Vollkommenheit - Biblische Begriffe
Biblische Begriffe: Vollkommenheit
Die Begriffe "VolIkommenheit" und "vollkommen" werden oft falsch verstanden. Manche meinen, ein vollkommener Mensch sei ein Mensch, der derart von der Sünde befreit ist, dass Sünde bei ihm überhaupt nicht mehr vorkommt. Das aber sagt Gott in seinem Wort niemals.
In der Heiligen Schriftwird das Wort unter drei verschiedenen Aspekten gesehen: einmal in Bezug auf die Stellung des Gläubigen, zum andern bezogen auf seinpraktisches Leben, und zum dritten auf seine Zukunft.
1. Die Stellung des Gläubigen vor Gott ist vollkommen. Die in der Zeit des Gesetzes dargebrachten Opfer konnten „den nicht vollkommen machen ..., der den Gottesdienst ausübt" (Heb9,9), „denn das Gesetz hat nichts zur Vollendung gebracht" (Heb 7,19). Allein das Opfer Christi kann dies bewirken: „Denn mit einem Opfer hat er auf immerdar die vollkommen gemacht, die geheiligt werden" (Heb 10,14).
Nun möchte Gott, dass wir uns als Gläubige dieser Tatsache bewusst sind oder bewusst werden. Dies wird auch dadurch deutlich, dass an manchen Stellen der Schrift der Ausdruck übersetzt werden kann mit „erwachsen". ,,Wir reden aber Weisheit unter den Vollkommenen" (oder: Erwachsenen) sagt der Apostel Paulus (1. Kor 2,6). Ein Erwachsener in diesem Sinn ist jemand, der tiefer die Tatsache der Vergebung seiner Sünden verstanden hat, der weiß, dass er ein „neuer Mensch in Christus" geworden ist, verbunden mit Christus, ,,so dass er nur noch in Ihm gesehen werden kann"1. Und zu den Philippem sagt derselbe Apostel: „So viele nun vollkommen sind, lasst uns so gesinnt sein" (Kap. 3,15), das bedeutet die Haltung derjenigen, die das Kreuz nicht nur kennen als ein „bloßes Rettungsmittel, über das hinaus es nichts zu erkennen gibt" (Samuel Prod'hom), sondern die darüber Klarheit haben, dass sie schon jetzt mit einem himmlischen Christus verbunden sind, was in der Herrlichkeit des Himmels seine Vollendung finden wird.
Ein wichtiger Bereich des Dienstes des Apostels war es gerade, die Gläubigen über ihre himmlische Stellungzu belehren. Er und seine Mitarbeiter wollten „jeden Menschen lehren in aller Weisheit, damit wir jeden Menschen vollkommen in Christus darstellen" (Kol 1,28), und das heißt: sich der Stellung in Christus vor Gott bewusst zu sein.
Es sei noch an die Ermahnung des Hebräerbriefs erinnert: „Deshalb, das Wort von dem Anfang des Christus verlassend, lasst uns fortfahren zum vollen Wuchs" (Heb 6,1), also dem Erwachsen werden, denn „jeder, der noch Milch genießt, ist unerfahren im Wort der Gerechtigkeit, denn er ist ein Unmündiger; die feste Speise aber ist für Erwachsene" (Heb 5,14). Wir kennen den Herrn Jesus Christus nicht mehr nur als den von den Propheten angekündigten Christus - oder Messias - für diese Erde, sondern wir dürfen Fortschritte machen in der Erkenntnis eines Christus, der jetzt seinen Platz der Herrlichkeit im Himmel eingenommen hat.
2. Zum anderen spricht das Wort Gottes von einer praktischen Vollkommenheit. Was dies bedeutet, müssen wir anhand einer Untersuchung der Schrift feststellen. Dieses Wort vollkommen treffen wir im Sinn einer Ermahnung oder Aufforderung bei drei verschiedenen großen Offenbarungen Gottes: an die Patriarchen gerichtet durch EI-Shaddai, den Allmächtigen; sodann durch den HERRN - Jahwe an das Volk Israel; schließlich an die gläubigen Christen durch Gott den Vater.
a) Gotter erscheint dem Abraham und sagt ihm: „Ich bin Gott, der Allmächtige; wandle vor meinem Angesicht und sei vollkommen" (1.Mo 17,1). Worin konnte diese Vollkommenheit für den Patriarchen Abraham bestehen, wenn nicht darin, dass er seinen Weg ging entsprechend der Höhe der Berufung, mit der er berufen worden war, und dass er sich dafür der Allmacht seines Gottes anvertraute?
b) Gott entbietet dem Volk Israel: „Du sollst vollkommen sein gegen den HERRN, deinen Gott" (5.Mo 18,13). Vollkommenheit in dieser Schriftstelle bedeutet das Abstehen und Abwenden von den götzendienerischen Gräueln der Kanaaniter. Sie bedeutet also Treue gegenüber dem HERRN und Abweisung jeder Form von Götzendienst.
c) Der Herr Jesus sagt zu seinen Jüngern: "Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist'' (Mt 5,48). Erhatte sie gerade vorher ermahnt, ihre Feinde zu lieben und für die zu beten, die sie verfolgten, denn - so fügt er hinzu - der Vater „lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute" (V. 45). Der Vater liebt also seine Feinde. Die Jünger würden also in dem Maß vollkommen sein, wie sie wie Er handelten.
Es kann daher keineswegs darum gehen, hier auf der Erde einen praktischen Zustand der Vollkommenheit im Sinn von Sündlosigkeit zu erreichen.
Es fällt auf, dass im Alten Testament von einer Vollkommenheit von Noah oder von Hiob gesprochen wird (1.Mo 6,9; Hiob 1,1), dass aber vom Tag der Pfingsten an von keinem Gläubigen mehr gesagt wird, dass er vollkommen gewesen sei. Dafür gibt es offenbar einen wichtigen Grund. „Die Gabe des Heiligen Geistes hat uns fähig gemacht, den alten Menschen zu beurteilen und zu richten ... und zwar im vollen Licht, das die neue ,Haushaltung der Gnade' uns gebracht hat" (J.N. Darby). Der alte Mensch ist noch stets vorhanden. Es kann daher keineswegs darum gehen, hier auf der Erde einen praktischen Zustand der Vollkommenheit im Sinn von Sündlosigkeitzu erreichen.
Der Apostel Paulus erwartete bei den Korinthern „Vervollkommnung", er schreibt ihnen: ,, ...werdet vollkommen" (2. Kor 13,9.11). Auch dort handelt es sich um eine praktische Vervollkommnung - ein Vollkommenwerden -, aber nicht des Fleisches, was darin bestehen würde, auf Erden nicht mehr zu sündigen (wasWesley meinte). Nein, aber es gibt einen Weg, auf dem Fortschritte gemacht werden in der Gottseligkeit, bei einem Wandel in der Kraft des Heiligen Geistes, wo das Fleisch im Tod gehalten wird2.Der Apostel gebraucht denselben Ausdruck, wenn er vom geistlichen Wachstum der Gläubigen zum Wohl der Versammlung spricht mit den Worten: „... zurVollendung der Heiligen..." (Eph 4,12).
3. Das Wort Gottes redet schließlich auch von einer zukünftigen Vollkommenheit. Dann handelt es sich um die vollkommene Übereinstimmung mit Christus in der Herrlichkeit. Der Apostel Paulus freute sich darauf und drückt dies mit folgenden Worten aus: „Nicht, dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollendet sei; ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möge, indem ich auch von Christus Jesus ergriffen bin" (Phi 13,12).
Die Glaubenszeugen im Alten Testament konnten nicht „vollkommengemacht" werden, ohne dass die Gläubigen der gegenwärtigen Gnadenzeit ebenfalls dies erreichten, wie es in Hebräer 11,40 heißt: „damit sie nicht ohne uns vollkommen gemacht würden". Gott hatte für uns etwas Besseres vorgesehen. Wir sind nämlich mit einem himmlischen Christus vereint, der in der Herrlichkeit ist, was die Patriarchen nicht besaßen. Wir werden demnach alle vollkommen sein, d. h. mitverherrlicht mit Ihm. Und dabei dürfen wir uns daran erinnern, dass die Versammlung (Gemeinde, Kirche) ein besonderes Teil haben wird. Alle gemeinsam, vom ersten Gläubigen des Alten Testaments bis zum letzten Gläubigen der Gnadenzeit (der Versammlung, Kirche), werden wir zur Vollkommenheit gelangen, wenn wir völlig unserem Herrn gleich sein werden, wenn wir Ihn sehen, wie Er ist.
Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist (Mt 5,48)
1 Henri Rossier, Unterredungen uber die Briefe an die Korinther, CSV Hückeswagen, S. 22
2 Messager Eoongelique 1904, S. 463
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