Themenheft

Umgang mit Andersdenkenden

Umgang mit Christen, die anders empfinden

Gender-Mainstreaming ist inzwischen prägendes Merkmal unserer Gesellschaft geworden. Aber auch als Christen leben wir nicht unbeeinflusst von diesen Strömungen und Moden. Daher stellt sich die Frage, wie wir damit umgehen, wenn wir selbst oder andere „betroffen“ sind.

 

In anderen Artikeln dieses Themenheftes „Gender-Mainstreaming“ haben wir gesehen, wie die aktuellen Entwicklungen, Gender-Mainstreaming und auch das dritte Geschlecht anhand von Gottes Wort zu beurteilen sind. In diesem Artikel wollen wir uns – in etwas allgemeinerer Weise – zunächst fragen, wie wir mit Gläubigen umgehen, die in diesem Sinn „anders“ sind oder erscheinen. In einem zweiten Schritt möchte ich noch ausgewählte Hinweise für solche geben, die sich selbst betroffen fühlen.

 

Die Leiden Betroffener

Viele von uns haben nicht oder kaum mit Persönlichkeitsproblemen zu kämpfen. Wichtig für uns ist es deshalb, ein Verständnis für die Leiden Betroffener zu entwickeln. Man nennt das auch Empathie. An dieser Stelle muss ich schon „erklären“: In keiner Weise dürfen wir versuchen, Gottes Wort in seiner Beurteilung eines falschen Lebenswandels aufzuweichen, auch nicht im seelsorgerlichen Bereich. Aber wir dürfen andererseits nicht die inneren Nöte solcher Christen übersehen und übergehen, die anders als „wir“ fühlen. Als Christen wissen sie aber, dass sie ihre Gefühle nicht ausleben dürfen, wenn sie Gott gehorsam sein wollen. Das gilt auch für ihre Gedanken- und Empfindungswelt.

Wenn wir beispielsweise an intersexuelle Menschen denken: Sie können nichts für diesen „Zustand“. Aber sie müssen ein Leben lang damit leben, dass sie „intersexuell“ sind, dass sie vom Aussehen (Anatomie), von ihren Hormonen, von ihrer Physiologie und von den Gefühlen nicht eindeutig männlich oder weiblich sind. Sie werden daher bestätigen, was der Apostel Paulus an die Römer schreibt: „Auch wir selbst seufzen in uns selbst, erwartend die Sohnschaft: die Erlösung unseres Leibes“ (Röm 8,23). 

Die Tatsache, dass solche Menschen wirklich leiden, macht deutlich, dass sie unser Mitempfinden und nicht unsere Verurteilung, Geringschätzung oder unseren Spott nötig haben. Wie leicht können wir Menschen mit unklarer geschlechtlicher Zuordnung in unseren Herzen verachten und auch hörbar für unnormal erklären. Wie schnell können wir damit diesen Menschen sehr weh tun. Sie sind es, die in vielleicht stärkerer Weise als wir unter den Folgen des Sündenfalls leiden müssen. Sie selbst aber tragen dafür keine Verantwortung. Daher sollten wir sie dafür auch nicht verantwortlich machen!

Deshalb sollten wir uns auch davor hüten, Eltern solcher Kinder oder den Betroffenen selbst „gute Ratschläge“ erteilen zu wollen. Was sollen sie zu ihrem Geschlecht sagen? Was sollen Eltern nach einer Geburt „eintragen“, wenn ihr Kind intersexuell erscheint? Antworten auf diese Fragen kann man nicht pauschal geben, sondern man sollte im Einzelfall mit Einfühlungsvermögen auf die Not der Eltern eingehen. Es ist gut, dass man in solchen Fällen inzwischen das Recht hat, zunächst einmal abzuwarten und kein Geschlecht einzutragen.

 

Umgang mit Betroffenen

Jetzt gehe ich einen Schritt weiter: Wie gehen wir mit Gläubigen um, die selbst mit diesem Problem oder Fragen zu kämpfen haben, wer sie eigentlich sind? Ermutigen wir sie, helfen wir ihnen, nehmen wir sie mit? Oder isolieren wir sie, zeigen ihnen die kalte Schulter, weil wir meinen, sie seien nicht normal bzw. weil wir nichts mit einem solchen inneren Konflikt anfangen können? Lassen wir Eltern in einer solchen Konfliktsituation allein?

Natürlich fühlen wir uns letztlich alle überfordert, wenn wir mit einer entsprechenden Person bzw. den Eltern einer solchen Person zu tun haben. Aber das ist kein Grund, sich abzuwenden. Lasst uns ihnen gegenüber einfach zugeben, dass wir uns überfordert fühlen. Dann können wir uns mit den Gebeten der Betroffenen einsmachen.

Unser Herr hat uns vorgelebt, dass Er sich besonders der Einsamen und Ausgegrenzten angenommen hat. Diesem Beispiel sollten wir bewusst folgen. Gerade Betroffene, die nicht in Sünde leben wollen, haben ein Anrecht darauf, aufgenommen zu werden. Ob sie sich bei uns wohlfühlen und angenommen fühlen?

 

Damit haben wir doch nichts zu tun!

Vielleicht wendet jemand ein: Ich habe solch einen Menschen weder in meiner Klasse, an der Hochschule, am Arbeitsplatz oder in der Nachbarschaft jemals getroffen. Und auch unter Gläubigen ist mir so jemand nicht begegnet. Ja, das ist sehr gut möglich.

Aber es ist besser, sich mit einem solchen Thema einmal zu befassen, bevor man mit einer betroffenen Person zu tun hat. Sonst ist man im Fall des Falles nicht nur überfordert, sondern wird wohl das Falsche sagen und Gefühle verletzen. Auch im Blick auf andere persönliche Nöte hat sich gezeigt, wie viel man durch ein törichtes Wort in einer Seele zerstören kann. Womöglich ist ein Betroffener dann nicht mehr bereit, sich irgendjemand gegenüber zu öffnen. Wie schade wäre es, wenn einer von uns dafür verantwortlich wäre.

 

Homosexualität

Nun betrifft das Thema „Identität“ in unserer Gesellschaft nicht in erster Linie intersexuelle Menschen, von denen wir bisher in diesem Artikel im Wesentlichen gesprochen haben. Auch unter Gläubigen werden es vielleicht eher solche sein, die mit einer Identitätsstörung zu tun haben und Gefühle für Menschen desselben Geschlechts entwickelt haben. Was dann? Lass mich noch einmal sagen, dass wir an dieser Stelle Gottes Wort in keiner Weise aufweichen wollen. Jemand, der beispielsweise eine homosexuelle Beziehung eingegangen ist, lebt in Sünde (1. Kor 5,11; 6,9). Ein solches Leben ist in Gottes Augen Sünde, so dass wir mit einem solchen keinen Umgang pflegen können, nachdem wir ihm Gottes Gedanken in Liebe und Langmut vorgestellt haben. Das gilt auch dann, wenn Betroffene verheiratet sind. Gott erkennt nur die Ehe zwischen Mann und Frau an, nicht aber die (von Regierungen anerkannte) Ehe zwischen zwei Personen gleichen Geschlechts. Das mag der Mensch „Ehe“ nennen; Gott nennt das Sünde.

Im Hirtendienst aber haben wir öfter mit Gläubigen zu tun, die Empfindungen zu Personen des gleichen Geschlechts haben, diese Gefühle aber nicht ausleben wollen. Sie fühlen sich innerlich zerrissen, wissen aber, dass dann, wenn sie ihren Gefühlen folgen würden, sie in Sünde leben. Wir haben hier nicht ausreichend Platz, seelsorgerliche Fragen ausführlich zu beschreiben. An dieser Stelle möchte ich einige Ursachen für solche Empfindungen nennen:

  • Der Sündenfall hat nicht nur körperliche Missbildungen, sondern auch seelische „Missbildungen“ zur Folge. Und er hat auch bewirkt, dass wir eine sündige Natur bekommen haben. Diese alte Natur (das Fleisch) tragen wir bis an unser Lebensende mit uns herum.
  • Die Erziehung hat weitreichendere Folgen, als wir gelegentlich meinen. Wenn beispielsweise ein Vater nicht seine Stellung als Mann und Haupt einnimmt, kann das bei Kindern zu solchen Entwicklungen führen. Dasselbe gilt natürlich auch für die Mutter. Zudem können Eltern, wenn sie von ihren Kindern Leistungen fordern, die diese überfordern, ähnliche Folgen auslösen. Wenn die Wertschätzung der Eltern im Wesentlichen von der Leistung der Kinder abhängt, gilt dasselbe.
  • Gender-Mainstreaming, Homosexualität und Transvestitismus sind Modethemen in unserer Gesellschaft geworden. Auch die Medien beteiligen sich sehr daran. So ist es kein Wunder, dass sich junge Menschen ermutigt fühlen, das ein oder andere einmal „auszutesten“. Auch als Gläubige können wir uns von diesem Einfluss nicht freisprechen.
  • Manchmal führt Neugier dazu, solche Beziehungen auszuprobieren.
  • Es gibt auch zufällige Begegnungen, wodurch man fast gegen seinen Willen zu solchen Handlungen kommen kann.
  • Schließlich lernen wir aus Römer 1,18-32, dass persönliche Sünde auf einem anderen Gebiet uns zu moralischer Sünde führen kann.
  • Auch die Sünde der (intensiven) Beschäftigung mit Pornographie kann zu gleichgeschlechtlichen Neigungen führen

Wir sehen daran, dass die Ursachen sehr vielfältig sind. Wir haben daher keinen Anlass, jemand zu verurteilen, bei dem solche Empfindungen aufgekommen sind. Das heißt nicht, dass wir uns nicht die Abneigung gegenüber solchen Gefühlen bewahren sollten. Aber wir sollten umsichtig mit solchen umgehen, die solche Empfindungen haben. Zugleich dürfen wir nicht übersehen, dass jeder von uns selbst für sein Leben verantwortlich ist, unabhängig davon, was ihn auf einen solchen Weg gebracht hat.

Noch eins: Ignorieren und Totschweigen hilft Betroffenen nicht weiter. Wenn nämlich ein Betroffener den Eindruck hat, dass er sich gegenüber niemandem öffnen kann, ist die Gefahr umso größer, dass er auf seinem Weg bleibt.

Lasst uns bei allem bedenken, wie zerrissen Betroffene innerlich sind. Unter was für einem Druck sie sich fühlen, „unnormal“ zu sein und im Gegensatz zu uns, die wir unsere Gefühle und Bedürfnisse in der Ehe ausleben können, das nicht zu können, wenn sie Gott gehorsam sein wollen. Wir wollen daher für Betroffene ein offenes Ohr haben. Wir müssen uns vornehmen, sie respektvoll anzusprechen.

Es ist sicher nicht verkehrt, ein solches Thema auch in einer Jugendstunde aufzugreifen, um einen richtigen Umgang zu lernen. Das aber bleibt eine Gradwanderung, da die Gefahr besteht, dass wir durch das Behandeln Neugier und möglicherweise sogar falsche Gefühle wecken. Andererseits handelt es sich um ein Thema, dem wir alle durch Medien usw. ständig ausgesetzt sind.

Besonders wichtig ist, wenn du merkst, dass dein Freund bzw. deine Freundin von solchen Gefühlen betroffen ist, dass du für ihn oder sie betest. Was erstaunlich klingen mag, kommt hinzu: Ein Betroffener hat gerade einen guten, nicht-sexuellen Freund desselben Geschlechts nötig. Gerade dadurch kann er lernen, Gefühle in die richtige Bahn zu lenken. Was ihm sehr schaden würde, wäre die Isolation. Nochmal – wenn jemand einen sündigen Lebenswandel führt, können wir ihm auf diesem Weg nicht nachgehen. Wir können keinen Umgang mit ihm pflegen. Aber wenn er Gott gehorsam sein möchte, braucht er Freunde.

„No-Go’s“ sind für Betroffene ironische Bemerkungen. Vergiss das bitte nicht, wenn du mit deinen Freunden über ein solches Thema sprichst. Damit kannst du viel im Herzen eines Betroffenen zerstören. Genauso verkehrt ist es, wenn du denkst oder sagst: „Ein solches Leben ist gut. Jeder soll so leben, wie er will.“ Nein, wir wollen uns auch in dieser Hinsicht an Gottes Wort halten.

 

Selbst betroffen?

Vielleicht bist du selbst betroffen. Da ich dir in einem solch kurzen Artikel keine ausführlichen Hilfestellungen geben kann, möchte ich dir sehr empfehlen, dir einen Hirten (Seelsorger bzw. Seelsorgerin) zu suchen, zu dem du Vertrauen hast. Vielleicht kennst du eine entsprechende Person zwar noch nicht gut, kannst dir aber wenigstens vorstellen, dass du Vertrauen zu ihr aufbauen kannst. Übrigens: Die Person sollte dein Geschlecht haben. Gut ist auch, wenn es sich um ein Ehepaar handelt. Die meisten schaffen es nicht, allein von falschen Gefühlen und dieser Zerrissenheit frei zu werden. Dennoch gilt auch für dich: „Wenn nun der Sohn euch frei macht, werdet ihr wirklich frei sein“ (Joh 8,36).

Dann besteht ein zweiter wichtiger Schritt darin, dass du die Neigung in deinem Leben als Problem erkennst und anerkennst. Nur das Zugeben dieses Problems führt dich dahin, Hilfe zu suchen und eine Chance zu haben, diese Gefühle zu überwinden.

Vergiss auch nicht: Die Neigung als solche ist keine Sünde, sondern Schwachheit. Das Praktizieren von Homosexualität aber ist Sünde. Das macht Jakobus in seinem Brief deutlich (Jak 1,14.15). Dabei dürfen wir Matthäus 5,28 nicht aus den Augen verlieren, dass die Sünde nicht erst beginnt, wenn man Ehebruch (oder Hurerei) buchstäblich begeht, sondern bereits, wenn man mit diesen Gedanken einen anderen Menschen ansieht. Mit anderen Worten: Wer „Gender-Freiheit“ praktiziert, sündigt.

Du hast eine Chance, entsprechende Neigungen zu überwinden, wenn du bewusst einen biblischen Standpunkt einnehmen möchtest. Das ist eine Herzensentscheidung, wie Daniel sie in einem anderen Zusammenhang getroffen hat (Dan 1,8). Wenn das dein Wunsch ist, gibt es Hoffnung, dass du ein Überwinder wirst. Dazu möchte ich dir gerne Mut zusprechen. Die Korinther haben sich wirklich geändert (1. Kor 6,11). Das ist auch bei dir möglich, mit der Hilfe des Herrn. Und Er wird dir helfen, wenn du Ihn wirklich in deinem Leben wirken lassen möchtest. Das ist mein Wunsch für dich!