Bibel praktisch

Zielorientiert leben - eine Illusion

 Wir leben heute in einer Welt, die uns nur so mit Angeboten aller Art überschüttet. Wirft man einen Blick in eine ganz gewöhnliche Tageszeitung, dann wimmelt es nur so von irgendwelchen Veranstaltungshinweisen. Genug für jeden Tag sich weiterzubilden, sich zu zerstreuen, irgendwie die Zeit auszufüllen. In der Schule zu DDR-Zeiten mussten wir ein Lied des kommunistischen Schriftstellers Louis Fürnberg (1909–1957) lernen, in dem ein Vers lautet: „Du hast ja ein Ziel vor den Augen, damit du in der Welt dich  nicht irrst“. Der Mann hat gar nicht so unrecht – aber es geht natürlich um die Frage, ob wir das richtige Ziel vor uns haben. Dazu gibt Paulus in Philipper 3,13.14 verbindliche und begeisternde Orientierung: „Eins aber tue ich: Vergessend, was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorn ist, jage ich, das Ziel anschauend (gegen das Ziel hin / zielwärts), hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus“. Wie aber geht das konkret?

Bei den vielen Möglichkeiten, die sich uns heute bieten, ist es ganz wichtig, sich auf bestimmte Dinge zu konzentrieren und sich nicht zu verzetteln. Eigentlich gilt das für alle Bereiche unseres Lebens, sei es der Beruf, sei es die Freizeitbeschäftigung, ja für unser ganzes Leben in der Nachfolge des Herrn Jesus. In allen Lebensbereichen gibt es eine Vielzahl von Angeboten an Literatur, an Veranstaltungen, Aufgaben und so weiter und so weiter ...

Wie kann ich da die richtigen Prioritäten setzen, die richtige Auswahl treffen? Nehme ich mir die Zeit, alles anhand von Gottes untrüglichem Prüfkriterium – Seinem Wort – abzuwägen? Wenn ich mich mit allem Möglichen beschäftige, lerne ich vielleicht manches kennen, aber keine Sache richtig tiefgründig. Ich laufe auch Gefahr, an der Hauptsache vorbei zu gehen.

 

Christus – das Vorbild für zielorientiertes Leben

Wenn ich auf den Herrn Jesus schaue, kann ich lernen, zielorientierter zu leben. Die Zeit des Herrn Jesus in seinem Leben hier auf dieser Erde war mehr als die irgendeines anderen Menschen ausgefüllt. Aber alles war durch das Ziel bestimmt, den Willen seines Vaters zu tun. Stand zum Beispiel die Aufgabe vor Ihm, aus der Zahl der Jünger 12 Apostel auszuwählen, so ging Er auf einen Berg und betete dort in der Nacht zu seinem Vater (vgl. Lk 6). War die Entscheidung zu fällen, welchen Weg Er von Judäa nach Galiläa wählen sollte, dann „musste“ Er durch Samaria ziehen, weil dort eine heilsbedürftige Sünderin war (vgl.  Folge mir nach  Joh 4). Was bedeuten diese Beispiele – die sich beliebig vermehren ließen – für unsere Praxis? Ich habe die Möglichkeit, bei bevorstehenden Entscheidungen die Bibel zur Hand zu nehmen und zu fragen: Wie hat Er sich bei dieser oder jener Gelegenheit verhalten? Ich werde sicher manchen wertvollen Fingerzeig erhalten und nie ohne Wegweisung bleiben.

Folgende Checkliste kann vielleicht helfen, die richtigen Entscheidungskriterien zu finden:

  • Kann ich dabei meinem Herrn „ruhig in die Augen sehen“ und mit seinem Einverständnis rechnen?
  • Befinden sich meine Pläne wirklich mit der Bibel in Übereinstimmung?
  • Bin ich dabei anderen eine Hilfe oder ein Hindernis?
  • Dient die Entscheidung meinem „Ego“, oder ist es der geebnete Weg des Herrn?
  • Hilft es mir, wirklich zufrieden (mit dem Willen Gottes in Übereinstimmung) zu sein? Bei Zweifeln bleibt immer eine gewisse Unsicherheit im Herzen zurück.

Und sicher lässt sich diese Liste noch um einige Punkte erweitern. Prüfe es doch einmal für dich selbst.

 

Welche Ziele verfolgen wir?

Der Schreiber des Hebräerbriefes zeigt uns noch einen anderen Gedanken, der das Handeln unseres besten Vorbildes bestimmte: „Hinschauend auf Jesus, (das heißt: wegschauend von allem anderen auf Jesum hin) den Anfänger und Vollender des Glaubens, der, die Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes“ (Heb 12,2). Der Herr Jesus blickte auf das Ergebnis seines Handelns, und das ließ Ihn die Kraft finden, all das Schwere, das damit verbunden war, zu ertragen. Ich bin überzeugt: Wenn wir mehr eine solche Orientierung besäßen, fiele uns manche Entscheidung leichter. Was sind die Ziele von Christen? Einige wenige seien kurz genannt:

  • Frucht bringen für den Vater, indem wir Christus darstellen (Joh 15);
  • alle Aktivitäten im Namen des Herrn, als seine Botschafter, ausführen (Kol 3,17);
  • in Frieden mit möglichst allen Menschen leben (Röm 12,18);
  • Gott und den Herrn Jesus besser kennen lernen und loben (2. Pet 3,18; Heb 13,15).

Solche Lebensziele für Christen motivieren zum Überwinden in schwierigen Situationen: „Denn betrachtet den, der so großen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht ermüdet, indem ihr in euren Seelen ermattet“ (Heb 12,3).

 

Ziele auch auf schwerem Weg verfolgen

Effektiv auf ein Ziel zuzugehen bedeutet allerdings nicht, ein „Dünnbrettbohrer“ zu sein, sich also den leichtesten Weg auszusuchen. Im Vertrauen auf den Herrn Jesus brauchen wir Schwierigkeiten nicht aus dem Weg zu gehen. „Denn mit dir werde ich gegen eine Schar anrennen, und mit meinem Gott werde ich eine Mauer überspringen“ (Ps 18,30). Der Vers macht darauf aufmerksam, dass wir nicht mit unseren eigenen Fähigkeiten das Ziel erreichen können. Wir sind ganz auf seine Hilfe angewiesen. Suchen wir diese Hilfe wirklich aufrichtig, dann rechnen wir bestimmt nicht vergeblich mit dieser  Zuwendung unseres guten Gottes.

Wir müssen aber auch bei der Beachtung all dieser Punkte trotzdem mit der Möglichkeit rechnen, dass der Weg zum geplanten Ziel doch nicht offen steht. Lukas berichtet uns von versperrten Wegen in dem Dienst der Verkündigung des Evangeliums.

Diese Situation veranlasste Paulus nicht zur Aufgabe dieses Vorhabens, sondern dazu, gemeinsam mit seinen Mitarbeitern den Herrn um seine Wegweisung zu bitten:

„Sie durchzogen aber Phrygien und die galatische Landschaft, nachdem sie von dem Heiligen Geist daran gehindert worden waren, das Wort in Asien zu reden; als sie aber gegen Mysien hin kamen, versuchten sie, nach Bithynien zu reisen, und der Geist Jesu erlaubte es ihnen nicht. Als sie aber an Mysien vorübergezogen waren, gingen sie nach Troas hinab. Und es erschien Paulus in der Nacht ein Gesicht: Ein gewisser mazedonischer Mann stand da und bat ihn und sprach: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns! Als er aber das Gesicht gesehen hatte, da suchten wir sogleich nach Mazedonien abzureisen, indem wir schlossen, dass Gott uns gerufen habe, ihnen das Evangelium zu verkündigen“ (Apg 16,6–10).

 

Beharrlichkeit führt zum Ziel!

Ein Prophet musste im Auftrag Gottes dem König Ahab eine wichtige Belehrung erteilen. Er tat es mit folgendem Beispiel: „Dein Knecht war mitten in den Kampf gezogen, und siehe, da wandte sich ein Mann herzu und brachte einen Mann zu mir und sprach: Bewache diesen Mann; wenn er irgend vermisst wird, so soll dein Leben statt seines Lebens sein, oder du sollst ein Talent Silber bezahlen. Und es geschah, während dein Knecht hier und dort zu tun hatte, da war er fort“ (1. Kön 20,39.40). Wenn es darum geht, einen Auftrag Gottes zu erledigen, dann kann man  Folge mir nach  sich nicht „da und dort“ mit anderen Dingen beschäftigen oder auf halber Strecke stehen bleiben. Wir müssen an der Sache bleiben, sonst wird es früher oder später daneben gehen.

Wir wollen nicht bei einem negativen Beispiel stehen bleiben. Es gibt im Alten Testament ein hervorragendes Beispiel für zielstrebiges Arbeiten. Nehemia fühlte sich von Gott angesprochen, die Mauer Jerusalems wieder aufzubauen. Zunächst verschaffte er sich die Sicherheit, dass es wirklich Gottes Auftrag für ihn war. Gott öffnete dann die Wege. Er konnte diese Aufgabe nicht allein ausführen, aber er war die treibende Kraft. Als sich Hindernisse in den Weg stellten – es gab Anfeindungen von außen und Probleme von innen – ließ er sich nicht aus der Bahn werfen. Er wusste, dass Gott ihm diese Aufgabe gegeben hatte, und deshalb wollte er sie mit seiner Hilfe zum Ziel bringen. In aller Konsequenz und Hingabe verfolgte er diese Aufgabe. Und Gott gab Gelingen. In nur 52 Tagen wurde dieses umfangreiche Werk vollendet (vgl. Neh 2 und 3).

Wollen wir uns nicht anspornen lassen, die wirklich wichtigen Aufgaben im Blick zu haben, die dafür wirklich wirksamen Hilfsmittel auszuwählen und die Arbeit mit der Hilfe unseres Herrn zielgerichtet auszuführen? Dann dürfen wir mit seiner Anerkennung rechnen und die damit verbundene Freude in unserem Herzen genießen.