Den Willen Gottes erkennen

Wie erkenne ich den Willen Gottes für mein Leben?

Diese Frage haben wir uns alle im Alltag schon „tausendmal“ gestellt, oder? Sie berührt die Praxis unseres Glaubenslebens hautnah. Und sie ist alles andere als einfach. Wo die Theorie klar ist, fangen die Probleme der Umsetzung in die Praxis an. Doch die Bibel hilft uns auch hier. Dieser Artikel will keine Patentantwort für die 999 Fragen deines Lebens bieten, aber doch einige Leitplanken aufzeigen, zwischen denen du einigermaßen sicher fahren kannst.

Die großen Fünf:

Immer, wenn es darum geht, Gottes Willen in einer bestimmten Situation zu erfahren, sollten diese fünf Bereiche „gecheckt“ werden:

1. Gottes Wort

Gibt es zu dieser Frage eine klare Anweisung in Gottes Wort oder Grundsätze der Schrift, die anzuwenden sind?

2. Gebet

Das Gebet zum Herrn um Klarheit in der Frage.

3. Der Rat erfahrener, geistlicher Christen

Der Rat von Gläubigen, die Erfahrung und geistliche Reife besitzen, kann eine große Hilfe sein.

4. Die vorliegenden Umstände

Sind „Türen“ offen oder eindeutig zu?

5. Der innere Frieden

Habe ich bei der Entscheidung, die ich treffen will/getroffen habe, inneren Frieden?

Das sieht dann in der Praxis etwa so aus:

1) Ist die Entscheidung in Übereinstimmung mit den Grundsätzen von Gottes Wort?

nein> die Sacheweiterzuverfolgen ist Zeitverschwendung (und Ungehorsam).

ja > s. 2.

2) Hast du in dieser Sache ein klares „Ja“ vom Herrn im Gebet bekommen?

nein> bei einem eindeutigen „nein“, nicht weiter verfolgen, bei Unklarheit weiter beten.

ja> s. 3.

3) Steht der Rat erfahrener, reifer Christen positiv zu der Entscheidung?

nein> nimm die Warnungen und Hinweise ernst, indem du entweder die Entscheidung revidierst oder weiter betest und die Schrift erforschst.

ja> s. 4.

4) Sind die Umstände so, dass du deine Entscheidung durchführen kannst?

nein > dies wird die Angelegenheit entweder (vorläufig) beenden oder zumindest eine neue „Warteschleife“ einläuten.

ja> s. 5.

5) Hast du bei der Entscheidung inneren Frieden?

nein> dann warte und bete um diesen Frieden.

ja> mit großer Wahrscheinlichkeit hat Gott dir seinen Willen gezeigt.

Schauen wir uns die fünf Punkte im Einzelnen genauer an.

Gottes Wort

Gottes Wort ist die grundlegende und ausreichende Basis für die allgemeinen Grundsätze des christlichen Lebens. Für die Einzelheiten und konkreten Fragen des Alltags benötigen wir oft die anderen Bestandteile der „großen Fünf“ als Ergänzung.

  • Gottes Wort ist immer unser Ausgangspunkt. Dort werden wir zuerst schauen, ob Gott etwas zu dem „Thema“ sagt. Bevor du nicht die Anweisungen Gottes in seinem Wort zu dem betreffenden Punkt befolgt hast, brauchst du Ihn nicht um eine persönliche Führung oder „Offenbarung“ zu bitten. Vielleicht hast du erst einen Teil der Bibel gelesen, oder dir sind viele Texte entfallen. Dann darfst du den Herrn bitten, dir zu zeigen, ob Er in seinem Wort für deine konkrete Problemsituation Aussagen niedergelegt hat. Eifrige Sucher werden finden (Spr 8,17).
  • Gottes Wort ist keine Straßenkarte (wo du für jeden Fall jede Einzelheit findest), sondern ein Kompass (der die Richtung angibt). Aber manchmal zeigt der Kompass auch in Bezug auf eine Einzelheit an: Hier geht es nicht weiter.

Das Gebet

Wie die anderen Elemente auch, ist das Gebet ein entscheidender, aber in sich selbst nicht ausreichender Bestandteil, um Gottes Willen zu erkennen. Die „großen Fünf“ wirken eben zusammen.

  • Wir müssen unser Gebetsleben ernst nehmen. Wenn wir Gott oder den Herrn Jesus wie einen „Feuermelder“ behandeln und Ihn nur in der Not um Hilfe anrufen, dann bedarf unser Gebetsleben einer Auffrischung. Gebet ist viel mehr als ein Notschrei. Es beinhaltet Danksagung, Bekenntnis, Fürbitte, Lob und Anbetung.
  • Wir dürfen in der Erwartung beten, dass Gott uns führen will und wird (Mt 7,7; Joh 16,13 u.a.).
  • Wir müssen beim Gebet offen sein für Gottes Führung. Es geht um Gottes Willen, den wir erkennen wollen, nicht um seine Bestätigung unseres Willens. Wir müssen offen sein für überraschende, unerwartete und auch unwillkommene Antworten. Es ist gut, sich der eigenen Wünsche bewusst zu sein und diese Gott zu sagen. Aber die Bereitschaft muss vorhanden sein, seine Entscheidung zu akzeptieren.
  • Wir müssen mit Ausharren, Geduld beten. In einer Gesellschaft, die ein „Sofort“ in allen Situationen erwartet, vergessen wir leicht, dass Gott durchaus nicht „sofort“ antwortet. Das anhaltende Gebet enthält besondere Verheißungen: Lukas 18,1–8.
  • Wir sollten in dem Bewusstsein beten, dass unsere Kenntnis der Lage mitunter sehr begrenzt ist. Gott hat den „umfassenden Überblick“ und sieht das Ende von Anfang an.
  • Das Gebet kommt zuerst: Wir handeln nicht, um danach zu beten. Sondern wir beten, um richtig handeln zu können.

„Wenn wir beten, ist es viel wichtiger, dies zu tun mit dem Bewusstsein der Größe Gottes als mit dem Bewusstsein von der Größe des Problems“ (Gordon S. Jackson).

Der Rat erfahrener Christen

Den Rat erfahrener Christen zu suchen, ist ein Zeichen von Weisheit und Stärke und nicht von Schwäche. Gott selbst rät uns in seinem Wort dazu: Sprüche 13,10; 12,15.

  • Der Rat anderer Christen kann eine Ermunterung sein oder eine Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Aber vielleicht benutzt Gott auch andere, um unseren verfrühten Enthusiasmus zu dämpfen oder uns vor Gefahren zu warnen.
  • Allerdings: Wenn Gottes Wort eindeutig redet, macht es keinen Sinn, andere zu fragen (in der Hoffnung sie würden uns etwas anderes sagen als die Bibel) – so erkennst du Gottes Willen nie!
  • Suche deine „Berater“ sorgfältig aus. Es sollten gottesfürchtige, geistliche Männer oder Frauen sein, die entsprechende Erfahrung und geistliche Reife mitbringen. Auch Vertrauen und Verschwiegenheit sind unerlässliche Kriterien. Die „Rehabeam-Methode“ (1. Kön 12,8 – ich frage nur meine Freunde aus der Jugendstunde bzw. ich frage so lange, bis mir jemand Recht gibt) und die „König- von-Israel-Methode“ (1 Kön. 22,8 – ich frage nur „Ja-Sager“) ist der sichere Weg in die Katastrophe.
  • Wende dich an Brüder oder Schwestern, denen du soviel wert bist, dass sie dir einen offenen, ehrlichen Rat geben werden. Du brauchst Ratgeber und nicht jubelnde Unterstützer.
  • Wende dich an einige, wenige Vertrau- enspersonen. Wenn du sechzig Leute fragst, ist das eher eine Meinungsumfrage als Ratsuche.
  • Vergiss bei allem nicht, dass du es letztlich bist, der die Entscheidung treffen muss. Das kann dir keiner abnehmen. Andere können dir nur (allerdings wertvolle) Hilfe geben.

Die Umstände

Während die äußeren Umstände niemals „das letzte Wort“ haben dürfen, können sie dennoch eine Hilfe sein, Gottes Willen zu erkennen.

  • Die Umstände spielen immer eine sekundäre Rolle, sie müssen in das ganze Bild passen, das die fünf Punkte ergeben. Mit anderen Worten: Sie sollen unsere Entscheidung bestätigen, sie aber nicht diktieren.
  • Beispiele aus Gottes Wort: Scheinbar „offene Türen“ sind kein eindeutiger Hinweis auf Gottes Willen (s. Jona 1,3; Mose in Ägypten); Widerstand, andererseits, ist auch kein eindeutiger Hinweis, dass der Weg falsch ist (s. 1. Kor 16,9). Aber der Herr kann auch Türen „eindeutig“ schlie- ßen (s. Apg 16,6) – wie auch immer Er das im Einzelfall tun mag.

Der innere Frieden

Auch der innere Frieden im Hinblick auf eine Entscheidung ist für sich allein kein eindeutiges Indiz, sondern nur im Zusammenspiel aller bisherigen Faktoren.

  • Es ist wichtig, sich klar zu machen, dass es um den Frieden geht im Hinblick auf eine zu treffende Entscheidung. Wenn ich diesen Frieden habe, kann es trotzdem sein, dass ich mich mit „Furcht und Zittern“ an die Ausführung mache.
  • Ohne inneren Frieden sollte sich niemand aufmachen. Denn dann würde man gegen das Gewissen handeln.

Nachdem so die grobe Richtung aufgezeigt wurde, möchte ich in einem zweiten Teil noch einige einzelne Punkte näher ansprechen. Bis dahin wünsche ich dir die Erfahrung, dass Gott dir seinen Willen bei deinen Entscheidungen deutlich macht.