Zwischen Verweigerung und Anpassung - Entscheiden wie Daniel

Zwischen Verweigerung und Anpassung – Entscheiden wie Daniel

Jeder Christ kennt die Situation: In der Schule, im Arbeitsleben oder im Umgang mit Behörden wird etwas von ihm verlangt, das mit seiner christlichen Überzeugung nicht vereinbar ist. Wie gehst Du damit um? Dabei ist die Situation nicht neu – Daniel erlebte Ähnliches, und davon können Christen lernen.

Die Jugendstunde geht zu Ende. Johnny erzählt von seiner Abiklausur: „Deutsch Leistungskurs, ein Gedicht von Goethe. Man denkt an hohe Literatur, aber hallo: ganz schön schlüpfrig. Na ja, jetzt habe ich damit nichts mehr zu tun.“ – „Du kannst froh sein“, meint Lena. „Wir quälen uns in Englisch gerade durch Harry Potter. Dauernd diese brutalen und okkulten Sachen, das ist schon ätzend.“ Jetzt schaltet sich Werner, einer der Jugendstundenleiter, ein: „Ihr schiebt ja richtig Frust! Ist auch klar: In der Schule gibt es nicht nur Wichtiges und Nützliches, da ist auch manches dabei, was einen nervt oder als Christen belastet. Das ist ja nicht nur in der Schule so. Ich war letzte Woche auf einer Fortbildung, wo man mir das richtige Verhandeln beibringen wollte. Dazu gehörten auch ‚böse Tricks’, wie der Dozent das nannte: Vom Über-den-Tisch-Ziehen über’s Zermürben bis zum klaren Belügen.“ Marius kontert: „Aber wie hilft denn die Bibel bei solchen Entscheidungen weiter? Wir haben doch kürzlich auf der Bibelkonferenz über Daniel gesprochen. Wie war das noch? Schlagt mal Daniel 1 auf!“

1. Daniels Situation

„Wie war Daniels Situation?“ Werner macht den Anfang: „Er war Kriegsgefangener und kam an den Königshof. Auf den ersten Blick das große Los. Aber für einen treuen Juden war das eine Zumutung.“ Lena: „Ja, mit der Tafelkost und dem Wein des Königs hätte er sich ja verunreinigt.“ – „Moment“, bremst Werner. „Es fängt ja schon damit an, sich immer im Königspalast aufzuhalten (V. 4). Meint ihr, das Leben am Hof von Babel war für einen Juden, der gesetzestreu für seinen Gott leben wollte, förderlich?“ – Johnny stimmt zu: „Und er wurde dort drei Jahre lang erzogen (V. 5). Da haben die Höflinge sicher auch darauf geachtet, dass er ins Palastleben passte.“

„Okay, das war Daniels Umfeld. Und was hat man ihm dort beigebracht?“ fragt Werner. – „Vers 4: Die Schriften und die Sprache der Chaldäer“, liest Marius vor, „im babylonischen Reich bei einem König, der so viel mit Götzendienst und Okkultismus zu tun hatte, sicher nicht angenehm – oder, Lena?“ – „Hm, Harry Potter lässt grüßen“, nickt Lena. „Und dann musste er eben auch die Speisen des Königs essen (V. 5). Das waren Götzenopfer und unreine Tiere, da war Fett und Blut dabei, und das durfte ein Jude nicht.“ – „So ist es. Und als i-Tüpfelchen bekamen er und seine Freunde Namen nach den Göttern der Chaldäer verpasst (V. 7; 4,5). Damit wollte Nebukadnezar sei- ne Autorität über ihre ganze Existenz, ihre Identität zeigen. So hat er versucht, ihrem Leben eine neue Ausrichtung zu geben; das alte sollten sie vergessen. Für einen Juden fast unerträglich“, schließt Werner die Bestandsaufnahme ab. „Wie ist Daniel jetzt mit diesen Forderungen umgegangen?“

2. Daniels Entscheidung

„Er hat sich geweigert!“ platzt Lena heraus. - "Genau, er wollte sich nicht verunreinigen und hat deshalb die Tafelkost und den Wein verweigert", stimmt Marius ihr zu. - "Daniel hat genau zugehört. Habt ihr gemerkt, dass Daniel Nebukadnezars Befehl Wort für Wort wiederholt? Er bauscht nichts auf, er redet auch nichts schön, sondern er hat genau erfasst, was der König von ihm wollte", ergänzt Johnny.

„So“, fasst Werner zusammen, „wir haben jetzt ein Zwischenergebnis: Daniel hat die Situation erkannt und anhand des Gesetzes bewertet. Und jetzt kommt seine Entscheidung: Er nimmt sich im Herzen vor – das war ein Herzensentschluss, nicht so leicht dahergeredet – sich nicht zu verunreinigen. Eine Frage habe ich aber noch: Er redet hier nur von der Tafelkost und dem Wein. Was war denn mit all den anderen Dingen?“ Hier schaltet sich erstmals Steffi ein: „Das ist eine gute Frage. Ich verstehe das nämlich nicht. Er bleibt am Hof dieses heidnischen Königs, er nimmt diese ganze chaldäische Lehre auf, er lässt sich Beltsazar nennen, aber die Speisen lehnt er ab. Das passt doch nicht zusammen.“

„Moment“, bremst Johnny. „Da müssen wir doch Daniels Hintergrund sehen. Das Gesetz verbot diese Speisen. Deshalb musste er sich weigern. Das andere war die Folge davon, dass Gott die Juden ins Exil gebracht hatte. Wegen ihrer Sünden und Untreue und weil sie nicht Buße taten. So landete Daniel am Hof von Babel, und er musste das als Gottes Führung akzeptieren, er gehörte ja zum jüdischen Volk.“ – „So ist es", stimmt Werner zu. Er hat sich ja nicht darum beworben, sondern das war ja eine Frage von Befehl und Gehorsam, wobei Gott im Hintergrund wirkte."

Johnny fasst zusammen: "Daniel hat sich nach dem Gesetz gerichtet und Gottes Führung beachtet: Was im Gesetz verboten war, hat er abgelehnt. Er hat aber akzeptiert, dass Gott ihn in diese Stellung gebracht hat. Dort musste er Dinge tun, die er nicht freiwillig getan hätte - die ihn aber nach dem Gesetz auch nicht verunreinigten. Unterm Strich bleibt das Ergebnis: Er war Gott treu und blieb sauber."

3. Situation eines Christen

„Jetzt kommt die Frage“, schlägt Marius vor, „wie wir Christen mit solchen Situationen umgehen. Wir können uns ja nicht wie Daniel auf das jüdische Gesetz beziehen. 

Und wir können auch nicht irgendetwas ‚Tafelkost’ nennen und ablehnen.“ – „Na, dann mal los!“ Werner schaut ihn erwartungsvoll an.

„Die Lage ist ähnlich wie bei Daniel. Christen sind in einer Umgebung, wo eini- ges gut, nützlich oder attraktiv ist. Die Welt ist aber grundsätzlich gegen Gott“, startet Marius. – „Und aus dieser Welt können wir nicht raus“, fügt Johnny hinzu. – „Und wir sollen es auch nicht. Wo steht das?“ fragt Werner. – „Johannes 17,15: ‚Ich bitte nicht dass du sie aus der Welt wegnehmest, sondern dass du sie bewahrest vor dem Bösen", liest Steffi vor. - "Dabei sollen wir uns von allem Bösen fernhalten", ergänz Lena.

"In der Schule, am Arbeitsplatz, überall sind wir in einer Umgebung, wo im Zweifel nach anderen Maßstäben gelebt und entschieden wird, als wir sie anwenden - wie bei Daniel am Königshof", spinnt Johnny den Faden weiter. "Man möchte, dass wir uns in dieses Wertesystem einfügen. In diese Richtung bildet man uns aus." - "Da sind wir wieder bei den Inhalten. Sicher ist vieles nützlich“, räumt Lena ein, „aber – na ja, wie gesagt. Und wie ist das mit den Namen, man gibt uns doch keine neuen Namen?“ – „Nicht in dieser Form. Ich denke eher daran, dass man mir eine Rolle vorgibt, die ich nicht in letzter Konsequenz spielen kann. Es gibt doch viele Methoden, jemanden auf Linie zu bringen. Der Lehrer kann eine Erwartungshaltung aufbauen, der ihr nicht entsprechen könnt, Druck von den Arbeitskollegen (von Mobbing will ich gar nicht reden), und, und, und ...“

4. Entscheidung eines Christen

„Also“, hält Steffi fest, „Gott kennt die Welt und uns. Er weiß, dass die Welt böse ist und dass wir nicht dazu passen. Das ist unsere Situation. Dennoch sollen wir hier sein, und - wie Lena sagt - uns von dem Bösen fernhalten und bei Gott halten. Wie entscheiden wir uns also?" Werner fügt hinzu: "Zu dem letzten Punkt noch: Wenn wir Bibelstellen wie Römer 12,2 lesen oder Titus 2,121, dann ist ganz klar, dass wir für Gott leben sollen und dass wir notwendigerweise anders sind als die Menschen, die dieses neue Leben nicht haben: Nicht gottlos, sondern gottselig; nicht wie die Welt, sondern mit einer veränderten Gesinnung." - "Schön und gut", wendet Johnny ein, "aber wie das in der Schule funktionieren? Wenn ich nur das lernen würde,
was mir als Christ nützt, dann hätte ich ein paar Stunden weniger.“ – „Es ist doch bei uns wie bei Daniel“, unterbricht Steffi das eingetretene Schweigen. „In Schule, Beruf, Gesellschaft, überall muss ich mich unterordnen2". – „Nicht nur das“, wirft Johnny ein, „sondern wir sollen auch vorbildlich sein3.“

„Es ist ein Unterschied“, hilft Marius weiter, „ob ich frei über mein Verhalten entscheiden kann, oder ob Gott mich in eine Beziehung gestellt hat, in der ich gehorsam sein muss. Ich kann und soll immer meine christliche Linie durchziehen und nach dem ‚Vorzüglicheren’ streben4. Auch in Schule, Beruf und gegenüber dem Staat – in allen Bereichen lebe ich für den Herrn5. In den meisten Fällen ist das auch möglich, darüber kann ich froh sein. Aber natürlich bin ich letzten Endes nicht frei, sondern muss mich unterordnen und Vorbild sein, so dass ich Abstriche machen muss. Ich muss manches erleben oder lernen, was falsch, nutzlos oder sogar gefährlich ist - Stichwort Evolutionstheorie. Ich kann nicht davon ausgehen, dass mein Gegenüber sich nach der Bibel richtet. So schön das wäre - darauf habe ich keinen Anspruch." - "Aber wir mässen Gott mehr gehorchen als Menschen6", wendet Johnny.

"Da haben wir jetzt mehrere wichtige Aussagen", führt Werner aus: "Erstens: Wir wollen immer nach dem Bestmöglichen streben, nach Heiligkeit. Möglichst wenig Kontakt mit Bösem, möglichst viel Gemeinschaft mit Gutem. Zweitens: Vielleicht erfordert die Beziehung, in die Gott uns gesetzt hat, dass wir mit Falschem, Unnützem oder Gefährlichem zu tun bekommen – es vielleicht sogar lernen müssen. Dann wollen wir rein bleiben. Wir  müssen uns bewahren nach Gottes Wort7, aber nicht umsonst hat der Herr Jesus den Vater gebeten, dass Er uns in der Welt vor dem Bösen bewahrt8. Drittens: Es gibt eine Grenze, an der ich ‚Nein’ sagen muss. Wo liegt die nun?“

„Wenn wir Apostelgeschichte 5,9 lesen: Dort, wo der Gehorsam zu Gott es erfordert. Wo wir Gott ungehorsam wären, wenn wir das täten, was der Lehrer, der Arbeitgeber, die Behörde von uns verlangen“, überlegt Steffi laut. „Die Bibel gibt uns ja eine Menge Hinweise auf Dinge, die mit der christlichen Stellung nicht vereinbar sind9", ergänzt Werner. "Immer, wenn ich gegen ein klares Ge- oder Verbot des Herrn verstoßen müsste, muss ich "Nein" sagen. Wir könnten oberflächlich sein und das alles hinnehmen, weil wir ja vorbildliche Schüler, Arbeitnehmer, Bürger sein sollen. Das wäre genauso falsch, wie wenn wir uns bei allem verweigern würden, weil wir den Maßstab, der für uns Christen gilt, eins zu eins an die Welt anlegten und nur das tun würden, was uns als Christen das Vorzüglichere erscheint.“ – „Dabei ist noch ein Unterschied“, er- gänzt Steffi, „ob man uns etwas vorsetzt – einen Film, einen Unterricht oder so –, dem wir uns nicht ohne weiteres entziehen können, oder ob man verlangt, dass wir aktiv etwas tun. Im zweiten Fall habe ich mehr Möglichkeiten, etwas abzulehnen oder meine Sicht der Dinge einzubringen. Zum Beispiel kann ich, statt eine Klausur über die Evolutionstheorie zu verweigern, sie objektiv schildern und am Ende meine persönliche Meinung anhand der Lehre der Bibel darstellen.“ – „Daniel hat drei Dinge geschafft“, schließt Werner: „Er hat konsequent das Böse abgelehnt; er hat das Böse unterschieden von dem, was er aufgrund von Gottes Führung hinnehmen musste; und er ist dabei sauber geblieben.“

"Und was ist jetzt mit Goethe, Harry Potter, Verhandlungsführung, Evolutionstheorie und Sexualkunde?" will Lena wissen. "So weit ich das beurteilen kann, sind das Themen, die uns teilweise auch mit Unnützem, Falschem oder Gefährlichem konfrontieren. Dennoch habe ich den Eindruck, dass man nicht alles pauschal ablehnen muss. Bevor ihr euch darauf einlasst, solltet ihr aber prüfen, ob die Sache euch persöhnlich in Sünde verstrickt. Außerdem wäre die Frage, ob es einen "sanften" Weg gibt, das zu vermeiden oder einzuschränken. Wenn nein, dann ist es wichtig, Gott um Bewahrung zu bitten, dass ihr euch nicht verunreinigt. Wenn ihr aber überzeugt seid, dass es für euch Sünde wäre, euch mit diesen Dingen zu beschäftigen, dann solltet ihr  den Herrn um Mut und Weisheit bitten, dass ihr die Beschäftigung damit ablehnen oder so gestalten könnt, dass ihr nicht sündigen müsst.“

5. Wie?

„Daniel ist auch ein Vorbild, wie man solche Anliegen an Lehrer, Arbeitgeber, Behörden herantragen kann“, fügt Johnny hinzu. „Er geht nicht auf unnötigen Konfrontationskurs, sondern bittet die Vorgesetzten (V. 8). So gehört sich das in der Beziehung, in der er sich befindet. Das gilt auch für uns.“ – „Hart in der Sache, verbindlich im Ton“, zitiert Steffi. „Es ist doch so: Unser Ziel ist konsequente Heiligkeit, erreichen wollen wir das aber möglichst in Frieden und Ehrbarkeit.“ – „Gegenüber den Jüngern nutzt der Herr das Bild von den Schlangen und den Tauben10:Klugheit und Redlichkeit/Friedfertigkeit. Das Hilfsmittel, das Daniel hatte, und ohne das es auch bei uns nicht funktionieren wird, ist das Gebet und das gläubige Vertrauen auf Gott, der die Treue belohnt11“, schließt Werner die Unterhaltung.

Siehe, ich sende euch wie Schafe inmitten von Wölfen; so seid nun klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben. (Matthäus 10,16)

 

1. Röm 12, 1.2: "Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, was euer vernünftiger Dienst ist. Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes, dass ihr prüfen mögt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.“ Tit 2,11.12: "Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen, und unterweist uns, damit wir, die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf ...“

2. Röm 13,1; Eph 6,5; 1. Pet 2,13

3. Z.B. Eph 6,7; 1. Thes 4,11.12; 2. Thes 3,11

4. Phil 1,10.

5. Vgl. 1. Kor 10,31; Kol 3,23; Eph 6,7.

6. Apg 5,29.

7. Ps 119,9.

8. Joh 17,15.

9. Z.B. Röm 12; Eph 4.5, Gal 5; Kol 3 usw.

10. Mt 10,16.

11. 1. Pet 5,6.