Zweimal Saul - Vorzüge oder vorzüglich

Zweimal Saul: Vorzüge oder vorzüglich?

Junge Menschen fragen sich, was für Voraussetzungen es im Blick auf den Dienst für den Herrn Jesus gibt. Manche Voraussetzungen nennt Gottes Wort ganz konkret. Andere lernen wir aus den Lebensberichten über Menschen, die Gott in der Bibel porträtiert. So, wie wir es bei zwei sehr verschiedenen Personen, die Saul hießen, sehen.

Der König – der Apostel

„... denn der Herr sieht nicht auf das, worauf der Mensch sieht; denn der Mensch sieht auf das Äußere, aber der Herr sieht auf das Herz“ (1. Sam 16,7).

Welche Voraussetzungen müssen Christen erfüllen, die dem Herrn Jesus dienen und zum Nutzen des Volkes Gottes arbeiten wollen? Brauchen sie besondere intellektuelle Fähigkeiten, ein gutes Aussehen, eine besondere Herkunft, Titel, eine spezielle Ausbildung, eine robuste Gesundheit ...?

Für einige Dienste nennt die Bibel tatsächlich bestimmte, notwendige Voraussetzungen (1. Tim 3; Tit 1,6). Darüber hinaus zeigt sie aber an vielen Positiv- und Negativ-Beispielen, wie unterschiedlichste Personen den Herrn durch ihr Leben und ihren Dienst verherrlicht oder leider auch verunehrt haben. Wir dürfen diese Beispiele untersuchen und gerade aus Gegensätzen lernen.

Zwei besonders gegensätzliche Männer in der Bibel tragen interessanterweise denselben Namen: Saul, der erste König Israels, und Saul(us), der spätere Apostel Paulus. Beide haben noch eine weitere bemerkenswerte Gemeinsamkeit: Sie gehören zum Stamm Benjamin (1. Sam 9,1.2; Phil 3,5). Das sind aber auch schon alle wesentlichen Übereinstimmungen, die die Bibel nennt. Die Gegensätze sind umso größer!

Saul, der König

Der erste Saul hat viele äußere Vorzüge: Er ist jung, reich, schön und ungewöhnlich groß (1. Sam 9,1.2). Heute hätte er beste Chancen, Karriere in der Welt, die oft durch die Massenmedien geprägt ist, zu machen. Selbst ein Mann Gottes wie Samuel wird von seiner Erscheinung geblendet und sagt: „Habt ihr den gesehen, den der Herr erwählt hat? Denn keiner ist wie er im ganzen Volk“ (1. Sam 10,24).

Anfangs ist Saul eher bescheiden und zurückhaltend (1. Sam 9,21; 10,23). Erste militärische Erfolge als König rechnet er durchaus Gott zu (1. Sam 11,13), der sich auch deutlich zu ihm bekennt (1. Sam 10,6–11). Bald aber zeigt Saul, dass ihm wahre Gottesfurcht und schlichter Gehorsam fehlen (1. Sam 13,14; 15,30). Er missachtet göttliche Anordnungen (1. Sam 15,9) und zeigt geistliche Anmaßung (1. Sam 13,8–13). Als Hochmut und Selbstüberschätzung bei ihm wachsen, errichtet er sich ein Denkmal (1. Sam 15,12).

Samuel belügt er frech (1. Sam 15,13.15). Als Samuel ihn dann überführt, wälzt er die Schuld auf andere ab (1. Sam 15,21). Schließlich legt er nur scheinbar ein echtes Bekenntnis ab (1. Sam 15,24.30). Gott verwirft ihn und lässt ihm durch Samuel ausrichten, was Ihm wichtig ist: „Hat der Herr Gefallen an Brandopfern und Schlachtopfern, wie daran, dass man der Stimme des Herrn gehorcht? Siehe, Gehorchen ist besser als Schlachtopfer, Aufmerken besser als das Fett der Widder. Denn wie Sünde der Wahrsagerei ist Widerspenstigkeit, und der Eigenwille wie Abgötterei und Götzendienst“ (1. Sam 15,22).

Der weitere Weg Sauls ist erschreckend: „Ein böser Geist von dem Herrn ängstigte ihn“ (1. Sam 16,14). Saul zeigt daraufhin Anzeichen geistiger Umnachtung (1. Sam 17,55), leidet unter unkontrollierten Wutanfällen (1. Sam 20,30.33) und Verfolgungswahn (1. Sam 22,8). Manchmal neigt er zu scheinfrommen Gefühlsausbrüchen (1. Sam 23,21) und weinerlicher Zerknirschtheit (1. Sam 24,17) – und das als stattlicher Mann mit königlicher Würde.

Zum Schluss sucht Saul seine Zuflucht bei einer Totenbeschwörerin.

Mit seinen Söhnen nimmt er ein furchtbares Ende. Gott selbst urteilt über ihn: „Und so starb Saul wegen seiner Treulosigkeit, die er gegen den Herrn begangen hatte, bezüglich des Wortes des Herrn, das er nicht gehalten hatte, und auch weil er eine Totenbeschwörerin aufsuchte, um sie zu befragen; aber den Herrn befragte er nicht“ (1. Chr 10,13.14).

Saul, der spätere Apostel Paulus

Der zweite Saul (der Herr Jesus spricht ihn so in Apg 9,4 an) ist schon in jungen Jahren ein Eiferer für Gott und die väterlichen Überlieferungen (Apg 26,9– 11; Gal 1,14). Er möchte Gott dadurch dienen, dass er die Christen verfolgt (Apg 26,9–11). Der Herr Jesus tritt ihm aber vor Damaskus in den Weg, und sein Licht wirft ihn zu Boden (Apg 9). Saul bekehrt sich. Sein weiteres Leben ist nun durch Hingabe an den Herrn Jesus und Gehorsam gekennzeichnet.

Paulus scheint keine so imposante Erscheinung wie der König Saul gewesen zu sein – jedenfalls urteilt er so über sich selbst (2. Kor 10,10). Er leidet unter einem nicht näher beschriebenen Gebrechen, das ihm erheblich zu schaffen macht (2. Kor 12,7). Offenbar verfügt er über kein Vermögen, sondern arbeitet mit seinen Händen, um seinen Lebensunterhalt und den seiner Begleiter zu sichern (Apg 20,34).

Paulus hat also äußerlich betrachtet scheinbar ausgesprochen schlechte Voraussetzungen für einen Dienst, der mit Reisen und Strapazen verbunden ist. Dennoch gebraucht der Herr Jesus gerade ihn in ganz besonderer Weise. Ihn beauftragt Er, „das Wort Gottes zu vollenden“ (Kol 1,25) und „das Geheimnis des Christus zu reden“ (Kol 4,3). Durch seine Missionsreisen hat Paulus die Ge- sellschaft so nachhaltig verändert wie kein anderer Mensch dieser Welt. Seine Hingabe und seine Leidensbereitschaft (Apg 20,24) sind für ungezählte Christen Vorbild und Ansporn gewesen, das Evangelium zu verkündigen und die Gedanken Gottes über seine Versammlung zu verwirklichen – und zwar bis heute.

Was ist das Geheimnis dieses „Erfolges“? Paulus kennt die Größe und Vortrefflichkeit seines Herrn und sieht sich selbst in göttlichem Licht: „Aber was irgend mir Gewinn war, das habe ich um Christi Willen für Verlust geachtet; ja wahrlich, ich achte auch alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, um dessentwillen ich alles eingebüßt habe und es für Dreck achte, damit ich Christus gewinne“ (Phil 3,7.8). Wie unter der Herrschaft Salomos durch die Fülle von Gold „das Silber in Jerusalem den Steinen gleich“ gemacht wurde (2. Chr 9,20.27), so sieht Paulus im Licht der Herrlichkeit Christi, wie wertlos seine natürlichen Vorzüge sind. Anders als der König Saul errichtet Paulus sich kein Denkmal, sondern weist immer wieder auf den Einen hin: „Denn das Leben ist für mich Christus“ (Phil 1,21).

Dienst für den Herrn heute

Der Herr sucht immer noch hingegebene Gläubige, die Er benutzen möchte, wie Er will. Der Vergleich der beiden Sauls macht deutlich, was Ihm dabei wichtig ist: Auch in einer Zeit, in der die Massenmedien junge, schöne, reiche und selbstbewusste Menschen feiern, und Casting-Shows und Schönheitsoperationen zum Alltag zu gehören scheinen, gelten für Christen die Maßstäbe der Bibel unverändert.

Der Diener Christi hat in seinem Herrn ein Vorbild. Er schaut seine Vortrefflichkeit und seine Herrlichkeit als vollkommener Diener an.

Ein guter Diener ist „auferzogen (o. genährt) durch die Worte des Glaubens und der guten Lehre“ (1. Tim 4,6). Natürliche Vorzüge sind keine Voraussetzung, um dem Herrn dienen zu können. Der Herr Jesus hat auch „ungelehrte und ungebildete Leute“ (Apg 4,13) mit großen Aufgaben betraut.

„Denn seht eure Berufung, Brüder, dass es nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Edle sind; sondern das Törichte der Welt hat Gott auserwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und das Schwache der Welt hat Gott auserwählt, damit er das Starke zuschanden mache; und das Unedle der Welt und das Verachtete hat Gott auserwählt und das, was nicht ist, damit er das, was ist, zunichte mache, damit sich vor Gott kein Fleisch rühme“ (1. Kor 1,26–29).

Dient dem Herrn mit Freuden; Psalm 100,2

„Wenn mir jemand dient, so folge er mir nach; und wo ich bin, da wird auch mein Diener sein“
Johannes 12,26