Post von Euch
Da ich Ihre Zeitung zwei Jahre lang abonnient hatte, ergreife ich die Gelegenheit, Ihre Meinung aus der Bibel über die Rolle der Frau in der Gemeinde, wie sie in 1. Korinther 14,34.35 und 1. Timotheus 2,12 beschrieben wird, zu hören. „Eine Frau verhalte sich still in der Gemeinde", schön und gut, aber wie ist es mit den Missionarinnen draußen auf dem Feld, die ja auch predigen und das Wort Gottes erklären? Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Ihre Familie Thimmesch-Weber, Luxemburg
Lieber Bruder Thimmesch,
haben Sie vielen Dank für Ihren Brief vom 4.3.96 an „Folge mir nach"... Ihre Frage ist, wie man die Stellen 1. Korinther 14,34.35 und 1. Timotheus 2,12 in bezug auf Missionarinnen sehen sollte.
Zuerst möchte ich betonen, daß beide Stellen nicht etwa sagen wollen, die Frau sei weniger intelligent oder geistlich als der Mann. Aber wenn die Frau sich auch nicht im Können oder Wissen vom Mann unterscheidet, so hat sie doch in Gottes Schöpfungsordnung eine andere Stellung als der Mann. Gott schuf die Frau nach dem Mann, aus einer Rippe von ihm, ausdrücklich als seine Gehilfin (1. Mo 2,18; 1. Kor 11,3.8.9; 1. Tim 2,13). Eine gläubige Frau sollte Gott deshalb keine Vorwürfe machen oder zusammen mit der Welt um ihre Gleichberechtigung kämpfen.
In 1. Korinther 14 besteht die Schrift darauf, daß wenigstens von der Versammlung oder Gemeinde in ihren Zusammenkünften die Schöpfungsordnung respektiert wird. „Wie auch das Gesetz sagt" bezieht sich nicht auf jüdische Traditionen, sondern auf die Aussagen über die Ordnung und Bestimmung der Geschlechter im Schöpfungsbericht, der ja „im Gesetz" (den 5 Büchern Mose) zu finden ist. Die einzelnen Gemeinden konnten nicht einfach selbst festlegen, ob die Frauen wie in den heidnischen Kulten zu Worte kommen sollten oder nicht. Die Verse 34 und 35 sagen völlig eindeutig, daß während der Versammlungen den Frauen das Sprechen oder Fragestellen nicht erlaubt ist. Vers 37 bezeichnet das als ein Gebot des Herrn. - Ich kenne kein Schriftwort, das für Gemeindeversammlungen auf dem Missionsfeld etwas anderes zuläßt.
Während das Schweigen der Frauen in 1. Korinther 14 deutlich auf die Zusammenkünfte beschränkt wird, scheint das beim Verbot zu lehren in 1. Timotheus 2,12 anders zu sein; offensichtlich gilt es auch außerhalb der Zusammenkünfte. Allerdings muß man den Zusammenhang beachten: es geht vor allem darum, daß die Frau sich nicht auf diese Weise (durch Lehren) über den Mann stellt. Wo diese Gefahr nicht bestand, gibt die Schrift selbst Beispiele für eine gewisse Lehrtätigkeit gläubiger Frauen. Ich denke an Priscilla, die im Beisein ihres Mannes mithalf, Apollos den Weg Gottes genauer auszulegen (Apg 18,26). Ebenso werden ältere Schwestern aufgefordert, in praktischen Fragen „Lehrerinnen des Guten" für jüngere Schwestern zu sein (Tit 2,3-5). In 1. Korinther 11,5 finden wir die Forderung, daß eine betende oder weissagende Schwester ihren Kopf bedecken soll, um zu zeigen, daß sie keineswegs ihr Haupt (den Mann) entehren möchte. Also kann es bei Abwesenheit von Männern durchaus erdorderlich sein, daß eine Frau ein lautes Gebet spricht (beim Besuch einer Kranken, vor Kindern, beim Dienst der Fußwaschung nach Johannes 13 an einer Mitschwester usw.). Schließlich lesen wir in Apostelgeschichte 21,9 auch von den unverheirateten Töchtern des Evangelisten Philippus, daß sie weissagten. Allerdings nicht dem Paulus; dafür wurde extra Agabus aus Judäa gesandt.
Ich denke, nun können wir auf Ihre Frage eingehen, wie es sich nach unserer Meinung auf dem Missionsfeld mit dem Frauendienst verhält. - Da möchte ich anfangs ganz deutlich sagen, daß ich in der Schrift keine Mitteilung über die Aussendung einer Missionarin finden kann. Aber was Petrus den Schwestern bezüglich der eigenen ungläubigen Männer rät, nämlich sie durch ihr christliches Verhalten ohne Worte zu gewinnen (1. Pet 3,1-6), läßt sich sicher auf die Mission anwenden. Deshalb bin ich überzeugt, daß es für Schwestern in der Mission zahlreiche Aufgabengebiete gibt, für die sie bestens geeignet sind (z.B. Arztin, Hebamme, medizinisches Hilfspersonal, Lehrerin). Daneben bleiben jeder Schwester in den Grenzen, die obige Schriftstellen ziehen, unzählige Möglichkeiten, Jesus Christus als Retter zu bezeugen. Ein sehr weites Tätigkeitsfeld steht Schwestern in den vielen Ländern offen, wo es Brüdern durch Sitte oder Religion unmöglich ist, einheimische Frauen überhaupt nur anzusprechen. Einem missionarischen Dienst von Schwestern, der sich ausschließlich an Frauen bzw. Kinder richtet, steht nach der Schrift sicher nichts im Wege. - Zusammenfassend möchte ich sagen, daß 1. Korinther 14,34.35 und 1. Timotheus 2,12 auf den Missionsfeldern normalerweise keine Schwierigkeiten verursachen werden. Ich wäre sehr skeptisch gegen eine Missionstätigkeit, die sich nur dann verwirklichen läßt, wenn man die biblische Stellung der Frau ignoriert.
Lieber Bruder Thimmesch, ich hoffe, Ihre Probleme einigermaßen gut erfaßt zu haben. Wenn es nicht so wäre, schreiben Sie doch bitte noch einmal. Ich bin mir bewußt, daß im Zeitalter der feministischen Theologie, der Pastorinnen und Bischöfinnen viele Christen nicht mehr so denken wie die Redaktion von „Folge mir nach". Doch wir Christen dürfen die Schrift nicht dem Zeitgeist anpassen, wenn wir Salz der Erde bleiben möchten.
Indem ich Ihnen und Ihrer Familie Gottes Segen und Beistand wünsche, grüße ich Sie herzlich als Ihr Bruder im Herrn
Hans-Joachim Kuhley
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