Jesus Christus

Die Versammlung Gottes - Die örtliche Versammlung und das Zusammenkommen als Versammlung

Wie das Globale lokal sichtbar wird – Der Regenbogen im Tautropfen

In vielen tausend Tautropfen spiegelt sich die Schönheit eines Regenbogens wider. Am Himmel ist nur ein großer Regenbogen zu sehen. Auf der Erde wird er jedoch in vielen kleinen Tautropfen sichtbar. So gibt es nur eine Versammlung und doch viele örtliche Versammlungen. Es ist kein Widerspruch festzuhalten, dass es nur eine Versammlung gibt und gleichzeitig von „Versammlungen“ zu sprechen. Die Bibel spricht auf der einen Seite von „der Versammlung“. Der Herr selbst verglich sie einmal mit „einer sehr kostbaren Perle“ (Mt 13,46). Auf der anderen Seite liest man beispielsweise von „den Versammlungen von Galatien“ (Gal 1,2) oder von den „Versammlungen, die in Asien sind“ (Offb 1,4).

Die Versammlung (Gemeinde, Kirche), die der Herr auch „meine Versammlung“ nannte (Mt 16,18), umfasst alle Gläubigen. Aus der Perspektive der Ewigkeit betrachtet sind das alle Erretteten der Gnadenzeit, die zwischen Pfingsten und der Entrückung gelebt haben oder noch leben werden (vgl. Eph 5,25.27).

Unter dem zeitlichen Aspekt betrachtet besteht die Versammlung aus allen Gläubigen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt auf der Erde leben (vgl. Eph 4,15.16; Kol 2,19). Doch diesen globalen Organismus kann man nicht als Ganzes fassen. Er ist so nicht sichtbar. Die Versammlung wird jedoch überall dort sichtbar, wo man „als Versammlung“ (1. Kor 11,18) zusammenkommt. An den verschiedenen Orten, wo mehrere Gläubige versammelt sind in seinem Namen (Mt 18,20), stellt sich die Versammlung dar. Dort ist eine Art „Niederlassung“, die das Gesamte vertritt, dort wird das Globale lokal (örtlich) sichtbar.

Es ist interessant, dass der Apostel Paulus von der Versammlung in Ephesus sprach, als ob sie die (weltweite, universale) Versammlung wäre. Er sagte zu den Ältesten aus Ephesus: „Habt Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist als Aufseher gesetzt hat, die Versammlung Gottes zu hüten“ – damit kann er nur die Gläubigen in Ephesus gemeint haben, unter denen diese Ältesten ihren Aufseherdienst hatten. Doch dann fährt er fort: „die Versammlung Gottes ... die er sich erworben hat durch das Blut seines Eigenen“ – und bei diesen Worten kann man mit seinen Gedanken nicht in Ephesus stehen bleiben, da Gott sich alle Gläubigen durch das Blut Christi erworben hat! Die Versammlung Gottes in Ephesus war also eine Darstellung der ganzen Versammlung – das war der Regenbogen im Tautropfen von Ephesus.

So wurde auch zu „der Versammlung Gottes, die in Korinth ist“ (1. Kor 1,2) gesagt: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid ...?“ (1. Kor 3,16), und: „Ihr seid Christi Leib ...“ (1. Kor 12,27)! An sich umfassen der Tempel bzw. das Haus Gottes und der Leib Christi alle Gläubigen. Doch das war eben der Regenbogen im Tautropfen von Korinth.

Nun, damals kam tatsächlich in Korinth – und anderswo – „die ganze Versammlung an einem Ort“ zusammen (1. Kor 14,23). Selbst wenn man in einer Stadt in mehreren Häusern oder Versammlungsstätten zusammenkam, war man doch eins. Leider gibt es heute wohl kaum noch einen Ort, auf den das zutrifft. Das unüberschaubare Durcheinander an christlichen „Gemeinden“ ist keine Darstellung der Versammlung – kein Tautropfen, in dem sich der eine Regenbogen widerspiegelt.

 

Eine konkrete Antwort auf eine konkrete Frage

– „Wo soll ich hingehen?“

„Ich kenne so viele christliche Gemeinschaften, Kirchen, Gemeinden, Versammlungen oder wie sie sich auch nennen. Wo soll ich denn nun hingehen?“, so könnte jemand fragen. Diese Frage wäre absolut berechtigt und gut! Die einfache Antwort lautet: „Geh dorthin, wo der Herr will, dass du hingehst – wo Er sozusagen selbst ‚hingeht’, wo Er in der Mitte ist!“ (vgl. Mt 18,20).

Zur Zeit des Alten Testaments sprach Gott zu dem Volk Israel von einem bestimmten Ort im verheißenen Land, an dem Er „seinen Namen“ wohnen lassen wollte, d.h. an dem der Tempel gebaut werden sollte (vgl. u.a. 5. Mo 16,5.6). Merkwürdigerweise hat über Jahrhunderte hinweg niemand aus dem ganzen Volk Gott wirklich ernsthaft gefragt, wo denn dieser Ort sei. Erst David suchte ihn mit viel Gebet (vgl. Ps 132,1-5) – und Gott zeigte ihm den Ort. Heute ist es im Prinzip noch genauso, nur geht es bei uns nicht um einen geografischen Ort, sondern um die Art des Zusammenkommens.

Als der Herr Jesus das letzte Passah feiern wollte, um zugleich das Abendmahl einzusetzen, wies Er seine Jünger an, einen entsprechenden Platz dafür zu suchen. Mehr sagte Er nicht, denn Er wartete auf die konkrete Frage der Jünger: „Wo willst du, dass wir es bereiten?“ (Lk 22,9). Die Jünger hätten einfach loslaufen und etwas nach ihrer Wahl suchen können. Sie fragten jedoch den Herrn. Daraufhin gab Er auch gerne eine konkrete Antwort: Sie würden einen Mann finden, der einen Krug Wasser trägt – dem sollten sie folgen. Da Wasser in der Bibel oft ein Bild des Wortes Gottes ist (z.B. Eph 5,26), dürfen wir darin einen Hinweis darauf sehen, dass Er uns durch sein Wort Wegweisung geben will, wenn wir Ihn fragen.

Es reicht nicht aus, zu sagen: „Ich gehe in jene Versammlung/Gemeinde/Kirche, denn ...“

  • „... dort habe ich mich bekehrt”
  • „... diese Kirche hat eine gute Tradition”
  • „... dort predigte früher der berühmte ...”
  • „... dort wird so viel für die Jugend getan”
  • „... dort ist viel Aktivität”
  • „.. da ist eine herzliche Gemeinschaft  unter den Geschwistern”
  • „... da fühle ich mich einfach wohl”
  • „...”

Meine Überzeugung muss darauf beruhen, dass ich den Herrn gefragt und die Bibel daraufhin untersucht habe. Gott redet in seinem Wort nicht umsonst von örtlichen Versammlungen und von der Art und Weise, wie Er möchte, dass man zusammenkommt. Das überlässt Er nicht unserem Belieben. Das Neue Testament regelt zwar nicht alle Einzelheiten der Zusammenkünfte einer örtlichen Versammlung, aber es zeigt doch klare Grundsätze.

Wo nun die Grundsätze der Bibel in Bezug auf die Versammlung verwirklicht werden, dort will der Herr, dass ich hingehe – da ist Er selbst in der Mitte. Denn Er hat gesagt: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte“ (Mt 18,20).

 

Versammelt in seinem Namen – Das Prinzip eines Planetensystems

Unser Planetensystem funktioniert nach einem einfachen Prinzip: Alle Planeten bewegen sich um ein gemeinsames Zentralgestirn, um die Sonne, von der sie angezogen werden. Nach diesem Prinzip soll auch eine örtliche Versammlung funktionieren: Der Herr Jesus ist der Mittelpunkt, um den sich alles dreht und der auch alles beherrscht.

Wenn zwei oder drei Christen zu einer vereinbarten Zeit an einem bestimmten Ort zusammenkommen, heißt das noch nicht, dass der Herr in ihrer Mitte ist. Dazu müssen sie wirklich „in seinem Namen“ versammelt sein. Er muss derjenige sein, der sie sammelt – sie möchten dort sein, wo Er ist. Alles ist auf Ihn ausgerichtet und alles geht von Ihm aus. Da gibt es niemanden, der den Ablauf des Zusammenkommens „managen“ will, niemand, der den Vorsitz hat. Jeder wartet darauf, dass der Herr durch seinen Geist in einem Bruder das bewirkt, was Er will. Nur da, wo Er wirklich Herr ist, wo Ihm alle Rechte zugestanden werden, ist Er in der Mitte.

Gott will alle Gläubigen um diesen einen Mittelpunkt sammeln: um den Herrn Jesus. Er will nicht, dass wir wie Kometen umherschweifen, sondern wie Planeten um die Zentralsonne kreisen. Oder, um ein anderes Bild zu verwenden: dass wir uns wie Elektronen um den Atomkern bewegen. Das ist die Einheit, die Gott von Anfang an gewollt hat.

An Pfingsten, als die Versammlung ins Leben gerufen wurde, sind „wir alle in einem Geist zu einem Leib getauft worden“ (1. Kor 12,13). Die Gläubigen kamen zwar an verschiedenen Orten zusammen, aber überall in derselben Art und Weise, mit demselben Mittelpunkt. Nun, das, was Gott damals wollte, will Er heute noch genauso. Der Heilige Geist will nach wie vor an allen Orten die Gläubigen um den Herrn Jesus sammeln, so dass dort Christi Leib dargestellt wird. Das wäre eine örtliche Versammlung nach Gottes Gedanken. Ernsthaft bemüht zu sein, diesem Wirken des Geistes Gottes zu folgen, heißt, sich zu befleißigen, „die Einheit des Geistes zu bewahren“, wozu wir in Epheser 4,3 aufgefordert werden.

 

Zusammenkommen als Versammlung – Weitere Kennzeichen

Ein Zusammenkommen „als Versammlung“ und „in seinem Namen“ ist also dadurch gekennzeichnet, dass alles in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Bibel geschieht, dass der Herr selbst das Sagen hat. Wer so ein Zusammenkommen sucht, kann die Frage der Jünger in Johannes 1,38 stellen: „Rabbi (was übersetzt heißt: Lehrer), wo hältst du dich auf?“, um sich vom Herrn die Antwort zeigen zu lassen.

Als Hilfestellung möchten wir aber doch noch einige wichtige Punkte anführen, die das Neue Testament über die örtliche Versammlung sagt.

  • Wir finden im Neuen Testament drei verschiedene Zusammenkünfte ausdrücklich erwähnt:

                – zum Brotbrechen (1. Kor 11,17-34; 10,14-22)

                – zum Gebet (Mt 18,19-20)

                – zur Erbauung (1. Kor 14).

  • „In den Versammlungen” schweigen die Frauen (1. Kor 14,34), während alle Männer (die am Brotbrechen teilnehmen) grundsätzlich die Möglichkeit haben, sich zu beteiligen – je nachdem, wie der Herr es leitet (vgl. 1. Kor 14,26- 33; 1. Tim 2,8).
  • Es gibt keine Liturgie (Gottesdienstvorschrift) und kein Predigeramt o.ä., da alles vom Herrn bzw. vom Heiligen Geist geleitet werden soll (vgl. 1. Kor 14,23- 33; 12,4-11.28). Wenn dem Geist nicht mehr die Freiheit gelassen wird, zu gebrauchen, wen Er will, dämpft man Ihn. Mag man die Weissagungen eines Bruders nicht gerne hören und verbietet ihm aus diesem Grund zu sprechen, oder regelt man von vornherein, wer spricht – so löscht man den Geist aus (1. Thes 5,19-20).
  • In der örtlichen Versammlung gibt es den Dienst der „Ältesten” bzw. „Aufseher” und „Diener” (Phil 1,1). Während die „Diener” praktische Aufgaben – wie das Verwalten der eingesammelten Gelder oder des Versammlungsgebäudes – wahrnehmen (1. Tim 3,8-13), sind mehrere ältere Brüder im Sinn von „Ältesten“ bzw. „Aufsehern“ um das geistliche Wohl der Versammlung und der einzelnen Seelen besorgt (Apg 20,17.28; 1. Tim 3,1-7; 4,14; 5,17-21; Tit 1,5-9; 1. Pet 5,1-4). Brüder, die diesen Dienst tun, sollen wir erkennen, anerkennen und achten, wenn sie auch keine offizielle Anstellung haben (1. Thes 5,12-13). Als die Apostel noch lebten, haben sie manchmal Älteste offiziell angestellt oder anstellen lassen (Apg 14,23; Tit 1,5). Doch seitdem die Apostel nicht mehr da sind, kann es solche „ordinierten Amtsinhaber“ nicht mehr geben, da niemand die Autorität der Apostel übertragen bekommen hat.
  • Wo man „als Versammlung” zusammenkommt, muss grundsätzlich jeder aufgenommen werden, der zu der einen weltweiten Versammlung gehört. Es müssen jedoch auch alle abgewiesen werden, die der Herr nicht aufnehmen will. Das sind alle Ungläubigen, aber auch Gläubige, deren Leben durch böse Dinge gekennzeichnet ist, die sie nicht aufgeben wollen, oder die mit solchen Menschen in Verbindung bleiben wollen (vgl. 1. Kor 5,11; 2. Joh 10). Sie können wohl die Zusammenkünfte besuchen, aber nicht am Brotbrechen teilnehmen (1. Kor 10,16-17).
  • Eine örtliche Versammlung wird nur dadurch „beschlussfähig”, dass sie in seinem Namen zusammenkommt (Mt 18,17-20). Dann erfordert und ermöglicht die heilige Gegenwart des Herrn auch ein „Binden und Lösen”, das Hinaustun eines „Bösen” (1. Kor 5) oder, wenn er Buße getan hat, das Wiederaufnehmen desselben (2. Kor 2,6-11).
  • Am Anfang haben wir gesehen, dass es von grundlegender Bedeutung ist, dass eine örtliche Versammlung eine Darstellung des Ganzen ist. Mehrere örtliche Darstellungen der einen Versammlung können nicht im Widerspruch zueinander stehen und handeln. Sie gehören zusammen und sind miteinander in Harmonie, denn sie stellen ja alle dasselbe dar, haben denselben Mittelpunkt und dieselben biblischen Versammlungsgrundsätze.

Überall, wo gläubige Menschen zusammenkommen, bringen sie ihre Schwachheiten und Fehler mit. Deshalb wird es keine vollkommene Versammlung geben. Wenn aber die Grundsätze des Neuen Testaments ignoriert werden, fehlt das Fundament für ein Zusammenkommen „als Versammlung“ und „in seinem Namen“. Nur da, wo sie verwirklicht werden, kann der Herr in der Mitte sein. Dort wollen auch wir sein, weil Er dort ist.