Themenheft

Selbstbeherrschung – eine überholte Disziplin?

Das klingt nicht gerade cool, oder? Wenn ich mit dir über Selbstbeherrschung nachdenke, dann kommt dir das wahrscheinlich vor wie ein Gespräch aus einer anderen Welt. Und das ist es auch, denn Selbstdisziplin ist Teil der neuen Schöpfung (2. Kor 5,17).

Heute ist das Motto das komplette Gegenteil: Lebe jetzt, lass dich verwöhnen, gönn dir mal was, du hast es echt verdient. Und wenn sich in dir Emotionen aufstauen, dann lass sie einfach raus. Geh in den Wald und schrei deinen Frust hinaus! So ähnlich jedenfalls.

 

Selbstbeherrschung – sich selbst im Griff haben

Die Bibel spricht an mehreren Stellen davon, dass sich ein geistlich lebender Christ beherrschen soll. Das Wort in der Elberfelder Bibel lautet „Enthaltsamkeit“, meint aber genau dieses „Sich beherrschen“. „Selbstbeherrschung“ hat zwei Bedeutungen:

1.     Zum einen ist gemeint, dass man seinen fleischlichen Gefühlen nicht einfach freien Lauf lässt (Zorn, Wut, Hass usw.). Der Christ wird aufgefordert, seine Gefühle durch den Heiligen Geist, der in ihm wohnt, zu kontrollieren. Es gibt ja fleischliche und geistliche Gefühle bzw. Empfindungen. Alle fleischlichen Emotionen sind böse. Wir müssen sie verurteilen und bekennen.

Das vollkommene Vorbild ist der Herr Jesus, in dem keine Sünde war. In 1. Petrus 2,23 lesen wir, dass Er angegriffen, verletzt, verspottet wurde, aber eben nicht in einer solchen Weise darauf reagiert hat: Vollkommene Selbstbeherrschung!

2. Petrus 1,6 ist eine der Stellen, in denen das Wort in dieser Bedeutung benutzt wird.

 

Selbstbeherrschung – Verzicht für bessere Ziele

2.     Zum anderen bedeutet „Selbstbeherrschung“ auch, dass man auf etwas verzichtet, wozu man durchaus die Freiheit hätte. Der Herr Jesus hatte einmal 40 Tage lang nichts gegessen (Mt 4). Er muss sehr großen Hunger gehabt haben und es wäre sehr einfach für Ihn gewesen, aus Steinen Brot zu machen. Er hat es nicht getan. Er wollte nur das tun, was der Vater Ihm auftrug. Nie wollte Er zu seinem eigenen Vorteil handeln. Oder Er lebte als sehr bescheidener Zimmermann, anstatt als reicher Königssohn aufzutreten. Er hat entschieden, den Großteil seiner Reisen zu Fuß zu machen. Er hätte sich auch tragen lassen können. Er ritt einmal auf einem Esel, nicht auf einem prächtigen Pferd. Auch das ist Selbstbeherrschung, freiwilliger Verzicht. In diesem Sinn wird das Wort zum Beispiel in 1. Korinther 9,25 benutzt (s.u.).

Was nun? Ein lebendiger Christ soll, so möchte es Gott, ein Bild von Christus sein. „Enthaltsamkeit“ ist ein Teil der Frucht des Geistes (Gal 5,22). Also soll ich als Christ genau diesen Wesenszug des neuen Lebens in mir sichtbar werden lassen. An einer anderen Stelle sagt Paulus: „Jeder aber, der kämpft, ist enthaltsam in allem“ (1. Kor 9,25). Das bedeutet, dass es Dinge gibt, die nicht böse sind, die mich als Christ aber behindern oder wegziehen können von etwas Besserem.  

 

Selbstbeherrschung in der Praxis

Verzichten ist auf den ersten Blick wirklich sehr unattraktiv, vor allem, wenn du von Menschen umgeben bist, die sich alles gönnen. Wie kann ich dann trotzdem das ausleben, was die Bibel mir zum Thema Selbstbeherrschung zeigt?

Du hast vielleicht das Geld, um dir das zu kaufen, was du gerade schön findest. Ein neues Smartphone, neue Kleidung, ein neues … Aber muss das wirklich sein? Willst du lernen, auch mal auf etwas zu verzichten, was nicht verboten ist, aber was du nicht unbedingt brauchst – weil du mit dem Geld zum Beispiel einem armen Mitmenschen helfen kannst?

Oder du wirst geärgert. Versuch erst einmal, tief durchzuatmen und im Stillen zum Herrn Jesus zu beten. Schlag nicht verbal zurück, um es dem, der dich gerade verletzt hat, mit gleicher Münze heimzuzahlen.

 

Selbstbeherrschung – Nutzen für andere, Segen für alle

Du hast wahrscheinlich einige Wochen im Jahr Sommerferien oder Urlaub. Du kannst die Ferien vollständig für dich verwenden, in den Urlaub fahren, Freunde besuchen, lesen, einfach nur chillen oder sonst was machen. Das ist auch ok. Aber gibt es nicht auch die Möglichkeit, deine freie Zeit, die du selbst bestimmen kannst, für den Herrn Jesus einzusetzen? Es gibt viele Möglichkeiten, etwas Gutes zu tun, was dich Zeit, Energie, vielleicht auch etwas Geld kosten könnte. Es wäre für den Herrn Jesus getan. Mitmachen in einer Bibelfreizeit, mithelfen bei evangelistischen Einsätzen, Bibelkurse korrigieren oder vieles mehr. Wenn du Ideen brauchst, sprich mal mit ein paar geistlichen Christen aus deiner örtlichen Versammlung (Gemeinde), sie haben bestimmt gute Tipps für dich.

Vielleicht fällt es dir auch schwer, deine Zeit mit dem Smartphone zu begrenzen. Kannst du dir eine Zeit festlegen, wann du mit dem Spielen aufhörst? Oder ein Spiel löschen, wenn du ein bestimmtes Level erreicht hast?

Ich möchte dich ermutigen: Versuch es immer wieder! Ich stehe auch noch mittendrin in diesem Lernprozess und werde dafür mein ganzes Leben brauchen, weil Selbstbeherrschung immer wieder eine Herausforderung ist. Aber ganz offen: Je früher du anfängst, desto geübter wirst du darin. Sei übrigens sicher, dass das auch ansteckend ist für deine Umgebung.

Am allermeisten hat der Herr Jesus etwas davon, weil Er sich darüber freut, dass du Ihm ähnlicher wirst. Und: Wenn du dem Meister wirklich dienen willst, geht es nicht ohne Verzicht!