Themenheft

"Gekränkt, gedemütigt, gemobbt - was tun?"

Manche leiden sehr darunter, andere kennen oder empfinden es kaum: von Vorgesetzten oder Kollegen, Lehrern oder Schülern wiederholt schikaniert und beleidigt zu werden. Die Reaktionen auf Mobbing können auch unterschiedlich sein. Die einen lassen sich das nicht bieten und „schlagen“ zurück. Andere dagegen lassen es still über sich ergehen. – Wie soll man sich als Christ verhalten, wenn man gemobbt wird?

Mobbing – ein neues Phänomen?

Das Tätigkeitswort „mobben“ steht erst seit 1996 im DUDEN. Es ist also ein relativ modernes Wort. Es leitet sich von dem englischen Wort to mob (= anpöbeln, schikanieren) ab. Offensichtlich ist ein neuer Begriff eingeführt worden, um die Aufmerksamkeit für ein gesellschaftliches Problem zu erregen. Ob dieses Problem im Laufe der Jahre wirklich größer geworden ist, kann vermutlich niemand genau sagen. Manchmal ist nur die soziologische Betrachtungsweise dafür maßgebend, ob ein Phänomen zum Problem erklärt wird oder nicht. Beispiel: Abtreibung wird in einigen Ländern als Recht der Frau angesehen, Mobbing dagegen gilt als unerträglich. Eins ist natürlich klar: Mobbing an sich ist ein altes Phänomen.

Mobben – wie geht das?

Im Allgemeinen werden Personen gemobbt, indem sie systematisch fertiggemacht werden – im schlimmsten Fall mit dem Ziel, dass sie zusammenbrechen oder wenigstens ihren Platz in einer gesellschaftlichen Gruppe aufgeben. Aber nicht immer nimmt Mobbing diese Ausmaße an. Auch das verbreitete Hänseln kann hier eingeordnet werden. Beliebte Orte sind der Arbeitsplatz, die Schule, die Bushaltestelle oder auch der Schulbus – dort, wo regelmäßige und direkte Kommunikation stattfindet. Im Zeitalter der elektronischen Kommunikationsmedien findet Mobbing auch in Facebook, WhatsApp-Gruppen, Foren und Chats statt. In diesem Umfeld spricht man von Cybermobbing.

Mobbing-Opfer sind meist ängstliche, konfliktscheue und unterwürfige Personen. Anlass für einen Angriff können körperliche oder geistige Schwächen sein sowie Aussehen, nationale Zugehörigkeit oder ein religiöses Bekenntnis. Letztlich geht es immer darum, dass sich jemand auf Kosten anderer einen Vorteil verschaffen will – selbst wenn es nur der Spaß ist. Beispiel: Ein Schüler, der sich schnell aufregt, wird besonders gerne geärgert. Dadurch können andere ihre Überlegenheit herausstellen.

Mobben – warum tut man das?

Wie kann es sein, dass Menschen Interesse oder sogar Spaß daran haben, andere mehr oder weniger systematisch zu quälen und zu beleidigen? Die Ursache liegt im verdorbenen Menschenherzen: „Das Sinnen des menschlichen Herzens ist böse von seiner Jugend an“ (1. Mo 8,21) und: „Von innen aus dem Herzen der Menschen gehen hervor die schlechten Gedanken: …  Bosheit, List … böses Auge, Lästerung, Hochmut“ (Mk 7,21). Die Gläubigen haben gereinigte Herzen, so dass diese Beschreibung nur bedingt auf sie zutrifft. Doch solange sie auf der Erde sind, haben sie noch die alte Natur. Manchmal vergessen wir, dass „in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt“ (Röm 7,18). Wir sind also vor keiner Sünde gefeit. So traurig es auch ist – unter Christen ist Mobbing auch anzutreffen.

Mobbing – Beispiele in der Bibel

Es gibt keine Lebenssituation, in die wir kommen könnten, für die die Bibel nicht eine Hilfestellung hätte. Gott zeigt uns in seinem Wort auf vielfältige Weise, wie Menschen gehandelt haben und miteinander umgegangen sind. Natürlich ist in der Bibel nirgendwo der Begriff „mobben“ zu finden. Doch verschiedene Berichte erinnern uns an Mobbingverhalten. Sie geben uns nicht nur Anschauungsunterricht für Fehlverhalten, sondern auch, wie wir das Böse mit dem Guten überwinden können.

a)      David

An welche Personen der Bibel denken wir spontan, wenn wir „Mobbing“ in der Bibel suchen? Vielleicht zuerst an David, der von Saul systematisch verfolgt wurde. Und David hatte sich wirklich nichts zu Schulden kommen lassen – im Gegenteil, er hatte sogar den großen Sieg über die Goliath und die Philister errungen. Wie sehr David darunter gelitten hat, erfahren wir in den Psalmen 54, 57 und 59. Zugleich lesen wir davon, wie David mit dieser Situation fertig geworden ist.

b)      Hanna

Ein weiteres Beispiel ist Hanna. Sie war eine kinderlose Frau, wurde aber von ihrem Mann Elkana mehr geliebt als Peninna. Das machte Peninna eifersüchtig. Hatte Gotte nicht sie als Mutter gesegnet, stand nicht gerade ihr die Liebe und Ehrerweisung ihres Mannes zu? – Sie wurde Hannas Widersacherin und „kränkte sie mit vieler Kränkung, um sie aufzubringen, weil der Herr ihren Mutterleib verschlossen hatte“ (1. Sam 1,6). Was für ein gemeines Verhalten! Wie Hanna darunter litt, wissen wir: Sie weinte sehr und war in ihrer Seele verbittert.

c)       Der Apostel Paulus

Der Apostel Paulus gehört sicherlich auch zu den Personen in der Bibel, die uns viel von Mobbing berichten könnten. Wenn er schreibt: „Geschmäht, segnen wir; verfolgt, dulden wir; gelästert, bitten wir; wie der Kehricht der Welt sind wir geworden, ein Abschaum aller bis jetzt“ (1. Kor 4,12.13), dann ahnen wir, wie stark er Hass, Gewalt und Ausgrenzung vonseiten der Welt zu spüren bekam. Aber nicht nur das: Falsche Lehrer hatten es fertiggebracht, dass selbst seine Glaubensgeschwister in Korinth ihn ausgrenzten und in Verruf brachten. Obwohl sie durch Paulus zum Glauben gekommen waren, behandelten sie ihn wie einen Fremden, der bei Besuch einen Empfehlungsbrief hätte mitbringen müssen (2. Kor 3,1).

Den Höhepunkt von Ausgrenzung erlebte Paulus am Ende seines Lebens. Er musste klagen: „Alle, die in Asien sind, haben sich von mir abgewandt“ (2. Tim 1,15).

Mobbing – weil ich Christ bin

Wie hat Paulus es geschafft, diesen Druck und diese Ablehnung von außen und innen auszuhalten? War er ein Mensch ohne Gefühle? Keineswegs! Denken wir nur an seine Tränen während seines Aufenthalts in Ephesus (Apg 20,19.31). Wenn es um die Leiden vonseiten der Welt ging, war sich Paulus bewusst, dass er nichts anderes zu erwarten hatte als sein Herr: „Wenn die Welt euch hasst, so wisst, dass sie mich vor euch gehasst hat“ (Joh 15,18). Der Apostel Petrus schreibt in diesem Zusammenhang: „Geliebte, lasst euch durch das Feuer der Verfolgung unter euch, das euch zur Prüfung geschieht, nicht befremden, als begegne euch etwas Fremdes; sondern insoweit ihr der Leiden des Christus teilhaftig seid, freut euch, damit ihr auch in der Offenbarung seiner Herrlichkeit mit Frohlocken euch freut. Wenn ihr im Namen Christi geschmäht werdet, glückselig seid ihr!“ (1. Pet 4,12-14). Wenn wir gemobbt werden, weil wir Christen sind, sollten wir uns also nicht wundern. Wir dürfen Leiden um der Gerechtigkeit oder um Jesu willen sogar als Kompliment Gottes auffassen. Einmal werden wir dafür belohnt werden (vgl. Mt 5,11.12).

Mobbing – wegen nichts

Wenn wir von unseren Mitmenschen aus irgendwelchen anderen Gründen gemobbt werden, ist das manchmal noch schwerer zu ertragen. Doch wollen wir uns keinesfalls selbst rächen (Röm 12,19) oder mit Worten „zurückzuschlagen“. Der Herr ist uns hier das beste Beispiel: „der gescholten, nicht wiederschalt, leidend, nicht drohte, sondern sich dem übergab, der gerecht richtet“ (1. Pet 2,23). Dieses Wort galt damals zuallererst den Hausknechten, die unter „verkehrten“ Herren litten und nicht mal eben Reißaus nehmen konnten. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir den oder die „Übeltäter“ nicht auch offen ansprechen dürften. Das hat der Herr auch getan. Als Er einmal ins Gesicht geschlagen wurde, stellte Er den Betreffenden zur Rede: „Wenn ich übel geredet habe, so gib Zeugnis von dem Übel; wenn aber recht, warum schlägst du mich?“ (Joh 18,23).

Mobbing – auch unter Christen?

Mobbing unter Glaubensgeschwistern ist eigentlich undenkbar. Allein die Tatsache, dass die Gläubigen Glieder voneinander sind und zusammen den Leib Christi bilden (Röm 12,5), zeigt, wie „regelwidrig“ diese Verhaltensweise ist. Obwohl uns geboten ist, einander zu lieben, wie Christus uns geliebt hat (Joh 13,34), ist leider hier und da Mobbing-Verhalten zu beobachten. Es wird besonders durch Cliquenbildung gefördert. Alt und Jung sollte sich unbedingt von diesem Gemeinschaft zerstörenden Gebaren distanzieren bzw. auch dafür sorgen, dass es abgestellt wird.

Mobbing – sehe ich klar?

In einer Zeit, in der das Ego im Mittelpunkt steht, kann es vorkommen, dass wir das Gefühl fehlender Anerkennung gleich mit Mobbing verbinden. Deshalb ist es gut, wenn wir uns selbstkritisch prüfen und im Sinn von Psalm 139 beten: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne meine Gedanken“ (V. 23). Darüber hinaus kann es nützlich sein, unsere Erlebnisse und Beobachtungen jemandem anzuvertrauen, der ein gutes geistliches Urteilsvermögen hat (vgl. Heb 5,14). Es kann nämlich sein, dass sowohl unsere Selbstwahrnehmung als auch die Wahrnehmung unserer Umgebung nicht ganz realistisch sind. In jedem Fall sollten wir bereit sein, uns korrigieren zu lassen.

Mobbing – wie soll ich das aushalten?

Wer eindeutig gemobbt wird, sollte immer wieder seine Situation dem Herrn vorlegen und sich von Ihm Kraft zum Ausharren erbitten. Er darf sich auch den Mut schenken lassen, das Gespräch zu suchen, wobei nicht die eigene Ehre und Anerkennung im Vordergrund stehen darf. Wenn der Herr uns Erleichterung schenkt, sollten wir nicht vergessen, Ihm dafür zu danken. Aber was tun, wenn sich nichts ändert? Dann ist die Situation oft schwer zu ertragen. Denke daran, wie Hanna und David mit ihrer Not umgegangen sind: Sie haben sie im Gebet ihrem Gott gebracht und sind dann ruhig geworden. Denke an deinen Herrn: Er ist in allem versucht worden, „in gleicher Weise wie wir – ausgenommen die Sünde“. Deshalb weiß Er, was wir leiden und hat Mitleid mit unseren Schwachheiten (Heb 4,15).

Wenn wir uns bewusst machen, dass Gott hinter allem steht, dass Er sich in allen unseren Lebenssituationen verherrlichen will und dass seine Kraft in uns wirksam werden soll, dann finden wir schneller ein Ja zu unserer Situation. Dann sind wir auch eher bereit, eine erdrückende Situation (für eine Weile) zu ertragen und steigen nicht gleich aus. Zudem ist es hilfreich, sich den Eltern, einem Hirten oder einem Ehepaar mit Hirtenherz anzuvertrauen. Sie werden uns gute Ratschläge geben und mitbeten. Gerade in Notsituation kann man ermutigt werden auszuharren, wenn man sein Leid mit jemand teilt.

In jedem Fall ist es wichtig, sich nicht von negativen Gefühlen und Gedanken beherrschen zu lassen. Selbstmitleid ist keine christliche Tugend! Gerade in dunklen Zeiten ist es heilsam, sich (mehr) von der „Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist“ bescheinen zu lassen. Das Glück, von unserem Herrn „bis ans Ende“ geliebt zu sein, kann „die Leiden der Jetztzeit“ schon jetzt aufwiegen. Nichts und niemand wird uns von dieser Liebe trennen – selbst wenn wir wie „Schlachtschafe“ angesehen werden (Röm 8,35-39).