Jesus Christus

Die Vorübergehenden

Das Schauspiel auf Golgatha mit drei Kreuzigungen wollten sich viele Menschen in Jerusalem nicht entgehen lassen. Sie begleiteten die zum Tode Verurteilten aus der Stadt heraus bis zu dem Ort, wo die drei Männer gekreuzigt werden sollten. Wahrscheinlich zog besonders der Fall von Jesus aus Nazareth ihre Aufmerksamkeit auf sich. Zu Recht!

 

Denn der Mann, für den die Römer den Platz in der Mitte der drei Kreuze vorgesehen hatten, war ein besonderer Fall. Jeder spürte es. Still ließ er sich nach Golgatha führen und an das Kreuz schlagen. Das Volk wusste wahrscheinlich, dass Er unschuldig war und die Hohenpriester und Ältesten Ihn aus Neid angeklagt hatten. Dennoch war Er den Menschen letztlich gleichgültig und sie machten sich über Ihn und seine Worte lustig.  

 

Für die meisten, die der Kreuzigung beiwohnten, blieb es bei einem Schauspiel, mit dem sie ihre Sensationslust befriedigten. Als die Soldaten ihr schauriges Werk verrichtet hatten, zogen die Leute wieder ab, nochmal am Kreuz vorüber, und verspotteten Jesus dabei. Die Evangelisten Matthäus und Markus schildern dies mit den Worten: „Die Vorübergehenden aber lästerten ihn, indem sie ihre Köpfe schüttelte und sagten: Ha, der du den Tempel abbrichst und in drei Tagen aufbaust – rette dich selbst und steige herab vom Kreuz“ (Mk 15,29-30; Mt 27,39-40). Wie muss Ihn dieser Hohn getroffen haben! Ja, Er konnte sich nicht selbst „retten“, weil Er uns retten wollte!

 

Berührt uns das (noch)?

 

Es waren Vorübergehende, Passanten, die Ihn verspotteten, also Leute, die nur so vorbeigingen, ohne eine innere Beziehung zu dem zu haben, was dort geschah, geschweige denn zu dem, der dort in der Mitte hing.

 

Aber gehen auch wir (mittlerweile?) in ähnlicher Weise an dem Kreuz vorüber? Das meine ich natürlich im übertragenen Sinn. Klar, wir spotten nicht, aber wir können uns derart an Golgatha und die Leiden des Herrn gewöhnen, dass wir nur noch wie Vorübergehende sind, die dem Geschehen kaum noch Beachtung schenken. Vielleicht kann sogar der Gedanke aufkommen, den Ort möglichst schnell hinter uns zu lassen, weil wir schon „oft genug“ etwas über Golgatha gelesen und gehört haben!? Das wäre schlimm und traurig, denn das Sühnungswerk Christi am Kreuz von Golgatha ist das Größte, was diese Erde je gesehen hat. Es entfaltet so viele Facetten und lässt derart viele Herrlichkeiten der Person unseres Herrn Jesus erstrahlen, dass wir nie damit zu Ende kommen werden, es zu studieren und bewundernd anzuschauen.

 

Noch ein Vorübergehender

 

Kurz zuvor war schon jemand am Kreuz vorübergegangen: Simon von Kyrene. Allerdings lag es da noch auf den Schultern des Heilands, der es selbst aus Jerusalem heraustrug.  (Joh 19,17). Und Simon kam auch nicht wirklich dazu, am Kreuz vorüberzugehen, weil die Soldaten ihn hinderten (Mk 15,21; Mt 27,32; Mk 23,26). Er wollte offenbar nichts mit diesem Jesus und seiner Kreuzigung zu schaffen haben. Wir können uns gut vorstellen, wie er sich an der traurigen Prozedur vorbeidrücken wollte. Aber vergeblich! Die römischen Soldaten hielten ihn fest und zwangen ihn, das Kreuz zu tragen. Da war er nun gefangen und musste sich wohl oder übel mit diesem Jesus beschäftigen …

 

So geht es letztlich jedem Menschen. Im Leben jedes Einzelnen wird es den Zeitpunkt geben, an dem er sich entweder für oder gegen den Herrn Jesus entscheiden muss. Neutralität Ihm gegenüber gibt es nicht.

 

Wir können nur vermuten, dass dies für Simon von Kyrene zum Segen war, denn Markus erwähnt, dass er der Vater des Alexander und Rufus war, den die Empfänger seines Evangeliums wohl kannten (Mk 15,21). Vermutlich gehörten seine Söhne nachher zu den ersten Christen – ihr Vater vielleicht auch?

 

Gott ging nicht vorüber!

 

Dann brachte der heilige Gott das ganze gerechte Gericht, das wir verdient hätten, über seinen Sohn. Dieser hing dann in den drei Stunden der Finsternis beladen mit unseren Sünden am Kreuz. Gott musste im Gericht mit Ihm handeln.

 

Das Wort „Vorübergehen“ ist übrigens dasselbe wie „Passah“ im Hebräischen. Das lässt uns an das erste Passahfest in Ägypten denken. Der Engel des Gerichtes ging damals an den mit Blut bestrichenen Türen der Israeliten vorüber, die Schutz durch das geschlachtete und geopferte Lamm fanden. Die Parallele zu unserem Thema liegt auf der Hand: Gott konnte nicht am Kreuz „vorübergehen“ ohne Christus zu richten, wenn Er an uns vorübergehen wollte, um uns zu verschonen! So wie der „Verderber“ damals in Ägypten wegen des Blutes an den Häusern der Israeliten vorüberging und deren Erstgeburt nicht schlug, so hat Gott uns das Gericht nicht treffen lassen – weil Er seinen Sohn nicht verschonte, sondern Ihn für uns alle hingab (Röm 8,32). Wie sehr Christus unter diesem Gericht für uns gelitten hat, kann kein Mensch erfassen.

 

Lasst uns neu den Wert des Leidens und Sterbens unseres Retters Jesus Christus erkennen und betrachten! Dann werden wir niemals gleichgültig oder kalt an dem Kreuz vorübergehen können, wo Gott Jesus, unseren Herrn, aus Liebe für uns gerichtet hat, damit das Gericht an uns vorübergehen kann.

 

Christus Jesus,

der, da er in Gestalt Gottes war, es nicht

für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein,

sondern sich selbst zu nichts machte

und Knechtsgestalt annahm, indem er in

Gleichheit der Menschen geworden ist,

und, in seiner Gestalt wie ein Mensch

erfunden, sich selbst erniedrigte,

indem er gehorsam wurde bis zum Tod,

ja, zum Tod am Kreuz.

Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben

und ihm den Namen gegeben, der

über jeden Namen ist, damit in dem

Namen Jesu jedes Knie sich beuge,

der Himmlischen und Irdischen und

Unterirdischen, und jede Zunge bekenne,

dass Jesus Christus Herr ist,

zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.

Philipper 2,5-11