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Fortschritt oder Rückschritt - sind wir im Hören faul geworden?
Viele von uns haben sicher schon einmal den Hebräerbrief gelesen. Und wahrscheinlich haben die meisten von uns darin manche Stelle gefunden, die sie nicht auf Anhieb verstanden. Eines jedoch springt schon bei oberflächlichem Lesen ins Auge: Immer wieder kommt der Schreiber auf eine Person zu sprechen – auf den Herrn Jesus.
Gerade in den ersten Kapiteln kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Verfasser seinem übervollen Herzen freien Lauf lässt. Hier trifft das Bibelwort zu: „Aus der Fülle des Herzens redet der Mund“ (Mt 12,34).
Im ersten Kapitel z.B. wird uns der Herr Jesus als der Sohn Gottes vorgestellt. Als solcher ist Er der „Erbe aller Dinge“ (V.2), der Schöpfer und Erhalter des Universums (V.2.3) und der, der weit über den Engeln steht (V.4 ff.).
Im zweiten Kapitel ist der Blickwinkel ein anderer. Der Herr Jesus als der Sohn des Menschen ist hier das Thema. Als solcher war Er „wegen des Leidens des Todes ein wenig unter die Engel erniedrigt“ (V.7). Als „Urheber“ unserer „Errettung“ (V.10) hat Er tiefste Leiden durchmachen müssen. Und weil Er „in allem den Brüdern gleich geworden ist“ (V.17.18), versteht Er es wie kein anderer, uns zu helfen. Heute wissen wir Ihn im Himmel als unseren Hohenpriester, der „Mitleid zu haben vermag mit unseren Schwachheiten“ (Kap. 4,14 ff.) und uns jederzeit seine Gnade und Barmherzigkeit zur Verfügung stellen will. – So könnte man fortfahren; im ganzen Brief finden wir immer wieder Christus! Glücklicher Schreiber!
Doch plötzlich, gleichsam in „voller Fahrt“, unterbricht der Schreiber seinen Gedankengang und sagt:
„Über diesen haben wir viel zu sagen, und es ist mit Worten schwer auszulegen, weil ihr im Hören träge geworden seid“ (Kap. 5,11).
Hierbei wollen wir einen Augenblick verweilen und offen und ehrlich die Frage beantworten, ob diese Aussage auch auf uns zutreffen könnte. Oder stünde dieser Vers, wären wir die Empfänger des Briefes, vielleicht schon in Kapitel 2?
Was sind unsere Gesprächsthemen?
Viele von uns haben vielleicht von Kind auf von dem Herrn Jesus gehört. Durch seine Gnade durften wir uns bekehren und den Herrn als persönlichen Heiland annehmen. Mit seiner Hilfe versuchen wir seitdem, ein Leben zu seiner Ehre zu führen. Zweifellos freut sich der Herr Jesus über diesen Wunsch in unseren Herzen. Aber kennst du, kenne ich, den Heiland jetzt schon näher und besser als am Anfang des Glaubensweges? Oder als vor zwei Jahren? Haben wir mittlerweile erkannt, dass Er nicht „nur“ Heiland ist? Ist bei uns ein normales Wachstum des Glaubens vorhanden?
Der oben genannte Vers aus Matthäus 12 trifft auch auf uns zu. Prüfen wir uns doch einmal aufrichtig, was unsere Gesprächsthemen sind. Verstehen wir es nicht, meisterhaft und zu jeder Zeit über viele Dinge alles Mögliche zu sagen? Ob es die Arbeit, die Schule, das Hobby, die Geschwister, die Politik usw. betrifft – in den meisten Fällen können wir mitreden. Ist uns aber schon mal aufgefallen, wie schnell Stille einkehrt, wenn die Sprache auf geistliche Dinge, insbesondere den Herrn Jesus, kommt? Plötzlich fehlen uns die Worte. Oder haben wir vielleicht darüber nichts zu sagen?
Petrus konnte auf die Frage des Herrn, „Ihr aber, wer sagt ihr, dass ich sei?“, von Herzen antworten: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt 16,15.16). Die Braut im Hohenlied wurde gefragt, was ihren Geliebten kennzeichnete. Diese Frage bringt ihr Herz zum Überlaufen. Als hätte sie nur auf diese Gelegenheit gewartet, öffnen sich Herz und Mund: „Mein Geliebter ist weiß und rot, ausgezeichnet vor Zehntausenden“. Abschließend fasst sie zusammen: „Und alles an ihm ist lieblich“ (Hld 5,9-16). Solch ein übervolles Herz möchte der Heilige Geist bei jedem von uns bewirken. Sollten wir den folgenden Aufruf des Propheten Hosea nicht zu unserem Gebetsanliegen machen? „So lasst uns den HERRN erkennen, ja, lasst uns nach seiner Erkenntnis trachten!“ (Hos 6,3). Es ist nie zu spät für einen (Neu)Anfang.
Übrigens wird sich unsere persönliche Beschäftigung und Gemeinschaft mit dem Herrn auch auf die von uns besuchten Zusammenkünfte auswirken. Wer von uns hat Sonntagmorgen nicht schon wiederholt seine innere Leere empfunden? Man hatte nichts „zu sagen“. Das Herz war nicht erfüllt von der Person, die Mittelpunkt unseres Zusammenkommens sein will und soll. Infolgedessen hatten wir wenig oder keinen Anteil an der Anbetung, auf die Gott der Vater wartet (Joh 4,23). Nichts kann den Vater mehr erfreuen, als wenn wir ihm etwas von dem „Liebling seiner Seele“ zu berichten haben. In 1. Mose 45,13 finden wir eine hilfreiche Aussage im Blick auf Anbetung. „Berichtet meinem Vater alle meine Herrlichkeit“. Das ist – im übertragenen Sinn – das, was Gott der Vater sucht – bei dir und mir. Er wünscht sich Herzen, die ihre ganze Freude an seinem Sohn haben und Ihn staunend bewundern. Erfüllen wir Ihm seinen Wunsch? Dazu jedoch müssen wir „etwas über ihn zu sagen haben“!
Träge zum Hören – wir auch?
Leider waren die Hebräer nur bedingt aufnahmefähig für die Ausführungen des Schreibers. Früher, am Anfang ihres Glaubensweges, war das nicht so. Geistliche Fortschritte wurden gemacht. Sie waren auf dem besten Weg, in geistlicher Hinsicht „Erwachsene“ zu werden. Aber mit der Zeit hatten sich ihre Prioritäten wieder verschoben. Vielleicht waren ihnen irdische Dinge wichtiger geworden und die Freude an den geistlichen Dingen hatte darunter gelitten. So waren sie „im Hören träge [od. faul] geworden“. Der Fortschritt hatte sich – von ihnen selbst nahezu unbemerkt – in Rückschritt verwandelt. Im Allgemeinen ist das eine schleichende, anfänglich nicht bemerkbare Entwicklung. Das Interesse am Bibellesen und am Gebet, der Familienandacht sowie den Zusammenkünften lässt unmerklich nach – aber es lässt nach! Stattdessen werden uns Schule, Beruf, Sport, Freizeit, Musik ... immer wichtiger. Die Freude am Herrn jedoch, die ja unsere Stärke ist (Neh 8,10), verschwindet mehr und mehr. Die einmal geschenkte geistliche Kraft geht verloren. Die „normale“ Entwicklung des Gläubigen wird gebremst, vielleicht sogar gestoppt. Im natürlichen Leben würde man so etwas als unnormal oder krank bezeichnen. Und wenn uns solch eine (Selbst-)Diagnose schon im natürlichen Leben erschreckt, wie viel mehr sollte sie uns bezüglich unseres geistlichen Zustands erschrecken! Wir wollen deswegen den Herrn um Gnade und Kraft bitten, uns in dieser Hinsicht selbstkritisch zu prüfen. Es kann nicht der Wunsch eines wahren Gläubigen sein, in einem solchen Zustand zu bleiben. Diese Erfahrungen sind nicht neu, aber sie sollten bei uns die Bitten hervorbringen, die sie auch bei anderen in ähnlicher Situation hervorgebracht haben: „Wende meine Augen ab, dass sie Eitles nicht sehen! Belebe mich in deinen Wegen! ... Höre meine Stimme nach deiner Güte; HERR, belebe mich nach deinen Rechten!“ (Ps 119,37.149).
So wollen wir diesen Hinweis aus dem Hebräerbrief zu unseren Herzen reden lassen. Er soll uns einerseits anspornen, mehr mit dem Herrn Jesus beschäftigt zu sein, und andererseits motivieren, unseren eigenen Zustand in göttlichem Licht zu überprüfen. „Wachst aber in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus.“ (2. Pet 3,18)
Vielleicht kann es eine kleine „Starthilfe“ zur erneuten Beschäftigung mit der Person des Herrn Jesus sein, die unten stehenden Namen und Titel des Herrn im NT zu suchen. Diese Liste ist natürlich nicht vollständig, aber reicht sicher für einen ersten „Angriff“ aus. Wie geläufig sind uns diese Titel teilweise – wissen wir jedoch auch, wo sie stehen (vielleicht sogar ohne Konkordanz oder Bibelprogramm)?
- der Gerechte (1. Pet.....)
- der Heilige (Apg.....)
- die Tür (Jo.....)
- die Gabe Gottes (2. Kor.....)
- der gute Hirte (Joh.....)
- der Fels (1. Kor.....)
- mein Knecht (Mt.....)
- das Licht der Welt (Joh.....)
- der treue Zeuge (Offb.....)
- der Mittler (1. Tim.....)
- das Lamm Gottes ( Joh.....)
- die Sühnung (1. Joh.....)
- der Führer (Apg.....)
- der Heiland [Retter] (Tit.....)
- der Arzt (Lk.....)
- der Herzenskenner (Apg.....)
- Weisheit von Gott (1. Kor.....)
- das Brot des Lebens (Joh.....)
- der Allmächtige (Off.....)
- der Weg (Joh.....)
- der Richter (2. Tim.....)
- unser Friede (Eph.....)
- alleiniger Gebieter(Jud.....)
- das Leben (Joh.....)
- das Haupt der Versammlung (Eph.....)
- guter Lehrer (Mt.....)
- der Anfänger u. Vollender d. Glaubens (Heb.....)
- Haupt über alles (Eph.....)
- der eingeborene Sohn (Joh.....)
- der Sohn seiner Liebe (Kol.....)
- Gott, gepriesen in Ewigkeit (Röm.....)
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