Ein sprechender Esel und ein störrischer Prophet

Ein sprechender Prophet und ein störrischer Esel

3400 Jahre ist es her – aber die Frage wird heute noch genauso oft gestellt wie damals: Wie soll ich mich entscheiden? Denn das ist klar: Jeder von uns wird in seinem Leben vor unzählige Entscheidungen gestellt. Da gibt es sehr bedeutsame wie z.B. die Ehepartnerwahl, die Wahl des Berufs, der Arbeitsstätte oder des Wohnorts, die Planung des Urlaubs oder einer größeren Anschaffung. Da gibt es andererseits auch die täglichen kleinen Dinge, die meist relativ schnell entschieden werden müssen. Aber egal, ob große oder kleine Dinge anstehen: Wer sein Leben als Christ genau nimmt – und welches echte Kind Gottes möchte das nicht? – sieht nicht selten ein Problem darin, den richtigen Weg zu finden. Glücklicherweise sind wir bei unseren Entscheidungen nicht allein! Gemeint sind dabei nicht unsere Verwandten und Glaubensgeschwister – so gut und wichtig ein Rat von ihnen auch sein kann – sondern gemeint ist unser allwissender und weiser Gott. Er sagt uns: „Ich will dich unterweisen und dich lehren den Weg, den du wandeln sollst; mein Auge auf dich richtend will ich dir raten (Ps 32,8). Wie Er das tut und wie wir darauf reagieren sollen, können wir am Beispiel des Propheten Bileam lernen, dessen Geschichte uns im 4. Buch Mose erzählt wird. Dazu möchte ich jeden zunächst ermuntern, dort das 22. Kapitel aufmerksam zu lesen. Es ist eine spannende Begebenheit, die uns viel zu sagen hat.

„Komm, verfluche mir dieses Volk“

Bileam erkannte es sofort: Hier kam eine folgenschwere Entscheidung auf ihn zu! Balak, der König von Midian, hatte Boten zu ihm gesandt. Ein Volk war heraufgezogen, das sein Land bedrohte. Dieses Volk hatte einen überaus mächtigen Gott, der ihm schon zu zahlreichen Siegen verholfen hatte und der es beschützte. Deswegen wollte Balak, dass Bileam dieses Volk verfluchte (V. 6). Das war keine Kleinigkeit, da musste er all sein Können als Wahrsager einsetzen. Gegen diesen Gott zu arbeiten war gefährlich! Aber auch verlockend: Es gab viel Geld zu verdienen!

„So wie der HERR zu mir reden wird“

Bileam kannte diesen mächtigen Gott. Und er wusste wohl auch, dass dieser Gott stärker war als all die Dämonen, in deren Kraft er seine Wahrsagerei betrieb (vgl. 4. Mo 24,1). Deswegen wagte er es nicht, mit den Boten Balaks zu gehen, ohne vorher die Meinung Gottes dazu erfahren zu haben. „Übernachtet hier diese Nacht, und ich werde euch Antwort bringen, so wie der HERR zu mir reden wird“ (V. 8).

War das nicht vorbildlich? Wir sind wirklich erstaunt, diese Worte aus dem Mund eines Heiden zu hören. Hierin können wir wirklich von Bileam lernen. Auch wir sollten niemals eine Entscheidung treffen, Gott vorher zu bitten, uns seinen Willen zu offenbaren, zumal wir Ihm doch viel näher stehen als Bileam. Er ist unser Vater! Deshalb sollten wir regelrecht danach ver- langen, seine Gedanken zu erfahren – um aus Liebe zu Ihm dann auch entsprechend zu handeln.

Aber es gibt noch eine andere Seite: das Verlangen, Gottes Antwort zu erfahren, muss aus einem aufrichtigen Herzen kommen! Und daran haperte es bei Bileam ganz gewaltig, wie wir bald sehen werden!

„Gott kam zu Bileam“

Zunächst jedoch wollen wir die Seite Gottes ohne betrachten. Er hat alles gesehen und jedes Wort gehört, und es ist Ihm nicht „egal“, wie Bileam auf die Bitte Balaks reagiert. Genauso wenig ist es Ihm gleichgültig, wie wir uns heute und morgen entscheiden. In jeder Situation, die uns begegnet, will Er, dass wir uns auf eine ganz bestimmte Weise verhalten. Und diesen seinen Willen behält Er dann nicht „für sich“! Er ist bemüht, uns mit seinen Gedanken vertraut zu machen. Das tat Er sogar bei Bileam, obwohl Er sah, dass dieser kein aufrichtiges Herz hatte: „Und Gott kam zu Bileam“ (V. 9). Er ergreift die Initiative! Welch eine Freude und Sicherheit gibt es uns zu wissen, dass Er sich aktiv um unsere Probleme kümmert. Petrus schreibt dazu: „Er ist besorgt für euch“ oder, wie auch übersetzt werden kann: „Ihm liegt an euch“ (1. Petr 5,7). Aber wie macht Er das heute: „zu uns kommen“? Das geschieht sicher in den seltensten Fällen wie bei Bileam durch ein „Nachtgesicht“. Wir als Christen besitzen nämlich den Heiligen Geist, diese göttliche Person. Daran denkt der Herr Jesus in Johannes 14,18, wenn Er sagt: „Ich komme zu euch“. Und wir dürfen sogar sagen: Der Heilige Geist kommt nicht hin und wieder zu uns, sondern Er wohnt sogar in uns (vgl. z.B. 2. Tim 1,14)! Ist uns das stets bewusst? Er ist uns gegeben worden, damit Er uns „alles lehren“ soll (Joh 14,26). Allerdings erfahren wir seine Hilfe erst dann in vollem Maß, wenn wir Ihn auch „lehren“ lassen – und das tut Er im Wesentlichen durch das Wort Gottes.

„Wer sind diese Männer bei dir?“

Nun müssen wir nicht denken, dass Gott uns in seinem Wort zu jeder Frage eine direkte Antwort gibt. Natürlich gibt es solche Stellen, aber die vielen Fragen unseres Lebens beantwortet Gott oft ganz anders, nämlich mit einer – Gegenfrage! „Wer sind diese Männer bei dir?“ (V. 9).

Dadurch will Er mich zum Nachdenken bringen. Es soll mir z.B. – wie Bileam – bewusst werden, durch welche Umstände ich mit dem aktuellen Problem konfrontiert wurde. Warum ist das Problem überhaupt da? War es mein Wunsch oder der Wunsch anderer, oder ist es einfach eine Notwendigkeit, der ich mich stellen muss? Ist es vielleicht etwas, wo ich „dringend“ gebraucht werde, wo ich Ehre erlangen kann und was meinem Selbstwertgefühl schmeichelt? Welche inneren Beweggründe haben mich dazu geleitet? Sind es fleischliche oder geistliche? Welche Ziele verfolge ich dabei? Will ich es tun, um einen materiellen Vorteil zu erlangen, oder tue ich es zum wirklichen Segen für mich und andere? Werde ich oder wird Gott dadurch verherrlicht?

Solche und ähnliche Gedanken möchte Gott in uns wachrufen, und Er wünscht, dass wir im Gebet mit Ihm darüber reden. Dann wird Er fleischliche Einflüsse aus unseren Herzen entfernen und durch geistliche ersetzen. Es wird dann so sein, dass wir bereits während des Gebets, also während wir Gott auf seine Fragen antworten, seine Antwort auf unsere Fragen bekommen.

„Du sollst nicht mit ihnen gehen.“

Dann empfinden wir auf einmal ganz klar Gottes Willen. Das „funktioniert“ jedoch nur, wenn wir Gottes Grundsätze, die Er uns in seinem Wort offenbart hat, kennen. Ohne Bibelstudium geht das nicht! Durch das ständige Lesen in Gottes Wort lernen wir nämlich nicht nur, was Gott denkt, sondern auch wie Gott denkt. Die Bibel ist nicht einfach ein Buch mit Anweisungen Gottes, sondern sie zeigt uns insbesondere Gottes Wesen und Natur, seine Grundsätze und seine Denkweise. Wenn wir seine Gedanken wirklich in uns aufgenommen haben und in Gemeinschaft mit Ihm leben, sind wir auch in der Lage, seinen Willen zu erkennen. Dann fällt es uns wie Schuppen von den Augen: „Du sollst das nicht tun!“ oder auch: „Tu es!“

Durch den Zusatz „Du sollst das Volk nicht verfluchen, denn es ist gesegnet“ sagt Gott uns gleichsam aber auch: „Selbst wenn du ungehorsam sein solltest, wirst du dadurch meine Ratschlüsse nicht verändern können.“ „Wenn wir untreu sind – er bleibt treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen“ (2. Tim 2,13). Ja, Er bleibt seinem Wort treu, aber als Antwort auf unseren Ungehorsam wird Er seine Regierungswege zu unserer Erziehung oder als Strafe entsprechend ändern müssen. Wir sehen das auch im späteren Verlauf unserer Begebenheit. Deswegen ist es wichtig, ein klares Gebot Gottes nicht zu missachten.

„Der HERR hat sich geweigert, mir zu gestatten“

Schade, ich wollte es doch viel lieber anders machen! Dabei habe ich Ihm doch so oft meine Wünsche vorgetragen! Er hätte mir doch schließlich die Wege ebnen können. Aber Er hat sich geweigert, es mir zu erlauben! Liebt Er mich überhaupt? Nun, es ist ja nichts zu ändern, die Chance ist vorbei – aber zufrieden bin ich nicht. Sicher ergibt sich später doch noch einmal die Gelegenheit dazu ...

Ist das vielleicht manchmal unsere Sprache, nachdem Gott uns seinen Willen deutlich gemacht hat? Es ist im Prinzip eine Verhöhnung Gottes, wenn wir bereits einen festen Vorsatz ins Herz gefasst haben und Ihn dann um Rat und Führung in dieser Angelegenheit bitten. Auch wenn wir uns äußerlich zunächst unterordnen – vielleicht aus Angst vor den Folgen eines falschen Weges oder auch nur, weil sich gewisse Schwierigkeiten auftun – ist es nichts als Eigenwille. Wenn wir nicht von Herzen „ja“ sagen zu Gottes eindeutigem Willen, werden wir erstens nicht glücklich und zweitens schließlich doch auf einen falschen Weg geraten. Deswegen sagt Gott uns: „Gib mir, mein Sohn, dein Herz, und lass deine Augen Gefallen haben an meinen Wegen“ und: „Wer auf sein Herz vertraut, der ist ein Tor; wer aber in Weisheit wandelt, der wird entrinnen“ (Spr 23,26; 28,26).

„Lass dich doch nicht abhalten“

Jetzt kommen die Reaktionen unserer Mitmenschen: Warum willst du das denn nicht machen? Es ist doch die Gelegenheit! Dein Ansehen wird wachsen, und finanziell stehst du dich auch viel besser! „Lass dich doch nicht abhalten“ (V. 16), dieses Angebot anzunehmen. Wer hält dich eigentlich davon ab? Gott? So eng kann man das doch nicht sehen. Du hast doch einen Verstand und kannst frei entscheiden! –

Nun, vielleicht haben sie ja recht. Es ist wirklich zu schade, dass Gott dagegen ist! Andererseits werde ich natürlich nichts gegen Gottes Willen tun. „Wenn Balak mir sein Haus voll Silber und Gold gäbe, so vermöchte ich nicht den Befehl des HERRN, meines Gottes, zu übertreten“ (V. 18). Aber wenn ich so darüber nach- denke – richtig klar ist mir eigentlich auch nicht mehr, was Gottes Wille wirklich ist. Ich werde noch einmal eifrig darum beten!

„Ich werde erfahren, was der HERR ferner mit mir reden wird“

Kann jemand wirklich ernsthaft denken, Gott würde seine Meinung ändern? Selbst Bileam muss sogar ein wenig später zu Balak sagen: „Nicht ein Mensch ist Gott, dass er lüge, noch ein Menschensohn, daß er bereue. Sollte er gesprochen haben und es nicht tun, und geredet haben und es nicht aufrecht halten?“ (4. Mo 23,19). Aber auf solch abwegige Gedanken können wir als Christen tatsächlich kommen, und zwar dadurch, dass wir uns innerlich gegen Gottes Willen aufgebäumt haben und dass wir nicht sofort gehorsam waren. Dann kommen nämlich schließlich Zweifel auf: „Hat Gott wirklich gesagt...?“ (1. Mo 3,1). Was also hier auf den ersten Blick fromm erscheint, entpuppt sich als eine weitere Stufe des Eigenwillens. Man befragt Gott solange, bis Er „ja“ sagt.

„Wenn die Männer gekommen sind, um dich zu rufen ...“

Endlich wird es mir völlig klar, was ich tun soll: Wenn die Männer extra noch mal gekommen sind, mich zu rufen (V. 20), kann ich darin doch nur Gottes Fügung sehen! Haben wir auch schon einmal so gedacht? Wir merken, wie gefährlich das ist. Die „günstigen Umstände“ sind noch lange kein Zeichen für Gottes Einverständnis. Trotzdem warten wir aber leider oft so lange, bis endlich Umstände eintreten, die für unser Vorhaben günstig erscheinen. Ist das wirklich Abhängigkeit von Gott?

„... mache dich auf, gehe mit ihnen“

Ist es möglich? Gott hatte doch gesagt: „Du sollst nicht mit ihnen gehen“ (V. 12). Widerspricht Er sich jetzt also doch?

Wir haben schon gesehen, dass dies nicht sein kann. Hätten wir nur diese beiden Verse, könnte es tatsächlich so scheinen. Der Zusammenhang macht jedoch deutlich, dass Gott mit anderen Worten sagen will: „Wenn du unbedingt willst, dann tu es doch!“ Handeln nicht auch Eltern oft so mit ihren eigenwilligen Kindern? Es steht natürlich sehr ernst um uns, wenn Gott bereits in dieser Weise zu uns redet und uns sozusagen unserem selbstgewählten Schicksal überlässt. „Da gab er ihnen ihr Begehr, aber er sandte Magerkeit in ihre Seelen“ (Ps 106,15).

Gleichzeitig weist Er Bileam aber klar in seine Schranken: „Nur dasjenige, was ich dir sagen werde, sollst du tun“ (V. 20). Gott behält stets die Fäden in seiner Hand! Sorglos und freudig macht sich Bileam sofort auf den Weg und zieht mit den Fürsten von Midian. Trotz der beiden „widersprüchlichen“ Antworten Gottes hegt er nun keinerlei Zweifel mehr; ein nochmaliges Befragen Gottes hält er für unnötig. Warum auch – er kann ja endlich das tun, was er die ganze Zeit schon wollte!

„Da entbrannte der Zorn Gottes, dass er hinzog“

Wer den vorigen Abschnitt gut verstanden hat, hat sicher keine Schwierigkeiten mit dieser Einleitung des weiteren Geschehens. Gott konnte erwarten, dass Bileam stutzig wurde, als Er ihn jetzt auf einmal frei ziehen ließ. Es war eine Prüfung des Gehorsams. Und in dieser Prüfung hat Bileam total versagt. Sein Eigenwille und seine Geldliebe siegten!

Es geht hier um einen zeitlichen „Zorn Gottes“. Da Er ein Recht darauf hat, dass wir seinem offenbarten Willen gemäß handeln, ziehen wir seinen Zorn auf uns herab, wenn wir ungehorsam sind. Es ist nämlich eine Beleidigung Gottes, seinen Willen zu missachten – und es ist Sünde! Wer sich allerdings permanent (!) dem Willen Gottes widersetzt, kann kein göttliches Leben in sich haben und wird deswegen einmal dem ewigen Zorn Gottes ausgesetzt sein (vgl. Joh 3,36).

„Der Engel des HERRN stellte sich in den Weg“

Der Zorn Gottes äußert sich darin, dass Er mit Zucht eingreift. Das ist sozusagen sein letztes Hilfsmittel, um einen Menschen zur Besinnung zu bringen. Bei uns tut Er es, weil Er uns liebt: „Was ihr erduldet, ist zur Züchtigung: Gott handelt mit euch als mit Söhnen“ (Heb 12,7). Er möchte uns wieder auf den richtigen Weg bringen, deswegen stellt „er sich in den Weg“, uns „zu widerstehen“ (V. 22). Das merken wir daran, dass unser Vorhaben doch nicht so glatt läuft, wie wir es eigentlich erwartet haben. Hoffentlich sind wir dafür dann sensibler als Bileam, der seine Eselin, die den verkehrten Weg verließ, schlug und sofort wieder auf seinen alten Weg zurückkehrte (V. 23).

Andernfalls muss Gott einen Schritt weiter gehen: Die Misserfolge werden größer und unsere Erfahrungen schmerzlicher; unser „Fuß“ wird „an die Wand“ gedrückt (V. 25). Werden wir jetzt endlich hellhörig, oder hadern wir wie Bileam mit unserem Schicksal? Gott kann uns schließlich dahin bringen, dass wir gar keinen Ausweg mehr sehen! Bei Bileam trat Er „an einen engen Ort, wo kein Weg war auszubiegen, weder zur Rechten noch zur Linken“ (V. 26). Aber in seiner Blindheit erkannte dieser nicht, dass Gott ihn diesmal tatsächlich durch Umstände leiten wollte. Ja, wenn Er uns nicht mehr mit seinem Auge leiten kann, weil wir uns zu weit von Ihm entfernt haben, muss Er es leider durch Zucht tun: „Seid nicht wie ein Ross, wie ein Maultier, das keinen Verstand hat; mit Zaum und Zügel, ihrem Schmucke, musst du sie bändigen, sonst nahen sie dir nicht“ (Ps 32,9). Welch eine Ironie: Das „Maultier“ war hier sogar noch klüger als Bileam, denn es erkannte ohne weiteres, dass Gott es war, der die Schwierigkeiten bewirkte.

Natürlich müssen wir vorsichtig sein, wenn wir einen Gläubigen in einer misslichen Lage sehen. Wir können auf keinen Fall sagen, dass es sich dabei stets um eine Zuchtmaßnahme oder gar Strafe von Seiten Gottes handelt. Vielleicht will Er ja sogar einen besonders treuen Gläubigen nur noch näher an sein Herz ziehen. Oder Er will die gegenseitige Verbundenheit seiner Kinder durch die Not eines Einzelnen stärken. Wenn ich aber selbst in Schwierigkeiten bin, muss ich mich doch fragen, was Gott mir dadurch sagen will.

„Da enthüllte der HERR die Augen Bileams“

Hier geschah tatsächlich Außergewöhnliches! Noch niemals hatte sich Bileams Eselin so bockig gezeigt. Und jetzt fängt sie sogar an zu reden! „Ein sprachloses Lasttier, mit Menschenstimme redend, wehrte der Torheit des Propheten“ (2. Petr 2,16). Aber sein Ärger ist so groß, dass er das gar nicht richtig beachtet. Deshalb muss Gott ihm die Augen öffnen, damit er sieht, in welcher Gefahr er schwebt. Bileam wäre getötet worden, wenn die Eselin ihn nicht davor bewahrt hätte (V. 23). Wie gnädig ist unser Herr, dass Er uns sogar in selbstverschuldeten Schwierigkeiten vor noch Schlimmerem bewahrt! Haben wir dafür offene Augen? Gott warnt Bileam in seiner Langmut nun noch ein drittes und letztes Mal:

„Der Weg ist verderblich vor mir“

Deutlicher geht es wirklich nicht! So ist Gott auch in unserem Leben bemüht, uns klar zu machen, warum uns dies oder jenes passiert. Wie gesagt, es muss sich nicht immer um Zucht wegen eines falschen Weges handeln. Aber wenn wir Ihn aufrichtig darum bitten, wird Er es uns auch zeigen. Und wenn Er dann zu uns sagen muss: „Der Weg stürzt ins Verderben“ (V. 32, Anm.), so wollen wir doch wenigstens jetzt auf Ihn hören und von Herzen umkehren! Er wird uns mit offenen Armen aufnehmen – wie einst der Vater seinen verlorenen Sohn.

„Ich habe gesündigt“

Ohne ein Bekenntnis gibt es keine Wiederherstellung. Nur muss dieses Bekenntnis auch aufrichtig sein. Wie viele haben leichtfertig, ohne innere Herzensübungen gesagt: „Ich habe gesündigt“ (V. 34)1. Und Bileam fährt fort: „Wenn es übel ist in deinen Augen, so will ich umkehren“. Das hört sich zwar wieder sehr fromm an, aber hätte er es wirklich gewollt, so hätte er es auch getan. Gottes Aussage war nämlich eindeutig: Es ist ein verderblicher Weg; es ist übel in meinen Augen! – Wenn wir nicht umkehren wollen, ist unser Bekenntnis wertlos! – Gott sieht in Bileams Herz und lässt ihm daher nun zum zweiten Mal seinen Willen: „Gehe mit den Männern“. Ach, Bileam hatte nichts gelernt, folgte weiter seinem eigenen Willen – und ging schließlich ins Verderben.

Deshalb hören auch wir nicht auf ... für euch zu beten und zu bitten, damit ihr erfüllt sein möget mit der Erkenntnis seines Willens in aller Weisheit und geistlicher Einsicht, um würdig des Herrn zu wandeln zu allem Wohlgefallen, in jedem guten Werk fruchtbringend, und wachsend durch die Erkenntnis Gottes“ (Kol 1,9.10).

 

1 siehe dazu den Artikel „Entschuldigung – Inflation eines Begriffs“ in Folge mir nach Heft 6/2001