Bibelstudium

Der erste Brief des Petrus - Ein Überblick

Einleitung

Wenn man einen Brief im (elektronischen) Postkasten hat, interessiert man sich natürlich als erstes für den Absender. Außerdem stellen sich weitere Fragen: Was ist der Inhalt des Schreibens? Was hat mir der autor zu sagen? Wann wurde der brief geschrieben, und von wo aus? So wollen wir auch diesen ersten brief des petrus erst einmal öffnen, seinen menschlichen Verfasser kennenlernen und einen ersten überblick über seine Botschaft bekommen. Dann sind wir für die nächsten Folgen, in denen wir uns den inhalt näher anschauen wollen, gut gerüstet. aber keine sorge: auch diese einleitung ist nicht trockene materie, sondern enthält bereits einige anregungen für die praxis (in den Kästen). also: Frisch ans Werk am besten nach einem ersten ruhigen Durchlesen des briefes…

das große Thema jedes biblischen Buches

Kaum ein Christ wird verwundert sein, dass der Herr Jesus auch in diesem Brief das große Thema, die große Person ist. Er steht im Zentrum beinahe jedes Kapitels und über Ihn können wir gerade in diesem Brief sehr viel lernen. Seine Leiden, sein Werk am Kreuz, seine Herrlichkeit, seine Führung im Leben der Gläubigen – das sind einige der vielen Aspekte, unter denen Er hier vorgestellt wird. Was kann es Größeres geben, als Augen und Ohren von den schlimmen Dingen um uns her abzuwenden und auf den Herrn in seiner Schönheit zu richten (vgl. Jes 33,15-17)!

„Der Herr Jesus, der selbst ein Pilger und Fremdling auf dieser Erde war, wird in mehr als einem Aspekt als Beispiel in diesem Brief vorgestellt.“ 1

der autor und seine Berufung

Petrus, einer der ersten Jünger des Herrn Jesus, begegnet uns in den Evangelien beinahe auf Schritt und Tritt. Sein eigentlicher Name war Simon (= „erhört“), sein Vater hieß Jonas (Joh 1,42). Der Herr Jesus gab ihm den aramäischen Namen Kephas, der auf Griechisch Petrus lautet und „Stein“ bedeutet (vgl. Mt 16,18 und Joh 1,42 sowie die Hinweise in der Elberfelder Übersetzung dort).

Ein kurzer Abriss seines Lebens lässt uns ihn besser kennenlernen. Später werden wir sehen, dass er genau der richtige Autor dieses Briefes war:

  • Er wurde gerufen, und zwar zur Bekehrung zum Herrn Jesus als Retter: Joh 1,42;
  • zur Jüngerschaft und zur konsequenten Nachfolge: Mt 4,19; Lk 5,811; > Berufung als Evangelist („Menschenfischer“);
  • zur Apostelschaft und zur Führung anderer: Mt 16,19;
  • zum Weiden und Hüten der Herde Gottes: Joh 21,15-19; > Berufung als Hirte (vgl. LK 22,32);
  • zur Evangelisation unter den Juden: Gal 2,8.

Schon zu Beginn des Dienstes des Herrn Jesus war er verheiratet (Mt 8,14), später reiste er zusammen mit seiner Frau auf seine „Missionsfelder“ (1. Kor 9,5). Offenbar war er im Zuge dieser Aktivitäten zusammen mit Markus bis ins ferne Babylon gelangt, um den dort lebenden Juden 2 das Evangelium zu verkündigen (1. Pet 5,13). Er starb als Märtyrer (Joh 21,18.19).

 

Lassen wir uns auch vom Herrn rufen, in die Nachfolge, in den Dienst – oder überlassen wir das große Erntefeld anderen und beschränken uns auf das Beten (Lk 10,2.3)?

 

die adressaten und ihr lebensumfeld

Die Briefempfänger wohnten weit verstreut in dem Gebiet der heutigen Türkei und waren vielleicht durch Landsleute, die das große Pfingstereignis in Jerusalem miterlebt hatten (Apg 2,9.10), zum Glauben gekommen. Von Haus aus Juden wohnten sie in der Zerstreuung (gr. diaspora). Gott hatte diese Zerstreuung schon durch Mose als Konsequenz des Ungehorsams angekündigt (3. Mo 26,33), und so wohnten sie als Juden nicht im verheißenen Land, sondern mitten unter den Griechen (vgl. Joh 7,35). Als Christen waren sie nun DoppelAusländer (1. Pet 2,11): Juden unter Griechen, und Christen unter Juden. Sie erduldeten heftige Verfolgung (1. Pet 4,12) und werden daher von Petrus immer wieder zum Ausharren aufgefordert.


Ist uns bewusst, dass auch wir Christen eine doppelte Ausländerposition innehaben? Einerseits sind wir Fremdlinge in der Welt. Andererseits sind treue, ernste Gläubige zugleich „fremd“ unter den vielen Schein-Christen. Das sollten wir nicht herauskehren, aber uns über mögliche Konsequenzen nicht wundern.

 

drei Schreiber drei ähnliche empfängerkreise

Die meisten Briefe des Neuen Testaments sind an Gläubige aus Heiden und Juden gemeinsam gerichtet. Vier Briefe bilden dabei Ausnahmen, weil sie sich ausschließlich an Menschen aus dem Judentum richten. Der Empfängerkreis ist dabei jedoch etwas unterschiedlich; das ist für die Lektüre und das Verständnis der Texte wichtig:

  • Der Jakobusbrief hat die weiteste Blickrichtung und wendet sich an die zwölf Stämme in der Zerstreuung; er spricht dabei sowohl wahre Gläubige („Brüder“) als auch bloße Volksangehörige an;
  • der Hebräerbrief hat Menschen aus dem Judentum im Blick, die sich zum Christentum gewandt hatten; die meisten von ihnen waren wirklich innerlich zu Christus gekommen, es gab jedoch auch Mitläufer, die ernste Warnungen erhalten;
  • die beiden Petrusbriefe schließlich gelten ausschließlich Glaubenden aus den Juden („ihr seid erlöst worden“, 1.Pet 1,18).

Zum besseren Verständnis des Briefes ist es gut, sich daran zu erinnern, dass sich Petrus an Christen aus dem Judentum wendet. Das bewahrt davor, die konkreten Hinweise auf das Judentum einfach auf Christen zu übertragen.


Zu welchem Empfängerkreis der Bibel gehöre ich: „getaufter Heide“, Mitläufer, freudiger Nachfolger des Herrn? Bin ich beim Bibellesen „auf Empfang“ und bereit zur Veränderung?

Überblick über den Brief 1. Hauptthemen

a) allgemein gesehen behandelt der erste Brief Gottes liebende, leitende „Regierung“ mit den gläubigen (vgl. 1.Pet 1,17; 4,17), die oft durch viel Leiden gehen, schließlich aber zur Herrlichkeit, zur endgültigen errettung geführt werden. Im Gegensatz dazu steht im 2. Petrusbrief mehr das Handeln Gottes mit der Welt im Vordergrund, das im gericht endet. 2. Petrus 2,9 fasst die beiden Briefthemen übrigens sehr gut zusammen: „So weiß der Herr die Gottseligen aus der Versuchung zu retten, die Ungerechten aber aufzubewahren auf den Tag des Gerichts“.

b) Konkret werden wichtige Themen behandelt:

  • der Weg der Christen in einer feindlichen Welt;
  • Freude an Christus und den im Himmel aufbewahrten, zukünftigen Segnungen 3 als Motive zum Ausharren;
  • die Verherrlichung Gottes in den irdischen Beziehungen und Lebensumständen.


Was sind meine Leitplanken im täglichen Leben: Das Wort Gottes mit dem Herrn Jesus als Zentrum, oder die wackeligen „Werte“ der Gesellschaft?

2. Schlüsselworte und Besonder- heiten

Einige besonders häufig vorkommende Ausdrücke im Petrusbrief vertiefen die kurz skizzierten Kernaussagen des Briefes:

a) Leiden/leiden: ca. 16 Vorkommen;

b) Herrlichkeit/verherrlichen: ca. 15 Vorkommen;

c) Wandel (gr. anastrophä: „Lebensführung, Verhalten, Betragen“): 10 Vorkommen;

d) Gutes tun: ca. 7 Vorkommen.

Der Apostel kannte die Gewohnheiten und das „Bibelwissen“ seiner Briefempfänger bestens, er war ja selbst Jude. Er hat daher zwei besondere „Stilmittel“ (natürlich vom Heiligen Geist benutzt) eingesetzt und dadurch sicher zu einer hohen Akzeptanz des Briefes beigetragen:

a) Es werden überdurchschnittlich viele Zitate aus dem Alten Testament angeführt;

b) Es gibt viele Anspielungen auf alttestamentliche Bräuche und Ereignisse („Blutbesprengung“, „Priesterschaft“, „Sünden tragen“, „Heimsuchung“, Noah, Sara usw.).

Beim Lesen des Textes ist es daher hilfreich, diese Besonderheiten zu beachten – ein wenig Fleißarbeit, die aber das Herz weit öffnet für die biblische Wahrheit!

3. einteilung

Die biblische Botschaft und die biblischen Texte lassen sich nicht einfach scherenschnittartig zusammenfassen oder in eine Form pressen; wir sollten immer beachten, dass es sich um Gottes Wort handelt – das bewahrt vor flüchtigem Lesen und vor zu einfacher Gliederung. Dennoch ist das Zusammenfassen in Abschnitte sicher nützlich. Vielleicht kann man folgende Einteilung vornehmen:

1. Kapitel 1,1 – 1,12: Segnungen auf dem Weg des Gläubigen durch Leiden zur Herrlichkeit – Christus, das Zentrum;

2. Kapitel 1,13 – 1,25: Konsequenzen der erhaltenen Segnungen: Heiliger Wandel und brüderliche Liebe Christus, das motiv;

3. Kapital 2,1 – 2,10: Gottes Volk als heilige und königliche Priesterschaft Christus, der „Leiter“ im (Gottes-) Dienst;

4. Kapitel 2,11 – 3,9: Das Verhalten von Christen in den irdischen Beziehungen – Christus, das Vorbild;

5. Kapitel 3,10 – 4,6: Wandel und Sieg in einer feindlichen Welt – Christus, der „Vorläufer“;

6. Kapitel 4,7 – 5,13: Die Wärme der christlichen Gemeinschaft inmitten von Verfolgungen – Christus, der himmlische „magnet“.


Untersuchen wir die Schriften, ob sich die Aussagen der Prediger und Autoren von heute mit Gottes Wort decken, oder schlucken wir alles ungeprüft?

 

Botschaften des Briefes für den alltag Aus dieser Einleitung können wir als Hauptbotschaft des ersten Petrusbriefes für unser persönliches Leben schon einmal „mitnehmen“:

  • Der Herr Jesus will und wird uns auch in schwierigen Lagen nicht im Stich lassen, sondern sicher bis ans Ziel bringen;
  • Auf diesem Weg gibt Er uns in seinem Wort viele Wegweiser und Hilfestellungen für ein Leben zu seiner Ehre; Er selbst ist das große Vorbild und die große „Attraktion“ in jeder Situation.
  • Er verheißt uns kein einfaches Glaubensleben. Aber Er schenkt uns alles, was wir nötig haben, um ein siegreiches Glaubensleben bis ans Ziel zu führen.

In der nächsten Folge wollen wir dann in das erste Kapitel einsteigen und schauen, was Gott uns an großartigen Segnungen geschenkt hat und schenken wird. Tipp: 1. Petrus 1 bis zur nächsten Ausgabe von FMN sorgfältig lesen und Fragen/Notizen aufschreiben…

martin schäfer

 

1 J.n.Darby, betrachtungen über das Wort gottes, 1. petrusbrief, einleitung

2 sie stammten vermutlich aus der Zeit der Wegführung. übrigens gab es in babel noch Jahrhunderte nach Christus eine große, jüdische gemeinde, aus welcher der „babylonische talmud“ hervorging.

3 Der erste petrusbrief sieht die himmlischen segnungen der Zukunft, während zum beispiel der epheserbrief himmlische segnungen der gegenwart vorstellt. petrus betrachtet den gläubigen als pilger auf dem Weg zum himmel, paulus spricht über ihn als bereits in Christus im himmel befindlich.