Bibel praktisch
Wo ist dein Schatz?
Im Lukas-Evangelium lesen wir in den Kapiteln 18 und 19 von zwei jüdischen Männern, die beide reich waren. Beide hatten eine hohe Stellung in der Gesellschaft. Der eine war ein Oberster, der andere ein Oberzöllner. Den Namen des ersten Mannes kennen wir nicht, den des zweiten aber sehr wohl: Zachäus. Von dem ersten können wir annehmen, dass er in seinem Volk geachtet und als ein frommer Mann angesehen war, da er sich bemühte, das Gesetz zu beobachten. Zachäus hingegen war wegen seines Berufs und der Zusammenarbeit mit der römischen Besatzungsmacht keineswegs beliebt. (Zöllner wurden in der Rubrik „Sünder“ eingeordnet, denn sie benutzten ihre ranghohe Stellung oft dazu, sich unrechtmäßig zu bereichern.) Doch beide Männer bemühten sich, mit dem Herrn Jesus in Kontakt zu kommen.
Der reiche Oberste
Von dem reichen Obersten berichten uns die ersten drei Evangelien (Mt 19,16 ff.; Mk 10,17 ff.; Lk 18,18 ff.).
Ihn beschäftigte die Frage, was er tun konnte, um ewiges Leben zu bekommen. Fühlte er in seinem Herzen, dass sein rechtschaffenes Leben ihn nicht näher zu Gott brachte? Er war zwar noch ein junger Mann, hatte sich aber schon von früher Jugend an bemüht, Gott durch die Beobachtung des Gesetzes zu gefallen (Mt 19,20). „Was fehlt mir noch?“, fragte er sich. „Gott müsste doch eigentlich mit meinem Leben zufrieden sein.“ Trotzdem war er sich in seinem Inneren nicht sicher.
So stellte der Oberste Jesus, den er als einen guten Lehrer einstufte, die Frage: „Was muss ich tun, um ewiges Leben zu erben?“ Zunächst entgegnete der Herr Jesus ihm: „Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als nur einer, Gott“ (Lk 18,19). Der Herr begegnet dem jungen Mann auf dessen Niveau: Jesus war für ihn ein guter Lehrer – mehr nicht. Dass Jesus zugleich der Sohn Gottes war, das war dem Obersten leider nicht bewusst. Deshalb nimmt der Herr Jesus auch die anerkennenden Worte nicht an.
Als Nächstes verweist der Herr auf die Gebote und geht nicht über das hinaus, was dem Obersten vertraut war: „Der Mensch, der diese Dinge tut, wird durch sie leben“ (Röm 10,5), sagt das Gesetz. Genau das hatte der Oberste von Jugend an beachtet. Daran gab es für ihn keinen Zweifel. Und der Herr Jesus stellt das auch grundsätzlich nicht in Abrede, obwohl der Oberste – wie der weitere Verlauf der Unterhaltung zeigt – die innere, moralische Seite der Gebote Gottes nicht ausreichend beachtet hatte. Er liebte diesen Mann (Mk 10,21) und will deshalb sein Herz anrühren. Eins fehlte dem Obersten noch: Er sollte seinen ganzen Besitz aufgeben und ihn an Bedürftige verteilen. Er würde von Gott reich belohnt werden und einen Schatz im Himmel haben. Und dann sollte Er Jesus nachfolgen.
Wie reagiert der Oberste darauf? „Als er aber dies hörte, wurde er sehr betrübt, denn er war sehr reich“ (Lk 18,23). Trotz aller sorgfältigen äußeren Beachtung der Gebote Gottes gab es eine große Schwachstelle im Innersten des Obersten: Sein Herz war nicht ganz auf Gott ausgerichtet. Er hing an seinem irdischen Besitz. Er war weit entfernt davon, Gott mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft zu lieben (5. Mo 6,5). Deshalb sah er in Jesus Christus auch nicht den Sohn Gottes, der es Wert ist, dass wir Ihm folgen.
Was für ein Verlust für den jungen Mann: Weder würde er einen Schatz im Himmel haben noch das ewige Leben besitzen. Denn nur „wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen“ (Joh 3,36).
Der Oberzöllner Zachäus
Auch den Oberzöllner Zachäus quälte eine Frage: Wie kann ich mein Leben vor Gott in Ordnung bringen? Deshalb sucht er Hilfe. Wer kann ihm helfen? War es vielleicht dieser Rabbi Jesus, von dem viele beeindruckt waren? „Den muss ich sehen“, sagte er sich. Leider stellten sich einer Begegnung manche Hindernisse in den Weg. Er war klein von Gestalt. Wenn er sich durch eine Menschenmenge drängeln würde, um näher an diesen Mann heranzukommen, dann würden sich die Menschen diesem unbeliebten Oberzöllner sicher bewusst in den Weg stellen. Sollte er aufgeben? Auf keinen Fall!
Dem Aufrichtigen lässt es Gott gelingen (Spr 2,7). Einer der Maul-beerfeigenbäume würde bestimmt einen geeigneten Aussichtspunkt bilden. Zachäus lässt sich auch nicht durch den Spott eventueller Beobachter zurückhalten. Wie sehr wurde seine Anstrengung belohnt! Er darf nicht nur einen Blick auf diesen Jesus werfen, sondern der Herr Jesus fordert ihn sogar auf, schnell von dem Baum herunterzuklettern, weil Er in sein Haus einkehren will. Das ist viel mehr, als er erwartet hat! Jetzt hat er sogar Gelegenheit, die Fragen seines Herzens loszuwerden. Da ist die Freude groß.
Allein die Gegenwart des Herrn Jesus macht Zachäus klar, dass sich in seinem Leben etwas ändern muss. Er redet nicht um den heißen Brei herum und kommt direkt zur Sache. Er weiß genau: In der Vergangenheit hat er so manchen Reichtum auf unrechtmäßige Weise erworben und dabei viele Leute betrogen. Und nun gibt er sich nicht allein mit einem Bekenntnis zufrieden. Von seinem Reichtum will er die Hälfte den Armen geben. Er will auch das begangene Unrecht wiedergutmachen. Er kennt die Forderung des Gesetzes in Verbindung mit dem Schuldopfer: Was man sich schuldhaft angeeignet hatte, dass muss zurückerstattet und noch ein Fünftel des Wertes hinzugefügt werden (3. Mo 5,24). Zachäus will sogar das Vierfache zurückerstatten. Das geht über die Forderungen des Wortes Gottes weit hinaus. An der Reaktion des Herrn Jesus erkennen wir, dass Zachäus es ernst meint. Der Herr sieht den Glauben im Herzen des Zachäus. Ja, diesem Mann war Heil widerfahren und nicht nur ihm, sondern seinem ganzen Haus. Zachäus ist die Beziehung zu Gott und die Anerkennung des Herrn Jesus viel wertvoller als sein ganzer Reichtum. Dieser Mann hat die Prioritäten richtig gesetzt.
Und ich?
Welche Schlussfolgerungen ziehe ich
aus dem Verhalten dieser beiden Männer?
Die beiden haben manches gemeinsam, sind aber in vielem recht unterschiedlich. Von den natürlichen Gegebenheiten weist der reiche Oberste gegenüber dem Zöllner Zachäus einige Vorzüge auf. Aber diese erweisen sich letztlich nicht als vorteilhaft.
So wie der Oberste das Gesetz gut kannte und sich wenigstens äußerlich bemühte, es zu halten, aber letztlich keinen Schatz im Himmel hatte, so können auch wir uns täuschen: Eine gute Bibelkenntnis, so nützlich sie an sich ist, bringt uns weder Lohn noch ewiges Leben bei Gott – auch dann nicht, wenn man von Kindheit an „ordentlich“ gelebt hat. Es muss echter Glaube vorhanden sein und eine lebendige Beziehung zum Herrn Jesus entstanden sein, sonst bleiben unsere „guten“ Werke für Gott „tote“ Werke. Der Apostel Paulus schreibt an die Epheser, dass Gott gute Werke bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen (Kap. 2,10). Nicht, um dadurch errettet zu werden, dass wir sie tun, sondern weil wir errettet sind und allein in der Kraft des neuen göttlichen Lebens dazu befähigt sind.
Der Herr Jesus kennt unsere tiefsten inneren Beweggründe. Diese können bei jedem unterschiedlich sein. Bei diesem Obersten war es der materielle Besitz, der das entscheidende Hindernis für eine lebendige Lebensbeziehung zu dem Herrn Jesus war. Er ging traurig weg und war nicht in der Lage, die richtige Priorität zu setzen. Leider war ihm die Person des Herrn Jesus nicht wichtig genug.
Von Zachäus lernen wir, wie man es richtig macht. Er gestand seine Schuld ein und hatte angefangen, das Geraubte zurückzuerstatten. Sein großer Besitztum hatte ihn nicht glücklich gemacht. Jetzt wollte er unbedingt Jesus kennenlernen, und von diesem Vorhaben ließ Er sich durch nichts abhalten. Der Herr kannte das große Verlangen dieses Hilfesuchenden. Wo Er aufrichtige Herzen findet, kommt Er gern zu Hilfe. Bei Zachäus waren die Voraussetzungen vorhanden, sonst hätte der Herr Jesus sich nicht so frei bei ihm eingeladen. In diesem Haus konnte Er Herzen umgestalten. Das Ergebnis dieser Umwandlung wurde umgehend erkennbar. Da standen Fragen gar nicht an wie: „Reicht mein Geld für alle die Vorhaben überhaupt aus?“ oder „Bleibt am Ende auch für mich und mein Haus noch etwas übrig?“ Mit diesem Herrn an seiner Seite fanden solche Überlegungen keinen Platz.
Wenn uns „Heil widerfahren ist“ und wir den Herrn Jesus von Herzen über alles lieben, dann wird uns kein Preis zu hoch sein, um Ihm zu dienen. Selbst wenn wir auf Wohlstand verzichten müssen, ist uns große Freude garantiert.
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