Andacht

Andachten über die Opfer – das Sündopfer (4)

Der Herr Jesus konnte den beiden Emmaus-Jüngern seine eigene Person anhand des Alten Testaments so ergreifend erklären, dass deren Herzen anschließend brannten (Lk 24,32). Der Geist Gottes möchte uns heute ebenso durch das Wort Gottes mit Christus beschäftigen, sodass Er für uns immer größer wird (Joh 16,14). Die fünf Kurz-Andachten über die fünf Opfer aus 3. Mose 1-7 sollen dabei helfen: Wir dürfen den Herrn Jesus als herrliche Person und einzigartiges Opfer besser erfassen.

 

Das Sündopfer (3. Mo 4,1–5,13; 6,17-23)

Im Unterschied zu den ersten drei Opfern (Brand-, Speis- und Friedensopfer) waren die beiden zuletzt genannten Opferarten (Sünd- und Schuldopfer) keine freiwilligen Opfer, sondern Pflichtopfer. Ein weiterer wesentlicher Unterschied besteht darin, dass es keine Opfer zum lieblichen Geruch für den Herrn waren.

Beim Sündopfer geht es um Sünde, die aus Versehen getan wurde und dem Betreffenden vielleicht noch nicht einmal richtig bewusst geworden war. Bemerkenswert ist, dass Gott in diesem Kapitel keine konkreten Sünden nennt, sondern allgemein sagt: „Wenn jemand aus Versehen sündigt gegen irgendeines der Verbote des Herrn, die nicht getan werden sollen, und irgendeines von ihnen tut …“ (3. Mo 4,1). Dabei fällt auf, dass verschiedene Personen(gruppen) unterschieden werden: Zuerst geht es um den Hohenpriester (V. 3-12), danach geht es um die ganze Gemeinde Israel (V. 13-21), dann um einen Fürsten (V. 22-26) und schließlich um jemanden vom Volk des Landes (V. 27-35). Und bei jedem Sündopfer musste die betreffende Person bzw. Personengruppe die Hand bzw. die Hände auf den Kopf des Opfertieres legen. Durch diese Handlung ging symbolisch die Sünde des Menschen auf das Opfertier über. Gewiss wird dem Opfernden in diesem Moment tief bewusst geworden sein, dass dieses unschuldige Tier sterben muss, weil er selbst gesündigt hatte.

Danach sollte das Blut im Zelt der Zusammenkunft gesprengt und an die Hörner des Altars getan werden. Der Großteil davon wurde an den Fuß des Brandopferaltars gegossen. Darin finden wir den Grundsatz Gottes bestätigt: „Ohne Blutvergießung gibt es keine Vergebung“ (Heb 9,22). Schließlich wurden bestimmte Teile des Tieres auf dem Brandopferaltar geräuchert, andere Teile wurden vollständig verbrannt und wieder andere Teile durften sogar von den Priestern gegessen werden.

 

Gottes Urteil über meine Sünden

Was lernen wir als Christen daraus? Grundsätzlich zeigt uns das Sündopfer, dass der heilige Gott Sünde nicht dulden kann und diese auf das Schärfste verurteilen muss. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sünde bewusst oder unbewusst geschieht. Jede Sünde muss gesühnt werden. Passend dazu schreibt der Apostel Johannes: „Gott hat uns geliebt und seinen Sohn gesandt als Sühnung für unsere Sünden“ (1. Joh 4,10).

Was muss wohl ein gläubiger Israelit, dem seine Sünde bewusst geworden ist, empfunden haben, als er in Gegenwart der Priester seine Hand auf den Kopf des unschuldigen Opfertieres legte und dann Zeuge der Schlachtung wurde? Er erlebte hautnah, wie das Tier an seiner Statt sterben musste. In diesem Sinn hat der Herr Jesus im Bild des Sündopfers in den drei Stunden der Finsternis auf Golgatha unbeschreiblich gelitten, weil meine und deine Sünden auf Ihm lagen – „der selbst unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz getragen hat“ (1. Pet 2,24). Er musste als unschuldiger Stellvertreter für meine unbewussten und bewussten Sünden in den Tod gehen und das (er)tragen, was ich gerechter Weise verdient gehabt hätte. Das macht mich dankbar und gibt mir immer wieder Anlass, meinen Retter zu preisen.

 

Unterschiede zwischen Vorbild und Wirklichkeit

Trotz vieler Parallelen gibt es auch Unterschiede zwischen den Opfern der Israeliten und dem vollkommenen Opfer des Leibes Jesu Christi: Ein Opfertier kann nicht verstehen, was mit ihm geschehen wird. Der Herr Jesus dagegen ist im vollen Bewusstsein dessen, was über ihn kommen würde, freiwillig in die drei Stunden der Finsternis und damit in das unerbittliche Gericht Gottes über die Sünde(n) eingetreten.

Mich bewegt noch ein weiterer Unterschied: Das Opfertier in Israel starb, bevor es auf dem Altar verbrannt wurde. Bei unserem Herrn war es genau umgekehrt: Er erduldete bei vollem Bewusstsein das Feuer des Gerichtes Gottes für meine Sünden in seiner ganzen Tiefe und Schwere. Erst als dieses Gericht vollständig abgeschlossen war, sagte Er: „Es ist vollbracht!“ Und dann gab Er seinen Geist auf. Wie weit bleibt das alttestamentliche Vorbild hinter der Wirklichkeit des Lammes Gottes zurück! Ruft das nicht große Bewunderung bei uns hervor?

Wenn Gott die verschiedenen Gruppen von Menschen in seinem Volk unterscheidet, fällt Folgendes auf: Je näher ein Israelit Gott stand, desto größer und wertvoller musste sein Opfertier sein. Lernen wir hier nicht, dass wir uns dessen bewusst sein müssen, dass unsere Verantwortung in Bezug auf die Sünde umso größer ist, je mehr wir von Gott und seiner Heiligkeit verstanden haben?

Bemerkenswert ist auch die Aussage am Ende der Beschreibung der verschiedenen Sündopfer: „So tue der Priester Sühnung für ihn wegen seiner Sünde, und es wird ihm vergeben werden“ (3. Mo 4,20.26.35). Sühnung heißt wörtlich: Bedeckung. Die Sünden, die vorher offensichtlich zwischen Gott und dem Gläubigen standen, sind nun durch das Opfer bedeckt. Gott sieht sie nicht mehr, nie mehr. Ist das nicht wunderbar? Meine Sünde, die die Gemeinschaft zwischen Gott und mir unüberbrückbar gemacht hat, ist nun für alle Ewigkeit weg – sie ist Gott gemäß geordnet und Gott wird nie mehr darauf zurückkommen. Christus hat Frieden gemacht durch das Blut seines Kreuzes (Kol 1,20).

 

Sündopfer am Ort des Brandopfers schlachten

Im Gesetz über das Sündopfer betont Gott ausdrücklich, dass das Sündopfer genau an demselben Ort wie das Brandopfer geschlachtet werden musste (3. Mo 6,17). Wofür diese Anweisung? Wir erinnern uns: Das Brandopfer zeigt bildlich die Gott zugewandte Seite des Opfers von Golgatha und den Gedanken, dass der Herr Jesus sich freiwillig Gott hingegeben hat als duftenden Wohlgeruch. Beim Sündopfer dagegen geht es darum, dass der Herr Jesus für die Sünden sterben musste. Das ist eher die Seite, die uns Menschen zugewandt ist. Und diese beiden Seiten des Werkes von Golgatha sehen wir hier vereint: Der Herr Jesus hat in seinem Opfer Gott vollkommen verherrlicht (Eph 5,2), und zugleich hat Er mit demselben Opfer Sühnung für unsere Sünden getan (Heb 10,14). Wir bewundern Ihn und beten Ihn an!

 

Gerne singen wir die folgenden Liedstrophen, die genau diese beiden Aspekte treffend beschreiben:

 

In den Tod hast du dein Leben

ausgeschüttet ganz und gar;

Deine Seele ward gegeben

für die Schuld auf dem Altar.

(Sündopfer)

 

Aus den Gluten, aus dem Feuer

Deiner Leiden ging hervor

Wohlgeruch so süß und teuer,

welcher stieg zu Gott empor.

(Brandopfer)

 

Dich, der einst mit Sünd‘ beladen

an dem Kreuz gelitten hat,

Dich erheben Myriaden

ewig für die größte Tat.

 

Die letzte Strophe (Lied 153 Strophen 2,3,5 aus "Kleine Sammlung Geistlicher Lieder" des CSV-Verlags) zeigt die einzig angemessene Reaktion unsererseits auf dieses vollkommene Opfer des Herrn Jesus. Wir beten Ihn an für das, was Er ist, und für das, was Er auf Golgatha getan hat!