Buchbesprechung

Paulus – sein Leben, sein Dienst, sein Vermächtnis (von Ernst-August Bremicker und Michael Hardt)

Kein anderer Schreiber des Neuen Testaments ist so prägend für die christliche Zeit wie der Apostel Paulus. Er wurde nicht während des Lebens Jesu in den Dienst gestellt, sondern „erst“ durch den verherrlichten Christus berufen. Genau das macht auch den Charakter seiner Aufgaben aus:

Paulus zeugt vom erhöhten Christus und zeigt die himmlische Stellung der Erlösten. Er stellt uns die Versammlung (Gemeinde) Gottes in ihrer ganzen Herrlichkeit vor. Sie gehört nicht zu dieser Schöpfung, sondern ist vollständig Teil der neuen Schöpfung.

 

Petrus und Paulus

Zwei Apostel dominierten die frühen Jahre der christlichen Zeit. Da ist zunächst der Apostel Petrus, den der Herr als einen der ersten Jünger in seine besondere Nachfolge berief (Mk 1,17). Er bekam die Schlüssel des Königreiches der Himmel (Mt 16,19). Damit übertrug der Herr Jesus ihm unter anderem die Aufgabe, zuerst die Juden, dann die Samariter und schließlich die Nationen in den christlichen Bereich einzuführen (Apg 2.8.10). Nachdem er diesen Auftrag erfüllt hatte, hören wir von seinem Dienst nicht mehr sehr viel. Er schrieb allerdings noch zwei Briefe, die uns die Bedeutung des Königreiches Gottes zeigen und damit sehr wertvoll sind.

Anders verläuft die Geschichte des Apostels Paulus. Er wurde erst viel später als die zwölf Apostel berufen. Sein Dienst begann mit seiner Bekehrung auf dem Weg nach Damaskus (Apg 9). Und von diesem Augenblick an finden wir ihn tätig für seinen Meister. Der Herr verordnete ihm nach den ersten Schritten des Glaubens eine längere Zeit im Verborgenen, wo er bei seinem Herrn in der Stille lernte (Gal 1,17; 2,1). Danach aber war er fast unentwegt für Christus aktiv.

Von diesem Fleiß und seiner Hingabe zeugen mehr als ein Dutzend inspirierter Briefe, die aus seiner Feder stammen. Lukas berichtet in der Apostelgeschichte von drei ausgefüllten und längeren Missionsreisen. Danach folgte eine ganz andere Reise: Als Gefangener wurde er von Jerusalem über Cäsarea nach Rom (Apg 21-28) geschleppt. Insgesamt rund vier Jahre musste er Ketten und Fesseln erdulden. Dann kam er offenbar noch einmal frei, bevor seine letzte, viel schlimmere Gefangenschaft in Rom mutmaßlich in den Märtyrertod mündete.

 

Die Spuren von Paulus

Es lohnt sich, den Spuren zu folgen, die der Geist Gottes in der Heiligen Schrift von diesem besonderen Diener des Herrn hinterlassen hat. Genau das haben Ernst-August Bremicker und Michael Hardt im vorliegenden Buch getan. Es umfasst sieben Teile im Blick auf den Apostel Paulus:

  1. Die Bekehrungsgeschichte
  2. Die Reisen
  3. Der Dienst und die Botschaft
  4. Die Mitarbeiter
  5. Besondere Arbeitsfelder (regional)
  6. Die Briefe
  7. Das Vermächtnis

 

Highlights

Immer wieder beeindruckt uns, auf welche Weise der Herr seinen zukünftigen Diener zur Umkehr brachte. Er hatte Verwandte, die sich schon vor ihm bekehrt hatten (Röm 16,7) und sicher eine besondere Ansprache an sein Gewissen waren. Das unbestechliche Zeugnis von Stephanus über den verherrlichten Christus stachelten offenbar die Wut von Paulus, der vermutlich ursprünglich Saulus hieß (Apg 13,9), überaus an (Apg 6-8). Und dann kam die Begegnung mit Jesus selbst (Apg 9). Eindrückliche Erlebnisse, die im ersten Kapitel des Buches anschaulich und ausführlich behandelt werden.

Die Beschäftigung mit den Mühen der Missionsreisen lohnt sich sehr. Hier haben wir einen Diener vor uns, der keine Rücksicht auf sich selbst nahm. Natürlich war Paulus nicht fehlerlos. Seine Gefangennahme in Jerusalem hing beispielsweise damit zusammen, dass er sich darauf einließ, sich einer jüdischen, zeremoniellen, gesetzlichen Handlung zu unterwerfen. Dennoch bleibt er für uns in vielerlei Hinsicht ein außerordentlich großes Vorbild.

Besonders der Dienst und seine Botschaft sollten uns wirklich beschäftigen. Sie stellen den Kern eines echten Christenlebens dar. Wenn wir stärker das vor Augen hätten, was die Autoren über diesen Dienst und die Äußerungen von Paulus weitergeben, würde unser persönliches und gemeinschaftliches Glaubensleben zweifellos anders aussehen.

Es lohnt sich auch, einen Blick in die Kapitel über die Mitarbeiter und die regionalen Arbeitsfelder des Apostels zu werfen. Sie zeigen uns, wie vielseitig seine Arbeit war. Wir erkennen daraus zudem, dass er keineswegs als isolierter Einzelkämpfer tätig war.

Die Vielfalt der Botschaft Paulus‘ wird auch in seinen Briefen deutlich, die in kurzen Überblicken gestreift werden. Schade, dass man nicht den Hebräerbrief hinzugefügt hat, der sehr wahrscheinlich ebenfalls von ihm geschrieben wurde.

Für uns alle ist das Werk dieses Apostels ein Vermächtnis. Natürlich soll nicht Paulus, sondern Christus der Mittelpunkt unseres Lebens sein. Aber genau das ist das Zentrum des Dienstes und der Botschaft von Paulus: uns den Herrn und die Hingabe für Ihn und den Gehorsam Ihm gegenüber wertvoll zu machen.

 

Zusammenfassung

Diesem wichtigen Ziel dient das vorliegende Buch. Es ist gut und eingängig geschrieben. Gerade junge Christen gewinnen so einen Einblick von Gottes Führung dieses tatsächlich einzigartigen Dieners des Herrn.

Immer wieder werden hilfreiche Erklärungen eingestreut (farblich markiert), die uns historische und andere Umstände verständlich machen. Hinzu kommen Impulse für die Praxis, die Paulus und seinen Dienst in unsere Zeit hineinsprechen lassen.

Das Buch mit seinen 207 Seiten liest sich flüssig und muss nicht in einem Zug gelesen werden. Es ist beim CSV-Verlag in Hückeswagen, dem Herausgeber von Folge mir nach, erschienen und kostet 12,90 Euro. Sie sind gut angelegt – ich kann dir diese Arbeit sehr empfehlen.

Einfügen:

                            

 

Leseprobe auch unter dieser Webadresse zu finden:

https://www.csv-verlag.de/index.php?controller=attachment&id_attachment=14009

 

 

Buchauszug

 

Eine eindrucksvolle Beschreibung dessen, was ihm später auf seinen Reisen begegnet ist, gibt er selbst in 2. Korinther 11,23-28:

... Sind sie Diener Christi? ... Ich noch mehr

  • in Mühen überreichlicher
  • in Gefängnissen überreichlicher
  • in Schlägen übermäßig
  • in Todesgefahren oft
  • von den Juden habe ich fünfmal empfangen vierzig Schläge weniger einen
  • dreimal bin ich mit Ruten geschlagen
  • einmal gesteinigt worden
  • dreimal habe ich Schiffbruch erlitten
  • einen Tag und eine Nacht habe ich in der Tiefe zugebracht
  • oft auf Reisen
  • in Gefahren durch Flüsse
  • in Gefahren durch Räuber
  • in Gefahren von meinem Volk
  • in Gefahren von den Nationen
  • in Gefahren in der Stadt
  • in Gefahren in der Wüste
  • in Gefahren auf dem Meer
  • in Gefahren unter falschen Brüdern
  • in Mühe und Beschwerde
  • in Wachen oft
  • in Hunger und Durst
  • in Fasten oft
  • in Kälte und Blöße

 

Wenn man sich diese Liste etwas näher anschaut, macht man eine interessante Entdeckung. Offensichtlich sind die Leiden, von denen wir in der Apostelgeschichte oder auch in den Briefen lesen, nur eine kleine Auswahl. Diese Liste zeigt, dass Paulus auch viele Dinge erduldet hat, von denen wir außerhalb dieses Abschnitts nichts erfahren:

  • Paulus war „in Gefängnissen überreichlicher". Wir denken bei den Stichworten „Paulus" und „Gefängnis" (außer an den kurzen Gefängnisaufenthalt in Philippi, Apg 16) normalerweise an die lange Gefangenschaft in Cäsarea und auch an seine Gefangenschaften in Rom. Aber als Paulus diese Zeilen schrieb, lag beides - Cäsarea und Rom - noch in der Zukunft. Es muss also zahlreiche andere Gefängnisaufenthalte gegeben haben, von denen nicht ausdrücklich berichtet wird.
  • Paulus hat „dreimal Schiffbruch erlitten": Hiermit ist nicht der berühmte Schiffbruch gemeint, der in Apostelgeschichte 27 ausführlich beschrieben wird (dieser lag ebenfalls noch in der Zukunft).
  • Er erwähnt, dass er „einen Tag und eine Nacht in der Tiefe zugebracht" hat. Wir wissen nicht, mit welchem konkreten Ereignis das zusammenhing. Ebenso verhält es sich mit den „Gefahren durch Flüsse", „Gefahren in der Wüste", etc.

 

Auf den ersten Blick fragt man sich, warum Paulus das alles erdulden musste. Sicher hätte Gott die Umstände anders lenken können. Aber gerade in 2. Korinther 11 zeigt Paulus, dass seine Leiden einen großen Nutzen brachten: Sie waren ein schlagender Beweis dafür, dass er ein echter Diener war und nicht - wie manche es ihm anhängen wollten - ein falscher Apostel (siehe Verse 21.22).

Am Anfang dieses Briefes betont Paulus den Trost, den er in notvollen Situationen erfahren hatte (2. Kor 1,5).

Timotheus gegenüber erwähnt Paulus das, was er in dessen Heimatregion hatte erleben müssen - dieses Mal mit dem Hinweis darauf, dass der Herr ihn aus allen diesen prekären Situationen gerettet hatte (2. Tim 3,10.11).

Auch 1. Korinther 4,11 -13 enthält eine beindruckende Liste der Leiden von Paulus:

  • Bis zur jetzigen Stunde
  • leiden wir sowohl Hunger als auch Durst
  • und sind nackt
  • und werden mit Fäusten geschlagen
  • und haben keine bestimmte Wohnung
  • und mühen uns ab, mit unseren eigenen Händen arbeitend
  • geschmäht, segnen wir
  • verfolgt, dulden wir
  • gelästert, bitten wir
  • wie der Kehricht der Welt sind wir geworden
  • ein Abschaum aller bis jetzt

 

Die Leiden des Paulus sind bis heute ein Segen für uns. Ein Teil seiner Briefe sind gerade im Gefängnis in Rom entstanden. Wir lesen sie bis heute mit großem Nutzen!