Bibel praktisch

Das 7-Säulen-Haus

Festes Fundament und Geborgenheit sucht sicher jeder Christ für sein Leben. Salomo, der kluge Autor der Sprüche, vergleicht in diesem Zusammenhang das Haus der Weisheit mit dem Haus von Frau Torheit. Die 7 Säulen dieses weisen Hauses scheint Jakobus in seinem Brief noch einmal besonders zu beschreiben, damit wir auch heute ein solches „salomonisches Haus“ bewohnen können ...

 

Wer ist weise?

Die Weisheit der Bibel ist nicht nur inhaltlich von der Weisheit der Welt (1. Kor 1,20) unterschieden, sondern auch durch ihre Zielsetzung und ihren Ursprung. Mit der Philosophie (gr. „Liebe zur Weisheit“) versucht man die Ursprünge des Denkens und Seins, die Stellung des Menschen im Universum und die Zusammenhänge zwischen Menschen und ihrer Gesellschaft zu erklären, ihnen eine Basis zu geben. Sie ist daher vom Ansatz her eher theoretisch, vor allem aber Gott-los. Die „Weisheit von oben“ (Jak 3,17) ist dagegen in erster Linie praktisch, auch wenn sie uns mit Gottes weisen Gedanken und Ratschlüssen verbindet. Sie möchte uns helfen, im rechten Augenblick das Richtige in der geeigneten Art und Weise zu tun. Ein weiser Mann der Bibel kann klugen Rat für Alltagssituationen geben (Pred 9,15; Jer 18,18).

Wie erlangen wir diese Lebensklugheit? Jeder Jünger des Herrn besitzt und kennt Christus, „Gottes Weisheit“ (1. Kor 1,24) als Retter, der ihm dann auch „Weisheit von Gott“ (V. 30) geworden ist. In Ihm sind verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis (Kol 2,3). Er wird uns in jeder Situation seine Gedanken zeigen – wenn wir es wollen. Eine wichtige Voraussetzung für Weisheit gilt es dabei immer zu beachten: „Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang“ (Spr 9,10). Der Wunsch/das Verlangen, stets nach Gottes Gedanken zu leben und alles Böse zu meiden, gehört mit zu den wichtigsten „Waffen“ eines Christen.

 

Sanftmut der Weisheit

Die Empfänger des Jakobusbriefes taten sich offenbar schwer damit, im Miteinander Weisheit zu zeigen. Stattdessen brüsteten sie sich mit Schein-Weisheit und ließen es an der entsprechenden Praxis fehlen. Jakobus ermahnt sie und damit auch uns, in der praktischen Lebensführung ein Christentum der Tat zu zeigen, und zwar „in Sanftmut der Weisheit“ (Jak 3,13). Ein Sanftmütiger hat sich und seine Kräfte unter Kontrolle, bleibt stets freundlich und besteht dabei auf dem wirklich Notwendigen – da hat weder Prahlen noch ein Auf-den- Tisch-Klopfen Platz. Die traurige Haltung der Adressaten führte dagegen zu Streit, Neid und Zerrüttung. Deshalb hatten sie biblischen „Philosophie-Unterricht“ bitter nötig. Geht es uns persönlich oder gemeinsam anders?

 

Die Weisheit von oben aber ist ...

Die Praxis der Briefempfänger zeigte sonnenklar: Hier ist eine irdische, sinnliche (d.h. nicht durch Besonnenheit gekennzeichnete), ja letztendlich sogar teuflischdämonische Weisheit am Werk. Die galt und gilt es samt und sonders abzuschütteln und neu die Weisheit von oben, die durch Gottes Geist und den Herrn geprägt ist, kennenzulernen und zu praktizieren. Jakobus schildert sieben Eigenschaften der Weisheit, die uns ruhig einmal unter die Haut gehen dürfen ...

 

(1) rein

Treue Christen sind nicht durch Unaufrichtigkeit oder unlautere, unsaubere Motive gekennzeichnet. Zugleich erzieht Gott sie dahin, ihre eigenen „Ecken und Kanten“ abzuhobeln und jede Bürde und natürlich besonders die leicht umstrickende Sünde abzulegen (Heb 12,1). Gott möchte uns in einer dunklen Zeit des Endes innerlich und praktisch weiß, rein machen (Dan 12,3.9.10, Mal 3,2) – was bei dem Herrn Jesus immer der Fall war (Mk 9,3).

Erwägen wir das, was rein ist, auch im praktischen Lebenswandel in der Ehe (1. Pet 3,2) oder als Christen untereinander (Phil 4,8)? Dann haben wir das erste, besonders wichtige Kennzeichen für ein stabiles Glaubenshaus verwirklicht.

 

(2) friedsam

„Diese nervige Schwester in der Gemeinde! Mir platzt der Kragen! Ich muss ihr endlich mal die Meinung sagen!“ Haben wir statt dieser bedauerlichen Haltung schon einmal versucht, dem Frieden nachzujagen (Heb 12,14)? Das ist sicher nicht immer einfach, und deshalb nimmt uns Gott auch manches Mal auf seine Schulbank, damit wir die „friedsame Frucht der Gerechtigkeit“ hervorbringen und ernten (Heb 12,11). Dieser biblische Frieden geht immer einher mit Heiligkeit und verbindet sich nicht mit Bösem (Heb 12,14). „Glückselig die Friedensstifter, denn sie werden Söhne Gottes heißen“ (Mt 5,9).

 

(3) milde

„Sollen denn alle Christen Leisetreter sein? Man muss doch auch seine eigene Position verteidigen dürfen, oder?“ Moment mal, was hat denn der Herr Jesus in seinem Leben vorgelebt? Hat Er auf seinen Rechten bestanden, sich Schloss und Thron bauen lassen? Es geht hier nicht darum, biblische Wahrheit oder Lebenspraxis um eines damit unbiblischen Friedens willen aufzugeben. Aber wir sollen bereit sein, auf Dinge zu verzichten, wenn wir dadurch andere gewinnen können. Das gilt sogar für Aufseher (1. Tim 3,3), aber auch für uns alle (Phil 4,5; Tit 3,2). Lohnt es sich nicht, zum Beispiel auf Geld oder Zeit zu verzichten, wenn wir dadurch Menschen für den Herrn gewinnen oder Mitgeschwister „bereichern“ können?

 

(4) folgsam

„Jetzt hört es aber auf. Soll ich auch noch meinen Verstand abgeben und dumpf dem Herdentrieb folgen?“ Nein, keines von beiden. Wir sollen verständig prüfen, was der Wille des Herrn ist (Eph 5,17), und dann gilt es, dem Hirten und nicht der Herde zu folgen (Joh 10,4). Die Aufforderung, den „Spuren der Herde“ zu folgen (Hld 1,8) ergibt ja nur Sinn, wenn die Herde dem Hirten folgt. Aber es gibt Brüder unter den Geschwistern, denen Gott die Aufgabe des Hirten zugewiesen hat (1. Pet 5,2.3). Und wenn wir ihren biblischen Unterweisungen und Hinweisen gerne folgen und in diesem Sinn leicht zu behandeln, zu lenken sind, erleichtern wir ihnen ihre Aufgabe – und fördern unser Glaubensleben.

 

(5) voll Barmherzigkeit und guter Früchte

Erfüllt von Mitleid mit der Not von Mitmenschen oder Mitgeschwistern (Jak 2,13) werden wir sicher ganz anders auf diese zugehen, als wenn wir sie als störende Faktoren in unserem Leben empfinden. So dürfen wir Nachahmer des Barmherzigen Samariters und unseres barmherzigen Gottes werden (Lk 10,37; Eph 2,4).

Dann wird sich diese Haltung auch segensreich auf unsere Umgebung auswirken und gute (gr. agathos, d.h. gut in seinen Wirkungen) Früchte hervorbringen. Wie viele Aspekte der 9-fachen Frucht des Geistes aus Galater 5,22–23 sieht Gott bei mir oder dir?

 

(6) unparteiisch

„Michael hat mir jahrelang konsequente Nachfolge vorgelebt, da kann man ihn doch nicht einfach wegen angeblicher Liebe zur Welt kritisieren.“ Wie sehr wir alle von Sympathie und Antipathie, auch im Kreis der Mitchristen, geprägt sind, erkennen wir manchmal erst in Extremsituationen. Jakobus musste den Empfängern vorwerfen, dass die Reichen unter ihnen die Armen verachteten (Jak 2,4). Und können nicht auch wir manchmal Anspruch darauf erheben, die Weisheit für uns gepachtet zu haben – anstatt wirklich unparteiisch vor Gott und seinem Wort unsere Haltung zu überprüfen? Wohl dem, der noch prüfbereit ist!

 

(7) ungeheuchelt

„Heucheln? Authentisch sein, das ist mein Motto. Ich habe nichts zu verbergen und nichts anzugeben.“ Schön formuliert, wahrlich. Aber wie oft fordert gerade das Neue Testament ungeheucheltes Christenleben ein: ungeheuchelte Liebe (Röm 12,9), ungeheuchelte Bruderliebe (1. Pet 1,22), ungeheuchelten Glauben (1. Tim 1,5) und „alle Heuchelei“ abzulegen (1. Pet 2,1). Das sollte uns allen sehr zu denken geben. Reden wir das, was unser innerer Besitz ist? Täuschen wir nicht manches Mal Bruderliebe vor, obwohl wir im Herzen den Mitbruder oder die Mitschwester nur mit 5 Grad Celsius mögen? Dann sollten wir mit der Kraft Gottes und aus Bruderliebe Gründe für vorhandene Antipathien ablegen. Lasst uns alles Gekünstelte, Getäuschte abschütteln und in Lauterkeit und Wahrheit vor Gott und Menschen leben.

 

Die Frucht der Gerechtigkeit

Es lohnt sich, einmal Kassensturz im geistlichen Leben zu machen und mit neuer Hingabe in Weisheit zu leben, besonders im Miteinander der Gläubigen: „Die Frucht der Gerechtigkeit in Frieden aber wird denen gesät, die Frieden stiften“ (Jak 3,18).

Wer diese „sieben Säulen“ der Weisheit (Spr 9,1) in sein eigenes Lebenshaus eingebaut hat und auch im gemeinsamen Leben der Gläubigen auslebt, stiftet Frieden. Und er bekommt das Saatgut für sein persönliches Glück: praktische Gerechtigkeit, ein Leben in Übereinstimmung mit Gott, und das in einer Atmosphäre des Friedens, als eine herrliche Frucht.

„Lasst ab von der Einfältigkeit und lebt, und beschreitet den Weg des Verstandes!“ (Spr 9,6).