

Wie können wir nun die Echtheit unserer Liebe unter Beweis stellen? Können wir das nicht dadurch, dass wir uns dafür interessieren, was wir für Ihn tun können? So lautete die zweite Frage von Saulus vor Damaskus: „Was soll ich tun, Herr?“ (Apg 221,0). Momentan ist der Herrn Jesus noch der Verachtete. Man kümmert sich nicht um seinen Willen. Die meisten wollen nichts von Ihm wissen. So ist es sicher das Erste, dass wir uns zu Ihm bekennen und uns auf seine Seite stellen (Mt 10,32). Unser Herr möchte aber noch mehr: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft und mit deinem ganzen Verstand“ (Lk 10,27). Unsere ganze Person soll von dieser Liebe zu Ihm erfüllt sein – nicht nur ein Teil von uns. Das mündet schließlich in seiner Aussage: „Also nun jeder von euch, der nicht allem entsagt, was er hat, kann nicht mein Jünger sein“ (Lk 14,33). Geht das nicht ein wenig zu weit, allem zu entsagen? Es ist die Aufforderung unseres Herrn! Wenn wir Ihn wirklich von ganzem Herzen lieben, wird uns das anspornen, alles seinem Herrschaftsanspruch zu unterstellen. Wir sind um den Preis seines Lebens erkauft worden – da ist freiwillige Selbstaufgabe für Ihn die einzige akzeptable Antwort.

 

Was die Liebe bewirkt

Die Liebe zu Ihm lenkt auch von unserem eigenen Unvermögen ab und beschäftigt uns mit Ihm. Maria Magdalene ist dafür ein ermunterndes Beispiel in. Sie war am Grab ihres Herrn, weil sie Ihn von ganzen Herzen lieb hatte. Sie war traurig, weil man ihren Herrn weggenommen hatte. Und als sie verspürte, dass jemand hinter ihr stand, bat sie diesen (in der Meinung es sei der Gärtner), ihr zu sagen, wo er ihn hingelegt hatte, damit sie ihn von dort wegholen konnte. Dabei machte sie sich überhaupt keine Gedanken, dass sie mit ihren körperlichen Kräften allein gar nicht dazu in der Lage war. So ist die Liebe. Sie bestimmt das Verlangen.

Außerdem bewirkt die Wertschätzung unseres Herrn Jesus das Verlangen, gern anderen Menschen etwas von Ihm weiterzusagen. Jeder soll doch etwas davon verspüren, dass wir Ihn lieb haben. Auch andere sollen Ihn, seine Schönheit, seine Macht, seine Liebe und sein Werk kennen lernen.

Last but not least: Der Herr kommt bald, und dann werden wir Ihn sehen, wie Er ist (1. Joh 3,2) Auch die Braut im Hohenlied wünschte – wie es für eine Braut ja auch normal ist – ihren Bräutigam zu sehen. Ist das auch unser Ziel, berücksichtigen wir wenigstens sein Kommen in unseren Zukunftsplänen? Das heißt ja nicht, dass wir nicht auch für dieses Leben Ziele und Wünsche haben dürfen – „wenn der Herr will und wir leben“ (Jak 4,15). Trotzdem sollte unser Wunsch wachsen, bei Ihm zu sein, um Ihn zu sehen, wie Er ist. Und dieses Warten sollte auch unser Verhalten bestimmen. Das Wort Gottes fordert uns auf, Menschen zu gleichen, die auf ihren Herrn warten (Lk 12,26). Wir sollen nicht nachlässig werden und denken, unser Herr zögere sein Kommen hinaus. Nein, wir wollen in dieser Erwartungshaltung Ihm in allen Lebensbereichen dienen – aus Liebe und echter Zuneigung zu unserem Retter.