Was ist ein Verschnittener?

Frage 1: Verschnittener?

Was ist ein Verschnittener, und gibt es sie heute noch (Apostelgeschichte 8,27)?

Antwort:

Im Altertum gab es an den Höfen der Herrscher viele Frauen, die dem jeweiligen König oder Fürsten als Nebenfrauen zur Verfügung standen. Nur einigen wenigen anderen Männern war der Zutritt in diesen engen Bereich, dem sogenannten Harem, gestattet. Damit diese Männer sich nicht an den dort lebenden Frauen – sexuell – „vergriffen“ und dann womöglich auch erbende Kinder zeugten, wurden sie kastriert. Das bedeutet, dass man ihnen die Keimdrüsen entfernte, die Hoden zerstieß oder die Harnröhre abschnitt (daher vielleicht das Wort „Verschnittener“). Dadurch wurden sie zeugungsunfähig. Solche Leute nannte man auch Haremswächter oder Eunuchen (gr. Wort für „Verschnittener“, es hat den Wortsinn Betthüter, nämlich in bezug auf das Bett des Herrschers). Genau in dieser Funktion werden Kämmerer in Esther 2,3.14 erwähnt.

Es kann sein, dass dieses Wort „Eunuch“ später erweitert für alle Beamten oder männlichen Bediensteten eines Herrschers benutzt wurde. Deshalb wird es ja auch in der Elberfelder Bibel mit „Kämmerer“ wiedergegeben. Ebedmelech unter Zedekia war „Hofbeamter“ (w. Eunuch) (Jer 38,7).

Aber es ist doch etwas Besonderes, dass ein solcher Mann wie dieser wahrscheinlich kastrierte Äthiopier von Philippus die frohe Botschaft von Jesus hörte, annahm und damit auch direkten „Zugang“ zu Gott selbst bekam. Im Alten Testament war nämlich solchen Männern der Zutritt schon in die irdische Versammlung des HERRN streng verboten (5. Mo 23,1). Erst im Tausendjährigen Reich wird auch für solche Menschen in Israel Hoffnung sein (Jes 56,2.3). Gottes Gnade gilt in dieser Zeit für alle Menschen, egal wie sie körperlich beschaffen sind!

Der Herr Jesus spricht in Matthäus 19,12 von drei Arten von Verschnittenen: 

- Verschnittene von Mutterleib, also Männer, die von Geburt an biologisch zeugungs- bzw. eheunfähig sind;

- von Menschen Verschnittene, also zum Beispiel solche Haremswächter; hätten. Nein, diese Personen haben freiwillig auf die Ehe und damit auf das Ausleben der Sexualität, das Intimleben mit einem Ehepartner verzichtet und leben enthaltsam, und zwar um des Reiches der Himmel willen. Das ist nur ganz wenigen Menschen gegeben.

Für treue Christen kann es heute noch eine vierte Form des Verschneidens geben, wenn zum Beispiel in bestimmten Gegenden oder Ländern kein gleichfalls entschiedener Ehepartner zu finden ist. Und auch, wenn die Eltern ohne biblische Gründe eine Ehe verhindern. Nur die beständige Bitte und Fürbitte kann auch diese Christen aufrecht erhalten. Lasst uns für sie beten!

Das Verschneiden ist also eigentlich eine schlimme, von Gott nicht gewollte Be- bzw. Misshandlung des menschlichen Körpers.

Gott hat sexuelle Empfindungen geschaffen und gibt ihnen im Rahmen der Ehe eine wunderbare Atmosphäre. Und wenn der Herr manche, wie zum Beispiel Paulus, ehelos bleiben lässt, so gibt er auch Kraft zur Beherrschung des Körpers und der Gefühle.

Nebenbei: In der Musik gab es im 17. und 18.  Jahrhundert sehr viele Kastrate. Das waren Sänger, denen man aufgrund ihrer schönen Sopran- oder Altstimme vor der Pubertät die Keimdrüsen so beeinflusst hat, dass die Hormone, die zum Stimmbruch führen, nicht aktiv werden konnten. Doch das wurde später verboten, der letzte bekannte Kastrat, Alessandro Moreschi, starb 1922.