Post von Euch

Träume, Fasten, Händeauflegen, Brüderstunde

Liebe Redaktion,

hier sind einige Fragen, die ich gerne mal stellen wollte:

  • Redet Gott heute noch durch Träume zu uns?
  • Sollen wir heute noch fasten?
  • Warum praktizieren wir das Händeauflegen zum Segnen und bei Krankheit nicht mehr?
  • Welche Brüder kommen in den Brüderstunden zusammen: Alle, die wiedergeboren sind oder nur die, welche den Kriterien eines Aufsehers in 1. Timotheus 3 entsprechen?

Liebe Grüße, S.


Liebe S.,

gerne versuche ich, auf deine Fragen einzugehen.

Träume

Eine weitere Frage ist, ob Gott heute auch noch durch Träume spricht.

Wenn ich richtig gesehen habe, ist das letzte Mal von einem Traum in Matthäus 27 die Rede, als die Frau von Pilatus im Traum leiden musste wegen unseres Herrn. Sie sollte ihrem Mann noch einmal deutlich sagen, dass Jesus Christus unschuldig und gerecht war. Danach lesen wir in prophetischer Weise von einem „im Geist“ sein von Johannes, dabei geht es aber nicht, wie manche denken, um Träume, sondern um Visionen und Gesichte, die Johannes bekam. Die Offenbarungen, die der Apostel so erhält, beziehen sich auf eine Zeit, wenn die Erlösten nach 1. Thessalonicher 4 schon entrückt sein werden.

Wir finden in der Schrift allerdings zwei andere Ausdrücke: „Gesichte“ und „Offenbarungen“. Das waren offenbar gewisse Offenbarungen durch übernatürliche Erscheinungen und Visionen, die der Apostel Paulus hatte (2. Kor 12,1; Apg 26,19), wie es auch unter anderem bei Zacharias, dem Vater von Johannes dem Täufer, geschah (Lk 1,22). Das werden wohl teilweise leibhaftige Erscheinungen gewesen sein, die auf jeden Fall nicht nur „geträumt“ waren, denn Johannes nahm aktiv Anteil an dem Geschehen (vgl. Off 1,17; 19,10; 22,8). Sehr ähnlich waren die „Gesichte“, welche die Jünger auf dem „Berg der Verklärung“ erlebten (Mt 17,9) oder die Petrus (Apg 10) oder Paulus (Apg 16) bekamen. Das waren offensichtlich keine Traumerlebnisse, sondern reale Erscheinungen.

Doch diese Begebenheiten waren Ausnahmen während des Übergangs von der Zeit des Alten zu der des Neuen Testaments, wo Gott den Aposteln in ganz besonderen Situationen durch Visionen Klarheit schenkte. Das ist heute nicht mehr nötig, weil wir nicht mehr in der Übergangszeit vom Judentum zum Christentum leben. Im Gläubigen wohnt Gott, der Heilige Geist (1. Kor 6,19), und Er ist es, der uns leitet. Die Bibel und damit Gottes Willen können wir so ohne weitere „Erscheinungen“ (wie zur Zeit des Alten Testaments) verstehen. Wenn wir ein Leben mit Gott führen und uns unserer Abhängigkeit von Ihm bewusst bleiben, unter anderem durch das regelmäßige Gebet, wird der Herr uns sicher leiten. Vor diesem Hintergrund sollten wir vorsichtig sein, aus unseren Träumen zu viel zu machen (vgl. Hiob 20,8). Wir finden keinen Hinweis, dass Gott heute durch Träume spricht, auch in den Briefen des NT ist davon nicht mehr die Rede. Wir wissen vielmehr, dass Träume im Allgemeinen zur besseren Verarbeitung von Erlebnissen beitragen

Bedeutet das, dass Gott heute nie durch einen Traum reden kann? Gott ist größer als wir. Er kann das tun, was Er in seiner Souveränität für richtig hält. Aber wir sollten nie auf einen Traum warten. Er spricht auch nicht in einem Traum im Widerspruch zu seinem Wort. Aber etwa bei einem Ungläubigen, der auf nichts anderes hören will, mag Gott auch einmal in einem Traum reden. Es ist nicht unsere Aufgabe, dar- über zu urteilen.

Fasten

Du hast auch die Frage gestellt, ob wir heute noch fasten sollen. Zunächst einmal sollten wir erkennen, dass Gott uns im Neuen Testament an keiner Stelle auffordert, zu fasten. Wir lesen besonders in den Evangelien, aber auch in der Apostelgeschichte und im 2. Korintherbrief, dass Paulus und die Mitarbeiter der ersten christlichen Zeit gefastet haben. Ob das nur Gläubige aus dem Judentum waren bzw. solche, die als Proselyten Juden geworden waren, lässt sich nicht genau klären. Jedenfalls hatte Paulus anscheinend die Gewohnheit, gewisse Fastenzeiten zu halten.

Das Fasten ist der Verzicht auf Speise (und teilweise auf das Trinken). Mose aß und trank beispielsweise vierzig Tage nichts (2. Mo 34,28 – dass Mose daran nicht starb, ist nur dadurch zu erklären, dass Gott hier ein Wunder wirkte; ähnlich Elia 1. Kön 19,8) – so auch der Herr Jesus (Mt 4,2). Es wurde im Alten (vgl. Neh 1,4; 1. Sam 7,6; 1. Kö 21,27; Esra 8,21; Ps 35,13) wie im Neuen Testament (Apg 13,2.3; 14,23; Mt 6; 9,14 ff.) sowie auch in der älteren und jüngeren Kirchengeschichte regelmäßig von treuen Gläubigen praktiziert. Das Gott wohlgefällige Fasten kann verschiedene Zwecke haben. Zunächst ist es die körperliche Begleitung eines inneren Seelenzustands (bspw. der tiefen, inneren Beugung) und dient der völligen Konzentration auf das Gebet, auf das Reden mit Gott. Fasten wird in der Bibel mehrfach mit Gebet verbunden (vgl. 2. Sam 12,23; Dan 9,3.4; Mt 17,21; Lk 2,37; Apg 14,23; usw.).

Dann finden wir Fasten oft in Verbindung mit Reue, Buße und Umkehr ( Jes 58,6; Joel 1,14; 2,12; Jona 3,5). Dabei ist Fasten immer eine Art Beigabe im Sinne einer körperlichen Begleitung, Hilfestellung oder Verstärkung zu dem eigentlichen Ziel, das jemand verfolgt, sei es das Flehen für etwas, die Buße, die Trauer (z.B. bei Esther), etc. Fasten geht Hand in Hand mit einer persönlichen (oder, wenn es gemeinsam geschieht, einer gemeinschaftlichen) Demütigung vor Gott. Denn der Beter ist sich seiner völligen Ohnmacht vor Gott bewusst.

Der dem Fasten zugrunde liegende Gedanke, auf menschliche, irdische Annehmlichkeiten zu verzichten, um im Gebet oder in Trauer oder in Umkehr vor dem Vater zu sein, hat viel für sich. Deshalb spricht der Apostel davon auch in Verbindung mit dem ehelichen Gebet (1. Kor 7,5). Vielleicht würden wir auf diese Weise manches Mal davor bewahrt, uns in den irdischen Dingen zu verlieren. Fasten schmälert die Verbindung zum Irdischen, Gebet stärkt die Verbindung zum Geistlichen.

Wenn das Fasten also aus den vorgenannten Gründen seinen berechtigten Platz hat, soll es andererseits auch kein bloßes Ritual sein – wichtig ist die persönliche Überzeugung und Gesinnung des Einzelnen. Zudem sollten wir nie meinen, durch Fasten Gott zum Handeln bringen zu können. Vielleicht ist das ein Hauptgrund dafür, dass wir nicht aufgefordert werden, zu fasten. Wir dürfen Gott jederzeit im Gebet nahen und Ihn um alles bitten, was Ihm wohlgefällig ist. Wir dürfen das auch mit Fasten „begleiten“. Aber wir wollen Gott die (zeitliche) Erfüllung unserer Gebete und Wünsche in allem überlassen. Wir wissen aber aus der Kirchengeschichte, dass Gott Brüdern im 19. Jahrhundert gerade in Verbindung mit einer Haltung bewusster Abhängigkeit von Ihm, die sie auch durch Fasten ausdrückten, manchen Aspekt der Wahrheit des Neuen Testaments klarmachen konnte.

Händeauflegen

Deine nächste Frage hängt mit dem Händeauflegen zusammen, das wir im Neuen Testament verschiedentlich finden. Warum praktizieren wir das Händeauflegen zum Segnen und bei Krankheit nicht mehr?

Wenn du dir die Bibelstellen anschaust, wo von diesem Händeauflegen die Rede ist, dann wirst du sehen, dass dies – neben den Vorkommen in den Evangelien – besonders in der Apostelgeschichte zu finden ist, und dort besonders in der Anfangszeit. Warum ist das so? Das Judentum war eine Religion, die sehr mit äußeren Dingen zu tun hatte (Tempel, Kleider, Waschungen, usw.). Dazu passte auch das Händeauflegen, das äußerlich sichtbar war. Man machte sich beispielsweise mit dem Brandopfer eins (3. Mo 1,4).

Nun hatte Gott am Anfang der christlichen Zeit äußerliche Gaben und Krafterweisungen geschenkt, damit besonders die Juden erkannten, dass das Neue wirklich von Gott stammte und keine Erfindung von Menschen war. Sie sollten erkennen, dass die äußerlichen Zeichen und Machtentfaltungen eine Bestätigung dafür waren, dass Gott wirksam war. Dazu passt auch, dass bestimmte äußerliche Dinge noch praktiziert wurden, wie Fußwaschung, Aufheben von Händen und Händeauflegen.

Diese Dinge hörten aber bald auf, da der christliche Glaube im Wesentlichen das Herz betrifft und mit einer inneren Überzeugung im Blick auf göttliche Dinge zu tun hat. Natürlich muss der Glaube auch für Menschen sichtbar werden durch Taten – das große Thema von Jakobus. Das aber hat nicht mit bestimmten Formen zu tun. Für eine Übergangszeit aber gab es noch das Händeauflegen und auch zum Beispiel die Salbung mit Öl ( Jak 5,14). In Verbindung mit diesen Dingen betonen die neutestamentlichen Schreiber jedoch ausdrücklich die innere Seite der Sache, die schon damals viel wesentlicher war. Von uns käme im Übrigen wohl kaum jemand auf die Idee, Synagogen als geeigneten Versammlungsort zu benutzen ( Jak 2,2), oder? Dem Händeauflegen wird im Neuen Testament somit keine übergeordnete Stellung übertragen – es war mehr ein begleitender Umstand, der eine innere Einsmachung deutlich machen sollte.

Gleichwohl wollen wir nicht extrem werden. Wenn ich morgens mit meinen Kindern bete, bevor sie aus dem Haus in die Schule gehen (sie in diesem Sinn somit segne, nämlich Gutes für sie erbitte), „lege ich ihnen im wörtlichen Sinn die Hände auf“, weil ich ihnen deutlich machen möchte, was ich tue. Aber es ist nicht notwendig, diese äußerliche Handlung bei dem Gebet auszuführen. Sie hat auch keinen inneren, zusätzlichen Wert. Es geht mir einfach darum, dass meine Kinder verstehen, dass ich mich durch diese Handlung mit ihnen im Gebet vereine und den Segen von Gott für sie erbitte.

Brüderstunde

Du hattest gefragt, welche Brüder in der Brüderstunde zusammenkommen. Sind es alle, die von neuem geboren sind, oder nur diejenigen, welche die Kriterien eines Aufsehers (1. Tim 3) erfüllen?

Zunächst einmal müssen wir sehen, dass wir im Neuen Testament keinen Hinweis auf eine institutionalisierte „Brü- derstunde“ finden, also ein Zusammenkommen derjenigen, die in besonderer Weise Verantwortung für die örtliche Versammlung (Gemeinde) und das geistliche Wohl der Christen am Ort fühlen. Allerdings sehen wir, dass bei einer wichtigen Frage, welche die ersten Versammlungen in Jerusalem und Antiochien beschäftigte, die Apostel und die Ältesten zusammenkamen, um dieses Problem miteinander zu besprechen (Apg 15,6). In Apostelgeschichte 6,2 sehen wir, dass Brüder bestimmte Aufgaben für die Geschwister am Ort übernehmen können. Dort sind es die sogenannten Diakone (Diener), die sich besonders um äußere Angelegenheiten (Kleidung, materielle Versorgung) kümmerten. Aus 1. Timotheus 3 wissen wir, dass Brüder, die einen Ältesten- bzw. Diakonendienst ausführen, geistlich sein und ein gottesfürchtiges Glaubensleben haben müssen. Damit ist klar, dass es nicht reicht, dass sie von neuem geboren sind. Sie müssen nüchtern und urteilsfähig sein, ein Interesse an den Dingen des Herrn offenbaren und auch über vertrauliche Dinge schweigen können.

Der Kreis derjenigen, die einen Aufseherdienst ausüben möchten, muss dabei aber nicht deckungsgleich sein mit den Besuchern der Brüderstunde. Zum Beispiel besuchen diese durchaus auch nicht verheiratete Brüder oder solche ohne allgemein bekannte Lehrfähigkeit. Die Brüderstunde darf daher in ihrer Bedeutung nicht überhöht werden. Wenn es um die Aufnahme von Geschwistern in die Gemeinschaft der Versammlung (Gemeinde) auf der Erde geht, oder um einen notwendigen Ausschluss durch das Vorhandensein von Bösem (im Sinne von Mt 18,17-20; 1. Kor 5), ist es die Versammlung, die handelt und entscheidet. Wenn der Herr aber davon spricht, dass jemand „nicht auf die Versammlung hört“ (Mt 18,17), dann darf man sich das nicht so vorstellen, dass jetzt alle Geschwister mit einer solchen Person reden. Es sind zwei oder drei Brüder, die für die örtliche Versammlung das Gespräch mit einem solchen Bruder suchen und dann gegebenenfalls vor der Versammlung eine öffentliche Ermahnung aussprechen. In diesem Sinn übernehmen Brüder aus der Brüderstunde vorbereitende Aufgaben. Dafür ist es gut, geistliche Brüder zu haben, die ein Herz für den Herrn Jesus besitzen.

Herzliche Grüße
Manuel Seibel