Glaube im Alltag

Kleider machen Leute

Vielleicht kennst du dieses alte Sprichwort? Es bedeutet, dass eine Person durch ihr äußeres Erscheinungsbild etwas Besseres darstellen kann, als sie in Wirklichkeit ist. Es zeigt ebenfalls, dass Menschen oft nur nach ihrem Äußeren beurteilt werden.

Das Sprichwort stammt aus dem 16. Jahrhundert. Der Schriftsteller Gottfried Keller hat es aufgegriffen und eine Novelle damit betitelt: „Kleider machen Leute“ (1874). Es geht um einen einfachen Schneiderlehrling, der durch eine Verwechselung für einen Grafen gehalten wird. Ein gut aussehender Mantel (übrigens der einzige, den er hat) hilft ihm dabei, als eine bessere Person zu gelten und gleichzeitig die Vorzüge dieser Stellung geschickt auszunutzen. Schließlich fällt der Schwindel auf: Der junge Mann ist doch nicht der Graf, sondern ein einfacher Schneider. Sein Ansehen stürzt wie ein Kartenhaus ein und er verliert die Privilegien, die er sich erschlichen hat.

Wir Menschen neigen dazu, uns durch das Äußere blenden lassen. Das gilt auch für Gläubige. Schon Samuel hatte bei der Suche nach dem neuen König die Söhne Isais nach dem Äußeren beurteilt. Doch Gott musste ihm sagen: „Der Mensch sieht auf das Äußere, aber der Herr sieht auf das Herz“ (1. Sam 16,7).

Spricht uns das nicht auch an? Wir leben in einer Zeit, in der man großen Wert auf das Äußere legt. Makel und Schwächen werden wegretuschiert. Die Werbung legt die (körperlichen) Ideale fest. Dabei spielt die Kleidung eine große Rolle.

Wenn wir die Bibel zum Thema „Kleidung“ untersuchen, finden wir einige wichtige geistliche Wahrheiten und Lektionen.

 

1)     Anziehen und ausziehen – unsere Stellung

Der Apostel Paulus schreibt davon, dass wir den „alten Menschen“ ausgezogen und den „neuen Menschen“ angezogen haben (Kol 3,9.10). Paulus benutzt hier ein Bild, das wir gut kennen: Wir ziehen zum Beispiel eine alte Jacke aus und werfen sie weg. Wir tauschen sie gegen eine neue aus. Damit bekommen wir ein neues Outfit.

Der alte Mensch steht für all das Böse und Schlechte, was unseren Zustand vor der Bekehrung gekennzeichnet hat. Doch dieser „alte Mensch“ hat am Kreuz sein Ende gefunden. Christus ist nicht nur für unsere Sünden gestorben, sondern auch unser Zustand als Nachkommen Adams hat sein Ende gefunden im Tod des Herrn Jesus (vgl. Röm 6,6; Kol 2,11). In der Taufe wird dieses Ausziehen des „alten Menschen“ bezeugt. Das Alte wird begraben, es ist vor den Augen Gottes und der Menschen verschwunden.

Auf der anderen Seite hat Gott aber auch etwas Neues geschaffen. Er lässt es nicht dabei bewenden, uns den „alten Mantel“ auszuziehen. Er gibt uns gleichzeitig den „neuen Menschen“. Mit der Bekehrung haben wir diesen neuen Menschen angezogen, wie ein ganz neues, sauberes und ungebrauchtes Kleidungsstück. Gott verbessert nicht das Alte und Schlechte, sondern Er schafft etwas komplett Neues. „Daher, wenn jemand in Christus ist, da ist eine neue Schöpfung, das Alte ist vergangen; siehe, Neues ist geworden“ (2. Kor 5,17). Dieser neue Mensch ist unser neues „Outfit“, eine Kleidung, die von Gott kommt und die wir uns nicht kaufen können. Sie ist unbezahlbar und wird uns aus reiner Gnade geschenkt. Dankst du Gott für diesen Stellungswechsel, den du erlebt hast?

„Denn er hat mich bekleidet mit Kleidern des Heils, den Mantel der Gerechtigkeit mir umgetan“ (Jes 61,10).

 

2)     Ausziehen und anziehen – unsere Praxis

Wenn es um unsere Lebenspraxis, um unser tägliches Verhalten geht, sollen wir ebenfalls gewisse Dinge ablegen und anderes anziehen. Darüber spricht Paulus zum Beispiel im Kolosserbrief. Zuerst wird gesagt, was wir ablegen sollen (Kap. 3,8):

·       Zorn

·       Wut

·       Bosheit

·       Lästerung

·       schändliches Reden

Dann folgen sieben „Kleidungsstücke“, die wir anziehen sollen (Kap. 3,12-14):

·       herzliches Erbarmen

·       Güte

·       Demut

·       Sanftmut

·       Langmut

·       einander ertragend und euch gegenseitig vergebend

·       Liebe als Band der Vollkommenheit

Weil wir den „neuen Menschen angezogen“ haben, sind wir in der Lage, ein Leben zu führen, in dem diese Merkmale sichtbar werden. Leider versagen wir oft dabei und entsprechen im täglichen Leben nicht unserer neuen Stellung. Wenn der neue Mensch sichtbar werden soll, müssen wir Christus, unseren Herrn, anschauen. Er hat gesagt: „Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“ (Mt 11,28). Der neue Mensch wird „nach dem Bild dessen, der ihn erschaffen hat“, nämlich Christus, erneuert, das heißt, sittlich nach seinem Bild als Mensch auf der Erde verwandelt (Kol 3,10). Übrigens wurde früher die Kleidung durch einen Gürtel zusammengehalten. Deshalb wird in Kolosser 3 als letztes Kleidungsstück die Liebe erwähnt. Sie ist wie ein Band, das alle anderen Eigenschaften umschließt. Ohne Liebe bleibt alles andere wertlos und kalt.

In Römer 13,12-14 werden wir ebenfalls ermutigt, etwas abzulegen: die Werke der Finsternis – und etwas anzuziehen: die Waffen des Lichts. Als Christen leben wir im Licht und sollen entsprechend dieser Stellung ein Leben führen, was Gott verherrlicht. Ja mehr noch, wir sollen den Herrn Jesus Christus selber anziehen (V. 14). Unsere Mitmenschen sollen Christus an uns sehen! Beten wir dafür, dass wir mehr die Eigenschaften Christi in unserem Verhalten widerspiegeln.

 

3)     Unsere „Kleidung“ in der Zukunft

Wenn der Herr Jesus uns zu sich in den Himmel holt, werden alle lebenden Gläubigen „überkleidet“ werden (2. Kor 5,2). Unser Körper wird bei der Entrückung umgestaltet „zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit“ (Phil 3,21). Wir werden Ihm gleich sein (1. Joh 3,2). Die „Kleidung“, die wir dann tragen werden, passt zu der Herrlichkeit, zu der wir berufen sind. Dabei handelt es sich nicht um eine „Einheitskleidung“ – die Identität jedes Gläubigen bleibt erhalten (vgl. 1. Kor 15,37.38). Wir werden also alle verschieden und doch zugleich alle Christus gleich sein. Erklären können wir das nicht, aber wir glauben es und staunen darüber.

Später folgt die Hochzeit des Lammes. Da wird die Braut, das ist die Versammlung (Gemeinde), ebenfalls ein Kleid tragen: „Und es wurde ihr gegeben, dass sie sich kleide in feine Leinwand, glänzend und rein; denn die feine Leinwand sind die Gerechtigkeiten der Heiligen“ (Off 19,8). Wie schön wird dieses Kleid einmal aussehen – ohne eine Gebrauchsspur oder Abnutzungserscheinung!

Du darfst zu dieser Braut gehören, die ein Kleid trägt, das mit keinem Kleidungsstück dieser Welt zu vergleichen ist! Was du oder ich zu diesem Kleid beigetragen haben, hängt davon ab, wie viel der Herr in unserem Leben bewirken konnte. Jede Tat für Ihn (und sei sie noch so klein), jedes Wort, das Ihm entspricht, wird registriert und einmal sichtbar werden. Motiviert uns das nicht, Ihm heute wohlgefällig zu sein? Mit jeder guten Tat für Christus webst du heute schon an diesem zukünftigen Kleid! Es lohnt sich, mehr in dieses zukünftige Kleid zu investieren – und weniger um unsere tägliche äußere Kleidung besorgt zu sein (vgl. Mt 6,28.31).

 

4)     Verkleiden – sich verstecken

In der Bibel gibt es einige Beispiele von Menschen, die sich bewusst verkleidet haben. Was war ihre Absicht? Warum waren sie „undercover“ unterwegs? Zuerst, um unerkannt zu bleiben. Außerdem wollten sie unerkannt etwas tun, wozu sie sich sonst vielleicht nicht getraut hätten. Doch niemals nahm die Sache einen guten Ausgang:

a)     Tamar verkleidete sich, weil sie für eine Prostituierte gehalten werden wollte, um ihr Ziel zu erreichen (1. Mo 38,12 ff.)

è Folge: Tamar wurde schwanger von ihrem eigenen Schwiegervater.

b)     Saul verkleidete sich und ging zu einer Wahrsagerin (1. Sam 28,7 ff.)

è Folge: Saul kam in Kontakt mit einer Totenbeschwörerin und bekam sein Todesurteil vorausgesagt.

c)     Ahab zog mit Josaphat in den Krieg und verkleidete sich, um unerkannt zu bleiben (1. Kön 22,29 ff.).

è Folge: Trotz Verkleidung verlor Ahab sein Leben

d)     Josia verkleidete sich im Krieg (2. Chr 35,20 ff.).

è Folge: Trotz Verkleidung verlor Josia sein Leben.

Gott löst ein Versteckspiel früher oder später auf. Das gibt uns zu denken: Wie oft verstellen wir uns, haben eine Fassade, sind nicht authentisch, nicht ehrlich und „verkleiden“ uns. Vielleicht wollen wir gerne jemand anders sein oder wir wollen uns davor schützen, auf einen (geistlichen) Mangel angesprochen zu werden. Kurz: Wir wollen nicht entdeckt werden! Doch was hat das alles für einen Nutzen? Seien wir doch echte und wahrhaftige Christen! Wenn wir uns bewusstmachen, dass wir eines Tages vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden, werden wir uns nicht scheuen, schon heute gegenüber Gott und Menschen transparent sein (vgl. 2. Kor 5,10.11).

 

5)     Fazit

Wenn wir darüber nachdenken, welchen Stellungswechsel wir als Christen erlebt haben und welche neue „Kleidung“ Gott uns geschenkt hat, werden wir dankbar. In der Kraft des neuen Lebens sind wir zudem in der Lage, die einzelnen Teile dieser „Kleidung“ auch im Lebensalltag zu „tragen“ und damit die Wesenszüge des Herrn Jesus zu zeigen. Wie schön wäre es, wenn z.B. unsere ungläubigen Schul-, Studien- und Arbeitskollegen und Nachbarn dadurch ihr eigenes Leben überdenken und zum Herrn umkehren würden. Wir wollen zudem versuchen, ein echtes und authentisches Leben zu führen – und nicht durch eine „Verkleidung“ in eine Rolle schlüpfen, die nicht zu unserem Inneren passt. Der Herr sieht sowieso das Herz, Er kennt unsere Motive und Absichten; vor Ihm ist alles bloß und aufgedeckt (Heb 4,13). Und denken wir an die Zukunft: Mit jeder guten Tat heute webe ich und webst du an dem Hochzeitskleid der Braut Christi, das bald sichtbar werden wird. Leben wir mehr für unseren Herrn!